Mengenlehre und Logik

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Transkript:

Was sind Mengen? Mengenlehre und Logik Die Welt, in der wir leben, enthält viele verschiedene Objekte. Wir benutzen Worte, um Gedanken über diese Objekte zu formulieren. Zum Beispiel sind typische Worte für Objekte: Apfel, Birne, Auto, Tisch, Haus, u.s.w. Aber man sieht sofort, daß diese Worte eigentlich nicht die einzelnen Objekte beschreiben. Vielmehr sind es Worte, die allgemeine Klassen von Objekten beschreiben. Es gibt kein besonderes Wort, daß gerade den Tisch, an dem Sie momentan sitzen, bezeichnet. Das Wort Tisch bezeichnet jeden Tisch. Daher ist es für uns eine Selbstverständlichkeit, die verschiedenen Gegenstände, denen wir begegnen, in allgemeine Klassen einzuordnen. Für Platon war die Form einer Sache das Wesentliche. Zum Beispiel ist die geometrische Idee eines Kreises etwas, das jeder kennt. Wenn ich versuchen würde, einen Kreis auf die Tafel zu zeichnen, dann würden Sie feststellen, daß mein Kreis falsch ist. Wackelig. Nicht ganz rund. Nur eine Annährung an den perfekten, idealen Kreis. Platon glaubte, daß jeder Mensch schon im voraus alle Formen der Natur kennt. Das einzige, was ein Lehrer zu tun hat, ist zu versuchen, die Formen beim Schüler wieder in Erinnerung zu rufen. Die Arithmetik geht eine Stufe weiter. Eine Zahl ist eine noch abstraktere Klasse von Dingen. NehmenwirzumBeispieldieZahl3.DasbedeutetnichtetwadreiÄpfel,oderdreiBirnen.Nein, 3 ist eine Klasse von Klassen. Nämlich die Klasse aller Sammlungen oder sagen wir lieber Mengen die drei Objekte enthalten. Die Zahl 3 bezeichnet etwas Abstraktes. Wir können, wie bei Platon, über die Form 3 reden, ohne gleichzeitig an Äpfel oder Birnen zu denken. Nun, das Wort Menge bezeichnet im alltäglichen Gebrauch eine Sammlung von spezifischen Objekten. Etwa eine besondere Menge von Äpfeln, die man gerade nach Hause trägt. Manchmal werden Mengen durch die darin enthaltenen Objekte bezeichnet, etwa {,3,5,7,,...}, oder {Apf el, Birne, Kirsche}, oder {rot, gelb, grün}, u.s.w. Wenn wir aber die Theorie der Mengenlehre studieren, dann ist auch eine Menge eine abstrakte, ideale Form. Warum sollten wir etwa die zwei Mengen {Apf el, Birne, Kirsche} und {rot, gelb, grün} auseinander halten? Wie wir gerade gesehen haben, ist die Zahl 3 noch abstrakter, idealer als die Gedanken drei Früchte oder drei Farben. Genauso müssen wir sagen, daß die zwei Mengen {Apf el, Birne, Kirsche} und {rot, gelb, grün} eigentlich einer abstrakten Klasse angehören, nämlich der Klasse aller Sammelungen von Objekten, die drei Dinge enthalten. Daher wird in der abstrakten Mengenlehre eine einfache Vereinbarung getroffen. Statt über komplizierte Objekte wie Kirsche, oder die Eigenschaft rot zu reden, wird vereinbart, nur

über Mengen zu reden. Eine Menge enthält zwar Elemente, aber diese Elemente sind dann selbst abstrakte Mengen. Es gibt eine besondere Menge, die leere Menge, die mit dem Symbol bezeichnet wird. Alle weiteren Mengen werden dann mit Hilfe von konstruiert. Hier sind Beispiele einiger verschiedener Mengen., { }, {,{ }}, {{,{ }},{ }}, u.s.w. Diese Schreibweise ist sicherlich ziemlich umständlich. Daher werden Variablen benutzt, die stellvertretend für Mengen sind. Zum Beispiel, wenn wir vereinbaren, daß a = und b = { } sind, dann ist die Menge {{,{ }},{ }} einfacher zu schreiben als {{a, b}, b}. Die Axiome der Mengenlehre Zuerst zur Notation. Seien A und B Mengen. Falls x ein Element von A ist, dann schreibt man x A. Falls x kein Element von A ist, dann schreibt man x A. A B ist die Vereinigung von A und B. D.h. die Menge aller Elemente x, wobei entweder x A oder x B. A B ist der Durchschnitt von A und B. D.h. die Menge aller Elemente x, wobei sowohl x A als auch x B. A\B ist die Differenz von A und B. D.h. die Menge aller Elemente x, wobei x A und x B. A B heißt A ist eine Teilmenge von B. D.h. falls x A, dann ist auch x B. Manchmal wird auch A B geschrieben, um die Möglichkeit, daß A gleich B sein kann, zu betonen. Das Standardsymbol kommt in dieser Theorie öfters vor. heißt für alle. heißt es existiert. Die folgenden Axiome (von Zermelo und Fraenkel) werden üblicherweise benutzt, um die Theorie der Mengen festzulegen.

. Axiom der Leermenge: Die Menge existiert. enthält keine Elemente.. Axiom der Extensionalität: Zwei Mengen sind gleich genau dann, wenn sie dieselben Elemente enthalten. 3. Axiom der Paare: Falls A und B Mengen sind, dann gibt es eine Menge C, die genau die Mengen A und B als Elemente enthält. D.h. C = {A,B}. 4. Axiom der Vereinigung: Gegeben eine Menge A, dann gibt es eine weitere Menge B, deren Elemente genau die Elemente von Elementen aus A sind. Man schreibt A = B = x A x = {z x : x A}. Z.B. wenn A = {{a,b},{a,c}} ist, dann ist A = {a,b,c}. 5. Axiom der Unendlichkeit: Es gibt eine Menge A, die enthält, und falls x ein Element von A ist, dann ist auch die Menge x {x} ein Element von A. 6. Axiom der Potenzmenge: Für jede Menge A gibt es eine weitere Menge P, wobei die Elemente von P genau die Teilmengen von A sind. Eine Teilmenge B A hat die Eigenschaft: falls x B, dann ist auch x A. 7. Axiom der Regularität: Jede nichtleere Menge A enthält ein Element B, so daß A und B disjunkt sind. (Die Mengen A and B heißen disjunkt, falls A B =.) 8. Aussonderungsaxiom: Angenommen, eine Eigenschaft (oder Funktion) φ sei vorgegeben mit den Werten wahr oder falsch, wobei für alle Mengen x gilt, entweder φ(x) ist wahr oder φ(x) ist falsch. Dann ist für jede Menge A die Menge aller x A, wobei φ(x) wahr ist, tatsächlich eine Menge. Man schreibt {x A : φ(x)}. 9. Auswahlaxiom: Angenommen, A ist eine Menge von paarweise disjunkten nichtleeren Mengen. Dann gibt es eine Menge, die genau ein Element aus jedem Element von A enthält. 3 Die naive Mengenlehre Warum ist gerade das Axiomensystem von Zermelo-Fraenkel das richtige? Woher kommt es überhaupt? Vielleicht ist es das beste, wenn wir zunächst einfach versuchen, einiges über Mengen zu verstehen, ohne uns um diese komplizierten Axiome viele Gedanken zu machen. Definition. Seien A und B Mengen. Eine Abbildung f : A B ist eine Zuordnung der Elemente aus A zu Elementen aus B. D.h. für jedes Element a A gibt es ein eindeutiges Element f(a) B. Die Teilmenge f(a) B ist die Menge {f(a) : a A}. 3

Beispiel. Seien A und B beide gleich die Menge der (natürlichen) Zahlen N = {,,3,4,...}. Für jedes n N sei f(n) = n. Dann ist f eine Abbildung von N nach N. In diesem Fall sagt man auch, daß es sich um eine Abbildung von N in sich selbst handelt Definition. Sei f : A B eine Abbildung. Falls aus a,a A mit a a stets folgt f(a ) f(a ), dann heißt f eine Injektion. Falls für jedes Element b B ein entsprechendes Element a A existiert mit f(a) = b, dann heißt f eine Surjektion. Satz. Sei f : A B eine Abbildung, wobei A B. Falls f eine Injektion ist, dann existiert auch eine Surjektion g : B A. Falls f eine Surjektion ist, dann existiert auch eine Injektion h : B A. Beweis. Zunächst sei f : A B eine Injektion. Eine Surjektion g : B A wird wie folgt konstruiert. Da A, wähle ein Element a 0 A. Dann gibt es für jedes Element b B zwei Möglichkeiten.. Falls ein Element a A existiert mit f(a) = b, dann sei g(b) = a. Bemerkung: Da f eine Injektion ist, ist das Element a A eindeutig festgelegt.. Andernfalls gibt es kein solches Element von A. In diesem Fall sei g(b) = a 0. Warum ist die so definierte Abbildung g : B A eine Surjektion? Nun, sei a A irgendein beliebiges Element von A. Dann ist f(a) irgendein Element von B. Und nach unsere Konstruktion ist dann g(f(a)) = a. Andererseits, falls f : A B eine Surjektion ist, dann gibt es für jedes b B mindestens ein entsprechendes a b A mit f(a b ) = b. Wähle irgendein solches a b A, und sei dann h(b) = a b. Dadurch wird eine Abbildung h : B A definiert. Offensichtlich ist h eine Injektion. Bemerkung. Es ist eine interessante Übung, zu überlegen, welche Axiome hier in diesem Beweis eigentlich benötigt werden. Zum Beispiel wird bei der Konstruktion von h das Auswahlaxiom benutzt. Wenn die Menge A (und/oder B) endlich ist, dann ist klar, daß A größer oder zumindest gleichgroßistwieb,fallseinesurjektionf : A B existiert.nachunseremsatzistdemzufolge auch A kleiner, oder zumindest gleich klein, falls eine entsprechende Injektion existiert. Um diese Idee auszudrücken, werden wir die folgende Notation benutzen. Wir schreiben A B wenn eine Injektion von A nach B existiert. Umgekehrt werden wir schreiben A B, falls eine Surjektion von A nach B existiert. Wir werden diese Schreibweise auch benützen, wenn sowohl A als auch B unendlich groß sind. Nun, manches widerspricht der einfachen Intuition, wenn es sich um unendlich große Mengen handelt. 4

Beispiel. Sei G = {,4,6,8,...} die Menge der positiven geraden Zahlen. Die Abbildung f : N G sei gegeben durch f(n) = n, für alle n N. Dann ist f eine Injektion. D.h. N G, obwohl G doch nur die Hälfte aller Zahlen in N enthält! Auf der anderen Seite ist die Inklusionsabbildung i : G N mit i(g) = g für alle g G eine Injektion. Daher ist auch G N. Definition 3. Falls f : A B sowohl eine Injektion als auch eine Surjektion ist, dann heißt f eine Bijektion. Satz (Schröder-Bernstein). Angenommen, A und B sind nicht-leere Mengen, wobei sowohl eine Injektion f : A B als auch eine Surjektion g : A B existieren. Dann existiert eine Bijektion h : A B. Beweis. Da eine Surjektion von A nach B existiert, gibt es auch eine Injektion k : B A. Nun sei a A ein beliebiges Element aus A. Falls a k(b), dann gibt es ein eindeutiges Element k (a) B. Falls k (a) f(a), dann gibt es ein eindeutiges Element f (k (a)) A. Im allgemeinen gibt es eine Kette von Elementen {a,k (a),f (k (a)),k (f (k (a))),...}. Vielleicht ist diese Kette nur endlich lang, wobei wir ein Element erreichen, das weder in f(a) noch in k(b) liegt. Andernfalls ist die Kette unendlich lang. Daher haben wir zwei verschiedene Teilmengen von A: Sei nämlich A die Menge aller a A, wobei die Kette, die mit a anfängt, nur endlich lang ist. Dann ist A = A\A die Menge aller Elemente mit unendlich langen Ketten. Wir zerlegen auch die Teilmenge A in zwei weitere Teilmengen, und zwar A ist die Menge aller a A, wobei das letzte Glied der Kette in A liegt. A ist die Menge aller a A, wobei das letzte Glied der Kette in B liegt. Die Bijektion h : A B wird dann wie folgt festgelegt, { f(a), falls a A A h(a) =, k (a), falls a A. Ist h tatsächlich eine Bijektion? Nun, sei b B ein beliebiges Element von B. Um zu zeigen, daß h eine Surjektion ist, genügt es, zu zeigen, daß b h(a). Falls k(b) A, dann ist h(k(b)) = k (k(b)) = b. Daher ist b h(a). Sonst ist k(b) A A. Daher muß die Kette, die mit k(b) anfängt, auch wieder zurück in A springen. D.h. ein a A existiert, mit a = f (k (k(b))) = f (b). Dann ist h(a) = f(a) = f(f (b)) = b. Folglich ist auch in diesem Fall b h(a). 5

Ist h auch eine Injektion? Seien a, a A mit h(a ) = h(a ). D.h. sei h(a ) = h(a ) = b B. Falls beide a und a zusammen in der Menge A A liegen, dann gilt h(a ) = f(a ) und h(a ) = f(a ). Aber f ist eine Injektion. Daher ist a = a. Falls beide a und a zusammen in der Menge A liegen, dann gilt h(a ) = k (a ) und h(a ) = k (a ). Aber auch k ist eine Injektion. Daher ist wieder a = a. Schließlich, falls etwa a A A und a A, dann betrachten wir das Element k(b) A. Da b = h(a ) = k (a ), aber auch k (k(b)) = b, und k eine Injektion ist, muß gelten k(b) = a. Andererseits gilt h(a ) = f(a ) = b. D.h. f (b) = f (k (a )) = a. Daher muß die Kette, die mit a anfängt, doch auch durch a führen. Folglich muß auch a A A. Ein Widerspruch. Daher kann dieser Fall gar nicht vorkommen. Satz 3 (Cantor). Sei A eine nicht-leere Menge und sei P(A) die Potenzmenge von A. D.h. P(A) ist die Menge aller Teilmengen von A. Dann gibt es keine Surjektion A P(A). Wir können auch schreiben P(A) A. Beweis. Um einen Widerspruch zu finden, sei doch angenommen, daß eine Surjektion f : A P(A)existiert.D.h.fürallea Aistf(a)irgendeineTeilmengevonA.Wirkönneninsbesondere die Teilmenge S = {a A : a f(a)} betrachten. Da f eine Surjektion ist, muß irgendein Element a 0 A existieren, mit f(a 0 ) = S. Die Frage ist nun, ob a 0 ein Element von S ist, oder auch nicht. Falls a 0 S, dann ist a 0 f(a 0 ) = S. Daher, nach der Definition von S, gilt a 0 S. Andernfalls,ista 0 S = f(a 0 ).AberwiedernachderDefinitionvonS mußgeltena 0 S. Beides führt zum Widerspruch. Definition 4. Falls A und B Mengen sind und keine Surjektion A B existiert, dann sagt man, daß die Kardinalität von A kleiner ist als die Kardinalität von B. Man schreibt A B. Andernfalls, wenn eine Bijektion zwischen A und B existiert, dann schreibt man A = B. D.h. A und B besitzen dieselbe Kardinalität. 4 Wie groß sind N, Q und R? Hier ist N die Menge der natürlichen Zahlen {,,3,...}. Die Menge aller ganzen Zahlen heißt Z, wobei Z = {..., 3,,,0,,,3,...}. Daher ist offensichtlich, daß N Z. Definition 5. Die Menge der rationalen Zahlen Q ist die Menge aller Zahlen der Art a, wobei b a Z und b Z. (Natürlich ist diese Darstellung im allgemeinen nicht eindeutig. Z.B. sind und zwei verschiedene Darstellungen derselben rationalen Zahl.) 4 Es kann sein, daß S =. Aber die leere Menge ist auch eine Teilmenge von A. D.h. P(A). 6

Satz 4. Es gilt N = Q. Mit anderen Worten, es gibt eine Bijektion zwischen N und Q. Beweis. Es genügt, eine Injektion f : N Q und eine Surjektion g : N Q zu finden. Die Injektion ist trivial. Wir brauchen nur f(n) = n für alle n N zu nehmen. Eine Surjektion g : N Q zu finden ist etwas komplizierter. Wir schreiben zunächst alle möglichen rationalen Zahlen in eine unendlich große Tabelle, wie folgt. 0 3 4 5 0 3 4 0 3 3 3 3 3 3 3 0 4 4 4 4 3 3 4 0 5 5 5 4 3 3 4 5 0 6... Dann müssen wir einfach systematisch durch diese Tabelle gehen. Etwa in der Reihenfolge 0,,,, 0,, 3,,, 3, 4, u.s.w. g(n) ist dann die n-te rationale Zahl in dieser Reihenfolge. D.h. g() = 0, g() =, g(3) =, g(4) =, u.s.w. Wie ist es mit den reellen Zahlen?. Nun, wie wir alle wissen, werden diese Zahlen meistens als Dezimalzahlen dargestellt. Zum Beispiel die bekannte Zahl Pi ist 3,459653589793... Wir können eigentlich sagen, daß diese Zahl aus zwei getrennten Teilen besteht. Zuerst kommt eine endliche Liste von Ziffern vor dem Komma: in diesem Falle nur die {3}. Dann kommt eine unendliche Folge von Ziffern nach dem Komma: in diesem Falle die Liste...... {,4,,5,9,,6,5,3,5,8,9,7,9,3,...} Aber auch jede einfache Zahl, etwa die, kann als ein solches Paar von Listen dargestellt werden. Hier hätten wir die Darstellung Nach diesem Schema ist dann auch =,0000000 = [{}, {0,0,0,0,0,0,0,0...}] π = [{3}, {,4,,5,9,,6,5,3,5,8,9,7,9,3,...}]. 7

Definition 6. Die Menge der reellen Zahlen R ist die Menge aller Ziffernpaare, wobei die erste Liste von Ziffern (mit Vorzeichen) endlich ist, während die zweite Liste unendlich lang ist. Satz 5. N R. Beweis. UmeinenWiderspruchzufinden,seidochangenommen,daßeineSurjektionf : N R existiert. Dann ist f(n) die n-te reelle Zahl, und dadurch werden alle möglichen reellen Zahlen aufgezählt. Sei etwa f(n) = r n R. Diese reelle Zahl r n kann in unserem Schema wie folgt dargestellt werden. r n = [{r n, mn,r n, mn+,...,r n, }, {r n,,r n,,r n,3,...}] Der Widerspruch besteht darin, daß es sehr einfach ist, eine reelle Zahl zu finden, die verschieden ist von allen möglichen r n. Wir brauchen nur die Zahl s = [{0}, {s,s,s 3,...}] zu nehmen, wobei für jedes i die Ziffer s i anders ist als die Ziffer r i,i. Ganz offensichtlich ist dann s r n für alle n, da zumindest an der n-ten nach-komma Stelle die zwei Zahlen verschieden sind. 5 Russel s Paradoxon Die Menge aller positiven ganzen Zahlen N ist natürlich unendlich groß. Aber wie wir gerade gesehenhaben,istr N,daheristRnochgrößer.Esgiltauch,daßdiePotenzmengeP(N) N. Aber dann ist die Potenzmenge von der Potenzmenge immer noch größer: P(P(N)) P(N) N. Es gibt daher eine unendliche Folge von immer größeren unendlichen Mengen. N P(N) P(P(N)) P(P(P(N))) P(P(P(P(N)))). Wo endet das alles? Die einfachste Idee ist zu sagen, daß alle möglichen Mengen enthalten sind in einer Universalmenge U, nämlich die Menge aller Mengen. Nun, wenn wir annehmen, daß U wirklich eine Menge ist, dann können wir die folgende Frage stellen. Wir unterscheiden zwei verschiedene Typen von Mengen. Die guten Mengen A sind so, daß A A. Die schlechten Mengen B sind hingegen so, daß B B. Wir interessieren uns insbesondere für die Menge G aller guten Mengen. (Falls U eine Menge ist, dann ist G einfach eine Teilmenge von U. 3 ) Die Frage ist nun, ist G selbst gut oder schlecht? Um die Zweideutigkeit etwa zwischen den zwei Darstellungen,00000000... und 0,99999999... auszuschließen, wird angenommen, daß die zweite Liste nicht in einer unendlichen 9er-Folge endet. 3 Wir benutzen hier das Aussonderungsaxiom, was sicherlich ein wesentlicher Bestandteil jeder naiven Mengenlehre sein muß. 8

Falls G gut ist, dann ist G G. Aber U \G = S. Daher folgt G S. D.h. G ist schlecht. Falls G schlecht ist, dann ist G G. D.h. G ist gut. Wieder ein Widerspruch. Was können wir aus Russel s Paradoxon schließen? Es ist klar, daß die Menge aller Mengen nicht existieren kann. Gödel hat ein anderes Axiomensystem eingeführt, wobei nicht nur Mengen, sondern auch Klassen vorkommen. In Gödel s System ist dann die Klasse aller Mengen eine zulässige Idee. Eine Klasse enthält Elemente genauso wie Mengen, und jedes Element in einer Klasse ist wiederum eine Menge. Mehr noch, jede Menge ist auch eine Klasse. Für uns ist wichtig festzuhalten, daß im allgemeinen ein Aussage von der Art Die Menge aller Mengen mit der Eigenschaft xxx unzulässig ist. Nach dem Aussonderungsaxiom ist jedoch die Aussage Sei A eine Menge. Dann ist B die Menge aller Elemente von A mit der Eigenschaft xxx doch zulässig. Dieses Axiom ist von Ernst Zermelo eingeführt. Später hat A. Fraenkel gezeigt, daß ein noch allgemeineres Axiom das Ersetzungsaxiom stattdessen auch funktioniert. 6 Geordnete Mengen Definition 7. Seien A und B Mengen. Das Kartesische Produkt A B ist die Menge aller Paare (a,b), wobei a A und b B. Definition 8. Sei A eine Menge. Eine Halbordnung auf A ist eine Teilmenge O A A, wobei. (a,a) O, für alle a A.. Falls (a,a ) O und (a,a ) O, dann folgt a = a. 3. Falls (a,a ) O und (a,a 3 ) O, dann folgt auch (a,a 3 ) O. Falls auch für alle a, a A gilt: entweder (a,a ) O oder (a,a ) O, dann heißt die Ordnung eine totale (oder lineare) Ordnung. Eigentlich ist es üblicher, eine Ordnung auf einer Menge mit dem Symbol zu bezeichnen. Daher wird statt (a,a ) O normalerweise a a geschrieben. Man schreibt auch a < a wenn klar ist, daß auch a a. Die geordnete Menge A zusammen mit der Ordnung wird oft als Paar (A, ) geschrieben. Gegeben zwei geordnete Mengen (A, ) und (A, ); eine Abbildung f : A A heißt ordnungstreu, falls f(x) f(y) genau dann, wenn x y, für alle x, y A. Definition 9. Sei wiederum A eine Menge. Eine Wohlordnung auf A ist eine Halbordnung, wobei in dieser Halbordnung jede Teilmenge B A ein kleinstes Element besitzt. D.h. es existiert ein Element b 0 B, wobei für alle b B gilt b 0 b. Die Menge A zusammen mit einer Wohlordnung heißt eine wohlgeordnete Menge. 9

Bemerkung. Eine Wohlordnung ist immer eine totale Ordnung. Denn gegeben a, a A, dann ist auch {a,a } A eine Teilmenge. Wenn etwa a das kleinste Element der Teilmenge wäre, dann würde gelten a a. Umgekehrt, wenn a das kleinste Element ist, dann gilt a a. Der berühmte Wohlordnungssatz besagt, daß jede Menge eine Wohlordnung besitzt. Zur Vorbereitung brauchen wir den folgenden Satz über Anfangssegmente. Zuerst Definition 0. Sei (T, ) eine totalgeordnete Menge. Die Teilmenge S T heißt Anfangssegment, falls für alle s S gilt {r T : r < s} S. Definition. Dieses Mal sei (T, ) eine wohlgeordnete Menge. Sei W T, wobei B = {x T : w < x, w W}. Dann ist B T eine Teilmenge, und da (T, ) wohlgeordnet ist, gibt es ein kleinstes Element t 0 von B. Dieses kleinste Element t 0 heißt das Supremum von W, geschrieben Sup(W). Satz 6. Seien (Y, ) und (Y, ) wohlgeordnete Mengen. Dann gibt es entweder eine eindeutige ordnungstreue Abbildung Y Y auf ein Anfangssegment von Y, oder umgekehrt. 4 (Einfachheitshalber werden wir eine ordnungstreue Abbildung auf ein Anfangssegment eine gute Abbildung nennen.) Beweis. Um die Eindeutigkeit zu zeigen, sei angenommen, daß f : Y Y eine gute Abbildung ist. Behauptung: es gilt f(x) = Sup({f(u) : u < x}) für alle x Y. Dies folgt, da f(u) f(x) für alle u Y mit u x, denn f ist ordnungstreu. Folglich muß f(x) Sup({f(u) : u < x}). Andererseits, sei t = Sup({f(u) : u < x}). Falls f(x) > t, dann gibt es ein x < x in Y mit f(x ) = t. Aber das heißt t {f(u) : u < x}, ein Widerspruch. Nun können wir die Eindeutigkeit von f beweisen. Denn falls f,f : Y Y zwei verschiedene gute Abbildungen sind, sei U = {x Y : f (x) f (x)}. Sei x 0 das kleinste Element von U. Dann gilt f (x 0 ) = Sup({f (u) : u < x 0 }) = Sup({f (u) : u < x 0 }) = f (x 0 ), ein Widerspruch. Es bleibt, die Existenz einer guten Abbildung zu beweisen. Im allgemeinen, falls X und X totalgeordnete Mengen sind und f : X X eine gute Abbildung ist, dann ist für jedes Anfangssegment B X auch f(b) ein Anfangssegment von X. Insbesondere ist die eingeschränkte Abbildung f B : B X auch eine gute Abbildung. 4 D.h. f(y ) = {f(y) : y Y } Y ist ein Anfangssegment von Y, oder umgekehrt. 0

Sei nun C Y die Menge aller x Y, wobei eine gute Abbildung vom Anfangssegement B x = {u Y : u x} nach Y existiert. Dann ist C selbst ein Anfangssegment von Y. Für jedes x C sei f x : B x Y die gute Abbildung von B x nach Y. Wir definieren dann die Abbildung f : C Y durch die Regel f(x) = f x (x), für alle x C. Dann ist f eine gute Abbildung. Falls C = Y, dann sind wir fertig. Andernfalls ist C eine echte Teilmenge von Y (d.h. Y \C ). Falls f(c) = Y, dann sei g = f (offensichtlich wäre dann f eine Bijektion). In diesem Fall ist g : Y Y eine gute Abbildung. Kann es sein, daß f(c) Y? Falls ja, sei u = Sup(C) und v = Sup(f(C)). Dann können wir die Abbildung f erweitern mit der Regel f(u) = v. Dadurch bekommen wir eine gute Abbildung von C {u} nach Y. Aber dies widerspricht doch der Definition von C. 7 Der Wohlordnungssatz Die eigentliche Voraussetzung für diesen Satz ist der Auswahlaxiom. Am Ende des 9-ten Jahrhunderts äußerten viele Mathematiker Zweifel an der Richtigkeit dieses Satzes und daher auch an der Richtigkeit des Auswahlaxioms. Heute bezweifelt kaum jemand, daß die Axiome von Zermelo-Fraenkel die richtige Grundlage für die Mengenlehre bieten. Nun, um den Wohlordnungssatz zu beweisen, sei A irgendeine Menge. Wir suchen dann eine Wohlordnung für A. Dazu sei P(A) die Potenzmenge von A. Satz 7. Sei f : P(A) A eine Abbildung. Dann gibt es eine eindeutige Teilmenge W A und eine eindeutige Wohlordnung auf W, wobei. für jedes x W gilt f({y W : y < x}) = x, und. f(w) W. Beweis. Wir suchen eine bestimmte Ordnung auf einer bestimmten Teilmenge W A. Dafür müssen wir verschiedene mögliche Ordnungen die wir mit und bezeichnen werden zusammen mit verschiedenen möglichen Teilmengen Y, Y A untersuchen. Sei daher (Y, ) irgendeine wohlgeordnete Teilmenge von A. Wir werden sagen, daß (Y, )einef-teilmengevonaist,fallsfürjedesx Y diegleichungf({y Y : y < x}) = x gilt. Seien nun (Y, ) und (Y, ) beide f-teilmengen von A. Nach unserem letzten Satz gibt es entweder eine ordnungstreue Abbildung φ : Y Y, wobei φ(y ) ein Anfangssegment von Y ist, oder umgekehrt. Behauptung: φ ist eigentlich die Identitätsabbildung φ(x) = x, für alle x Y.Dennandernfallsseit Y daskleinsteelement(bzgl.derordnung ),wobeiφ(t) t. Es gilt einerseits {u Y : u < t} = {v Y : v < φ(t)}.

Andererseits, da beide Y und Y f-teilmengen von A sind, muß gelten φ(t) = f({v Y : v < φ(t)}) = f({u Y : u < t}) = t. Ein Widerspruch. Daher ist doch φ die Identitätsabbildung auf Y. D.h. Y ist einfach ein Anfangssegment von Y und die Ordnung ist identisch mit der Ordnung auf Y. Sei nun W die Vereinigung aller f-teilmengen von A. Dann muß W selbst eine f-teilmenge sein. Falls f(w) W, dann kann die Ordnung auf W zu einer Ordnung auf W {f(w)} erweitert werden, indem die Relation w < f(w), für alle w W, hinzugefügt wird. Dann ist W {f(w)} eine f-teilmenge, die größer ist als W. Dies widerspricht der Definition von W. Satz 8 (Wohlordnungssatz). Jede Menge A besitzt eine Wohlordnung. Beweis. Nach dem Auswahlaxiom gibt es eine Abbildung f : P(A) A, wobei f(u) U, für alle Teilmengen U A. Sei dann eine neue Abbildung φ gegeben durch φ(v) = f(a\v) A\V, für alle Teilmengen V A mit V A. Schließlich sei φ(a) = a 0, wobei a 0 A irgendein ausgewähltes Element ist. Dann gibt uns unser letzter Satz eine bestimmte Wohlordnung auf einer φ-teilmenge W A, wobei φ(w) W. Kann es sein, daß W A? Falls ja, dann ist doch f(a\w) A\W. D.h. φ(w) W, ein Widerspruch. 8 Mathematische Logik Damals, um 904, haben viele Mathematiker (insbesondere Lesbegue, Poincaré und Banach) gesagt, daß dieser Beweis des Wohlordnungssatzes irgendwie falsch sein muß. Z.B. eine Konsequenz ist, daß nicht messbare Teilmengen von R existeren, was den Vorstellungen von Lesbegue wiedersprach. Heute wird der Wohlordnungssatz nicht mehr angezweifelt. Im Gegenteil, es gibt eine enge Verbindung zwischen der Mengenlehre und der mathematischen Logik Eine Vorstellung ist, daß ein mathematischer Beweis wie ein Computerprogramm funktionieren sollte. Die Hypothesen einer mathematischen Theorie werden in den Computer eingegeben, dann läuft der Computer nach festgelegten Regeln der Logik, und am Ende werden wahre mathematische Sätze ausgegeben. Solche Sätze werden dann allgemein akzeptiert, da keine menschliche Willkür mit im Spiel ist. Daher wird, wie bei einer Computersprache, eine logische Sprache für die Mathematik defi-

niert. Diese Sprache besteht aus Symbolen, und zwar: : nicht & : und : oder : es folgt : genau dann, wenn : für alle : es existiert = : gleich (, ) : Klammer x,x,... : Variablen c,c,... : Konstanten Nun, es gibt unendlich viele mögliche Variablen und Konstanten in dieser Sprache, nämlich x,x,x,x,x,... und c,c,c,c,c,... Jedoch ist diese Art, Variablen und Konstanten zu beschreiben, doch ziemlich umständlich. Daher werden auch x,y,z, und auch x,x,... zugelassen für die Beschreibung von Variablen. Als Konstanten können auch a, b, c, u.s.w. genommen werden. Es gibt auch Relationen. Eine mathematische Theorie enthält höchstens endlich viele verschiedene Relationen. Eine n-fache Relation wird wie folgt geschrieben: R(t,...,t n ). Hierbei sind die t i Terme. Terme können entweder Variablen oder Konstanten als Werte annehmen. Zum Beispiel gibt es die Relation in der Mengenlehre. Wir schreiben a b, um zu sagen, daß a ein Element aus b ist. Hier sind a und b Konstanten, und die Relation a b ist dann entweder wahr oder falsch in einem bestimmten System oder Modell. Statt a b zu schreiben, ist es eigentlich konsequenter zu schreiben. Oder vielleicht noch besser wäre (a,b) R (a,b). Ein anderes Beispiel ist die Addition in der Arithmetik von Z. Es gilt etwa + = 4. Dies ist eine Relation zwischen den drei Konstanten, und 4. Man könnte daher diese dreifache Relation wie folgt beschreiben: R + (,,4). Wirwissen,daßR + (,,4)denWert wahr besitzt.andererseitsbesitztdierelationr + (,,3) den Wert falsch. Die Relation R + (,,x) besitzt keinen Wahrheitswert. Erst wenn die Variable x durch einen Quantoren festgelegt wird, entsteht auch ein Wahrheitswert. Z.B. die Aussage ist wahr. Aber die Aussage ist falsch. xr + (,,x) xr + (,,x) 3

8. Wohlgeformte Formeln Es ist nicht so, daß jede Zeichenkette irgendeinen Sinn macht. Z.B. die Zeichenkette ((, ist sicherlich völlig sinnlos. Unser Compiler wird sofort eine Fehlermeldung produzieren. Eine sinnvolle Zeichenkette heißt eine Wohlgeformte Formel, abgekürtz WFF. 5 Wohlgeformte Formeln werden durch die folgenden Regeln bestimmt.. Zeichenketten der Art x = x oder x = c oder c = c sind WFFs.. Sei R eine n-fache Relation. Dann ist R(t,...,t n ) ein WFF, wobei jedes t i entweder eine Variable oder eine Konstante ist. 3. Falls A und B WFFs sind, dann auch (A), (A)&(B), (A) (B), (A) (B) und (A) (B). 4. Falls A ein WFF ist, dann sind auch xa und xa beide WFFs. 8. Aussagen Variablen werden entweder als frei oder als gebunden bezeichnet. Sei x eine Variable. Dann ist x zunächst frei in allen WFFs von der Art x = x, x = c, oder R(t,...,t n ), wobei t i gleich x ist für irgendein i. Falls die WFF A eine freie Variable x enthält (man schreibt A(x)), dann ist x immer noch frei in der WFF (A(x)). Auch die anderen Verbindungen wie in Regel 3 für WFFs ändern die Freiheit nicht. Andererseits wird x gebunden in Formeln der Art xa(x), und auch in xa(x). D.h. eine freie Variable wird durch einen Quantor gebunden. Die Quantoren sind die zwei Zeichen und. Eine gebundene Variable ist nicht mehr frei. Eine Aussage ist dann eine WFF ohne freie Variablen. 8.3 Wahrheitstabellen Aussagen in einem vorgegebenen Modell sind entweder wahr W oder falsch F. Seien P und Q mögliche Aussagen. Dann gibt es die folgenden Schemen, um die Wahrheitswerte für weitere Aussagen zu bestimmen. P Q & W F W W F F F F P Q W F W W W F W F P Q W F W W F F W W und P Q W F W W F F F W 5 Ich folge hier der Notation in Cohen s Buch: Set Theory and the Continuum Hypothesis. 4

D.h. etwa die Aussage (P)&(Q) ist nur dann wahr, wenn sowohl P als auch Q gleichzeitig wahr sind. Auch (P) (Q) ist nur dann falsch, wenn sowohl P als auch Q gleichzeitig falsch sind. (P) (Q) ist nur dann falsch, wenn P falsch und Q wahr ist. Wenn P falsch ist, dann ist (P) (Q) immer wahr, egal welchen Wert Q hat. Vielleicht ist diese Festlegung für die Beziehung (P) (Q) zunächst etwas verwirrend. Ein Beispiel aus der Arithmetik zeigt jedoch, daß diese Regel eigentlich nicht so abwegig ist. Beispiel 3. Sei P die Aussage =. Daher ist P offensichtlich falsch. Sei Q die Aussage = 5. Aber wenn =, dann folgt sicherlich 0 =. Wir multiplizieren beide Seiten mit. Dann folgt = 0. Ebenso folgt 5 = 0. Dann ist = 0 = 5 und die gesamte Aussage stimmt. ( = 0) ( = 5) Nun, das Beispiel 3 ist sicherlich kein Beispiel aus der mathematischen Praxis. Aber das folgende Beispiel kommt tatsächlich vor. Beispiel 4. Das vielleicht grösste, noch ungelöste Problem in der Mathematik ist die Riemannsche Vermutung. Es handelt sich um eine bestimmte Aussage in der Zahlentheorie. Sei R die Riemannsche Vermutung. Dann ist R entweder wahr oder falsch. Da R noch nicht bewiesen ist, wissen wir doch nicht, welchen Wahrheitswert R eigentlich besitzt. Die meisten Mathematiker glauben wohl, daß R wahr ist. Nun, es gibt natürlich viele andere mögliche Aussagen in der Zahlentheorie. Manche davon könnten bewiesen werden, wenn tatsächlich R wahr wäre. Sei Q eine solche Aussage. Dann gibt es den Satz R Q. Dieser Satz ist dann richtig im Falle R = wahr, wobei gezeigt wird, daß dann Q = wahr sein muß. Andererseits, falls R = falsch ist, dann fehlen die eigentlichen Voraussetzungen, um Q zu beweisen. Daher kann Q entweder wahr oder falsch sein. Trotzdem bleibt die Feststellung R Q wahr. 8.4 Tautologien Eigentlich brauchen wir nur die zwei Symbole und, denn die Wahrheitstabelle für (P)&(Q) ist identisch mit der Wahrheitstabelle für (( P) ( Q)). Auch (P) (Q) ist nichtsanderesals( P) Q.Schließlichist(P) (Q)identischmit((P) (Q))&((Q) (P)). Dies sind Tautologieschemen. Wir schreiben (P)&(Q) (( P) ( Q)) (P) (Q) ( P) Q (P) (Q) ((P) (Q))&((Q) (P)) Dadurch ist es möglich, in einem Beweis, verschiedene Aussagen umzuformen. 5

Hier sind einige weitere gebräuchliche Tautologieschemen ( P) P P&P P P P P (P&Q)&R P&(Q&R) (P Q) R P (Q R) P Q Q P P&Q Q&P (P&Q) R (P Q)&(Q R) (P Q)&R (P&Q) (Q&R) (P&Q) ( P) ( Q) (P Q) ( P)&( Q) (P Q) (( Q) ( P)) (P (Q R)) (Q (P R)) ((P&Q) R) (Q (P R)) Im allgemeinen ist eine Tautologie definiert als eine Aussage, die immer wahr ist. Daher ist P ( P) eine Tautologie. Diese Aussage ist immer wahr, egal was die Aussage P ist. 8.5 Gültige Aussagen Zunächst gibt es in jeder mathematischen Theorie ein System von Axiomen. Dies sind einfach Aussagen, die als gültig angenommen werden. Zum Beispiel haben wir am Anfang dieser Vorlesung eine informale Beschreibung der Axiome der Mengenlehre nach Zermelo-Fraenkel gesehen. In der Theorie der Mengenlehre sind diese Axiome dann gültig. Nun, aus gültigen Aussagen werden weitere gültige Aussagen abgeleitet nach festen Regeln. Diese abgeleiteten Aussagen sind die Sätze der Theorie. Die Regeln sind wie folgt.. Eine Tautologie ist eine gültige Aussage. Insbesondere gilt: falls A und B gültig, dann ist auch A&B gültig.. Falls A und auch (A) (B) gültig sind, dann ist auch B gültig. 3. (a) i. c = c, ii. (c = c ) (c = c) und iii. ((c = c )&(c = c )) (c = c ) sind gültige Aussagen. (b) Falls c in der WFF A vorkommt, und die WFF A ist die Aussage A, wobei c durch c ersetzt wird, dann ist (c = c ) ((A) (A )) gültig. (c) Falls x in der WFF A vorkommt, und die WFF A ist die Aussage A, wobei x durch x ersetzt wird, dann ist die Aussage A A gültig. 6

4. Sei A(x) eine WFF, wobei die Variable x als freie Variable vorkommt. Dann ist gültig. ( xa(x)) A(c) 5. Sei B eine Aussage, wobei weder x noch c vorkommt. Dann, falls A(c) B gültig ist, dann folgt auch, daß ( xa(x)) B gültig ist. 6. Die Aussage ( xa(x)) ist gültig genau dann wenn die Aussage x( A(x)) gültig ist. 7. Sei A(x) eine WFF mit freien Variablen x, und sei B eine weitere WFF, wobei x in B nicht vorkommt. Dann ist (a) ( xa(x))&(b) gültig genau dann, wenn x((a(x))&(b)) gültig ist, und (b) ( xa(x))&(b) gültig genau dann, wenn x((a(x))&(b)) gültig ist. 8.6 Konsistenz, Widerspruch Ein Widerspruch ist eine Aussage, die immer falsch ist. Insbesondere ist die Aussage P&( P) ein Widerspruch, egal ob P wahr oder falsch ist. Angenommen, eine vorgegebene mathematische Theorie wird durch ein System von Axiomen A,...,A n beschrieben. Falls daraus ein Widerspruch entsteht, d.h. es gibt eine Aussage P, wobei die gesamte Aussage (A & A n ) ((P)&( P)) gültig ist, dann ist diese Theorie widersprüchlich. Mit anderen Worten, die Theorie ist schlecht, nicht mehr zu gebrauchen. Andererseits, falls kein solcher Widerspruch als Satz in der Theorie abgeleitet werden kann, dann heißt die Theorie konsistent. In früheren Zeiten ist man davon ausgegangen, daß die übliche Mathematik insbesondere die einfache, normale Arithmetik in Z selbstverständlich eine konsistente Theorie ist. Um so grösser war die Bestürzung, als Gödel gezeigt hat, daß die Konsistenz der Arithmetik unbeweisbar ist. Da Z im Rahmen der Zermelo-Fraenkel Mengenlehre beschrieben werden kann folgt, daß auch die Konsistenz der Mengenlehre unbeweisbar ist. Andererseits gilt: eine Theorie ist konsistent genau dann, wenn ein Modell dafür existiert. Daher ist es jetzt sinnvoll für uns, daß wir uns Gedanken über die Theorie der Modelle machen. 9 Modelle Modelle sind eigentlich Mengen. Aber diese Mengen werden ganz konkret beschrieben; die Axiome von Zermelo-Fraenkel spielen jetzt keine Rolle. Für diese Modelle gibt es nur eine Relation. Diese Relation wird durch unser mengentheoretischen Inklusionszeichen beschrieben. 7

9. Modelle als Mengen: ein Beispiel Beispiel 5. Zum Beispiel wird ein bestimmtes Modell oder Menge durch die zwei Konstirdanten a und b und die zwei Relationen a a und a b gegeben. (Genauer betrachtet sind dies eigentlich zwei verschiedene Instanzen der einzigen Relation.) Die verschiedenen Instanzen der Inklusionsrelation dieses Modells können mittels einer Tabelle dargestellt werden. a a W b a W Ein wahrer Satz in diesem Modell ist dann die Aussage x(x a). Andererseits ist der Wahrheitswert der Aussage x(x b) nicht bestimmt. Dieser Satz ist doch unbeweisbar in unserem Modell. Nun, solche Formeln wie a b sind sehr einfach und ursprünglich. Daher werden sie Primformeln genannt. Ein Modell heißt prim-vollständig, falls die Wahrheitswerte für alle möglichen Primformeln vorgegeben (oder zumindestens ableitbar) sind. Unser Modell (Beispiel 5) ist prim-unvollständig, da z.b. der Wahrheitswert der Primformel b a nicht bestimmt ist. Auch ist b b nicht bestimmt. Wenn wir jedoch die zwei weiteren Relationen a b und b b hinzufügen 6, dann erhalten wir doch ein prim-vollständiges Modell. Die entsprechende Tabelle ist nun a a W b a W a b F b b F Das neue Modell, das wir jetzt haben, ist vollständig beschrieben, da alle möglichen Inklusionsrelationen festgelegt sind. Das Modell ist konsistent, da keine Inklusionsrelation sowohl wahr als auch falsch gekennzeichnet ist. (Aber auch das ursprüngliche Modell, ohne die zusätzlichen Inklusionsrelationen a b und b b, war offenbar konsistent, da keine Aussagen sowohl als wahr als auch als falsch gekennzeichnet werden.) Da das Modell prim-vollständig ist, können wir uns auch mittels unserer üblichen Schreibweise a = {a,b} und b = die Mengen a und b vorstellen. 7 6 EigentlichgibteskeineRelationderArt.DieBeziehunga bist (a b),odernochbesser: R (a,b). 7 In diesem Modell gilt a a, was nach Zermelo-Fraenkel s Axiom der Regularität ausgeschlossen wird. Dies ist jedoch kein Wiederspruch! Wir befinden uns jetzt auf einer viel ursprünglicheren Ebene als die komplizierte Zermelo-Fraenkel Mengenlehre. 8

9. Axiome in einem Modell: ein Beispiel Beispiel 6. In diesem Beispiel gibt es zwei Axiome, genannt A und A. A ist: Jede Menge enthält sich selbst. A ist: Jede Menge besitzt mindestens zwei Elemente. Wir können diese Axiome auch durch formale Aussagen formulieren. A : x(x x) A : x y z( (y = z)&(y x)&(z x)) Das System enthält auch drei Konstanten, genannt a, b und c. Ist dieses System definiert durch unsere zwei Axiome konsistent? Diese Frage kann beantwortet werden, indem wir ein Modell suchen, wobei beide Axiome wahr sind. Wir betrachten nun drei Modelle, die wir M, M und M 3 nennen werden. Jedes Modell hier enthält die drei Konstanten (oder Mengen), a, b und c. Die Inklusionsrelationen sind wie folgt. M : a a W b a W b b W c b W a c W c c W M : a a W b a W c a F a b W b b W c b W a c F b c W c c W M 3 : a a W b a W c a W a b W b b W c b F a c W b c W c c W Das Modell M ist prim-unvollständig. Trotzdem ist es ein Modell für unser System. Es ist möglich, M zu ergänzen zu einem prim-vollständigen, indem wir die nicht behandelten Primformeln als wahr oder falsch bezeichnen. Zum Beispiel ist das Modell M eine Möglichkeit. Das Modell M 3 ist hingegen keine Ergänzung von M. M 3 ist ein ganz anderes Modell für unser System. 9

9.3 Abhängigkeit, Unabhängigkeit Wir betrachten nun zwei weitere Modelle, die die Konstanten a, b und c enthalten. M : a a W b a F c a F b b W c c W M : a a F b a W c a W a b W b b F c b W a c W b c W c c F Offensichtlich gilt Axiom A für das Modell M, aber Axiom A ist falsch in M. Andererseits gilt Axiom A für das Modell M, jedoch Axiom A ist falsch in M. Dies zeigt, daß die Axiome A und A unabhängig voneinander sind. Gegeben ein beliebiges System A,...,A n von Axiomen, ein bestimmtes Axiom A in diesem System ist unabhängig von den anderen Axiomen, falls ein Modell existiert, wobei A falsch ist in dem Modell, während die anderen Axiomen alle wahr sind. Falls kein solches Modell existiert, dann ist A abhängig in Bezug auf den anderen Axiomen. 9.4 Die Beschreibung von Modellen; Unendliche Modelle Gegeben ein prim-vollständiges, endliches Modell M, dann ist es, im Prinzip, kein Problem, das Modell zu beschreiben. Wir könnten eine Liste aufstellen, in der alle wahre Inklusionsrelationen stehen. Zum Beispiel, wenn das Modell die drei Mengen a, b und c enthält, und die Liste so aussieht a a c a b b a c b c c c dann ist das Modell vollständig beschrieben. Die Inklusionsrelationen, die nicht auf der Liste stehen, etwa b a, müssen dann falsch sein. Eine alternative Art, das Modell zu beschreiben, wäre einfach eine Liste der Mengen aufzustellen, etwa wie a = {a,c} b = {b} c = {a,b,c} 0

u.s.w. Die Situation ist schwieriger, wenn es sich um unendliche Modelle handelt. Wir können versuchen eine partielle Liste zu beschreiben, etwa wie a a a 3 a a 4 a 3 a 5 a 4 a 6 a 5. u.s.w. Aber letztendlich muß doch genau gesagt werden, was eigentlich u.s.w. bedeuten soll in dieser Liste. Um dieses u.s.w. zu beschreiben, brauchen wir irgendein System von Formeln und dann kommen wir zurück zum eigentlichen Problem nämlich, ist das System konsistent oder nicht? Und tatsächlich hat Gödel gezeigt, daß wenn eine mathematische Theorie nur die übliche Arithmetik enthalten soll, es nicht möglich ist, ein konkretes, vorgegebenes Modell anzugeben. 9.5 Eine Definition Nun wollen wir insgesamt sagen, was eine mathematische Theorie, und ein dazu passendes Modell sein soll. Für eine mathematische Theorie brauchen wir zunächst eine Liste der Konstanten für diese Theorie. Diese Liste kann endlich oder auch unendlich lang sein. Sei c,c,c 3,... die Liste der Konstanten. 8 Wir brauchen auch eine endliche Sammlung von möglichen Relationen R,...,R m für unsere Theorie. Schliesslich brauchen wir noch eine endliche Sammlung von Axiomen A,...,A n. Damit wird eine mathematische Theorie definiert. Um dieser Theorie Substanz zu geben, brauchen wir ein Modell. Ein Modell ist zunächst eine Menge M. Aber gemeint ist hier nicht die Idee von Mengen in der Zermelo-Fraenkel Theorie der Mengenlehre! Nein. Gemeint ist eine ganz konkrete Vorgabe von Mengen und Inklusionsrelationen, wie in unseren Beispielen. Wir nehmen an, daß M vorgegeben ist und auch konsistent ist. D.h. es gibt keine Primformel, die sowohl als wahr als auch als falsch gekennzeichnet wird. Nun, jeder Konstante c α wird ein Element c α M zugewiesen. Ebenso wird jeder Relation R β eine bestimmte Teilmenge R β M r des kartesischen Produkts 9 von M zugewiesen, wobei R β eine r-fache Relation ist. D.h. R β ist eine Relation mit r Termen R β (t,...,t r ). Die verschiedenen Relationen der Theorie werden im Modell so festgelegt daß alle Axiome wahr sind nach den folgenden Regeln. 8 Z.B. für die Zermelo-Fraenkel Theorie der Mengenlehre gibt es nur eine einzige Konstante, genannt. 9 Das -fache kartesisches Produkt M M (geschrieben M ) haben wir schon gesehen. Das r-fache Produkt M M = M }{{} r besteht aus geordneten Listen (m,...,m r ), wobei m i M für jedes i. r fach

Sei A(x,...,x s ) irgendeine WFF mit s freien Variablen x,...,x s. Seien x,...,x s M irgendwelche Elemente von M. Dann ist der Wahrheitswert von A in x,...,x s wie folgt festgelegt:. (a) Ist A eine Formel der Art x = x, dann ist A wahr in x,x, falls x = x in M. (b) Ist A eine Formel der Art x = c, dann ist A wahr in x,c, falls x = c in M. (c) Ist A eine Formel der Art c = c, dann ist A wahr in c,c, falls c = c in M.. Falls A = R β (t,...,t s ), dann ist A wahr in x,...,x s, falls (x,...,x s ) R β M s. Dasselbe gilt, wenn einige Terme auch Konstanten sind. 3. Falls A zusammengesetzt wird aus Aussagen der Art. und., und alle diese Aussagen in den entsprechenden Variablen und Konstanten wahr sind 0, dann ist A wahr in x,...,x s. 4. Falls A von der Art yb(y,x,...,x s ) ist, dann ist A wahr in x,...,x s, falls B wahr in y und x,...,x s, für alle y M. 5. Falls A von der Art yb(y,x,...,x s ) ist, dann ist A wahr in x,...,x s, falls B wahr in y und x,...,x s, für mindestens ein y M. Dann ist M (zusammen mit diesen Zuordnungen) ein Modell für unsere Theorie, falls alle Axiome A,...,A n der Theorie wahr in M sind. Bemerkung. Falls die Variable y gar nicht in B vorkommt, gilt trotzdem (nach den Regeln 4 und 5), daß yb und yb wahr sind genau dann, wenn B wahr ist. 0 Äquivalenzrelationen Als nächstes werden wir Gödel s Vollständingkeitssatz behandeln. D dafür Äquivalenzrelationen und Äquivalenzklassen benötigt werden, werden wir diese aber zunächst definieren. Hier sei angemerkt, daß vieles in der Mathematik durch Äquivalenzrelationen beschrieben wird. Definition. Sei M eine Menge (gegeben als eine abstrakte Sammlung von Elementen, vielleicht mit Primformeln). Eine Äquivalenzrelation in M ist eine Teilmenge R des kartisischen Produkts M M, wobei folgendes gilt:. (x,x) R, für alle x M.. Falls (x,y) R dann ist auch (y,x) in R. 0 Laut unseres Abschnitts 8. enthält eine wwf A zunächst Zeichenketten der Art x = x, x = c, c = c, oder auch R(t,...,t s ). Hinzu kommen zusammengesetzte Zeichenketten der Art A, A&B, A B, A B, oder auch A. Die Wahrheitswerte für diese zusammengesetzten Zeichenketten in vorgegebenen Elementen von M wird durch die entsprechenden Wahrheitswerte von A und B bestimmt, und dann durch die Wahrheitstabellen für die Verbindungszeichen, die in Abschnitt 8.3 festgelegt sind.

3. Falls (x,y) R und (y,z) R, dann ist auch (x,z) R. Falls (x,y) R, dann schreibt man üblicherweise x y. Mit dieser Notation gilt. x x, für alle x M.. x y genau dann, wenn y x. 3. Falls x y und y z, dann x z. Beispiel 7. Sei M = Z, die Menge der ganzen Zahlen.. Die einfachste Äquivalenzrelation ist Gleichheit. Trivialerweise gilt x = x, falls x = y dann ist y = x, und falls x = y und y = z dann ist x = z.. Etwas weniger trivial ist die folgende Äquivalenzrelation. Seien x und y Z. Dann ist x y genau dann, wenn x y eine gerade Zahl ist. 3. Andererseits ist die übliche kleiner-gleich Relation x y keine Äquivalenzrelation, da die zweite Bedingung für eine Äquivalenzrelation nicht gilt. D.h. falls x y, dann gilt im allgemeinen nicht, daß y x. Gegeben (M, ), d.h. eine Menge M mit einer Äquivalenzrelation, dann gibt es die entsprechenden Äquivalenzklassen. Definition 3. Sei (M, ) eine Menge mit Äquivalenzrelation, und sei x M. Dann ist die Äquivalenzklasse, die x enthält. [x] = {t M : t x} Satz 9. Seien x und y Elemente von M. Falls [x] [y], dann gilt [x] = [y]. Beweis. Sei z [x] [y]. D.h. x z und z y. Folglich ist x y. Aber dann gilt t x genau dann, wenn t y, für alle möglichen Elemente t M. Daher zerfällt die Menge M in eine Sammlung von disjunkten Äquivalenzklassen. Die Menge der Äquivalenzklassen wird oft als M/ bezeichnet. Die Abbildung x [x] von M M/ heißt die kanonische Abbildung. Diese Notation ist leider etwas ungünstig, da wir das Zeichen doch auch in der mathematischen Logik verwenden. Falls A eine Aussage ist, dann ist A nicht A. In diesem Abschnitt heißt x y jedoch x ist zu y äquivalent. 3

Vollständige Induktion Die Beweismethode der vollständigen Induktion wird sehr oft in der Mathematik benutzt. An sich ist die Methode ganz einfach. Es handelt sich um eine Folgerung aus dem Wohlordnungssatz. Sei nämlich eine wohlgeordnete Menge (M, ) vorgegeben, und sei T M eine Teilmenge mit der Eigenschaft, daß für alle x M gilt: falls {z M : z < x} T, dann folgt auch x T. Dann ist T = M. Warum? Sonst wäre M \T. Sei y M \T das kleinste Element. Dann ist {z M : z < y} T, und daher muß doch y T. Ein Widerspruch. Dies ist das Prinzip der transfiniten Induktion. Die übliche vollständige Induktion, die in der Mathematik eingesetzt wird, beschränkt sich auf die Menge N der natürlichen Zahlen mit der üblichen Ordnung unter Zahlen. Die Formulierung ist die folgende. Sei P(n) eine Aussage, die von der Zahl n abhängig ist. Angenommen. P() ist wahr, und. falls P(k) wahr ist, dann folgt, daß auch P(k +) wahr ist, dann ist P(n) wahr für alle n N. Beispiel 8. Es gilt Insbesondere ist dann etwa n j= j = n(n+). ++3+ +98+99+00 = 5050, u.s.w. Beweis: (mittels vollständiger Induktion).. Zuerst gilt offensichlich im Falle n =, daß k = = (+)/. k= Daher ist die Behauptung wahr, zumindest wenn n =.. Sei nun k N vorgegeben und sei k j= j = k(k+). Dann ist k+ j = (k+)+ j= k j = (k+)+ j= k(k +) = k + + k(k +) = (k +)((k +)+). 4

Gödels Vollständigkeitssatz Satz 0. Sei A eine gültige Aussage in einer formalen mathematischen Theorie. Dann ist A wahr in jedem Modell M für diese Theorie. Beweis. Falls A eine Tautologie ist, dann ist A immer wahr, insbesondere in dem Modell M. Falls A ein Axiom des Modells ist, dann muss A wahr sein in M. Falls A abgeleitet wird aus den Regeln für gültige Aussagen (siehe Abschnitt 8.5), dann ist A wahr in M, da diese Regeln den Wahrheitstabellen (Abschnitt 8.3) entsprechen. Satz. Angenommen, ein Modell M existiert für ein System S von Aussagen (oder Axiome). Dann ist S konsistent. Beweis. Falls S nicht konsistent, dann gibt es endlich viele Aussagen A,...,A n S, wobei (A & &A n ) (P&( P)) eine gültige Aussage ist, für eine Aussage P. Da alle A i gültige Aussagen sind (daher wahr in M), ist auch P&( P) wahr in M. Aber alle Aussagen in M sind letztendlich Aussagen über die Primformeln von M. Der Widerspruch P&( P) zeigt dann, daß M nicht konsistent sein kann. D.h. M ist doch kein Modell für S. Umgekehrt gilt Gödel s Vollständigkeitssatz. Satz (Gödel). Sei S eine konsistente Sammlung von Aussagen. Dann gibt es ein Modell M für S. Die Kardinalität von M ist nicht größer als die Kardinalität von S, falls S unendlich groß ist. Falls S endlich ist, dann ist M höchstens abzählbar groß. Um diesen Satz zu beweisen, brauchen wir zunächst das folgende Ergebnis. Satz 3. Sei T eine konsistente Sammlung von Aussagen, und sei A eine beliebige Aussage. Dann ist entweder T {A} oder T { A} konsistent. Beweis. Falls beide T {A} und T { A} nicht konsistent sind, dann gibt es Aussagen B,...,B n S und B,...,B m S, wobei sowohl als auch (B & &B n &A) (C&( C)) (B & &B m&( A)) (D&( D)) gültig sind, wobei C und D Aussagen sind. DasowohlC&( C)alsauchD&( D)falschsind,mussensowohlB & &B n &Aalsauch B & &B m&( A) falsch sein. Aber unter der Annahme, dass B & &B n und B & &B m richtig sind, folgt dass sowohl A als auch A beide falsch sind. Ein Widerspruch. Satz 4 (Vollständigkeitssatz; einfache Version). Sei S eine konsistente Sammlung von Aussagen ohne Quantoren. (D.h. ohne die Zeichen und.) Dann gibt es ein Modell M für S, wobei die Kardinalität von M nicht größer ist als die Kardinalität von S. 5

Beweis. Da die Aussagen von S keine Quantoren enthalten, folgt, daß S überhaupt keine Variablen besitzt. Nun, jede Aussage in S ist eine endliche Zeichenkette. Folglich, falls S aus nur endlich vielen Aussagen besteht, dann gibt es insgesamt nur endlich viele mögliche Konstanten in S. Wir betrachten daher zunächst den Fall, daß S endlich ist. Sei {c,...,c n } die Menge aller Konstanten in S. Zudem gibt es nur endlich viele Relationen die in S vorkommen. Als nächstes wollen wir eine Liste R,...,R m, F,F,F 3,... von allen möglichen Aussagen aufstellen, die diese Konstanten und Relationen enthalten. Diese Liste wird systematisch aufgebaut. Z.B. werden zuerst alle möglichen Zeichenketten mit nur einem Zeichen untersucht. Es gibt nur endlich viele Möglichkeiten. Dann werden die Zeichenketten mit zwei Zeichen untersucht. u.s.w. Nur die Zeichenketten, die Aussagen darstellen werden zugelassen, wobei unsere Standardzeichen ( &,, u.s.w.) und vielleicht Zeichen aus der Sammlung {c,...,c n } und R,...,R m, verwendet werden. Insbesondere stehen natürlich auch alle Aussagen aus S in unserer Liste. Nun,sowohlallegültigenAussagenalsauchalleungültigenAussagenwerdeninF,F,F 3,... aufgelistet. Aber wir wollen doch lieber eine Liste mit lauter gültigen Aussagen haben. Um dies zu erreichen, wird wie folgt verfahren. Sei G entweder F oder F, je nachdem, ob S {F } oder S { F } konsistent ist. Dann ist G entweder F oder F, je nachdem, ob S {G,F } oder S {G, F } konsistent ist. U.s.w. Allgemeinen gilt: G i ist entweder F i oder F i, wobei konsistent ist. Sei jetzt S {G j : j i} H = S {G i : i N}. Eine einfache Klasse von Aussagen, die in der Liste F,F,F 3,... vorkommt, ist die Menge aller möglichen Gleichungen der Art c i = c j. Aber nur die gültigen Gleichungen sind in H enthalten. Nach Regel 3(a) für gültige Aussagen (siehe Abschnitt 8.5) wird dadurch eine Äquivalenzrelation in der Menge der Konstanten {c,...,c n } definiert. Sei M die Menge dieser Äquivalenzklassen. Die Relationen R(t,...,t s ) werden in M wie folgt festgelegt. Es gilt ([c i() ],...,[c i(n) ]) R M n genau dann, wenn R(c i(),...,c i(n) ) H. Insbesondere ist dann G i wahr in M, für jedes i. Ist nun M ein Modell für S? D.h. ist A wahr in M, für jede gültige Aussage A? Um diese Frage zu beantworten, sei A eine beliebige Aussage. Dann ist A F m, für ein m. Angenommen, A sei gültig. Kann es sein, daß A wahr ist in M? Dann wäre A G m. D.h. S { A} ist konsistent. Aber S&( A) ( A) 6