Grundlagen und Rahmenbedingungen von Begabungsförderung Mag. Dr. Astrid Fritz Dr. Johanna Stahl astrid.fritz@oezbf.at johanna.stahl@oezbf.at
Überblick Begabungsbegriff Gründe für Begabungs- und Exzellenzförderung Maßnahmen zur Begabungs- und Exzellenzförderung Instrument zur Begabungsförderung
Schillernder Begabungsbegriff Psychometrische Definition > Testung der Intelligenz Performanzdefinition > Sichtbarwerden von hohen Leistungen bzw. Exzellenz in einer Domäne Etikettierungsdefinition > Hochbegabung als soziale Zuschreibung (z.b. bei Künstlern) Spezifische Talentdefinition > spezifische Stärken im Sport, in der Musik, in Mathematik, (Albert Ziegler: Babylonisches Sprachgewirr, 2008, S. 14)
Konzept von Begabung Dynamischer und mehrdimensionaler Begabungsbegriff Begabungen / Potentiale entfalten sich in der Interaktion zwischen Individuum und sozialer / sachlicher Umwelt Ganzheitliche Sicht auf den Menschen (einschließlich pursuit of happiness ) Hoher IQ führt nicht automatisch zu Hochleistung (Hoch-)Leistung ( Exzellenz ) abhängig von Erfahrungs- und Lernmöglichkeiten sowie von deliberate practice für Leistungsexzellenz: auch Leistungswille, sachbezogenes Interesse, Arbeitsdisziplin, Selbstvertrauen und Fähigkeiten der Selbststeuerung notwendig
Münchner Hochbegabungsmodell (Heller & Perleth, 2007) LERNEN
Aktiotop-Modell (Ziegler, 2008)
Begabungs- und Exzellenzförderung Ziel von Begabungsförderung: Entwicklung der Potenziale von Kindern und Jugendlichen bestmöglich zu unterstützen Fördern auf Verdacht! Begabtenförderung ist Teil der Begabungsförderung, richtet sich an eine spezielle Zielgruppe Exzellenzförderung richtet ihre Aufmerksamkeit auf die Vervollkommnung und Erweiterung von bereits gezeigten überdurchschnittlichen Leistungen auf einem Gebiet
3 Gründe für Begabungsförderung Recht auf Bildung Recht auf persönliche Entfaltung Wirtschaftliche und soziale Gründe
Recht auf Bildung Bildung ist ein Bürger/innenrecht (vgl. Perleth & Schatz, 2004). Alle Kinder haben das Recht auf Bildung. Sie haben das Recht, ihre Persönlichkeit und ihre Begabungen zur Entfaltung bringen zu dürfen (vgl. Stamm, 2010). Ziel von Bildung und Erziehung ist die Autonomie jedes Menschen bei der Gestaltung seines Lebens. (Weilguny et al., 2011, S. 19)
Rechtliche Rahmenbedingungen Erlässe 2005: Besser Fördern 2007: Initiative 25+: Individualisierung des Unterrichts 2009: Ganzheitlich-kreative Lernkultur in den Schulen 2009: Grundsatzerlass zur Begabtenförderung (BMBWK, 2005; BMUKK 2007, 2009ab)
Recht auf persönliche Entfaltung Jedes Kind hat das Recht auf optimale Förderung, also auf Passung (vgl. Perleth & Schatz, 2004). Jedes Kind hat das Recht auf Chancengerechtigkeit (Weilguny et al., 2011, S. 21). Ziel jeder Förderung [ ] Kindern und Jugendlichen die bestmögliche geistige, seelische und körperliche Entwicklung zu ermöglichen, damit sie zu gesunden, selbstbewussten, glücklichen, leistungsorientierten, pflichttreuen, musischen und kreativen Menschen werden. (Artikel 14 (5a) des Österreichischen Bundesverfassungsgesetzes)
Recht auf persönliche Entfaltung Wenn Förderung fehlt: Beeinträchtigung der Entwicklung Ausgrenzung aus Gruppen Clownerie (Buben) Psychosomatische Beschwerden (Mädchen) Aggression Depression (vgl. Reinisch, 2006)
Wirtschaftliche und soziale Gründe Entwicklung von Leistungspotenzialen Gesellschaft Wertsteigerung von Kultur und Eine Investition in die besondere Förderung hoch leistender Personen scheint aus sozialen und wirtschaftlichen Gründen gefordert (vgl. Weilguny et al., 2011). Unsere Gesellschaft hat hervorragende Denker/innen nötiger denn je, denn die Probleme werden immer komplexer (vgl. BMBF, 2003). Es ist kein Luxus, große Begabungen zu fördern; es ist ein Luxus, und zwar sträflicher Luxus, dies nicht zu tun (Alfred Herrhausen 1930-1989) Das Ziel der Erziehung muss die Heranbildung handelnder und denkender Individuen sein, die aber im Dienste an der Gemeinschaft ihre höchste Lebensaufgabe sehen. (Albert Einstein 1879-1955)
Zur Verwirklichung notwendig u.a. Strategien und Konzepte Netzwerke und Kooperationen Professionalisierung der handelnden Personen Begabungsforschung Entwicklung und Evaluation von Pilotprojekten Information und Bewusstseinsbildung (u.a. durch Tagungen und Kongresse)
Außerschulischen Förderangebote Museen, Bildungsinstitutionen, Sportvereinen Schüler/innen an die Hochschulen Wettbewerben und Olympiaden Sommerakademien Workshops Junior Alpbach
Fördermodelle innerhalb der Organisation Schule Akzelerierende Maßnahmen frühe Einschulung, Überspringen, Teilspringen Curriculum Compacting Pullout-Kurse, Talentförderkurse Hochbegabtenklassen Atelierbetrieb Drehtürmodell Lernlabors Enrichment-Teams(Jahrgang übergreifende Interessensgruppen) Mentorinnen und Mentoren Tutorinnen und Tutoren
Organisation & Koordination auf nationaler Ebene BM.W_F bm:ukk ÖZBF auf regionaler Ebene Bundeslandkoordinationsstellen in den Bundesländern
mbet - Multidimensionales BegabungsEntwicklungs-Tool Instrument für die Pädagogische Diagnostik unterstützt Lehrer/innen bei der ganzheitlichen Begabungsförderung eines Kindes Begabungen sowie moderierende Persönlichkeitsund Umweltfaktoren werden von 3 Seiten subjektiv eingeschätzt: Klassenlehrerin/Klassenlehrer Eltern Kind Ziel: Förderintervention in Zusammenarbeit mit Eltern und Kind
Pädagogische Diagnostik Förderdiagnostik Lernprozessdiagnostik informell zufällig unsystematisch Selektionsdiagnostik Zuweisungsdiagnostik semiformell gezielt, systematisch, kriterienorientiert, wissenschaftsorientiert Quelle: SQA http://www.sqa.at/pluginfile.php/779/mod_page/content/25/reader_paedagogische_diagnostik.pdf formell wissenschaftlich, methodisch kontrolliert, theoriegeleitet
mbet Kreislauf Aufgaben Individuelle Förderschritte Beobachtung Gespräch Dokumentation
Merkmale von mbet Individuumszentrierter Maßstab (statt normgruppenbezogen) Vermeidung von Typologien, differenzierter Blick Verhalten wird in der natürlichen Alltagssituation erfasst, keine Testsituation Entwicklungsorientierung (keine Statusbeschreibung), Sensibilisierung für Veränderungen
Mehrwert von mbet Konkretisierung der Verhaltensmerkmale verhindert intuitive Beurteilung Kontrolle der eigenen Einschätzung der Lehrperson durch Elternund Schüler/innen-Feedback Hilfe für Lehrer-Eltern-Schüler Gespräche (und Elternsprechstunde) Verwendung gleicher Begriffe erleichtert Kommunikation zwischen Lehrer/innen, Schüler/innen und Eltern Transparenz für Schüler/innen und Eltern, nach welchen Kriterien die Lehrperson beobachtet Anregung zur eigenen Beobachtung für Eltern und Schüler/innen
Information www.oezbf.at news&science. Begabtenförderung und Begabungsforschung FAQs zur Begabungs- und Begabtenförderung ÖZBF-Kongress 2013: 7.-9. November begabt lernen exzellent lehren
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Literatur Bundesministerium für Bildung und Forschung (2003). Ein Ratgeber für Elternhaus und Schule. Begabte Kinder finden und fördern. Bonn. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (2005). Erlass Besser Fördern: Schülerinnen und Schüler individuell fördern und fordern. Rundschreiben Nr. 11/2005 (28. Juni 2005). Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (2007). Erlass Initiative 25+ : Individualisierung des Unterrichts. Rundschreiben Nr. 9/2007 (19. Juni 2007). Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (2009a). Grundsatzerlass Ganzheitlich-kreative Lernkultur in den Schulen. Rundschreiben Nr. 15/2009 (14. August 2009). Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (2009b). Grundsatzerlass zur Begabtenförderung. Rundschreiben Nr. 16/2009 (24. August 2009). Heller, K. A. & Perleth, C. (2007). Münchner Hochbegabungstestbatterie für die Primarstufe. Göttingen: Hogrefe. Perleth, C. & Schatz, T. (2004). Aus der Forschung: Zur Begabungsentwicklung und -förderung im Vorschulalter. In H. Wagner (Hrsg.). Frühzeitig fördern. Hochbegabte im Kindergarten und in der Grundschule. Tagungsbericht (S. 17-40). Bonn: Karl Heinrich Bock. Reinsch, M. (2006). Hochbegabung im Vorschulalter [online]. URL: http://www.pro-kopf.de/fileadmin/ Downloads/Hochbegabung.pdf [05.08.2011]. Stamm, M. (2010). Achtung, fertig, Schuleintritt! Wie Eltern ihre Kinder auf eine erfolgreiche Schullaufbahn vorbereiten können. Dossier 12/2. Weilguny, W. M., Resch, C., Samhaber, E. & Hartel, B. (2011). Weißbuch Begabungs- und Exzellenzförderung. Salzburg: ÖZBF. Ziegler, A. (2008). Hochbegabung. München: Ernst. Reinhardt.