AUSSCHREIBUNGEN FÜR WINDENERGIE AN LAND Positionspapier der Denker & Wulf AG Der Gesetzgeber hat sich in 2 Abs. 5 EEG 2014 festgelegt, die Höhe der finanziellen Förderung für Strom aus erneuerbaren Energien bis spätestens 2017 durch Ausschreibungen zu ermitteln. Auf Basis der Freiflächenausschreibungsverordnung (FFAV), welche die vorgezogene Pilotausschreibung für einen Teilbereich der Solarstromerzeugung regelt, beteiligt sich die Denker & Wulf AG an der Diskussion, wie das Ausschreibungsdesign der FFAV an die Bedingungen der Windenergie an Land angepasst werden kann. Die Frage nach der grundsätzlichen Eignung des Ausschreibungsverfahrens im Hinblick auf eine Kostensenkung unter Beibehaltung der Mengenziele und der Akteursvielfalt bleibt davon unberührt. Bei der Ausgestaltung eines Ausschreibungsverfahrens für die Windenergie an Land sollte unter den benannten Absichten vorrangig die Erreichung des Mengenziels im Fokus stehen, denn der in 3 EEG 2014 definierte Ausbaupfad (2,5 GW p.a.) leitet sich aus den nationalen Energie- und Klimazielen ab, den Anteil Erneuerbarer Energien bis 2025 mindestens auf 40 bis 45 Prozent zu erhöhen und den CO 2 -Ausstoß bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu senken. Eine zu niedrige Realisationsquote rechtfertigt laut der EU- Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien (EEAG) dementsprechend auch den Verzicht auf ein Ausschreibungsverfahren. D e n k e r & W u l f A G W i n d m ü h l e n b e r g D - 2 4 8 1 4 S e h e s t e d t T e l e f o n : 0 4 3 5 7 / 9 9 7 7-0 T e l e f a x : 0 4 3 5 7 / 9 9 7 7-1 0 V o r s t a n d : D i p l. - I n g. T o r s t e n L e v s e n ( V o r s i t z ) R a i n e r N e w e K a i P o r a t h A u f s i c h t s r a t : H u g o D e n k e r ( V o r s i t z ) S i t z : S e h e s t e d t R e g i s t e r g e r i c h t K i e l, H R B 1 0 6 7 E C F A K i e l - N o r d S t - N r. : 1 5 / 2 9 4 / 0 5 6 2 1 UST-ID.: DE 216 918 227
Essentiell für Akteursvielfalt und Mengensteuerung: Größtmögliche materielle Präqualifikation Teilnahmebedingung: Genehmigung nach BImSchG Ab Genehmigungsreife können erhebliche planerische Risiken insbesondere im Bereich des Artenschutzes mit großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Eine solide Kalkulationsbasis führt zu belastbaren Geboten und einer hohen Realisationswahrscheinlichkeit. Eine Projektentwicklung bis zur Genehmigungsreife erfordert Aufwendungen in sechsstelliger Höhe, weshalb die Hinterlegung von Sicherheiten sowie Strafzahlungen auf niedrigem Niveau gehalten werden können. Hiervon profitieren insbesondere Bürgerwindprojekte. Es werden ernsthafte Gebote mit dem Ziel einer Bezuschlagung abgegeben. Durch das kleinstmögliche Zeitfenster zwischen Bezuschlagung und Inbetriebnahme (36 Monate) ist eine reaktive Mengensteuerung im Hinblick auf den energie- und klimapolitisch erforderlichen Ausbaupfad durch Anpassungen des Ausschreibungsvolumens noch halbwegs praktikabel. Eine Teilnahmebedingung unterhalb der Genehmigungsreife, wie z.b. ein B-Plan- Aufstellungsbeschluss, führt zu pekuniär und zeitlich spekulativen Geboten, da noch zahlreiche Unbekannte substanziellen Einfluss auf das Projekt nehmen können. Eine niedrige materielle Präqualifikation macht darüber hinaus höhere finanzielle Sicherheiten erforderlich: Zur Vermeidung rein marktmanipulativer Gebote müssten Strafzahlungen und zu hinterlegende Sicherheiten ein angemessen hohes Niveau haben, was insbesondere für Bürgerwindprojekte eine beträchtliche Hürde darstellen würde. Bei einer Bezuschlagung von Projekten ohne Genehmigungsreife würde die Mengensteuerung zur Sicherstellung des Ausbaupfads ganz erheblich an Schärfe verlieren: Die zu erwartende deutlich niedrigere Realisationsquote würde zur Erreichung des jährlichen Mengenziels ein entsprechend größeres Ausschreibungsvolumen erforderlich machen. Anpassungen der ausgeschriebenen Leistung könnten jedoch erst mit mehreren Jahren Verzug vorgenommen werden, da das Zeitfenster bis zur tatsächlichen Inbetriebnahme der WEA ohne eine maximale materielle Präqualifikation deutlich erhöht werden müsste. 2 / 6
Die Realisierung von Windenergieprojekten braucht Zeit 36 Monate Zeitfenster zwischen Zuschlag und Inbetriebnahme Eine Verlagerung von Projektschritten hinter die Zuschlagserteilung wird die ohnehin bereits recht zeitintensive Realisierungsdauer tendenziell weiter verlängern. So kann die Vorhabenfinanzierung künftig erst nach verbindlicher Vergütungszusage abschließend geklärt werden. Auch die Beantragung eines vorzeitigen Baubeginns, z.b. für den Wegebau, wird vor der Erteilung des Zuschlags nicht mehr möglich sein. Anspruchsvolle Genehmigungsauflagen wie vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen nach 44 Abs. 5 BNatSchG können ohne ein erhebliches Risiko nicht mehr begleitend zum Genehmigungsverfahren durchgeführt werden. Die erfolgreiche Umsetzung dieser sogenannten»cef-maßnahmen«zur Sicherung der kontinuierlichen Funktionsfähigkeit betroffener Lebensräume muss vor Beginn der Baumaßnahme nachgewiesen werden. Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen sind daher i.d.r. mit einem beträchtlichen Zeitaufwand verbunden. Um die Realisierung artenschutzrechtlich anspruchsvoller Projekte nicht durch Strafzahlungen oder den Entzug der Förderberechtigung unverhältnismäßig stark zu gefährden, ist für Windenergieprojekte an Land auch im Falle der größtmöglichen materiellen Präqualifikation ein Zeitfenster zwischen Zuschlagserhalt und Inbetriebnahme von 36 Monaten erforderlich. Bei fremdverschuldeten Verzögerungen sollte zudem eine Verlängerung der Realisierungsfrist möglich sein. Auktionsverfahren: Uniform-Pricing verhindert spekulative Gebote Der größte Vorteil der Uniform-Pricing-Auktion liegt im stärkeren Anreiz, Effizienzpotenziale zu heben, da die Auktionsteilnehmer im Einheitspreisverfahren von Kostensenkungen profitieren, ohne gleichzeitig auf einen Preis möglichst knapp unter dem höchsten Gebot zu spekulieren. Die im Uniform-Pricing-Verfahren abgegebenen Gebote bilden die realen Erzeugungskosten daher besser ab als im Pay-as-Bid-Verfahren. Der Anreiz von Effizienzsteigerungen zu profitieren hat daher auch einen positiven Effekt auf die Lernkurve des ausgeschriebenen Auktionsgegenstands. 3 / 6
Ein zusätzlicher Vorteil des Uniform-Pricing-Verfahrens findet sich im Aufwand der behördlichen und betrieblichen Abwicklung (kaufm. Betriebsführung), da die Anzahl unterschiedlicher Vergütungssätze auf einem vergleichsweise überschaubaren Niveau gehalten wird. Strafzahlungen nur bei Selbstverschulden Neben der Unsicherheit der Zuschlagserteilung führen auch mögliche Strafzahlungen zu einem signifikanten Anstieg des Investitionsrisikos. Um die zu erwartende Einpreisung des erhöhten Investitionsrisikos möglichst gering und gleichzeitig die Akteursvielfalt auf hohem Niveau zu halten, sollte die Sanktionierung einer Nichtrealisierung ausschließlich bei Selbstverschulden vorgenommen werden. Die Rückgabe der Förderberechtigung muss bei belegbarem Fremdverschulden, wie z.b. im Falle von Widerspruchs- und Klageverfahren Dritter oder einer Änderung des Netzanschlusspunktes durch den Netzbetreiber, zu jeder Zeit straffrei bleiben. Solidere Gebote bei projektbezogener Förderberechtigung Die Förderberechtigung sollte projektgebunden erteilt werden. Der konkrete Projektbezug erfordert eine solide Ermittlung der Gebote und erlaubt eine Übertragbarkeit der Förderberechtigung an eine Betreibergesellschaft oder den Verkauf eines konkreten Windparkprojekts an Dritte. Eine personenbezogene Förderberechtigung mit der Möglichkeit der Übertragung an andere Anlagen und Standorte reizt spekulative Gebote an und bevorzugt große Bieter mit besseren Möglichkeiten zur Risikostreuung. Referenzertragsmodell sichert flächendeckenden Ausbau Abgesehen von der wettbewerblichen Ermittlung der Förderhöhe über das Ausschreibungsmodell sollte das EEG weitestgehend unangetastet bleiben. Dies gilt auch für das Referenzertragsmodell, welches Standortnachteile über eine zweistufige, sich am erzielbaren Ertrag orientierende Vergütung ausgleicht und einen flächendeckenden Ausbau der Windenergie an Land ermöglicht. Dies erhöht die Versorgungssicherheit, reduziert die Kosten des Netzausbaus und verhindert eine zunehmende Inanspruchnahme windreicher aber konfliktbelasteter Flächen. Bei einer Gebotsabgabe auf den für die erhöhte Anfangsvergütung anzulegenden Wert muss die Höhe der Grundvergütung im EEG festgesetzt werden. 4 / 6
Keine Ausschreibungen für kleine Projekte Der in den europäischen»leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen«enthaltende Bagatellvorbehalt, innerhalb dessen von einer Ausschreibungspflicht abgesehen werden kann, sollte zugunsten kleinerer Projekte zu welchen sich fast alle Bürgerwindprojekte zählen von der Bundesregierung übernommen werden. Als Grenzwerte sind hier 6 Erzeugungseinheiten oder 6 MW Leistung genannt, die die Stiftung Umweltenergierecht so auslegt, dass der deutsche Gesetzgeber»auf der sicheren Seite«sei, wenn er Windenergieprojekte von bis zu 36 MW von der Ausschreibungspflicht ausnimmt. Oberhalb einer Bagatellgrenze sollte es keine weitere Begrenzung der Projektgröße geben, da das emissionsschutzrechtlich geeignete Flächenpotenzial über die Ausweisung von Konzentrationszonen hinaus nicht noch zusätzlich eingeschränkt werden sollte. Höchstpreis widerspricht wettbewerblicher Ermittlung Sollte die Einpreisung von administrativen Kosten und Bieterrisiken den kostensenkenden Effekt einer wettbewerblichen Ermittlung neutralisieren oder sogar übertreffen, würde ein festgelegter Höchstpreis das tatsächliche Marktniveau verfälschen und damit einem zentralen Anliegen des Ausschreibungsverfahrens zuwiderlaufen. Ein höheres Vergütungsniveau als unter den Bedingungen des EEG 2014 droht ferner bei nicht ausreichender Knappheit der jährlich auszuschreibenden Leistung von 2.500 MW. Im Hinblick auf den jüngsten Zubau von 3.000 MW (2013) und 4.750 MW (2014) findet sich das Risiko einer fehlenden Knappheitssituation in erster Linie also in den Ausschreibungsmodalitäten selbst. Das postulierte Ziel einer Kostensenkung muss daher durch die Sicherstellung eines ausreichend großen Wettbewerbs und nicht durch die Festlegung eines Höchstpreises erreicht werden. Gelingt dies nicht, träte als Folge eines höheren Marktniveaus ein Befreiungstatbestand der EU-Beihilfeleitlinien (Rn. 126 EEAG) ein, welcher es den Mitgliedstaaten erlaubt, zur Vermeidung von strategischem Bieterverhalten von Ausschreibungen abzusehen. Aus ökonomischer Sicht ebenso wenig angezeigt ist die Festlegung eines Mindestpreises. Auch dieser widerspräche dem Ziel der rein wettbewerblich ermittelten Förderhöhe, wäre 5 / 6
in Ermangelung einer Exit-Option jedoch eher angebracht als ein Höchstpreis. Ein Underbidding würde nicht nur die Erreichung der Mengenziele gefährden, sondern wäre darüber hinaus auch volkswirtschaftlich schädlich, da neben der Vermeidung von Klimafolgekosten auch bedeutsame Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte in Milliardenhöhe mit dem Ausbau der Windenergie an Land verbunden sind. Rechtssicherheit und Verlässlichkeit sind wesentliche Erfolgsfaktoren Die Windenergie an Land ist 2014 mit einem Anteil von 41,5 Prozent der EEG-geförderten Strommenge bei nur 19 Prozent Anteil an den EEG-Auszahlungen die mit Abstand effizienteste und kostengünstigste Technologie unter allen Erneuerbaren. Ihre zentrale Rolle im regenerativen Strommix darf nicht in Feldversuchen aufs Spiel gesetzt werden. Projektzeiträume von mehreren Jahren erfordern ein hohes Maß an Rechtssicherheit und Verlässlichkeit, weshalb Gesetzesänderungen zum Nachteil der Akteure mit angemessenem zeitlichem Vorlauf vorgenommen werden müssen. Vor diesem Hintergrund sollte auch die Befugnis der Bundesnetzagentur kritisch hinterfragt werden, die Ausschreibungsverordnung ohne ein weiteres Gesetzgebungsverfahren und ohne Öffentlichkeitsbeteiligung in weiten Teilen zu ändern, ohne dass ein Widerspruch möglich ist. Denker & Wulf AG Stand: 18. Februar 2015 6 / 6