25. Fachtagung Management in der Suchttherapie des Bundesverbandes für stationäre Suchtkrankenhilfe am 21./22.09.2016 Reha wirkt. Kommentar zur aktuellen Situation in der Reha anhand der Studie Evaluation medizinischer Rehabilitationsleistungen der DRV Thomas Keck
Reha wirkt Reha lohnt sich! und Reha rechnet sich!, davon sind wir überzeugt. Doch haben wir echte Beweise dafür, dass Reha gut und sinnvoll ist? Medizinische Rehabilitation ist immer wieder Gegenstand auch von politischen Diskussionen; schließlich gibt es auch Länder, in denen es die medizinische Rehabilitation gar nicht gibt. 2
Reha wirkt Ökonomische Ansätze Ob Reha wirkt, wurde schon oft kritisch hinterfragt: Studie der Prognos AG Reha rechnet sich * Volkswirtschaftlicher Beitrag der medizinischen Rehabilitation Gegenüberstellung von gewonnenen Berufstätigkeitstagen / reduzierten Arbeitsunfähigkeitstagen und Ausgaben für die medizinische Rehabilitation Ergebnis: Für jeden in die medizinische Rehabilitation investierten Euro bekommt die Gesellschaft fünf Euro zurück *Quelle: http://www.sankt-rochus-kliniken.de/_cms/913/attachment/1186_424b64c70117cd7cb7bfefbd1e6e6789.pdf 3
Reha wirkt Ökonomische Ansätze Studie von Prof. Dr. Halfar und Dr. Wagner (xit GmbH) zum Social Return On Investment (SROI) Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) Ergebnis: Von jedem Euro, den die Gesellschaft in eine WfbM investiert, erhält sie 49 Cent direkt wieder zurück* *Quelle: http://www.bagwfbm.de/article/1658 4
Reha wirkt Erfolgsmessung durch die DRV DRV Bund betrachtet regelmäßig bundesweit den sozialmedizinischen Verlauf bis zu zwei Jahre nach Abschluss der Reha Danach ca. 80% Reintegrationserfolg. Offen bleibt, wie der sozialmedizinische Verlauf ausgefallen wäre, wenn keine Reha durchgeführt worden wäre. Offen bleibt, ob diejenigen, deren Reha-Antrag abgelehnt wurde, ohne Reha in den Arbeitsmarkt integriert bleiben. Aber: Was passiert nach diesen zwei Jahren? 5
Reha wirkt Outcome-Studie des RWI Outcome von Reha-Leistungen = wichtiges, aber zugleich schwieriges Thema Methodische Ansätze mit deutlichen Limitationen Fehlen von Vergleichsgruppen Klassisches Fall-Kontrollgruppen-Design ethisch nicht vertretbar Outcome-Studie des RWI = erster Versuch, sich auf Basis von anonymisierten Routinedaten der Träger der Vergleichsproblematik anzunähern und den Outcome von Reha-Leistungen zu messen 6
Reha wirkt Outcome-Studie des RWI Vergleich von Rehabilitanden und abgelehnten Antragstellern nicht unproblematisch, da Ablehnungsgründe sehr vielfältig sein können Nichtvorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen Keine Reha-Fähigkeit Weniger Informationen aus den Routinedaten bei abgelehnten Anträgen 7
Reha wirkt Outcome-Studie des RWI - Ergebnisse Die Rehabilitation hat die Rehabilitationsbedürftigen auf bzw. leicht über das Niveau der Nichtbedürftigen gehoben. Nahezu gleichrangige Effekte ambulanter und stationärer Rehabilitation. Keine signifikanten Unterschiede zwischen verschiedenen Trägerschaften, unterschiedlichen Einrichtungsgrößen oder Abteilungsstrukturen. Lückenlose Beitragszahlung nach durchgeführter medizinischer Rehabilitation entspricht Werten der DRV-internen Berechnungen. Der Anteil der Rehabilitanden, die im 6. und/oder 12. Monat nach der Reha wieder erwerbstätig sind, ist umso höher, je schneller die Rehabilitation nach Ende einer Erwerbstätigkeit (aufgrund von Krankheit?) einsetzt. 8
Reha wirkt Outcome-Studie des RWI - Fazit Auswertung der Studienergebnisse bestätigt: Je früher eine erforderliche Rehabilitationsleistung durchgeführt wird, um so sicherer kann ein Verbleib bzw. eine Rückkehr in das Erwerbsleben erreicht werden. Dies unterstreicht die These, dass wir möglichst frühzeitig auf die Versicherten zugehen müssen, um sie langfristig wieder in das Erwerbsleben zu reintegrieren. 9
Reha wirkt Outcome-Studie des RWI - Handlungsfelder Der vom RWI gewählte Ansatz stößt Diskussionen an und deckt Forschungsbedarf auf. Mehr Forschung zum Thema Vergleich der Reha zu anderen Interventionen, zu Nichtinterventionen oder anderen Reha-Formen (z.b. flexible Reha- Formen 2+1). Verbesserung der Identifikation von Reha- und Präventionsbedarf im Sinne eines noch frühzeitigeren Zugehens auf die Versicherten. Prüfung der Interventionen im Bereich der medizinischen Rehabilitation im Hinblick auf die Anforderungen der Indikationen und den persönlichen Bedürfnissen der Rehabilitanden. Genauere Betrachtung derjenigen Versicherten, deren Reha-Antrag abgelehnt worden ist. 10
Zugangsprobleme in der Suchtrehabilitation anhand von Zahlen, Daten und Fakten Anträge bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker (WAG) * 10.000 9.000 8.000 7.000 8.988 8.200 8.504 8.430 7.686 7.571 7.855 6.904 8.393 7.140 7.713 6.538 6.000 5.000 4.000 WAG gesamt 14 % weniger Anträge in den letzten 5 Jahren 3.000 2.000 1.000 788 818 859 951 1.253 1.175 0 2010 2011 2012 2013 2014 2015 WAG gesamt DRV Westfalen Gesetzliche Krankenkassen * Anträge stationär, ganztägig ambulant, ambulant, Adaption, Nachsorge Quelle: Interne Statistik der DRV Westfalen 11
Zugangsprobleme in der Suchtrehabilitation anhand von Zahlen, Daten und Fakten Bewilligungen bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker (WAG) * 6.000 5.000 4.890 4.638 4.629 4.422 4.727 4.373 4.000 3.000 2.553 2.456 2.481 2.258 2.482 2.370 2.000 1.000 WAG gesamt 9 % weniger Bewilligungen in den letzten 5 Jahren 0 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Alkohohl / Medikamente Drogen * Anträge stationär, ganztägig ambulant, ambulant, Adaption, Nachsorge Quelle: Interne Statistik der DRV Westfalen 12
Zugangsprobleme in der Suchtrehabilitation anhand von Zahlen, Daten und Fakten Ca. 14 Jahre andauernde Alkoholerkrankung im Durchschnitt vor Beginn einer Leistung zur Rehabilitation (Entwöhnungsbehandlung) 1 Von ca. 77.300 Patienten in der substitutionsgestützten Behandlung zum 01. Juli 2013 wechseln nur ca. 4,4 % in eine abstinenzorientierte Therapie / medizinische Rehabilitation 2 1 Mechthild Dyckmans in Sucht Aktuell 1/11, Seite 66 2 Ergebnisse der vom BMG in Auftrag gegebenen PREMOS-Studie 13
Frühzeitige, vernetzte Leistungserbringung Nahtlosverfahren nach qualifiziertem Entzug Durchführung der Entzugsbehandlung im Rahmen des qualifizierten Entzugs in den LWL Kliniken oder Krankenhäusern mit anschließender Direktverlegung durch Abholdienste der Reha-Einrichtungen Antragsübermittlung per FAX Direktverlegung in NRW Auswahl der Klinik erfolgt in Abstimmung mit dem Patienten und dem Sozialdienst der qualifizierten Entzugseinrichtung Schnellstmögliche Bearbeitung des Antrags durch Übermittlung der Bewilligung per FAX Entzugseinrichtung und Reha-Einrichtung koordinieren Verlegung 14
Frühzeitige, vernetzte Leistungserbringung Nahtlosverfahren nach qualifiziertem Entzug Bundesweite Ausdehnung des Direktverlegungsverfahrens in NRW Überlegungen der Arbeitsgruppe Frühzeitiger und nahtloser Zugang (Vertreter der Suchtfachverbände, der gesetzlichen Krankenversicherung und der Deutschen Rentenversicherung), das Direktverlegungsverfahren nach qualifiziertem Entzug in NRW bundesweit einzuführen Entwicklung von entsprechenden Rahmenempfehlungen der DRV und GKV 15
Frühzeitige, vernetzte Leistungserbringung Modellhafte Kooperation des Firmenservice mit der quadro Sucht- und Drogenberatung im Kreis Warendorf Ziele des Firmenservice: Beratung zu Leistungen zum Thema Gesunde Mitarbeiter Vernetzung mit Auskunfts- und Beratungsstellen sowie Gemeinsamen Servicestellen und anderen Beratungsangeboten in der Region Die Betriebe befähigen und unterstützen, die Themen Gesundheit und Integration eigenständig zu managen ( 84 Abs. 2 SGB IX). Motto: Prävention vor Rehabilitation vor Rente Aktivitäten auf Ebene des Gesetzgebers Präventionsgesetz (PrävG) Entwurf des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) Entwurf des Flexirentengesetzes (FlexiG) 16
Frühzeitige, vernetzte Leistungserbringung Modellhafte Kooperation des Firmenservice mit der quadro Sucht- und Drogenberatung im Kreis Warendorf Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) BGM Gesundheitsförderung Arbeits- und = + + Gesundheitsschutz Betriebliches Eingliederungs- & Reha-Management Ziele der DRV Westfalen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement: 1. Gesundheit fördern und Erkrankungen durch aktive Unterstützung betrieblicher Gesundheitspolitik vermeiden 2. Professionellen Umgang mit chronischen Erkrankungen und Langzeiterkrankten sicherstellen durch umfassende, ggf. trägerübergreifende Bedarfsfeststellung einmündend in einen Gesamtplan (analog zum BTHG) Betriebsservice als Lotse und Impulsgeber 17
Frühzeitige, vernetzte Leistungserbringung Modellhafte Kooperation des Firmenservice mit der quadro Sucht- und Drogenberatung im Kreis Warendorf Konkrete Aktivitäten zur Umsetzung: 1.Schritt: Vernetzung über einen regionalen Arbeitskreis aus Personalverantwortlichen, Betriebsservice Gesunde Arbeit und Suchtberatungsstelle 2.Schritt: Sensibilisierung von Unternehmen und Beschäftigten durch eine (ggfs. betriebsübergreifende) Veranstaltungsreihe zum Thema Betriebliches Gesundheitsmanagement (Arbeitsschutz, BEM, Prävention einschließlich Sucht) 3.Schritt: Vereinbarung einer strukturierten Kooperation zwischen Betrieb, DRV Westfalen und Suchtberatungsstelle in den Themenfeldern Prävention, Rehabilitation und Nachsorge (unter Einbeziehung von Werks- und Betriebsärzten) 18
Frühzeitige, vernetzte Leistungserbringung Zeitfenster: Am 30.08.2016: Modellhafte Kooperation des Firmenservice mit der quadro Sucht- und Drogenberatung im Kreis Warendorf Zusammenkunft des regionalen Arbeitskreises Workshop zur Vorbereitung der Veranstaltungsreihe Januar 2017: Auftakt der Veranstaltungsreihe zum Thema Betriebliches Gesundheitsmanagement Insgesamt 5 thematisch aufeinander abgestimmte Einzelveranstaltungen im 2-monatigen Abstand Bis Ende 2017: Etablierung von nachhaltigen Unterstützungsstrukturen 19
Bedarfsgerechte, nachhaltige Leistungserbringung durch intensivierte Fallbegleitung Kooperationsverbund der Fachklinik Brilon Wald / quadro Sucht- und Drogenberatung im Kreis Warendorf unter Federführung der DRV Westfalen Zielstellung: Nachhaltige Abstinenzsicherung Bedarfsgerechte und passgenaue Behandlung Soziale und berufliche Integration 20
Bedarfsgerechte, nachhaltige Leistungserbringung durch intensivierte Fallbegleitung Kooperationsverbund der Fachklinik Brilon Wald / quadro Sucht- und Drogenberatung im Kreis Warendorf unter Federführung der DRV Westfalen Konzeptioneller Rahmen Schon bei Antragsaufnahme legt Beratungsstelle die nachgehende Begleitung nahe Während stationärer Reha besucht Beratungsstellen- Mitarbeiter die Patienten (Gruppengespräch) Weitere Kontaktpflege und Beziehungsaufbau durch Telefonate Bewilligung von 40/4 Therapie-Einheiten in ambulanter Form Klinik beantragt nachgehende ambulante Weiterbehandlung Besuch der Beratungsstelle im Rahmen der Familienheimfahrt Individuelle Anpassungen hinsichtlich der Dauer der stationären Behandlungen sowie der Anzahl der ambulanten Behandlungseinheiten möglich Bei Rückfall, der nicht adäquat ambulant zu behandeln ist, besteht die Möglichkeit für 2-3 Wochen wieder stationär aufgenommen zu werden. 21
Fazit und Ausblick (Reha-Prozess) Vernetzung mit dem Leistungsangebot der Rehabilitation der Rentenversicherung Arbeitgeber als Kooperationspartner im Reha-Prozess Einbindung Rehabilitationsfachberatung und Firmenservice als zentrale Ressource im Rehabilitationsprozess Beteiligung Leistungsberechtigter als aktiver Beteiligter im Entscheidungsprozess interaktives Rehabilitationsmanagement Netzwerkpartner Krankenhäuser/ Qualifizierter Entzug Beratungsstellen ambulante, ganztägig ambulante und stationäre Einrichtungen Nachsorgestellen Andere Sozialleistungsträger wie z.b. Arbeitsagenturen und Jobcenter 22
Fazit und Ausblick (Reha-Prozess) Frühzeitiger und nahtloser Zugang Umfassende Gesamtbedarfsfeststellung unter Einbeziehung der persönlichen Lebensverhältnisse Individuelle und zeitlich flexibel gestaltete Rehabilitation Berufliche Orientierung und Bezug zur beruflichen Integration muss kontinuierlich mitgedacht werden, z.b. durch Kooperation mit Unternehmen Längerfristige Begleitung ( Refreshing, Coaching, Case-Management) Individualisierte, bedarfsgerechte nachgehende Betreuung 23
Fazit und Ausblick (Reha-Prozess) Entzug Entwöhnung Nachsorge (Re-) Integration in Arbeit Krh.-Bericht, Befundbericht Sozialbericht Entlassungsbericht Nachsorgebericht Erhöhter Ressourcen -einsatz Kosten? Anrufe durch Bezugstherapeuten Persönliche Gespräche durch rv-eigene Casemanager Telenachsorge durch Bezugstherapeuten Refresher-Tage Intervall-Reha Fortlaufende Fallbegleitung und regelmäßige individuelle Bedarfsanalyse 24
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Ansprechpartner: Andreas Schepers Andreas.Schepers@drv-westfalen.de Nina Boes Nina.Boes@drv-westfalen.de 25