Was kommt danach? Tertiäre Prävention Referentin: Yvonne Oeffling AMYNA e.v. Projekte & überregionale Angebote
Der Paritätische DGfPI e.v. AMYNA e.v. AMYNA e.v. Verein zur Abschaffung von sexuellem Missbrauch und sexueller Gewalt Institut zur Prävention von sexuellem Missbrauch Sichere Wiesn GrenzwertICH Projekte & überregionale Angebote
HANDLUNGSLEITLINIEN DER PRÄVENTION
Prävention Im Allgemeinen werden unter Prävention Maßnahmen verstanden, die eingeleitet werden, um etwas zu verhindern. Prävention von sexuellem Missbrauch sowie von Grenzverletzungen, psychischer und physischer Gewalt in Institutionen umfasst also alle Möglichkeiten, die geeignet erscheinen, um einem sexuellem Missbrauch, Grenzverletzungen, psychischer und physischer Gewalt durch Mitarbeitende in Einrichtungen vorzubeugen.
Strukturelle Prävention Strukturelle Prävention umfasst alle Maßnahmen, die in den Abläufen und Grundgegebenheiten einer Organisation verankert werden, um (sexuelle) Gewalt gegen Kinder und Jugendliche möglichst wirksam zu verhindern.
Tertiäre Prävention Folgeschäden und erneute Übergriffe verhindern Maßnahmen der Aufarbeitung Bereitstellung von Unterstützungsangeboten
Handlungsleitlinien für Verbände Aufarbeitung Intervention Prävention
Verantwortung für Aufarbeitung Es ist daher notwendig, dass Träger Handlungsempfehlungen entwickeln, die sich damit auseinandersetzen, wie mit solchen Situationen umgegangen und das Geschehene aufgearbeitet wird. Träger müssen für das Gelingen dieser Prozesse ausreichende Hilfen bereitstellen, indem sie unter anderem Supervision anbieten und finanzieren Abschlussbericht des RTKM (2011)
Ziel von Aufarbeitung Die Bemühungen um Aufarbeitung sind immer Hinweise dafür, wie Strukturen verändert werden können, um den Schutz von Mädchen und Jungen zukünftig noch besser sicherzustellen.
INSTITUTIONELLE DYNAMIKEN BEI MISSBRAUCH IN INSTITUTIONEN
Anwesenheit des/der abwesenden Täters/Täterin alles dreht sich um die Aufarbeitung TäterInnen manipulieren weiterhin (persönliche Kontakte; Bedrohungen Je massiver der Missbrauch desto belastender wirkt die Dynamik der Anwesenheit der abwesenden TäterIn
Auswirkungen der Aufdeckung auf die Teamdynamik Spaltung des Teams, die unter anderem auf die Intrigen des Täters/der Täterin zurückzuführen sind, Begrenzte Bereitschaft, sich aktiv an der Aufdeckung und Aufarbeitung zu beteiligen Resignation insbesondere resultierend aus Scham und Schuldgefühlen über persönliche und fachliche Fehler Sprachlosigkeit des Teams über Details der Missbrauchsdynamik
Reaktionen einzelner Kolleginnen und Kollegen Aus Gründen des Selbstschutzes bagatellisieren bzw. leugnen einige die Fakten. Sie leiden unter Schuldgefühlen Einzelne schämen sich, den Missbrauch nicht wahrgenommen zu haben
Reaktionen der Eltern, Kinder, Jugendlichen Meist gibt es eine Gruppe von Müttern und Vätern, die sich den Missbrauch nicht vorstellen können Ebenso wie die Erwachsenenebene reagiert bei der Aufdeckung eines Missbrauchs auch die Kinder- und Jugendgruppe erfahrungsgemäß mit Spaltung.
TRAUMATISIERTE INSTITUTIONEN
Wenn eine Institution zum Tatort sexuellen Missbrauchs wird Einengung der institutionellen Wahrnehmung Eingeschränkte institutionelle Handlungsfähigkeit Institutionelle Flashbacks und Überregung
Nachhaltige Aufarbeitung Stabilisierung des Alltags Geschehen als Teil der Geschichte wahr- und annehmen Angemessene Hilfen für alle Ebenen der Institution
Hilfen für alle Ebenen der Institution Coaching der Leitung Angebote für die mittlere und untere Leitungsebene Angebote für unmittelbare KollegInnen des Täters/der Täterin Angebote für Mütter und Väter Angebote für Mädchen und Jungen
ERGEBNISSE AUS BEFRAGUNG UND DISKUSSION
Fragestellung 1 Was sind aus Deiner Sicht klassische Baustellen, die nach Abschluss eines Falls fast immer auftauchen und bearbeitet werden müssen?
Antworten aus Diskussion und Befragung Teil I Oft fühlt sich niemand lägerfristig dafür verantwortlich Opfer/Familie weiterhin zu unterstützen. Hier ist meine Erwartung, dass wir als Jugendverband eine sinnvolle Aufgabe haben und regelmäßig nachfragen. Meistens bilden sich im betroffenen Verein zwei Lager (pro-täter/ contra Täter) die ein erhebliches Konflikt-Potential haben. Oft fehlt die nötige Transparenz der Vereinsführung Wenn Täter aus dem verein ausgeschlossen werden bleibt die Ungewissheit wohin geht er als nächstes? Weiterer Umgang mit dem (vermeintlichen) Opfer Einschätzen von Situationen, die ähnlich sind. Balance zwischen Vorsicht und zu lasch Ggf. Rehabilitation des vermeintlichen Täters/der Täterin Wie geht man damit um, wenn der Täter/ die Täterin wieder frei ist bzw. nicht verurteilt wird und wieder auftaucht. Haltung in einem Verband der nicht nur Jugendarbeit macht, sondern auch viele andere Tätigkeitsfelder ohne Kontakt zu Kindern und Jugendlichen hat.
Antworten aus Diskussion und Befragung Teil II Aufarbeitung mit allen Beteiligten Verbesserung/Veränderung der Prozesse Reflexion des Geschehenen Es gibt keinen klassischen Fall und deswegen auch keine klassischen Baustellen. Nachsorge des betroffenen Teams Allgemeine Präventionseinheit für Kinder und Jugendliche Elternabend Geordnete Rückkehr zur Normalität Die Frage: Was das nur die Spitze vom Eisberg? Netzwerk des TäterInnen-Schutz Datenschutz Verbands-Hopping? Nachbearbeitung strukturell klären
Fazit für die Prävention aus Fragestellung 1 Klärung: Wer ist die Beratung? Prozessverantwortliche vor Ort bestimmen Stufen der Intervention vorher definieren Möglichkeiten für Verbandsausschluss/ Beurlaubung vom Amt in Satzung oder Ordnung verankern
Politische Forderung/ weitere Diskussion aus Fragestellung 1 Gibt es externe Strukturen, die Verbände in solchen Prozessen unterstützen können? Rolle des DBJR? Kann die Jugendarbeit zu einem einheitlichen Verständnis von Stufen der Intervention kommen?
Fragestellung 2 Gab es Fälle, wo sich ein Verdachtsfall nicht bestätigt hat? Stichwort Rehabilitation, hast Du Erfahrungen, was dabei gut funktioniert hat und was eher zu vermeiden ist?
Antworten aus Diskussion und Befragung Für mich ist das wichtigste Transparenz, Ehrlichkeit und Neutralität Bisher keine persönlichen Erfahrungen gemacht Nein habe keine Erfahrungen gemacht, zumindest keine Guten!
Fazit für die Prävention aus Fragestellung 2 Vertraulichkeit herstellen, vorher informieren, warum dies so wichtig ist. Gute Dokumentation Grenzen definieren Frage klären: Integriere ich gesellschaftlich oder verbandlich?
Fragestellung 3 Gab es Strukturen innerhalb des Verbandes, die günstig für eine gelingende Aufarbeitung waren? Wenn ja, welche waren das?
Antworten aus Diskussion und Befragung Netzwerk von Vertauenspersonen und regelmäßiger Austausch Netzwerk von Vertrauenspersonen Glücklicher Zufall, dass der betroffene Hauptberufliche es sofort dem Geschäftsführer auf Landesebene erzählt hat und mich direkt dazu geholt hat (kurze Wege!) Verantwortliche mit dem Wunsch der Aufarbeitung Geographische Nähe
Fragestellung 4 Gab es Strukturen, die Aufarbeitung erschwert haben? Kannst Du diese beschreiben?
Antworten aus Diskussion und Befragung Ja, oft die Vorstände betroffener Vereine Meist ist hier Schweigen im Walde nach dem Motto wird schon niemand mitbekommen haben Das ist natürlich ein Irrglaube. Oft kommen Jahre später dann wieder alte Geschichten hoch. Fehlender Wille das Ganze auf zu arbeiten Angebote der Vertrauenspersonen wurden nicht angenommen Entscheider haben den Raum für die Aufarbeitung nicht gemacht, z.b. keinen Veranstaltungstermin angeboten o.ä. Schlechte Vorerfahrungen mit dem Arbeitskreis Autoritäre Systeme in den Ortsgruppen Zu große und heterogene Gruppen (+30 Personen) Fehlende Offenheit der Fallgeber
Fragestellung 5 Habt Ihr Tipps aus Eurer Erfahrung, die ein TäterInnen-Verbands-Hopping erschweren?
Antworten aus Diskussion und Befragung Bis auf efz leider nein. Es passiert, soviel ist klar. Alle Verbände brauchen eine gute Präventionsarbeit, die natürlich über das efz hinausgeht. Oft braucht es eine langfristig angelegte Veränderung der Vereinskultur. Sensibilisierung, Aufklärung, Netzwerke für den Verdachtsfall, eine gesunde Fehlerkultur Damit man sich möglichst wenig als möglicher Nährboden eignet. Miteinander sprechen, Netzwerke Eigentlich nein Hinterhertelefonieren, wenn man etwas hört, ist aber nicht immer der Fall.
Fragestellung 6 Gibt es Fälle, in denen es Sinn macht, TäterInnen im verband zu belassen? Wenn ja welche? Zu welchen Bedingungen?
Antworten aus Diskussion und Befragung WOW, schwierige Frage. Das kommt für mich klar darauf an, was genau passiert ist, ich denke aber ja. Zum Beispiel: Kontakt zu Kindern ist tabu, andere Gruppen ok. Ich finde das kann man nicht so pauschal sagen, da ist jeder Fall individuell Wenn der Fall nicht so dramatisch ist und sich die verursachende Person zu einer Nachsorge (Gespräch mit Profis) einlässt. Wenn man es nicht geschafft hat die Person auszuschließen, weil die Verbandsstruktur es nicht zulässt. Vereinbarungen mit der betroffenen Person. Keine Kinder- und Jugendarbeit mehr machen sondern ist aber schwer zu kontrollieren.
Fragestellung 7 Ist es Euch gelungen Betroffene nach der Krisen wieder in das Verbandsgeschehen zu integrieren? Wenn ja, wie?
Antworten aus Diskussion und Befragung Ja, viel Kontakt zur Familie, Transparenz und Ehrlichkeit Entzieht sich leider aufgrund des fehlenden Willens der Aufarbeitung meiner Kenntnis. Wenn man es im Vorfeld nicht an die große Glocke hängt hilft es.
FAZIT DER AUSTAUSCHRUNDE
Fazit und Wünsche für die Weiterarbeit Mindeststandards für Prävention Intervention und Aufarbeitung in der Jugendarbeit definieren Angebot der Organisationsberatung auf Bundesebene verankern Möglichkeiten der Weiterbildung im Bereich Organisationsentwicklung für BildungsreferentInnen schaffen Insgesamt Nachhaltigkeit in der Ausbildung sichern Begleitung des Prozesses
Literatur Enders, U. (2012). Traumatisierte Institutionen. Wie Einrichtungen auf sexuelle Übergriffe und Missbrauch durch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen reagieren. In: Enders, U. (Hrsg.), Grenzen achten. Schutz vor sexuellem Missbrauch in Institutionen. Ein Handbuch für die Praxis. (S. 219 227). Köln: Kiepenheuer & Witsch. Enders, U. (2015). Sexueller Missbrauch in Institutionen Umgang mit Missbrauchsfällen und institutionelle Traumabewältigung. In. Fegert, JM. & Hoffmann, U. & König, E. & Niehues, J. & Liebhard, H. (Hrsg.), Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen. Ein Handbuch zur Prävention und Intervention für Fachkräfte im medizinischen, psychotherapeutischen und pädagogischen Bereich (S. 307-320). Berlin Heidelberg: Springer-Verlag. Kindler, H. (2015). Prävention von sexuellem Missbrauch Möglichkeiten und Grenzen. In. Fegert, JM. & Hoffmann, U. & König, E. & Niehues, J. & Liebhard, H. (Hrsg.), Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen. Ein Handbuch zur Prävention und Intervention für Fachkräfte im medizinischen, psychotherapeutischen und pädagogischen Bereich (S. 352-360). Berlin Heidelberg: Springer-Verlag. Rörig, JW. (2015). Unterstützung, Bündnisse und Impulse zur Einführung von Schutzkonzepten in Institutionen in den Jahren 2012-2013. In: Fegert, JM., & Wolff, M. (Hrsg.), Kompendium Sexueller Missbrauch in Institutionen Entstehungsbedingungen, Prävention und Intervention. (S. 587 601). Weinheim: Beltz Juventa. Runder Tisch Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich (RTKM) (2011) Abschlussbericht. Berlin. Wolff, M. (2015). Sexueller Missbrauch in Institutionen bisherige Problematisierung des Themas und die Entwicklung am Runden Tisch Sexueller Kindesmissbrauch. In. Fegert, JM. & Hoffmann, U. & König, E. & Niehues, J. & Liebhard, H. (Hrsg.), Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen. Ein Handbuch zur Prävention und Intervention für Fachkräfte im medizinischen, psychotherapeutischen und pädagogischen Bereich (S. 293-298). Berlin Heidelberg: Springer-Verlag.
Ansprechpartnerin AMYNA e.v. Mariahilfplatz 9 81541 München www.amyna.de Aktuelle Infos über AMYNA e.v. gibt es auch bei Facebook: https://www.facebook.com/amynae.v Yvonne Oeffling Master of Social Management Dipl. Sozialpädagogin (FH) Telefon: (089) 890 57 45-131 yoe@amyna.de