Ultraschall intelligenter und treffsicherer machen!

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Transkript:

Ultraschall intelligenter und treffsicherer machen! Prof. Dr.-Ing. Helmut Ermert, Ruhr-Universität Bochum, Institut für Hochfrequenztechnik, D-44780 Bochum Kurzfassung Ultraschall intelligenter und treffsicherer machen! ist das Motto für die Aktivitäten im Kompetenzzentrum Medizintechnik Ruhr (KMR) in Bochum, das aus einem bundesweiten Wettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) hervorging und als eines der acht vom BMBF eingerichteten und geförderten Zentren seit 2001 tätig ist. Ultraschall ist der thematische Schwerpunkt der Forschungs- und Entwicklungsprojekte im KMR, in denen bisher ungenutzte Entwicklungspotentiale für den diagnostischen Ultraschall erschlossen werden. Medizinische Ziele liegen dabei auf dem Gebiet der bildbasierten Gewebediagnostik im Bereich Organkrebs, Gefäßerkrankungen und intraoperativer Anwendungen des Ultraschalls, zum Teil auch in Kombination mit anderen, vorwiegend nichtionisierenden Abbildungsverfahren. Der vorliegende Beitrag greift drei technische Konzepte, die Elastographie und die Sonohistologie sowie die Perfusionsabbildung auf und beschreibt diese am Beispiel der Diagnostik des Prostatakarzinoms bzw. des Schlaganfalls 1 Einleitung Es ist allgemein bekannt, dass die Hauptursachen für Krankheit, Invalidität und Tod in unserer Zeit einerseits in pathologischen Veränderungen der Gefäße (incl. Herz) und andererseits in Krebserkrankungen der Organe zu finden sind. Neben der vielfältigen Auswirkung dieses Sachverhalts auf die unmittelbar Betroffenen im Zusammenhang mit Vorsorge, Diagnostik (incl. Früherkennung), Therapie und Rehabilitation kennzeichnet diese Situation den Gesamtkomplex der Kostenproblematik im Gesundheitswesen und in der Arbeitswelt. Ziel des Kompetenzzentrums Medizintechnik Ruhr (KMR) in Bochum ([1] [4]) ist, mit seinen F&E-Aktivitäten einen wirkungsvollen Beitrag zu Verbesserungen zu leisten und dabei auch einen unmittelbaren Nutzen für die Betroffenen und für die Kostenträger herbeizuführen, die zudem mit Vorteilen aus sozioökonomischer Sicht verbunden sind. Dazu bedarf es insbesondere verstärkter Anstrengungen zur Verbesserung von Früherkennung, Prognostik und Prävention. Ein dringender Bedarf und ein kürzerfristig nachweisbares Potential bestehen in der bildgebenden Diagnostik durch Optimierung und Weiterentwicklung verfügbarer Modalitäten sowie in der Ergänzung durch neuartige Ansätze. Hier kommt dem Ultraschall, der thematischer Schwerpunkt des KMR ist, eine besondere Bedeutung zu. 2 Diagnostischer Ultraschall Diagnostischer Ultraschall [5] gilt als relativ kostengünstige, strahlenphysikalisch ungefährliche, unbelastende, mobile, und deshalb leicht zu handhabende und leicht zu applizierende Modalität. Ultraschall ist neben der konventionellen Röntgentechnik das am weitesten verbreitete Bildgebungsverfahren. Die Probleme beim Ultraschall liegen darin, dass die Bilder wegen komplizierter physikalischer Wechselwirkungen zwischen den Ultraschallwellen und dem biologischen Gewebe oft nicht leicht zu lesen sind und eine große Erfahrung auf Seiten des Anwenders notwendig machen. Hier besteht ein Bedarf an mehr Reproduzierbarkeit, stärkerer Quantisierbarkeit der Bildinhalte und insgesamt an Möglichkeiten zur Gewinnung untersucherunabhängiger Befunde. 3 Neue Konzepte Die Ultraschallgerätetechnik hat in den Bereichen Sensorik und Elektronik einen hohen Stand erreicht. Weiteres Entwicklungspotential liegt aber noch bei den Betriebsarten und seinen Modifikationen. Mögliche Ziele liegen hier in der Verbesserung von Bildqualität, der intelligenten Verarbeitung bisher nicht genutzter Informationen der Ultraschallsignale, der Entwicklung neuartiger Abbildungskonzepte, der Kombination mit anderen Verfahren und der Erschließung neuer Anwendungsbereiche. Im KMR [1] wird insbesondere an folgenden Konzepten, Methoden und Modalitäten gearbeitet: Hochfrequenter Ultraschall (höhere Auflösung kombiniert mit Reichweiteenoptimierung) Quantitativer Ultraschall (Bestimmung gewebetypischer, quantitativer Größen aus E- chodaten) Flussvisualisierung, Kontrastmittel (Darstellung von Vaskularisierung und Perfusion) Elastographie (Abbildung von elastischen Gewebeeigenschaften)

Bildverarbeitung, Rechnersehen (dynamische Computer Vision, bewegte und formveränderliche Objekte) Multimodalität (Kombination des Ultraschalls mit anderen bildgebenden Verfahren) 4 Beispiele Aus den in Kapitel 3 dargestellten Konzepten sollen hier drei ausgewählt und dargestellt werden, und zwar die Ultraschall-Elastographie, die Ultraschall- Gewebecharakterisierung (T.C. = Tissue Characterization bzw. Sonohistologie ) und die Perfusionsdiagnostik unter Nutzung von Ultraschallkontrastmitteln. Neben der Beschreibung der Funktionsprinzipien sollen jeweils auch medizinische Anwendungsbeispiele vorgestellt werden. 4.1 Elastographie Unter Elastographie versteht man in der Medizin die ortsaufgelöste Bestimmung und Abbildung der Gewebeelastizität. Elastographie lässt sich prinzipiell unter Nutzung verschiedener Bildgebungsmodalitäten (Ultraschall US, Magnetresonanztomographie MRT, optische Kohärenztomographie OCT) betreiben, ist aber mit Ultraschall am einfachsten handhabbar und am weitesten entwickelt [6]. Ultraschallelastographie ist zwar seit 1991 bekannt, konnte jedoch aufgrund der fehlenden Echtzeitfähigkeit nicht sinnvoll am Patienten eingesetzt werden. Ende der 90er Jahre wurde eine neue Technik entwickelt [7], mit der die Elastographie in Echtzeit mit bis zu 30 Bildern pro Sekunde betrieben werden kann. Diese Neuerung erlaubt u.a. die Anwendung der Elastographie zur Früherkennung des Prostatakarzinoms [8]. Da Tumoren in der Regel aus festerem Gewebe bestehen, kann durch die Abbildung der elastischen Eigenschaften des Gewebes zusätzlich zum konventionellen Ultraschall die Diagnostik sicherer gemacht werden. Das Verfahren der Elastographie berechnet kleine Gewebeverschiebungen aus aufeinander folgenden Ultraschalldatensätzen die unter verschiedenen Gewebekompressionen aufgenommen werden. Harte Gewebebereiche werden unter Kompression nicht so stark verformt wie weiche Gewebebereiche. Der numerische Vergleich der Echosignalsequenzen erlaubt die Berechnung der lokalen Dehnung oder Kompression des Gewebes. Das Maß der applizierten Gewebekompression muss klein sein, um Bedingungen für eine erfolgreiche Kreuzkorrelation der Echosignalsequenzen zu sichern, es liegt unter 1% und ist damit auch unbelastend. Im einfachsten Fall wird bei dieser dieser Art der Elastographie, mit der so genannte Dehnungsbilder generiert werden, die Kompression des Gewebes manuell vom untersuchenden Arzt unter Nutzung des Ultraschallwandlers herbeigeführt. Bei der Vibrographie, einer Erweiterung der Elastographie, wird die Gewebekompression automatisch durch niederfrequente mechanische Vibrationen mittels eines speziellen Applikators erzeugt. Die Vibrographie liefert sehr stabile und hochwertige Bilder bei noch geringeren Kompressionshüben und bietet sich daher auch für sensible Anwendungen, beispielsweise am offenen Hirn, an [14]. Weitere Anwendungsbereiche der Elastographie liegen in der Mammadiagnostik [10], der Gefäßdiagnostik mit intravaskulärem Ultraschall [11], der Dermatologie [12], der Beurteilung der Konsistenz von Thromben [15] und dem Therapiemonitoring mit Ultraschall [13]. 4.2 Gewebecharakterisierung mit Ultraschall: Sono-Histologie Ziel der Gewebecharakterisierung mit Ultraschall ( Sonohistologie, virtuelle Histologie ) ist die Gewinnung histologischer Informationen auf nicht invasivem Wege aus Ultraschall-Echosignalen und die Zuordnung daraus abgeleiteter Parameter zu den regulären Ultraschall-Schnittbildern. Dabei werden parallel zur Echtzeit-Bildgebung über eine spezielle Schnittstelle die hochfrequenten Ultraschalldaten, aus denen auch im Ultraschallgerät die B-Bilder entstehen, in einem Rechner separat verarbeitet. Eine Reihe von Signalparametern können aus den Hochfrequenzdaten gewonnen und einem Klassifikationssystem zugeführt werden. Das entwickelte System zur Multiparameter-Gewebecharakterisierung nutzt adaptive Neuro-Fuzzy-Folgerungssysteme, um Gewebe mittels Ultraschall räumlich aufgelöst zu charakterisieren und zu typisieren. Im verwendeten Multiparameter-Ansatz werden verschiedene Parameter, die beispielsweise den Spektralgehalt und die Textur der Ultraschalldaten beschreiben, in dem Klassifikationssystem verarbeitet. Ergebnisse sind u.a. so genannte Malignitätskarten, die Schnittbildbereiche markieren, in denen das Gewebe mit höherer Wahrscheinlichkeit bösartig verändert als normal ist. 4.3 Anwendungen von Elastographie und Sonohistologie in der Prostatadiagnostik Das Prostatakarzinom ist eines der häufigsten bösartigen Krebsleiden des Mannes. In der Mortalitätsstatistik nimmt das Prostatakarzinom nach Erkrankungen an Lungen- und Magen-Darm-Krebs die dritte Position ein. Nur in einem frühen Stadium ist das Prostata-

karzinom heilbar, daher ist eine gezielte Früherkennung äußerst wichtig. Die bisherigen Diagnoseverfahren (digitaler Tastbefund, transrektaler Ultraschall, PSA-Wert-Analyse) sind relativ unsicher. Die Diagnose des Prostatakarzinoms unter Anwendung von Echtzeitelastographie und Multiparameter-Gewebecharakterisierung mittels Ultraschall (Sonohistologie) bietet die Möglichkeit, Tumoren sicherer und früher zu diagnostizieren und damit in einem heilbaren Stadium zu behandeln. Bild 1 Ultraschallbild einer Prostata Bild 2 Elastographiebild des Organs nach Bild 1 Im Folgenden werden Beispiele aus einer klinischen Studie dargestellt, in der die Elastographie [9] und die Sono-Histologie ([16], [17]) für die Diagnostik des Prostatakarzinoms erprobt wurden. Neben der üblichen, mit Rektalsonden gewonnenen Ultraschallbildern ( B-Bilder ) wurden Elastogramme und Malignitätskarten basierend auf dem Konzept der Sono- Histologie berechnet und dargestellt. Bild 1 zeigt das konventionelle echosonographische Bild (B-Bild) einer Prostata, das bei 7,5 MHz aufgenommen wurde. Das Organ ist der ovale Bereich im Zentrum des Bildes, der durch einen etwas geringeren mittleren Echopegel von seiner Umgebung unterschieden werden kann. Der tumoröse Bereich befindet sich im unteren Teil des Bildes und ist nur ungenau anhand der reduzierten Echogenität zu erkennen. Bild 3 zeigt den histologischen Großschnitt des Organ, der in etwa dem Querschnitt der B-Bildes (Bild 1) entspricht und nach einer Totaloperation gewonnen wurde. Der tumoröse Bereich ist markiert (unterer Teil). Das Elastogramm in Bild 2 zeigt sehr deutlich im unteren Teil des Querschnitts beidseitig harte Gewebeareale (dunkel), die sich von weicherem Gewebe (hell) sehr kontrastreich abgrenzen. Auffällig helle Säume in der Umgebung dunkler Bereiche sind ein elastographietypscher Artefakt, der sich aus dem Verhalten des weichen Gewebes erklären lässt, das in unmittelbarer Umgebung (vor und hinter) den harten Bereichen stärker komprimiert wird als an anderen Stellen. Im Rahmen einer klinischen Studie, bei denen ca. 260 Prostatapatienten unersucht wurden, konnten für die Elastographie eine Sensitivität von 76% und eine Spezifität von 81% nachgewiesen werden. Alle Patienten mussten sich einer Totaloperation unterziehen, die eine Anfertigung von histologischen Großschnitten als Referenz für die Bewertung des Verfahrens zu Verfügung standen. Die Klassifizierung bezog sich dabei auf die Differenzierung tumoröser und gesunder Gewebebereiche innerhalb der Organe der Patienten. Die diagnostische Treffsicherheit der Elastographie liegt damit höher als beim digitalen Tastbefund, bei der PSA-Wert-Analyse und beim konventionellen transrektalen Ultraschall der Prostata. Bild 3 Histologischer Großschnitt des Organs nach Bild 1 Für das Verfahren der Sono-Histologie wurden im Rahmen einer ähnlichen Studie mit den Daten von ca. 100 Patienten für die Sensitivität und die Spezifität Werte von jeweils 75% ermittelt. Der besonders aussagekräftige Wert der Fläche in der so genannten ROC-Kurve betrug hier ca. 0,85. Hierzu auch einige Bildbeispiele:

In Bild 4 ist das konventionelle Ultraschallbild einer Prostata mit einem hier ebenfalls wenig auffälligen Tumor im rechten Bereich des Querschnittes. Die Histologie in Bild 6 und die mittels Sonohistologie ermittelte Malignitätskarte in Bild 5 korrespondieren sehr gut miteinander. 4.4 Perfusionsdiagnostik Während die medizinische Bildgebung in der Regel morphologische Informationen (Struktur und Form von Objekten) erfasst und darstellt, liefert die funktionelle Bildgebung Informationen über Funktionsabläufe (z.b. physiologische Vorgänge, Stoffwechselprozesse). Auch mechanische Parameter, wie z.b. Blutfluss (räumlich aufgelöst bezüglich Intensität, Richtung, Geschwindigkeit), die sehr gut mit Ultraschall gewonnen werden können, sind funktioneller Art. Sie sind essentiell für die Diagnose von Krankheiten, die auf anormalen Gefäßtopologien, Flussprofilen oder Ischämien (d.h. einer unzureichenden Durchblutung) beruhen wie Krebs, Herzinfarkt und Schlaganfall. Bild 4 Bild 5 Bild 6 Ultraschallbild einer Prostata mit Karzinom (Die dunkle Kontur zeigt die Organgrenzen, die helle Kontur markiert den Tumorbereich) Ultraschallbild des Organs nach Bild 4 mit überlagerter Malignitätskarte (weiß: malignes, farblos: gesundes Gewebe) Histologischer Großschnitt des Organs nach Bild 4 (Tumorbereich markiert) Als in den 1990er Jahren kommerzielle Ultraschall- Kontrastmittel vorgestellt wurden, erhielt die funktionelle Sonographie einen Aufschwung und weist nun das Potential auf, in vielen Anwendungsbereichen ein besonders wirksames Verfahren für die funktionelle Bildgebung zu werden. Kontrastmittel unterstützen diese Möglichkeiten, sie werden ins Blut injiziert und enthalten winzige Gasblasen mit einem Durchmesser von nur wenigen Mikrometern ("Microbubbles"). Diese Blasen sind umgeben von einer dünnen, biologisch abbaubaren Hülle, welche die Lebensdauer der Blasen im menschlichen Körper verlängert. Diese Lebensdauer beträgt einige wenige bis hin zu einigen zehn Minuten. Im Schallfeld geraten die Microbubbles in eine mechanische Volumenresonanz und ändern dabei periodisch ihre Durchmesser. Dies hat zur Folge, dass die Streuung des Ultraschalls an diesen Blasen extrem effektiv ist. Bei großen Änderungen des Blasendurchmessers während der Resonanzschwingung, die bei den Pegeln des diagnostischen Ultraschalls regelmäßig auftreten, ergeben sich nichtlineare Ausdehnungen und Kontraktionen, bei denen harmonische Spektralanteile des einfallenden Ultraschalls generiert werden. Dieses nichtlineare Verhalten erschließt damit die Möglichkeit, zwischen Gewebeechos und Echos aus dem mit Kontrastmitteln durchsetzten Blut zu unterscheiden ( Harmonic Imaging ). Ein weiteres Merkmal erlaubt eine andere Art der Unterscheidung. Sie beruht darauf, dass die Microbubbles, die ohnehin eine begrenzte Lebensdauer haben, durch die direkte Einwirkung des Ultraschalls momentan verändert und insgesamt schneller zerstört werden ( Time Variance Imaging ). Verschiedene kontrastmittel-spezifische Abbildungstechniken, basierend entweder auf der Nichtlinearität oder der Zerstörung der Blasen, sind bereits entwickelt worden und gestatten die Gewinnung von Informationen über funktionelle Parameter.

Alternativ zur Nutzung von Kontrastmitteln in großen und mittleren Gefäßen kann die lokale Microbubble- Konzentration in perfundiertem Gewebe, d.h. in Gefäßen, die kleiner sind als die erreichbare räumliche Auflösung, über der Zeit beobachtet werden, um die Blutperfusion von Gewebe qualitativ und vielleicht auch quantitativ abzuschätzen. Diese Technik ist besonders essentiell für die Diagnose und Lokalisation von Perfusionsstörungen, was bisher ausschließlich den Modalitäten CT, MRI und PET vorbehalten war. 4.5 Perfusionsabbildung des Gehirns Der Schlaganfall zählt zu den führenden Todesursachen in den Industrieländern und ist die häufigste Ursache für neurologische Behinderungen bei Erwachsenen. Es gibt weitläufige Variationen in Ausmaß und Lokalität des Infarktes beim Patienten mit Schlaganfall im Bereich der mittleren Gehirnarterie (MCA), die genaue klinische Differenzierung zwischen verschiedenen Arten des MCA-Schlaganfalls ist aber schwierig. Da die Ultraschall-Perfusionsabbildung durchblutungsschwache Läsionen eher detektieren kann als die Computertomographie (CT) und dabei die Untertypen und den Schweregrad von Ischämien im Gehirn ebenfalls differenzieren kann, wächst das Interesse an der Perfusionsabbildung zur Vorhersage der Genesung, zur Differenzierung der Pathogenese des Schlaganfalls und zur Therapiekontrolle. Es wurden Ansätze zur Bewertung der Gehirnperfusion mit Ultraschall entwickelt ([18] [20]). Diese Ansätze werden zurzeit in einer klinischen Studie untersucht. Erste Ergebnisse zeigen, dass in Fällen, wo das Ausmaß des Infarktes eine invasive Behandlung erfordert, der Infarkt durch Perfusionsabbildungstechniken mit Ultraschall in einem frühen Stadium sichtbar gemacht werden kann. Bild 7 zeigt das mit CT aufgenommene Perfusionsbild eines Schlaganfallpatienten. Der Bereich mit reduzierter Durchblutung ist im unteren Teil des Querschnitts (Mitte links) zu erkennen. Bild 8 zeigt die entsprechende Ultraschallaufnahme. Das sektorielle Bild deckt einen großen Teil der Querschnittsfläche des CT-Bildes ab. Es wurde mit 2,5 MHz von der Seite aus aufgenommen, die der durch den Schlaganfall betroffenen Gehirnhälfte gegenüberliegt, und zwar durch den Schädelknochen im Bereich der Schläfe hindurch. Das Bild ist durch die Auswertung einer Bildsequenz über einen Zeitraum von 1 bis 2 Minuten entstanden, wobei im Bild ein Parameter dargestellt ist, der das Maximum der Durchblutung in diesem Zeitraum repräsentiert. Bild 7 Bild 8 CT-Aufnahme des Gehirns eines Schlaganfallpatienten mit Perfusionsdefizit unten halb links (dunklere Zone) Entsprechendes Ultraschallperfusionsbild mit sichtbarem Perfusionsdefizit (dunkler Bereich, unten) 5 Zusammenfassung Anhand einiger Beispiele wurde gezeigt, dass der diagnostische Ultraschall weitere Entwicklungspotentiale hat. Neben den beachtlichen Fortschritten der Geräteindustrie bei der Technologie der Ultraschallgeräte lassen sich durch Modifikation von Abbildungsprozeduren und Kombination herkömmlicher Bildgebungsverfahren mit neuen Konzepten weitere Fortschritte erzielen, die unter Nutzung intelligenter Applikationsformen und moderner Signal- und Bildverarbeitungsverfahren die Treffsicherheit der Ultraschalldiagnostik erhöhen. Hier dargestellte Beispiele betreffen die Elastographie, die Sonohistologie und die Perfusionsdiagnostik Diese drei Modalitäten haben ein großes Potential in der Tumordiagnostik und in der Gefäßdiagnostik. Es wurden Ergebnisse aus der Prostatadiagnostik und der Diagnostik des Schlaganfalls vorgestellt und erläutert.

6 Literatur [1] www.kmr-bochum.de [2] www.kompetenznetze.de [3] Ermert, H.: Das Kompetenzzentrum Medizintechnik Ruhr (KMR). Biomedizinische Technik, Vol. 46 (2001, Ergänzungsband), pp. 532-533. [4] Ermert, H.: The Ruhr Center of Competence for Medical Engineering (Kompetenzzentrum Medizintechnik Ruhr KMR, Bochum). Biomedizinische Technik, Vol. 47 (2002, Ergänzungsband), pp. 886-889. [5] Ermert, H.: Diagnostic Ultrasound. Editorial. Biomedizinische Technik, Vol. 48 No. 5 (2003), pp. 114-115. [6] Ermert, H., Hiltawsky, K. M., Khaled, W., Lorenz, A., Perrey, C., Pesavento, A., Scheipers, U., Siebers, S., Vogt, M.: Prinicple, applications and limitations of ultrasound based elastography. Acoustical Imaging, Vol. 27 (Arnold, W., ed.), Kluwer Academic / Plenum Publisher, New York (2003), pp. 503-510 (in press). [7] Pesavento, A.; Lorenz, A.; Ermert, H.: System for real-time elastography. Electronics Letters, Vol. 35, No. 11 (27th May 1999), pp. 941-942. [8] Pesavento, A.; Lorenz, A.; Siebers, S.; Ermert, H.: New real-time strain imaging concepts using diagnostic ultrasound. Phys. Med. Biol., Vol. 45 (2000), pp. 1423-1435. [9] Sommerfeld, HJ., Garcia-Schurmann, JM., Schewe, J., Kuhne, K., Cubick, F., Berges, RR., Lorenz, A., Pesavento, A., Scheipers, S., Ermert, H., Pannek, J., Philippou, S., Senge, T.: Prostate cancer diagnosis using ultrasound elastography. Introduction of a novel technique and first clinical results. Urologe A, Vol. 42 No. 7 (Jul. 2003), pp. 941-945. [10] Hiltawsky, K.M.; Krüger, M.; Starke, C.; Heuser, L.; Ermert, H.; Jensen, A.: Freehand Ultrasound Elastography of Breast Lesions: Clinical Results. Ultrasound in Med. & Biol., Vol. 27, No. 11 (2001), pp. 1461-1469. [11] Perrey, C., Neumann, T., Bojara, W., Holt, S., Ermert, H.: Real time intravascular ultrasound elastography with rotating single element transducers. IEEE 2002 Ultrasonics Symposium Proceedings (2002), pp. 1865-1868. [12] Vogt, M., Scharenberg, S., Scharenberg, R., Hoffmann, K., Altmeyer, P., Ermert, H.: A high frequency ultrasound elastography system for in vivo skin elasticity imaging. Proceedings of the World Congress on Ultrasonics, Paris (2003), pp. 393-396. [13] Siebers, S., Scheipers, U., Welp, C., Werner, J., Ermert, H.: Ultrasound based methods for monitoring of thermal therapies. Acoustical Imaging, Vol. 27 (Arnold, W., ed.), Kluwer Academic / Plenum Publisher, New York (2003), pp. 643-650 (in press). [14] Scholz M., Fricke B., Mönnings P., Brendel B., Schmieder K., Siebers S., von Düring M., Ermert H., Harders A.: Vibrographie : First experimental results in swine brains. Minim Invas Neurosurg 2004; Vol. 47 (2004), pp. 1-7 (in press). [15] Siebers, S., Geier, B., Muth-Werthmann, D., Mumme, A., von Rothenburg, T., Philippou, S., Ermert, H.: Staging of venous thrombosis using ultrasound elastography. IEEE 2003 Ultrasonics Symposium Proceedings (2003), pp. 1891-1894. [16] Scheipers, U., Ermert, H., Sommerfeld, H.-J., Garcia-Schürmann, M., Senge, T., Philippou, S.: Ultrasonic multifeature tissue characterization for prostate diagnostics. Ultrasound in Medicine and Biology, Vol. 29, No. 8 (2003), pp. 1137-1149. [17] Scheipers, U., Ermert, H., Koenig, K., Sommerfeld, H.-J., Philippou, S.: Ultrasonic tissue characterization for the classification of prostate tissue. J. Acoust. Soc. Am., Vol. 1155 No. 5, Pt. 2 (May 2004), p. 2586. [18] Eyding, J., Wilkening, W., Reckhardt, M., Schmid, G., Meves, S., Ermert, H., Przuntek, H., Postert, Th.: Contrast burst depletion imaging (CODIM). A new imaging procedure and analysis method for semiquantitative ultrasonic perfusion imaging. Stroke, Vol. 34 (2003), pp. 77-83. [19] Hölscher, T., Draganski, B., Postert, T., Bogdahn, U., Wilkening, W.: Brain Perfusion Imaging of a Craniopharyngeoma by Transcranial Duplexsonography. J. Neuroimaging 2003, Vol. 13 No.4 (2003), pp. 303-306. [20] Eyding, J., Krogias, C., Wilkening, W., Postert, T.: Detection of cerebral perfusion abnormalities in acute stroke using phase inversion harmonic imaging (PIHI): preliminary results. J. Neurol. Neurosurg. Psychiatry, Vol. 75 (2004), pp. 926-929. Ein Beitrag aus dem Kompetenzzentrum Medizintechnik Ruhr (KMR), Bochum; mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF, Förderkennzeichen 13N8079).