Stand der Interkulturellen Öffnung in der psychosozialen Versorgung

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Transkript:

Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie AG Psychosoziale Migrationsforschung Stand der Interkulturellen Öffnung in der psychosozialen Versorgung Mike Mösko 12. Juni 2014; Tagung Interkulturelle Öffnung der Gesundheitsversorgung in der Metropolregion Hamburg

Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung (1986) Die Gesundheitsdienste müssen eine Haltung einnehmen, die feinfühlig und respektvoll die unterschiedlichen kulturellen Bedürfnisse [der Patienten] anerkennt.

Kernfragen Epidemiologie Wie häufig erkranken Menschen mit Migrationshintergrund (Mh) an psychischen Störungen? Inanspruchnahme Gelangen diese in die psychotherapeutische Versorgung? Prozessqualität Welche Faktoren erschweren den Behandlungsprozess? Ergebnisqualität Wie sieht das Behandlungsergebnis aus?

Häufigkeit psychischer Störungen bei Menschen mit Migrationshintergrund

www.segemi.de

12-Monatsprävalenz psychischer Störungen im Vergleich mit DEGS (2012) Medi.missbr./-abhängigkeit Alkoholabhängigkeit Anorexia Nervosa Zwangsstörungen PTSD DEGS SeGeMi Somatoforme Störung Unipolare Depression Angststörung 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40%

Kernfragen Epidemiologie Wie häufig erkranken Menschen mit Migrationshintergrund (Mh) an psychischen Störungen? Inanspruchnahme Gelangen diese in die psychotherapeutische Versorgung? Prozessqualität Welche Faktoren erschweren den Behandlungsprozess? Ergebnisqualität Wie sieht das Behandlungsergebnis aus?

Stationäre psychosomatische Rehabilitation 8,2% 1,6% Ausl. Patienten in der Stat. psych. Reha Ausländische Bevölkerung Quelle: Mösko, Pradel, Schulz (2011)

Ambulante psychotherapeutische Versorgung 14% Patienten in der ambulanten PT 27% Bevölkerung mit Migrationshintergrund Quelle: Mösko, Gil-Martinez, Schulz (2013)

Ambulante psychotherapeutische Versorgung Fremdsprachen Angebotene Fremdsprachen (GKV; PP)* Nachfrage (1. Quartal 2014)** 175 24 Quellen: *Psychotherapeutenkammer HH, 06.06.2014; ** Dr. Riedel, www.psych-info.de, 09.06.2014 8 5 3 3 3 2 2 1 1 1 1 1 1 1 Englisch Französisch Spanisch Niederländisch Italienisch Türkisch Persisch/Farsi Kroatisch/Serbisch/Bosni Schwedisch Dänisch Finnisch Norwegisch Griechisch Polnisch Portugiesisch Schweizerdeutsch Englisch Türkisch Persisch/Farsi Arabisch Polnisch Französisch Russisch Spanisch Afghanisch Chinesisch Portugiesisch Serbisch Kroatisch Bulgarisch Dänisch Italienisch Bosnisch Serbokroatisch Griechisch Hebräisch Koreanisch Vietnamesisch Indonesisch 71 56 51 46 43 36 22 20 20 19 16 16 15 11 11 6 6 5 5 4 152 129 205

Einsatz von Dolmetschern in der Psychotherapie Contra - Unbehagen der Behandler (Ravel, 2003, Wohl, 2000) - Angst vor Behandlungsfehlern (Farooq et al., 1997) - Höherer Kostenaufwand für Behandler (O Leary et al., 2003) - Forderung, dass Patienten Deutsch lernen sollten - Befürchtung, dass Patienten dann nicht mehr Deutsch lernen wollen Pro - Wirksamkeit des Dolmetschereinsatzes in der PT (Schulz et al, 2006) - Einsatz von Gebärdendolmetschern - Stärkung der therapeutische Beziehung (Tribe & Raval, 2003) - Sicherung eines Zugangs zur Versorgung

Kernfragen Epidemiologie Wie häufig erkranken Menschen mit Migrationshintergrund (Mh) an psychischen Störungen? Inanspruchnahme Gelangen diese in die psychotherapeutische Versorgung? Prozessqualität Welche Faktoren erschweren den Behandlungsprozess? Ergebnisqualität Wie sieht das Behandlungsergebnis aus?

Hemmende Faktoren im Behandlungsprozess Migranten sind höherem Risiko von Fehldiagnosen ausgesetzt (Haasen et al. 2000) Mangelnde Kenntnis der Migrationsbiographie auf Seiten der Behandler (Mösko et al., 2013) Negative Gefühle durch Fremde Patienten seitens der Behandler (Wohlfahrt et al., 2006) Fremde

Schwierigkeiten von Psychotherapeuten in der Behandlung von Mh (N=880) Problembereiche Nennungen Differierende Werte (Frauenrolle, Familienstruktur, Weltanschauung) 232 Kommunikation/Sprache 158 Therapieverständnis/Therapieziele 67 Wenig Eigenaktivität, passive Versorgungshaltung, mangelnde Compliance 49 Weitere: anderes Krankheitsverständnis, Misstrauen, Soziale Situation des Patienten Quellen: Mösko, Gil-Martinez, Schulz (2013), Odening, Jeschke, Hillebrand, Mösko (2013)

Kernfragen Epidemiologie Wie häufig erkranken Menschen mit Migrationshintergrund (Mh) an psychischen Störungen? Inanspruchnahme Gelangen diese in die psychotherapeutische Versorgung? Prozessqualität Welche Faktoren erschweren den Behandlungsprozess? Ergebnisqualität Wie sieht das Behandlungsergebnis aus?

Behandlungsergebnis Geringere Behandlungsdosis und frühere Entlassung bei nicht Deutsch muttersprachlichen Patienten (Bermejo et al., 2009) Türkische Patienten und Patienten aus dem ehemaligen Jugoslawien erzielen die geringsten Behandlungserfolge in der stationären psychosomatischen Rehabilitation (Mösko al., 2011) Patienten (Wohlfahrt et al., 2006)

100 = Interkulturell vollkommen geöffnet Skala Interkulturelle Öffnung in der Psychosozialen Versorgung 40 0 = Interkulturell gar nicht geöffnet

Maßnahmen zum Ausbau der Interkulturellen Öffnung in der psychosozialen Versorgung I. Interkulturelle Aspekte in die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Heilberufe, Gutachter und Supervisoren integrieren II. Leitbilder differenzieren, QS Indikatoren einfügen, etc. III. Kulturelle und sprachliche Vielfalt der Behandler fördern IV. Finanzierung von Dolmetscherdiensten V. Interkulturelle stationäre Behandlungskonzepte VI. Ambulante Spezialeinrichtungen für nicht-deutschsprachige Patienten

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! mmoesko@uke.de