Schülerrechte Grundlegendes. Grundlegendes zum Thema Schulrecht

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Transkript:

Schülerrechte Grundlegendes Grundlegendes zum Thema Schulrecht

Index Grundrechte Sonderstatusverhältnis Grundrechte in der Schule Schule als Anstalt Rekurs- und Beschwerdemöglichkeiten Einzelfragen

Grundrechte Grundrechte sind Rechte, die allen Menschen weitgehend unabhängig von ihrer persönlichen Lage zustehen, also auch ALLEN Schülerinnen und Schülern. Aus praktischen Gründen können Grundrechte jedoch eingeschränkt werden. Die Grundrechte sind in der Bundesverfassung verankert. Schülerinnen und Schüler stehen in einem «Sonderstatusverhältnis» zur Schule, weshalb gewisse Grundrechte eingeschränkt werden, da ein «höheres» Interesse dies verlangt.

Sonderstatusverhältnis «Ein Sonderstatusverhältnis liegt vor, wenn eine Person in einer engeren Rechtsbeziehung zum Staat steht als die übrigen Menschen und sich daraus für sie besondere Pflichten und Einschränkungen der Freiheitsrechten ergeben.» Schülerinnen und Schüler stehen in einem Sonderstatusverhältnis zur Schule (Schulpflicht) Sonderstatusverhältnisse müssen in einem Gesetz verankert sein Dieses Gesetz muss die Grundrechtseingriffe in ihren Grundzügen regeln Die Eingriffe müssen einem überwiegenden öffentlichen Interesse deinen und verhältnismüssig sein

Sonderstatusverhältnis Beispiele für Grundrechtseingriffe aufgrund des Sonderstatusverhältnisses: Persönliche Freiheit Der Stundenplan bestimmt wann sich die Schülerinnen und Schüler wo befinden müssen. Redefreiheit Im Unterricht und/oder während Prüfungen ist es verboten mit anderen zu sprechen Medienfreiheit Im Unterricht ist es verboten Radio, Musik zu hören, weil es die anderen stört Eigentumsgarantie: Lehrpersonen dürfen während des Unterrichts störende Gegenstände konfiszieren

Sonderstatusverhältnis Art. 36 der Bundesverfassung legt die Einschränkungen von Grundrechten wie folgt fest: Art. 36 Einschränkungen von Grundrechten 1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. 2 Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein. 3 Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein. 4 Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar.

Grundrechte der BV mit Einfluss auf die Schule

Schule als Anstalt Die Schule ist rechtlich gesehen eine Anstalt. Der Staat führt Anstalten, um bestimmte Zwecke zu verfolgen, bestimmte Leistungen zu erbringen. Beispiele für Anstalten: Spital, Gefängnis, Pflegeanstalt, Schule Eine Anstalt ist: Keine eigene Rechtspersönlichkeit Dezentralisierte Verwaltungseinheit Unter der Aufsicht der vorgesetzten Behörde Hierarchische Struktur Erfüllt öffentliche Aufgaben Erhöhte Weisungsgewalt des Inhabers der Anstaltsgewalt gegenüber dem Benutzer (Sonderstatusverhältnis)

Verhältnis Schüler/in - Schule Sonderstatusverhältnis

Selbstverständlich hat die erhöhte Weisungsgewalt seine Grenzen. Schule und Lehrpersonen haben nicht das Recht über diese Weisungsgewalt hinaus Regeln aufzustellen oder gar die Schülerinnen und Schüler für «falsches» Verhalten ausserhalb der Schule zu bestrafen.

Grenzen der Anstaltsgewalt Die erhöhten Weisungsbefugnisse der Schulbehörden der öffentlichen Schulen sind nach vier Seiten hin beschränkt:

Grenzen der Anstaltsgewalt Örtlich: Im Prinzip ist die Weisungsgewalt von Lehrpersonen und Schulbehörden auf das Schulareal beschränkt. Sie endet an der Grenze des Schulgrundstücks. Zeitlich: Die Weisungsbefugnis beschränkt sich auf die Schulzeit (Stundenplan). Jedoch gilt die erhöhte Weisungsgewalt bei obligatorischen Schulanlässen (wie Lager, Exkursionen, Ausflüge etc.) für die ganze Dauer. Sachlich: Die Weisungsbefugnis beschränkt sich auf den Schulzweck. Anordnungen von Lehrpersonen müssen grundsätzlich im Sinne der Bildungsziele stehen. Persönlich: c

Örtliche Grenze der Anstaltsgewalt Im Prinzip ist die Weisungsgewalt von Lehrpersonen und Schulbehörden auf das Schulareal beschränkt. Sie endet an der Grenze des Schulgrundstücks. Grundsatz Weisungsgewalt innerhalb des Schulareals Folge Keine Weisungsgewalt ausserhalb des Schulareals Ausnahme Erhöhte Weisungsgewalt bei obligatorischen oder freiwilligen Schulanlässen Folge Weisungsgewalt gilt in- und ausserhalb des Schulareals

Örtliche Grenze der Anstaltsgewalt Beispiele: Rauchverbot auf dem Schulareal Verbot das Schulareal während der Schulzeit zu verlassen Die Schule darf keine Regeln über benachbarte Areale erlassen Mittagspause gilt nicht als Schulzeit, das Schulareal darf verlassen werden, die Schule darf keine Regeln bezüglich der Mittagspause aufstellen Während Zwischenstunden im Stundenplan darf das Areal verlassen werden Die Schule darf Verhaltensregeln aufstellen, welche auf dem Areal gelten (Schneeball-Verbot, Fussball-Verbot etc.)

Zeitliche Grenze der Anstaltsgewalt Die Weisungsgewalt beschränkt sich auf die Schulzeit. Massgebend für den Entscheid, was alles der Schulzeit zuzuordnen ist, ist der Stundenplan. Die erhöhte Weisungsgewalt gilt jedoch bei obligatorischen Schulanlässen (wie Lager, Exkursionen, Ausflüge etc.) für die ganze Dauer. Der Stundenplan ist verbindlich, d.h. er muss von der Schule, den Lehrpersonen und den Schülerinnen und Schülern eingehalten werden Die Anzahl der Lektionen ist kantonal geregelt und daher endgültig (keine zusätzlichen Lektionen) Schulregeln gelten nur während der Schulzeit (Stundenplan)

Zeitliche Grenze der Anstaltsgewalt Beispiele Lehrpersonen dürfen nicht mal eben den Stundenplan ändern Lehrpersonen dürfen jedoch Lektionen untereinander tauschen, der Stundenplan gibt kein Anspruch auf bestimmtes Fach Lektionen dürfen nicht übermässig überzogen werden Die Schule darf das Verbot aufstellen, das Schulareal während der Pausen zu verlassen Zwischenstunden welche im Stundenplan vorgesehen sind, gelten nicht als Schulzeit Ausserhalb der Schulzeit haben Lehrpersonen keine erhöhte Weisungsgewalt

Sachliche Grenzen der Anstaltsgewalt Die Weisungsgewalt beschränkt sich auf den Schulzweck. Was rechtlich gesehen, Sinn, Zweck und Aufgabe der Schule ist, bestimmt das jeweilige kantonale Schulgesetz. Weisungen müssen verhältnismässig sein Anordnungen von Lehrpersonen müssen grundsätzlich im Sinne der Bildungsziele stehen. Regeln von Lehrpersonen müssen im Sinne des Unterrichts sein Alle Regelungen und Weisungen der Schule müssen im direkten Zusammenhang mit der Schule und ihrem Zweck sein Regelungen dürfen die Grundrechte nur dann einschränken, wenn der Schulzweck gefährdet ist Disziplinarmassnahmen müssen ebenfalls im Sinne des Schulzwecks sein

Sachliche Grenze der Anstaltsgewalt Beispiele Lehrpersonen dürfen keine Regelungen über Haare, Schminke und Kleider aufstellen (ausgenommen: störende Gegenstände, Verschmutzung, Sportunterricht) Lehrpersonen dürfen die Schülerinnen und Schüler nicht dazu zwingen, irgendeine Meinung zu vertreten Gegenstände dürfen nicht länger als nötig (Unterrichtsdauer) beschlagnaht werden (ausgenommen sind gefährliche oder verbotene Gegenstände) Kaugummi-Kauen darf nur während des Unterrichts verboten werden Schülerinnen und Schüler dürfen nicht dazu gezwungen werden persönliche Gefälligkeiten für Lehrpersonen zu erledigen

Persönliche Grenze der Anstaltsgewalt Die Weisungsbefugnis beschränkt sich auf die Lehrpersonen der entsprechenden Schule, einschliesslich Schulleitung und/oder Rektorat. Andere Angestellte der Schule wie Hauswart oder Sekretariatsmitarbeitende sind nicht befugt Erziehungsmassnahmen durchzusetzen. Lehrperson hat grundsätzlich persönlich den Lehrauftrag zu erfüllen Die Lehrperson kann ihre Rechte und Pflichten nicht beliebig einem Stellvertreter übertragen Massnahmen welche sofort getroffen werden müssen, dürfen auch von einer anderen Lehrperson (des gleichen Schulhauses) getroffen werden

Persönliche Grenze der Anstaltsgewalt Beispiele Die Pausenaufsicht darf nicht an einen Schüler delegiert werden Eine Lehrperson darf sich nicht durch seinen Ehepartner/- partnerin vertreten lassen Das Sekretariat darf das Anbringen von Plakaten nicht verbieten Der Hauswart darf keine Strafen erteilen Der Hauswart darf Anordnungen treffen, welchem dem Schutz der Anlagen und des Mobiliars dienen Der Hauswart darf Schülerinnen und Schüler nicht bestrafen, weil er sie beim Rauchen erwischt hat

Weiter im Text Mehr Wissen: Gesetzeshierarchie Allgemeine Gesetze Grundrechte Bildungssystem USO-UCE-UCS Gerberngasse 39 Postfach 87 3000 Bern 13 Tel. 41 31 398 18 78 Fax. +41 31 398 18 76 info@uso.ch http://www.uso.ch