Ombudschaft Jugendhilfe NRW e.v. Hofkamp Wuppertal Geschäftsführung Hofkamp 102

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Transkript:

Ombudschaft Jugendhilfe NRW e.v. Hofkamp 102 42103 Wuppertal Geschäftsführung Hofkamp 102 Landtag NRW 42103 Wuppertal Referat I.1/A 04 Telefon: 0202-29536776 Per Mail Mobil: 0172-2676423 16 Herr Sascha Symalla b.hemker@ombudschaft-nrw.de STELLUNGNAHME 16/4049 A04 23. 08. 2016 Anhörung von Sachverständigen im Landtagsausschuss für Familie, Kinder und Jugend am 12. September 2016 zum Antrag der Fraktionen der SPD und der Bündnis 90/Die Grünen Rechte von Kindern und Jugendlichen in NRW stärken Sehr geehrte Vorsitzende, sehr geehrte Abgeordnete, vielen Dank für Ihre Einladung an die Ombudschaft Jugendhilfe NRW. Gerne nehmen wir Stellung zum vorliegenden Antrag der Fraktionen SPD und Bündnis90/Die Grünen an die Landesregierung. Der Antrag fasst auf nachvollziehbare Weise einige Aspekte der seit Jahren existierenden Debatte um die Rechte von Kindern und Jugendlichen zusammen. Die Aspekte reichen von der politischen, gesellschaftlichen Beteiligung über die Institution Schule bis hin zu verschiedenen Arbeitsfeldern in der Kinder- und Jugendhilfe. Ausgangspunkt ist die Kinderrechtskonvention der UN sowie die in den einschlägigen Gesetzen des Bundes und der Länder normierten Rechte junger Menschen. Bevor wir uns mit unserer Stellungnahme auf das Thema Beschwerdemöglichkeiten in der Kinder- und Jugendhilfe konzentrieren, möchten wir einige allgemeine Aussagen zur Rechtsstellung von Kindern und Jugendlichen vortragen. Die Wahrnehmung junger Menschen als eigenständige Rechtssubjekte und nicht als Objekte von Erwachsenen bzw. von Institutionen fällt vielen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe trotz geltender Verpflichtungen immer noch schwer. Das belegt auch die Gefördert durch: Amtsgericht Wuppertal VR 30224 Vorstand: Bank für Sozialwirtschaft, Köln BIC: BFSWDE33XXX IBAN: DE66 3702 0500 0001 0415 00 Dr. Remi Stork (Vorsitzender) Rudolf Boll Hans Joachim Mußenbrock Dr. Jürgen Holtkamp Anita Stieler Geschäftsführer: Bernd Hemker

Antragsbegründung an einigen Stellen (S. 1, 3, 6). Womit hängt das zusammen? Der aktuelle Rechtsstatus von Kindern und Jugendlichen als Rechtssubjekt ist sicher ein Fortschritt gegenüber den rechtlichen Normen der Vergangenheit. Unter dem Gesichtspunkt der Machtverteilung zwischen Menschen ist dieser Status jedoch im Verhältnis zum Rechtsstatus eines Erwachsenen noch sehr schwach ausgebildet. Der Rechtsstatus von Kindern und Jugendlichen ist im SGB VIII überwiegend nicht mit subjektiven Rechtsansprüchen ausgestattet. Und sofern dies der Fall ist, müssen die Eltern als rechtliche Vertreter der Kinder- und Jugendlichen das subjektive Recht ihrer Kinder im Zweifelsfall gerichtlich erstreiten; sofern dies auch in ihrem Interesse ist. Dies gilt z. B. für die Leistungen der Tagesbetreuung und der Eingliederungshilfe. Nicht immer stimmen Kinder und Eltern bei Interessens- und Rechtsfragen überein. Fast alle Schutz- und Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen sind als objektive Bringschuld der Institutionen normiert. Und wenn sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen, hinkt die Rechtspraxis der Rechtstheorie hinterher. Die Rechte aus der Programmnorm des 8 SGB VIII, Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, sind nicht persönlich einklagbar. Die Beteiligungsrechte junger Menschen und ihrer Eltern im Rahmen der Hilfeplanung ( 36 SGB VIII) sind ebenfalls nicht einklagbar. Allenfalls können Eltern eine Verwaltungsentscheidung über leistungsrechtliche Ansprüche gerichtlich prüfen lassen. Dieses Spannungsverhältnis erleben junge Menschen täglich und die damit verbundene Macht der Erwachsenen auch als Vertreter von Professionen und Institutionen erscheint ihnen endlos und macht sie teilweise auch mutlos. Die im Antrag (S. 6) beschriebene Rechtsschutzlücke für Kinder und Jugendliche in Einrichtungen bezieht sich auf die Umsetzung der Individualbeschwerde nach der UN-Kinderrechtskonvention. Die Rechtsschutzlücken für Kinder und Jugendliche im Sozialgesetzbuch VIII beruhen auf der Dominanz des Elternrechts gegenüber ihren Kindern, ihrer nicht ausreichenden Möglichkeit, ihre Rechte auch gerichtlich einzufordern und dem Mangel an angemessener Vertretung durch Dritte in gerichtlichen oder in Verwaltungsverfahren (vgl. Dr. H.J. Schimke 2014). Eine Ausnahme bildet der Verfahrensbeistand in familiengerichtlichen Verfahren. Dessen Aufgabe ist es, das Wohl, die Interessen und die Rechte von Kindern und Jugendlichen im Verfahren zu vertreten. Eine analoge Norm bei Verwaltungsverfahren nach den Sozialgesetzbüchern insbesondere für Kinder, könnte helfen, eine Lücke bei ihrem Rechtsschutz zu verkleinern. Insofern messen wir der Bitte der Antragsteller an die Landesregierung, sich gegenüber dem Bund dafür einzusetzen, dass das Recht auf Beteiligung von Kindern und Jugendlichen als durchsetzbares Recht zu definieren ist, eine hohe strategische Bedeutung zu, wenn der Subjektstatus von Kindern und Jugendlichen durch angemessene Rechtsnormen verbessert werden soll. Dieser Aufgabe sind Ombudschaften in der Kinder- und Jugendhilfe verpflichtet. Seite 2 von 5

Ombudschaften in der Kinder- und Jugendhilfe Es ist zu hoffen, dass bei der Reform des SGB VIII unabhängige ombudschaftliche Beschwerdestellen zumindest in den Programmnormen aufgenommen werden; möglichst in Form einer Sollvorschrift und einem Hinweis zur Ausgestaltung durch Landesrecht. Ombudschaften in der Kinder- und Jugendhilfe in der BRD sind ein noch zartes Fachpflänzchen. Entgegen zahlreicher positiver Empfehlungen von Expertinnen und Experten (11. (2003) und 14. (2013) Kinder- Jugendbericht, Stellungnahmen des Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge sowie verschiedene Fachverbände) erleben wir weiterhin Widerstand bei Trägern der Kinder- und Jugendhilfe. Insbesondere bei jenen Trägern, die gesetzlich nicht verpflichtet sind, organisationsgebundene Beschwerdestrukturen und verfahren für ihre Adressaten zu etablieren. Wie sieht es außerhalb der Bundesrepublik aus? In 24 von 28 EU-Staaten existieren für Kinder- und Jugendliche gesetzlich normierte nationale Ombudsstellen, die sich in der ENOC (European Network of Ombudspersons for Children, www.enoc.eu ) zusammengeschlossen haben. Trotz unterschiedlicher Ausgestaltungen der nationalen Kinder- und Jugendhilfegesetze müssen sie bestimmte Kriterien erfüllen, um hier Mitglied werden zu können. Ein wichtiges Kriterium ist die gesetzlich verbriefte Unabhängigkeit dieser Ombudsstellen. Wir unterscheiden zwischen organisationsgebundenen, internen Beschwerdestellen und unabhängigen, externen Ombudsstellen, die nicht von den wirtschaftlichen und anderen Interessen der Träger der Kinder- und Jugendhilfe abhängig sind. Die Träger der betriebserlaubnispflichtigen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, z. B. Heimerziehung, betreute Wohnformen und Tageseinrichtungen für Kinder, sind gesetzlich verpflichtet, interne Beschwerdestellen vorzuhalten, die vielfach von Fachkräften der Einrichtungen geführt werden. Auch wenn ein Träger auf nicht abhängig Beschäftigte zurückgreift, überträgt die Organisation die Aufgabe durch Bestellung auf diese Menschen. Organisationsgebundene, interne Beschwerdestellen können für junge Menschen in den Einrichtungen eine wichtige Anlaufstelle sein, selbst, wenn sie dort vermutlich nicht alle Anliegen vortragen können. Sei es, weil der Inhalt ihnen zu brisant erscheint oder weil sie eine zu starke Nähe der Beschwerdestelle zur Organisationsleitung annehmen. Als Ombudschaft Jugendhilfe NRW haben wir die Menschen aus den organisationsgebundenen Beschwerdestellen der Einrichtungen beim Aufbau eines Netzwerkes zum fachlichen Austausch und zur gegenseitigen Unterstützung beraten. Eine organisationsübergreifende und regelmäßige Qualifizierung dieser Menschen erscheint uns ratsam, geboten und notwendig, ebenso ein fachlicher Austausch mit den ehrenamtlichen Ombudspersonen der Ombudschaft Jugendhilfe NRW. Organisationsgebundene, interne Beschwerdestellen und die landesweite, überörtliche Ombudschaft Jugendhilfe NRW ergänzen sich gegenseitig. Wenn junge Menschen nicht die interne Beschwerdestelle um Unterstützung bitten wollen, können sie sich an die unabhängige Ombudschaft Jugendhilfe NRW wenden. Seite 3 von 5

Die Ombudschaft Jugendhilfe NRW hat seit Februar 2013: 589 Anfragen, Beschwerden und Probleme bearbeitet (Stand 11. 08. 2016), davon: 24,8 % während einer Erziehungs- oder Eingliederungshilfe 23,3% bei einer Antragstellung von Erziehungs- oder Eingliederungshilfe 16,1 % im Bereich Sorge- und Umgangsrecht 13,8% bei Antragstellung und Weiterbewilligung von Hilfe für junge Volljährige 12,6% sonstiges (z. B. SGB II, SGB XII, Kita, Bafög, Schule, Wohnungssuche) 5,2% im Bereich Vollzeitpflege. 14% der Anfragen und Beschwerden stammen unmittelbar von jungen Menschen (Jahresbericht 2015 S. 11). Bei anderen Anfragen handelt es sich vielfach um Erwachsene, die den Kontakt zu uns für die jungen Menschen anbahnen. Fallbeispiele siehe unter: www.ombudschaft-nrw.de Seit Februar 2016 fördert das Land NRW die Fachstelle Ombudschaft. In der Fachstelle sind 1,5 VK erfahrene Fachkräfte und eine Verwaltungskraft (0,5 VK) tätig. Ihre Aufgabe ist es, öffentliche und freie Jugendhilfeträger auf kommunaler Ebene bei der Einführung möglichst unabhängiger ombudschaftlicher Strukturen und Verfahren in Eigenregie zu unterstützen und sie dabei in der Anfangsphase beratend zu begleiten. Mit der Fachstelle beraten und unterstützen wir derzeit die fünf Jugendämter und zahlreiche Träger der freien Jugendhilfe aus dem Bereich der Erziehungshilfe im Kreis Steinfurt, die den Aufbau einer regionalen, unabhängigen Ombudsstelle anstreben. Die Jugendhilfeträger haben sich entschieden, einen eigenen Rechtsträger zu gründen. Insbesondere hat die Zusammenarbeit der Jugendämter und der freien Träger Vorteile bei der Auswahl von Ombudspersonen, die am Ort ihrer Tätigkeit als Ombudsperson bei keinem der Jugendhilfeträger beschäftigt sein dürfen. Hierdurch sollen Loyalitätskonflikte vermieden und die personelle Unabhängigkeit gesichert werden. Diese Steinfurter Lösung könnte sich als Modell für andere Regionen oder Kreise in NRW erweisen. Unabhängig von einer gesetzlichen Einführung von Ombudsstellen in das SGB VIII auf Bundesebene steht es den Ländern offen, ihre Ziele zur Konkretisierung der Rechte von Kindern und Jugendlichen durch Beteiligung und verbesserte Beschwerdemöglichkeiten zu realisieren. Die Philosophie ist im SGB VIII seit seinem Inkrafttreten 1989 verankert. Es kommt darauf an, ob und was die Länder, die Kommunen und ihre Verbände daraus machen! Für ein Flächenland wie NRW ist es mit 186 Jugendämtern geboten, sowohl örtliche bzw. regionale Beschwerdestellen zu etablieren als auch eine überörtliche Ombudschaft als Beratungsstelle für die örtliche Ebene und als Informations- und Anlaufstelle für jene jungen Menschen sowie Familien vorzuhalten, die die örtliche Beschwerdestelle aus verschiedenen Gründen nicht ansprechen können oder wollen. Gleichzeitig wird die überörtliche Ombudsstelle den Aufbau örtlicher Beschwerdestellen unterstützen sowie die regelmäßige Seite 4 von 5

Qualifikation ihrer Kräfte. Auch die Kräfte in den einrichtungsgebundenen, internen Beschwerdestellen sollten das Qualifizierungsangebot der überörtlichen Ombudschaft nutzen können. Ein weiterer Baustein zur Realisierung der Schutz-, Beteiligungs- und Beschwerderechte junger Menschen in Einrichtungen der Erziehungshilfe ist die Gründung und Begleitung eines Landesheimrates. Solche Räte bestehen in Bayern und in Hessen. Sie bieten jungen Menschen aus Einrichtungen der Erziehungshilfe die Möglichkeit, sich zu organisieren, ihre gemeinsamen Interessen zu benennen und selbständig hierfür einzutreten. Ein Landesheimrat NRW ist aus Landes- und kommunalen Mitteln zu fördern. Eine Zusammenarbeit eines zukünftigen Landesheimrates mit der Ombudschaft Jugendhilfe hätte für beide Seiten Vorteile, da sie jungen Menschen die Chance gäbe, ihre Anliegen und Interessen selbst zu benennen und selbstwirksam zu vertreten. Das Prinzip der Konnexität sollte nicht dazu genutzt werden, die landesgesetzliche Konkretisierung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in NRW zu bremsen oder gar zu verhindern. Als Ombudschaft Jugendhilfe NRW begrüßen wir den Antrag der Regierungsfraktionen an die Landesregierung. Zur Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen und damit zur Verbesserung ihrer Subjektorientierung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe in NRW erwarten wir von der Landesregierung ein Ausführungsgesetz zum SGB VIII, das die Beteiligungs- und Beschwerderechte als durchsetzbares Recht ausstattet unabhängige ombudschaftliche Strukturen und Verfahren auf kommunaler und auf Landesebene normiert die Rahmenbedingungen zur Gründung für einen Landesheimrat NRW einschließlich einer öffentlichen Förderung formuliert. Mit freundlichen Grüßen Geschäftsführung Im Auftrag des Vorstands Seite 5 von 5