Erstellt von: SHLV-Mini-Kongress Über den Tellerrand schauen 2014: Skript / Athletiktraining Jochen Westphal Erstellt am: 01.12.2014 Fitness-, Lauf-, Nordic Walking-Trainer Athletiktrainer Fußball, Referent B-Trainer Leistungssport Leichtathletik Profil Lauf in spe C-Trainer Breitensport Leichtathletik B-Vereinsmanager in spe
1. Athletik-Big-Five Disziplinübergreifend Koordination Kraft Beweglichkeit Schnelligkeit Ausdauer 2
1. Athletik-Big-Five Beispiel Laufen: Fokus Ausdauer Ausdauer WSA Ausdauer GA2 Ausdauer GA1/2 Ausdauer GA1 3
1. Athletik-Big-Five Definitionen Beweglichkeit Amplitude, die ein Gelenk mit eigener Kraft oder fremder Hilfe in der Endstellung erreichen kann. Willkürliche Flexibilität und Beweglichkeit werden in einem Gelenk durch Muskulatur, Sehnen und Bandapparat bestimmt. Wichtig: Gute Beweglichkeit ist Grundvoraussetzung für gute Koordination, richtige Kraftumsetzung, ökonomischer Bewegungsablauf (disziplinübergreifend) und senkt Verletzungsanfälligkeit nachhaltig. Koordination Zusammenspiel zwischen Zentralnervensystem und allen für einen gezielten Bewegungsablauf beteiligten Muskelgruppen. Kopplungsfähigkeit, Orientierungsfähigkeit, Gleichgewichtsfähigkeit, Reaktionsfähigkeit, Umstellungsfähigkeit, Rhythmisierungsfähigkeit, Differenzierungsfähigkeit Voraussetzung für ökonomischen Bewegungsablauf (dsiziplinübergreifend): gute Koordination 4
1. Athletik-Big-Five Definitionen (Forts. 1) Schnelligkeit Maximale Reaktions- und Bewegungsgeschwindigkeit mit höchster Willenskraft und dem neuromuskulären System Voraussetzungen: gute Lauf-/ Sprinttechnik, Kraft und Beweglichkeit Formel: Geschwindigkeit (z.b. in m/s) = Schrittlänge (z.b. in m) x Schrittfrequenz (Anzahl Schritte/ Zeiteinheit, z.b. in 1/s) Schrittlänge optimal, nicht maximal im Sprint Schrittfrequenz maximal (d.h. Bodenkontaktzeiten minimal) im Sprint Schrittlänge optimierbar insbesondere mit Beweglichkeit und Koordination (z.b. Lauf- ABC, Sprungläufe) Schrittfrequenz maximierbar insbesondere mit Kraft/ Schnellkraft (z.b. Schnellkraft-/ Sprint-/ Beschleunigungs-Übungen) 5
1. Athletik-Big-Five Definitionen (Forts. 2) Kraft/ Stabilisation Fähigkeit des Muskels, Widerstände zu überwinden (konzentrische Arbeit), ihnen entgegenzuwirken (exzentrische Arbeit) oder sie zu halten (statische Arbeit). Voraussetzungen für ökonomischen Bewegungsablauf (sportartübergreifend) ohne Fehlbelastungen: Rumpf-, Becken- und Schulterstabilisation Wichtig: Gerade für Kraft/ Stabilisation ist das Training von Bewegungsketten in alle drei Dimensionen frontal ("hoch/ runter"), sagittal ("vor/ zurück") und transversal ("rotieren") mit instabilen Trainingsmitteln wesentlich effektiver als übliche statische oder dynamische Übungen (propriozeptives Training). Wichtig: Mit instabilen Trainingsmitteln (z.b. Medizinball) wird der Körper immer wieder (i.d.r. minimal) aus dem Gleichgewicht gebracht (Instabilität). Zur Wiederherstellung des Gleichgewichts (Stabilität) wird das neuromuskuläre System optimiert und insbesondere kleine, unterstützende, tieferliegende und gelenknahe Muskeln angesprochen (Propriozeption, 6. Sinn, Tiefensensibilität). Aber: Jeder Sportler sollte dort abgeholt werden, wo er ist. 6
1. Athletik-Big-Five Definitionen (Forts. 3) Kraft/ Stabilisation (Fortsetzung) Beispiel Schwierigkeitsstufen von Übungen: 1. Kniebeuge statisch (keine Bewegungsdimension) 2. Kniebeuge dynamisch (eine Dimension: frontal, hoch/ runter ) 3. Kniebeuge dynamisch mit Ausfallschritt links nach hinten (zwei Dimensionen: frontal, hoch/ runter und sagittal, vor/ zurück ) 4. Kniebeuge dynamisch mit Ausfallschritt links nach hinten und Arme nach links (drei Dimensionen: frontal, hoch/ runter, sagittal, vor/ zurück und transversal, rotieren ) Wichtig: Jeder dieser Schwierigkeitsstufen kann mit einem instabilen Trainingsmittel (z.b. Balance-Kissen) wesentlich effektiver ausgeführt werden (Stichworte: Optimierung des neuromuskulären Systems, Propriozeption). 7
1. Athletik-Big-Five Definitionen (Forts. 4) Ausdauer Physische und psychische Widerstandsfähigkeit gegen Ermüdung und Regenerationsfähigkeit. Also Fähigkeit, eine bestimmte Belastungsfähigkeit über einen möglichst langen Zeitraum aufrechterhalten und sich von dieser Belastung erholen zu können. Ausdauertraining steht für Ausdauersportler wie Läufer und Nordic Walker im Vordergrund. Außer Psyche sind Anpassung/ Adaption/ Superkompensation (siehe auch Kapitel 11, Trainingsprinzipien) beim Energiestoffwechsel und bei den Sauerstoff transportierenden Systemen Lunge, Herz und Kreislauf entscheidend. Verschiedene Formen der Ausdauer aerobe (Energiebereitstellung mit Sauerstoff, z.b. Jogging oder Dauerlauf) vs. anaerobe Ausdauer (Energiebereitstellung ohne Sauerstoff, z.b. 400m-Wettkampf) allgemeine Grundlagenausdauer (sportartunabhängiges Training, aerob, z.b. Läufer schwimmt) vs. spezifische Grundlagenausdauer (sportartspezifisches Training, aerob und anaerob, z.b. Läufer läuft) vs. spezielle Ausdauer (sportartspezifisches Training in der wettkampfspezifischen Intensität, anaerob, z.b. 15 km TDL, GA2, im Marathon- Renntempo) 8
2. Athletik: Koordination Allgemeines Stufe 1: Übungen ohne separate Aufgaben für Arme Stufe 2: Übungen mit separaten Aufgaben für Arme (statisch) z.b. Arme nach vorn/ nach oben Stufe 3: Übungen mit separaten Aufgaben für Arme (dynamisch) z.b. Arme längs/ Arme quer z.b. Arme boxen nach vorn/ nach oben z.b. Arme gebeugt, Unterarme kreisen vorwärts/ rückwärts hin Übung, zurück gehen/ traben 9
3. Athletik: Koordination 20m-Seil-Bahn rechts/ links und seitwärts vorne/ hinten, 9 Bahnen/ 5min, ideal zum Aufwärmen vorwärts: rechts 1x/ links 1x vorwärts: rechts 2x/ links 1x vorwärts: links 2x/ rechts 1x seitwärts von rechts: vorne 2x (4x)/ hinten 2x (4x), mit Tempowechsel (auf Frequenz) seitwärts von links: dto. rückwärts: rechts 1x/ links 1x rückwärts: rechts 2x/ links 1x rückwärts: links 2x/ rechts 1x vorwärts: rechts 1x/ links 1x (letzte Bahn wie erste Bahn) 10
3. Athletik: Koordination 20m-Seil-Bahn (Fortsetzung) Pferdchengalopp: normal, auf Frequenz, auf Länge, rückwärts Hopserlauf: normal, auf Frequenz, auf Länge, rückwärts Prellhopser: normal, auf Frequenz, auf Höhe, rückwärts Fußgelenksarbeit: vorwärts, rückwärts Fußpreller: vorwärts, rückwärts, 90-Grad-Wechsel Anfersen aktiv: nur rechts, nur links, beidseitig, rückwärts Skippings: vorwärts, rückwärts Kniehebelauf: nur rechts, nur links, beidseitig, rückwärts Stephopser: lang, kurz, Rhythmuswechsel, rückwärts Vielfältige Kombinationen z.b. Anfersen aktiv rechts 2 x, Anfersen aktiv links 2 x, im Wechsel 11
4. Athletik: Koordination 20m-Hütchen-Bahn Hütchen-Abstand: ca. 3,33m, 7 Hütchen 20m-Hütchen-Bahn Slalom: vorwärts, rückwärts Slalom seitwärts: mit/ ohne Seitenwechsel Slalom seitwärts überkreuz: mit/ ohne Seitenwechsel Slalom Passgang: vorwärts, rückwärts Slalom Sidesteps: vorwärts, rückwärts Slalom Übersteiger: vorwärts, rückwärts Kontakte: z.b. 2 x/ 3 x, im Wechsel Vielfältige Kombinationen z.b. vorwärts, Arme längs/ rückwärts, Arme quer, im Wechsel 12
5. Athletik: Koordination 5m-Hütchen-Bahn Hütchen-Abstand: ca. 1m, 6 Hütchen 5m-Hütchen-Bahn Danach 5m-Sprint 10m total Fokus Schnelligkeit/ Schnellkraft Skippings: 1x, 2x Übersteiger: beide Seiten Slalom Schuhblattler: vorn, hinten, im Wechsel Skippings seitwärts: 4x, beide Seiten Skippings seitwärts/ Jump: 2x, 4x, 6x, beide Seiten Skippings: 4x, beide Seiten rechts (links)-jump-links (rechts): vorwärts, rückwärts Slalom seitwärts, beide Seiten Fußpreller: vorwärts, rückwärts, 90-Grad-Wechsel Stephopser: lang, kurz, Rhythmuswechsel, rückwärts 13
6. Athletik: Schnelligkeit Schnellkraft Basis-Rotation (Base Rotation), 10 Sek., 3 Serien, 10 Sek. Pause Basis Seite-zu-Seite (Base Side-To-Side), 10 Sek., 3 Serien, 10 Sek. Pause Bein über Linie (One Leg Over The Line), 10 Sek., je 2 Serien (beide Seiten, 10 Sek. Pause Teilungssprung (Split Jump), 6x Hocksprung (Squat Jump), 6x Stepsprung (Lateral Bound), 10x Sprint in Hockpositionen (Sprint In Squat Positions), 10 Sek., 3 Serien, 10 Sek. Pause Brustsprung (Tuck Jump), 10x, 3 Serien Fußpreller (Ankle Jump), 10 Sek., 3 Serien, 10 Sek. Pause Stütz-Start-Sprint (Get-Up), 3x über 15m Sprünge-Seite-zu-Seite-Sprint (Side-To-Side-Jump-To-Sprint), 3x über 15m 14
7. Athletik: Beweglichkeit Sportmatte Affe (statisch, gehockt, gestreckt) Grätsche, Rumpf nach vorne Grätsche, Rumpf nach rechts/ links Beine gestreckt, Rumpf nach vorne Bein gestreckt nach oben mit Seil (rechts/ links) Wirbel für Wirbel 15
8. Athletik: Kraft/ Stabilisation Sportmatte Abduktion gegen Widerstand (Beckenstabi) Kniebeuge mit Ausfallschritt hinten (Beckenstabi) Dreifuß (Beckenstabi) Hund (Beckenstabi) Abspreizen (Beckenstabi) Liegestütz (Rumpf-, Becken-, Schulterstabi) Schwimmer (Rückenstabi) Sit-ups (Bauchstabi) 16
8. Athletik: Kraft/ Stabilisation Sportmatte (Forts.) Frontstütz dynamisch (Rumpf-, Becken-, Schulterstabi) Rückenstütz dynamisch (Rumpf-, Becken-, Schulterstabi) Seitstütz dynamisch (Rumpf-, Becken-, Schulterstabi) Standwaage dynamisch (Rumpf-, Becken-, Schulterstabi) 17
9. Athletik: Kraft/ Stabilisation Balance Pad Einbeinstand Zehenstand, im Wechsel mit Hackenstand Einbeinstand mit Arm-/ Beinabspreizen Einbeinkniebeuge mit Arm-/ Bein-/ Rumpfstrecken Ausfallschritt vorn, im Wechsel mit Ausfallschritt hinten 18
10. Regeneration Hartschaumrolle Wade hinten Wade seitlich Unterschenkel vorn Oberschenkel vorn Oberschenkel seitlich Oberschenkel hinten 19
11. Trainingsprinzipien Prinzip des Wechsels von Belastung und Entlastung (Superkompensation) Wirksamer, d.h. überschwelliger Reiz für Anpassung des Körpers erforderlich. Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit aufgrund des Trainingsreizes (Belastung) nach Regeneration/ Wiederherstellung (Entlastung), d.h. oberhalb des ursprünglichen Leistungsniveaus Anpassung/ Adaption/ Superkompensation. Weitere Verbesserung der Leistungsfähigkeit durch richtiges Setzen neuer Trainingsreize. Falls neue Trainingsreize zu spät (Regeneration zu lang), fällt Leistungsniveau wieder auf Ausgangsniveau zurück. Umgekehrt langfristig Übertraining (dramatisch reduzierte Leistungsfähigkeit), falls Trainingsreize dauerhaft zu früh, d.h. während Regeneration/ Wiederherstellung (Entlastung). Wichtig: Leistungssteigerungen passieren immer aufgrund von Anpassungen des Körpers auf überschwellige Reize ausschließlich während der Regeneration (insbesondere Schlaf). 20
11. Trainingsprinzipien (Forts.) Prinzip der allmählichen Belastungssteigerung Verschiedene Systeme regenerieren unterschiedlich schnell, d.h. Superkompensation erfolgt unterschiedlich schnell: vegetatives Nervensystem: sehr schnell Herz-Kreislauf-System: schnell Muskulatur: mittel Sehnen- Band-Apparat: langsam Gelenke und Knochen: sehr langsam Deshalb allmähliche Belastungssteigerung, insbesondere mit Rücksichtnahme auf Sehnen, Bänder, Gelenke und Knochen. Wichtig: Wer Trainingspensum in zu kurzer Zeit zu schnell steigert, geht hohes Überlastungs-/ Verletzungs-/ Verschleißrisiko v.a. des passiven Bewegungsapparats ein (Langstreckenlauf) 21
Leistungsfähigkeit 11. Trainingsprinzipien: Superkompensation Superkompensation Zeit Trainingsreiz/ Ermüdung Wiederherstellung und Regeneration 22
Leistungsfähigkeit 11. Trainingsprinzipien: Superkompensation (Forts.) Optimales Training: Trainingsreize richtig gesetzt Trainingsreiz Zeit Trainingsreiz Übertraining: Trainingsreize zu früh gesetzt 23
12. Literatur Core Performance Mark Verstegen and Pete Williams, Rodale, USA, 2004, 286 Seiten, 21,99 USD, ISBN-13 978-1-59486-168-0 ComplexCore Rumpfstabilisation in Training und Therapie Roman Jahoda, Österreich, 2009, 340 Seiten, 39,00 EUR, ISBN-978-3-200-01555-5, 4. Auflage 2013 24