Aktuelle Entwicklungen im Organisationsrecht der Sparkassen

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Transkript:

Aktuelle Entwicklungen im Organisationsrecht der Sparkassen Dr. Lorenz Jellinghaus Rechtsanwalt Berlin, 21.06.2013

Agenda 1 I Handlungsbedarf für öffentlich-rechtliche Sparkassen 2 I (Neue) Organisationsmodelle 3 I Steigende kartellrechtliche Anforderungen für Umstrukturierungen 4 I Aktuelle Entwicklungen in Schleswig-Holstein 2

Handlungsbedarf für öffentlich-rechtliche Sparkassen steigt Krise der Landesbanken Stützungsfälle Steigende regulatorische Anforderungen Sparkasse Steigende Eigenkapitalanforderungen Wachsender Wettbewerbsdruck Internetbanking 3

Steigende Eigenkapitalanforderungen als ein maßgeblicher Grund für anstehende Umstrukturierungen Kapitalbeschaffung von öffentlich-rechtlichen Sparkassen über Kapitalmarkt nicht möglich Steigende Anforderungen durch Basel II + Basel III Erhöhung der Kernkapitalquoten Intensivierung der Anforderungen für Kernkapital Stille Einlagen zukünftig nicht mehr kernkapitalfähig Wie kann Eigenkapitalbedarf zukünftig gedeckt werden? 4

Agenda 1 I Handlungsbedarf für öffentlich-rechtliche Sparkassen 2 I (Neue) Organisationsmodelle 3 I Steigende kartellrechtliche Anforderungen für Umstrukturierungen 4 I Aktuelle Entwicklungen in Schleswig-Holstein 5

Organisationsmodelle Fusion von Sparkassen Minderheitsbeteiligungen Beteiligung Privater Verbundmodelle 6

(1) Fusion von Sparkassen klassisches Instrument zur Neustrukturierung Schaffung von größeren Einheiten als Reaktion auf steigenden Wettbewerbsdruck 1990: 769 Institute 2009: 431 Institute Fusion häufig versteckte Rettungsaktion (Notfusion) In Betracht kommende Fusionspartner begrenzt (Regionalprinzip) Steigende kartellrechtliche Anforderungen wegen regionaler Märkte 7

(2) Beteiligung Privater Intensive Diskussion um Beteiligung Privater an öffentlich-rechtlichen Sparkassen in den Jahren 2000-2004 Scheitern der angestrebten Privatisierung der Sparkasse Stralsund (2004) Derzeit nicht zu erkennen, dass öffentlich-rechtliche Sparkassen (teil-) privatisiert werden sollen Umstrukturierungsdiskussionen werden vor dem Maßstab geführt, ob dadurch Privatisierung droht (Europarecht) Stammkapitalbildung wird unabhängig vom Einstieg Privater zunehmend ermöglicht 8

(3) Verbundmodelle Horizontale und vertikale Verbünde sollen Nachteile der regionalen Verankerung ausgleichen Zuführung frischen Kapitals Bündelung von Funktionen im Verbund Erzielen von Skaleneffekten Vertikale Verbünde in der Regel durch Zusammenarbeit mit Landesbank (Verbund der Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen) Horizontale Verbünde als Kooperation von mehreren Sparkassen (Sachsen-Finanzgruppe) Verbundstruktur als Möglichkeit der Kapitalbeschaffung gewinnt an Bedeutung 9

(4) Minderheitsbeteiligung Ziele von Minderheitsbeteiligungen Zuführung frischen Kapitals Schaffung von Kooperationsbeziehungen Wahrung der Eigenständigkeit der Sparkassen Übergänge zu Verbundstrukturen fließend Derzeit (in Schleswig-Holstein) in der Diskussion: Wer soll sich als Minderheitsgesellschafter beteiligen können? 10

Agenda 1 I Handlungsbedarf für öffentlich-rechtliche Sparkassen 2 I (Neue) Organisationsmodelle 3 I Steigende kartellrechtliche Anforderungen für Umstrukturierungen 4 I Aktuelle Entwicklungen in Schleswig-Holstein 11

Sparkassen stehen in Deutschland zunehmend im Fokus der Kartellbehörden Bis 1998 bestand für Banken gem. 102 GWB a.f. eine Bereichsausnahme: Kartellverbot hatte für Banken (und Versicherungen) keine Geltung Von 1998-2006 vorherrschende Meinung, dass Sparkassen untereinander keine Wettbewerber und Vorgaben des Kartellrechts für sie daher nicht einschlägig sind Ab 2007 zunehmend kritische Einstellung der EU-Kommission zum Wettbewerbsverhalten von Sparkassen zu erkennen Streit um Geldautomaten-Gebühren (2010-2011) lenkt Aufmerksamkeit auf Wettbewerbsverhalten von Sparkassen In 2010 leitet BKartA erstmals ein Hauptprüfverfahren zur Fusion von zwei Sparkassen ein (Sparkassen Karlsruhe und Ettlingen, Freigabe im Oktober 2010) In 2012 Zusammenschlussvorhaben HASPA / KSK Lauenburg untersagt 12

Überblick: Vorgaben des Kartellrechts Fusionskontrolle ( 36 ff. GWB) Anmeldung bei Erwerb einer Kapitalbeteiligung, jedenfalls wenn > 25 % Zulässig, wenn der Zusammenschluss nicht zu einer marktherrschenden Stellung führt o. diese verstärkt ( 19 GWB) Abhängig von der Wettbewerbssituation i.d.r. unproblematisch, wenn Marktanteil im sachlich und räumlich relevanten Markt auch bei Marktanteilsaddition <1/3 (Anhebung durch 8. GWB-Novelle) Kartellverbot ( 1GWB) Verbot wettbewerbsbeschränkender Absprachen für Unternehmen, die miteinander im Wettbewerb stehen Hardcore-Vereinbarungen stets unzulässig Sonstige abgestimmte Verhaltensweisen im Einzelfall unzulässig, wenn Wettbewerb beschränkt wird Relevant bei gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungsprozessen Relevant bei Kooperation von Instituten (z.b. bei vertikalen oder horizontalen Verbünden) 13

Untersagungsentscheidung HASPA / KSK Lauenburg (2012) Erstmals wurde im Jahr 2012 ein Zusammenschlussvorhaben von zwei Banken untersagt (Minderheitsbeteiligung der HASPA an KSK Lauenburg) Hohe Marktanteile der beteiligten Institute ließen nach Ansicht BKartA Entstehung bzw. Verstärkung einer marktbeherschenden Stellung vermuten (28.02.2012, B4-64100-Fa- 51/11) Entscheidung ist rechtskräftig Entscheidung legt nahe, dass Umstrukturierungsprozesse von Sparkassen kartellrechtlich zunehmend rechtfertigungsbedürftig sind 14

Agenda 1 I Handlungsbedarf für öffentlich-rechtliche Sparkassen 2 I (Neue) Organisationsmodelle 3 I Steigende kartellrechtliche Anforderungen für Umstrukturierungen 4 I Aktuelle Entwicklungen in Schleswig-Holstein 15

Aktuelle Entwicklungen in Schleswig-Holstein 2010: Öffnung des Sparkassengesetzes S-H für Minderheitsbeteiligungen (HASPA) Januar 2013: Rücknahme der Beteiligungsmöglichkeit für HASPA, aber Ermöglichung einer Minderheitsbeteiligung für andere öffentlich-rechtliche Sparkassen und deren Träger Mai 2013: Entwurf für neues Sparkassengesetz: Beteiligungsmöglichkeit des Verbandes (SGVSH) soll ermöglicht werden (zeitlich befristet) Alle Kommunen aus S-H sollen sich an Sparkassen beteiligen können und nicht nur die derzeitigen Träger von Sparkassen Juni 2013: Sparkasse Südholstein wird zum (abermaligen) Stützungsfall Wie kann Eigenkapitalbedarf von in Schieflage geratenen Sparkassen zukünftig befriedigt werden? 16

Hamburg Am Sandtorkai 40 20457 Hamburg Telefon +49 40 3006996-0 Telefax +49 40 3006996-99 hamburg@lutzabel.com München Brienner Straße 29 80333 München Telefon +49 89 544147-0 Telefax +49 89 544147-99 muenchen@lutzabel.com Stuttgart Königstraße 26 70173 Stuttgart Telefon +49 711 18567-509 Telefax +49 711 18567-450 stuttgart@lutzabel.com www.lutzabel.com