1 Regelung Kinderbetreuung ab vollendetem 1. Lebensjahr Tagesbetreuungsausbaugesetz: Beginn gezielter Krippen-Ausbau

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Transkript:

Eckpunkte Juristisches Gutachten: Rechtsanspruch Krippenplatz - Annekathrin Giegengack, MdL bildungspolitische Sprecherin Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Telefon: 0351 / 493 48 49 Telefax: 0351 / 493 48 09 annekathrin.giegengack@slt.sachsen.de Folgen für Land und Kommunen 1 Regelung Kinderbetreuung ab vollendetem 1. Lebensjahr - 2005 Tagesbetreuungsausbaugesetz: Beginn gezielter Krippen-Ausbau - Krippengipfel 2007 Ausgabe politisches Ziel: Betreuungsplatz für jedes dritte Kind unter drei Jahren - 2008 Festschreibung Rechtsanspruch auf Betreuungsplatz im Kinderförderungsgesetz für 1.8.2013 Alte Regelung für Kinder unter 3 Jahren in 24 Abs.2 SGB VIII Träger öffentlicher Jugendhilfe muss ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Tageseinrichtungen und in der Tagespflege vorhalten = objektiv-rechtliche Verpflichtung kein Anspruch auf die Bereitstellung eines Platzes für das einzelne Kind neue Regelung für Kinder zwischen 1 und 3 Jahren Gesetzgeber gestaltet objektiv-rechtliche Verpflichtung des Trägers in einen unbedingten Anspruch um ( 24 Abs.2 Satz 1 SGB VIII n.f.) Für U3 besteht ein umfassendes Wunsch- und Wahlrecht zwischen Tagespflege und Krippe, bei Ü3 ein von der spezifischen Bedarfssituation abhängiges Wahlrecht.

Aufgrund der Verpflichtung zur Gleichbehandlung aller Einrichtungen besteht auch die Wahlfreiheit der Eltern zwischen Kindertagesstätten eines öffentlichen oder freien Trägers. Nach Landesrecht ( 4 Satz 1 SächsKitaG ) besteht ein Wunschrecht nach dem Betreuungsort. Begrenzt wird dieses durch die Kapazität der Einrichtung und evtl. unverhältnismäßige Kosten. Der Örtliche Träger der Jugendhilfe muss ein Alternativangebot in örtlicher Nähe machen (Richtwert 7km und ½ Stunde pro Strecke). Es besteht kein wirkliches Wahlrecht in Bezug auf den zeitlichen Umfang der Betreuung. Da der Anspruch auf einen Betreuungsplatz ins Leere laufen würde, darf Betreuungszeit nicht zu kurz bemessen sein Richtwert sind sechs Stunden. Außer der Einhaltung von Formvorschriften bei der Beantragung des Betreuungsplatzes gibt es keine pflichtbefreienden Auswahlkriterien wie z.b. die Berufstätigkeit der Eltern, Geschwisterkinder oder Punktesysteme bei der Aufnahme eines Kindes in die Krippe. Qualitätsanforderungen in der Kita dürfen zur Absicherung des Rechtsanspruches nicht abgesenkt werden. Die entsprechende Regelung ( 22 a SGB VIII sowie 21Abs.1 SächsKitaG) ist jedoch ohne unmittelbare Rechtsfolgen. Daher sind nur Maßnahmen der Kommunalaufsicht möglich. Abschließend: Der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist verpflichtet, dem Kind einen geeigneten und zumutbaren Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen. 2 Rechtsweg bei Nichtbereitstellung eines Platzes Klagerecht - Anspruchsberechtigter ist Kind Gegner sind die jeweils zuständigen örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe = Kreisfreie Städte und Kreise A) Verwaltungsrechtsweg a) primärer Rechtsschutz = Zurverfügungstellung eines Betreuungsplatzes Verpflichtungsklage auf Zulassung zu einer Kindertageseinrichtung aufgrund eines ablehnenden Verwaltungsaktes Gericht verpflichtet Kommune zur Zulassung in einer Kita Zwangsgeld allgemeinen Leistungsklage auf Bereitstellung eines Platzes in einer Kita Seite 2 von 5

Gericht verpflichtet Kommune zur Bereitstellung eines Platzes Kind kann aufgrund der Ermächtigung des Gerichts eigenständig Betreuungsperson anstellen, Kommune muss anfallende Betreuungskosten abzüglich Elternanteils erstatten Verwaltungsverfahren zeitaufwendig > Durchsetzung des Anspruches gefährdet > Klage auf einstweilige Verfügung (Rechtsschutz gem 123 VwGO) b) sekundärer Rechtsschutz = Kostenübernahme selbstbeschaffter Betreuungsplatz Klage auf Kostenerstattung im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruches B) Zivilrechtsweg Schadensersatzanspruch wegen Amtshaftung nach 839 BGB i.v. mit Art. 34 GG ist einklagbar, es ist jedoch eine parallele Verwaltungsklage nötig, da der Berechtigte nachweisen muss, dass er versucht hat den Schaden durch den Gebrauch von Rechtsmitteln abzuwenden einklagbar hierüber sind Kosten einer anderweitigen Betreuung abzüglich des Elternanteils Umstritten ist die Geltendmachung von Schadenersatz in Form von Verdienstausfall er wird teilweise bejaht (nach 249BGB) aber auch verneint mit dem Argument Anspruchsberechtigter ist das Kind und die Zielsetzung 24 Abs.2 SGB VIII besteht nicht darin, primär Erwerbsinteressen der Eltern zu fördern Aufwendungsersatzanspruch nach 670, 683, 677 als Geschäftsführung ohne Auftrag ist umstritten. 3 Finanzierung Land Über viele Jahre galt bei der Kita-Finanzierung die Faustregel: ein Drittel Land, ein Drittel Kommune und ein Drittel Eltern. Da das Kita-Gesetz den Landeszuschuss jedoch in seiner absoluten Höhe festlegt er beträgt seit 2005 1.875 Euro pro Kind und Jahr verschiebt sich dieses Gleichgewicht immer weiter zu ungunsten von Kommunen und Eltern. In den vergangenen Jahren wurden von Seiten des Landes keine Investitionsmittel für den Kita- Ausbau mehr zur Verfügung gestellt. Erst im Doppelhaushalt 2013/14 wurden wieder Landesmittel in Höhe von 15 Millionen Euro ausgewiesen. Seite 3 von 5

Bund Zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige stellte der Bund eine Anschubfinanzierung sowie die Übernahme eines Teils der laufenden Kosten in Aussicht. Dies geschieht unter anderem über eine Umverteilung des Umsatzsteueraufkommens im Rahmen des Finanzausgleichs zugunsten der Länder. Von 2008 bis 2013 gab es an die Länder insgesamt 1,85 Milliarden Euro Betriebskostenzuschuss. Ab 2014 erhalten die Länder jährlich 770 Millionen Euro Betriebskostenzuschuss. Sachsen Bundesmittel 2008 2009 5 Mio * 2010 10 Mio * 2011 17,5 Mio * 2012 25 Mio * 2013 35 Mio ** 2014 38,5 Mio ** * wurden in Form des Landeszuschuss für die in Kitas betreuten Kinder an Kommunen weitergereicht ** neu Anrechnung im FAG Investitionsmittel 2008-2013 insgesamt 2,15 Mrd Euro Sondervermögen Sachsen Bundesmittel (FQ 75%) damit neu geschaffene Plätze K-Pflege Krippe 2008 17,524 Mio 37 2 019 2009 17,174 Mio 63 2.307 2010 16,831 Mio 43 2.032 2011 16,494 Mio 62 2.080 2012 2013 16,26 Mio 2014 13,3 Mio Seite 4 von 5

Besuchsquoten Kindertageseinrichtungen am 1.3.2012 in Prozent unter 1 Jahre 1-3 Jahre 3-6 Jahre Dresden 2,5 56,7 98,5 Leipzig 2,2 46,1 93,7 Chemnitz 2,6 64,3 97,2 Erzgebirgskreis 2,0 55,0 92,9 LK Mittelsachsen 3,7 65,1 96,4 Vogtlandkreis 2,2 66,2 95,1 LK Zwickau 2,9 60,8 94,0 LK Bautzen 2,8 65,7 96,0 LK Görlitz 2,5 59,8 96,5 LK Meißen 2,9 64,6 96,1 LK SächsSchweiz 1,9 54,5 94,8 LK Leipzig 4,2 73,1 96,5 LK Nordsachsen 4,7 73,6 96,8 Sachsen 2,7 59,7 95,7 Seite 5 von 5