Schiedsgerichtsbarkeit in Deutschland

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Transkript:

Annette Lionnet FOERSTER+RUTOW RECHTSANWÄLTE www.fr-lawfirm.de 11.05.2007 RO195924/ALI/DLA/KR/kdo FOERSTER+RUTOW 2007 1/10

1. Schiedsgerichtsbarkeit in Deutschland... 3 2. Deutsches Schiedsverfahrensrecht... 3 2.1 Schiedsverfahrensort in Deutschland... 3 2.2 Flexibilität der Parteien... 4 3. Form und Inhalt der Schiedsvereinbarung... 4 3.1 Unabhängigkeit der Schiedsvereinbarung... 4 3.2 Form der Schiedsvereinbarung... 4 3.3 Inhalt der Schiedsvereinbarung... 5 3.3.1 Ort des Schiedsverfahrens...5 3.3.2 Anzahl der Schiedsrichter...5 3.3.3 Anwendbares materielles Recht...6 3.3.4 Verfahrenssprache...6 3.3.5 Schiedsgerichtsordnung...6 3.3.6 Vertraulichkeit...7 4. Schiedsfähigkeit von Ansprüchen... 7 5. Qualifikation von Schiedsrichtern... 7 6. Schiedssprüche... 8 7. Funktion der ordentlichen Gerichtsbarkeit... 8 7.1 Kompetenz zur Prüfung der Zuständigkeit... 8 7.2 Einstweiliger Rechtsschutz... 9 7.3 Aufhebung und Vollstreckung von Schiedssprüchen... 9 8. Datenbank... 9 9. Zukünftige Bedeutung der Schiedsgerichtsbarkeit...10 10. Kontakt...10 11.05.2007 RO195924/5461/ALI/DLA/KR/kdo FOERSTER+RUTOW 2007 2/10

1. Schiedsgerichtsbarkeit in Deutschland Der deutsche Gesetzgeber hat bei der Novellierung des Schiedsverfahrensrechts 1 im Jahr 1998 der zunehmenden Bedeutung der Schiedsgerichtsbarkeit für Wirtschaftsunternehmen Rechnung getragen und das weltweit anerkannte 2 "UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration-1985" (Model Law - ML) 3 mit wenigen Änderungen übernommen. Bereits seit 1961 ist Deutschland Mitglied der "Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards - the New York Convention - 1958 (NYC)" 4. Mit der "Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.v." (DIS) 5 verfügt Deutschland über eine international anerkannte Schiedsgerichtsinstitution, die sowohl nationale als auch internationale Schiedsverfahren nach den Regeln der DIS- Schiedsgerichtsordnung (DIS-SchO 98) 6 administriert. Die DIS hat ca. 800 Mitglieder aus dem In- und Ausland. Die Anzahl der DIS-Schiedsgerichtsverfahren - auch unter Beteiligung von ausländischen Parteien - hat in den letzten Jahren zugenommen. 2. Deutsches Schiedsverfahrensrecht 2.1 Schiedsverfahrensort in Deutschland Mit der Vereinbarung des Schiedsverfahrensortes wird das anzuwendende Schiedsverfahrensrecht bestimmt. Bestimmen die Parteien z.b. Nürnberg als Schiedsverfahrensort in ihrer Schiedsvereinbarung, kommt damit automatisch deutsches Schiedsverfahrensrecht 7 zur Anwendung 8. Das deutsche Schiedsverfahrensrecht steht den Parteien in zahlreichen Sprachen zur Verfügung 9, ebenso wie das Model Law 10, welches mit nur wenigen Änderungen durch 1 2 3 4 5 6 7 8 9 1025 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) derzeit von mehr als 51 Staaten adoptiert; Status www.uncitral.org www.uncitral.org derzeit von mehr als 142 Statten ratifiziert; www.uncitral.org satzungsmäßiger Sitz in Berlin und Hauptgeschäftsstelle in Köln; www.dis-arb.de derzeitige Fassung vom 01.07.1998 1025 ff ZPO Mit der Wahl des Schiedsverfahrensortes wird neben der Anwendung des Schiedsverfahrensrechtes zugleich auch die Zuständigkeit des ordentlichen Gerichtes, bestimmt, das für einstweilige gerichtliche Anordnungen und für die Aufhebung oder Anerkennung von Schiedssprüchen zuständig ist. auf der Homepage der DIS www.dis-arb.de in deutscher, englischer, französischer, spanischer und russischer Sprache 11.05.2007 RO195924/5461/ALI/DLA/KR/kdo FOERSTER+RUTOW 2007 3/10

das deutsche Schiedsverfahrensrecht rezipiert wurde. Die Parteien können sich somit vor Abschluss der Schiedsvereinbarung und vor Einleitung eines Schiedsverfahrens problemlos einen Überblick über den rechtlichen Rahmen verschaffen, z.b. über die Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Schiedsvereinbarung und den Ablauf des Schiedsverfahrens. 2.2 Flexibilität der Parteien Das deutsche Schiedsverfahrensrecht gewährt den Parteien ein hohes Maß an Flexibilität bei der Durchführung eines Schiedsverfahrens. Hierzu gehört auch die Wahl einer Schiedsgerichtsinstitution (z.b. DIS oder ICC in Paris) als administrierende Stelle und die Anwendung ihrer Schiedsregeln. Soweit keine zwingenden Regelungen vorhanden sind, unterliegt der Ablauf des Schiedsverfahrens den Parteivereinbarungen. Zwingende Regelungen sind z.b. die Grundsätze des rechtlichen Gehörs und der Gleichbehandlung der Parteien. 3. Form und Inhalt der Schiedsvereinbarung 3.1 Unabhängigkeit der Schiedsvereinbarung Wie in den meisten Schiedsverfahrensrechten gilt auch in Deutschland die Doktrin der Unabhängigkeit der Schiedsvereinbarung 11, so dass die Schiedsvereinbarung immer als vom Hauptvertrag unabhängiger Vertrag anzusehen ist. Dies gilt auch dann, wenn die Schiedsvereinbarung als Klausel im Hauptvertrag enthalten ist. Dies hat den rechtlichen Vorteil, dass eine eventuelle Unwirksamkeit des Hauptvertrages nicht automatisch auch für die Schiedsvereinbarung gilt und das Schiedsgericht in diesem Fall seine Befugnis behält, über den Rechtsstreit zu entscheiden. 3.2 Form der Schiedsvereinbarung Nach dem internationalen Standard der New York Convention 12 muss die Schiedsvereinbarung schriftlich vereinbart werden, d.h. sie muss in einem von den Parteien unterzeichneten Vertrag oder in einem Schriftverkehr (Brief, Fax oder Telegramm), den die Parteien gewechselt haben, enthalten sein. Das deutsche 10 11 12 in den sechs offiziellen Sprachen der Vereinten Nationen (Arabisch, Chinesisch, Englisch, Französisch, Russisch und Spanisch) www.uncitral.org 1040 Abs, 1 ZPO, Art. 16 Abs. 2 und 3 ML Art. II Abs. 2 NYC 11.05.2007 RO195924/5461/ALI/DLA/KR/kdo FOERSTER+RUTOW 2007 4/10

Schiedsverfahrensrecht hat ebenso wie das Model Law 13 diese Formvorschrift übernommen, bringt jedoch einige Erleichterungen des Schriftformerfordernisses, z.b. durch Zulassung von Schiedsvereinbarungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Eine internationale Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen wird jedoch nur durch Beachtung des Schriftformerfordernisses für Schiedsvereinbarungen der New York Convention gewährleistet. 3.3 Inhalt der Schiedsvereinbarung Eine Schiedsvereinbarung muss nicht nur den Ausschluss der ordentlichen Gerichtsbarkeit über die Entscheidung von Streitigkeiten enthalten, sondern auch Regelungen zum Schiedsverfahrensort, zur Anzahl der Schiedsrichter, zum anwendbaren materiellen Recht, zur Sprache, zur Vereinbarung einer Schiedsgerichtsordnung und, falls erforderlich, zur Vertraulichkeit: 3.3.1 Ort des Schiedsverfahrens Wie bereits dargestellt (2.), ist die Festlegung des Schiedsverfahrensortes eine notwendige Vereinbarung mit weitreichenden Konsequenzen. Der Schiedsverfahrensort ist vom Tagungsort des Schiedsgerichts zu unterscheiden. Diesen können die Parteien und das Schiedsgericht frei bestimmen, ohne dass dies Einfluss auf den Schiedsverfahrensort hat. Haben sich die Parteien z.b. auf den Schiedsverfahrensort Nürnberg geeinigt, so kommt das deutsche Schiedsverfahrensrecht auch dann zur Anwendung, wenn sich das Schiedsgericht und die Parteien zur Verhandlung z.b. in Zürich treffen. 3.3.2 Anzahl der Schiedsrichter Nach deutschem Schiedsverfahrensrecht sind die Parteien frei, die Anzahl der Schiedsrichter zu bestimmen. Fehlt eine Bestimmung durch die Parteien, besteht das Schiedsgericht aus drei Schiedsrichtern 14 Eine entsprechende Regelung findet sich auch in der DIS-SchO 98 15. Jede der Parteien kann bei einem Dreier-Schiedsgericht einen unabhängigen Schiedsrichter ihres Vertrauens auswählen, wobei die beiden von den 13 14 15 1031 ZPO, Art. 7 Abs. ML 1034 Abs. 1 ZPO, Art. 10 ML 3 DIS-SchO 98 11.05.2007 RO195924/5461/ALI/DLA/KR/kdo FOERSTER+RUTOW 2007 5/10

Parteien gewählten Schiedsrichter sich dann auf den dritten Schiedsrichter als Schiedsgerichtsvorsitzenden einigen. 3.3.3 Anwendbares materielles Recht Das deutsche Schiedsverfahrensrecht erlaubt den Parteien die freie Vereinbarung des anwendbaren Rechts 16. Die Parteien können also festlegen, nach den Bestimmungen welchen materiellen Rechtes das Schiedsgericht den Schiedsspruch zu fällen hat. Eine Entscheidung nach billigem Ermessen ist dem Schiedsgericht nach deutschem Verfahrensrecht nur erlaubt, wenn die Parteien dies ausdrücklich vereinbart haben. Es liegt nahe, dass zwischen unterschiedlichen Rechtsordnungen regelmäßig Unterschiede bestehen, die im Streitfall entscheidend sein können. Es empfiehlt sich daher für die Parteien, das anwendbare Recht immer vorher zu vereinbaren. Treffen die Parteien keine Vereinbarung, ist im deutschen Schiedsverfahrensrecht geregelt 17, dass das Recht des Landes zur Anwendung kommt, mit dem der Streitgegenstand die engsten Verbindungen aufweist, dies ist z.b. beim Liefervertrag der Erfüllungsort. Diese Entscheidung wird vom Schiedsgericht getroffen. 3.3.4 Verfahrenssprache Die Verfahrenssprache entscheidet darüber, in welcher Sprache das Schiedsverfahren zu führen ist und in welcher Sprache Dokumente vorgelegt werden müssen. Die festgelegte Sprache hat daher großen Einfluss auf die Auswahl der Schiedsrichter. Unterlassen die Parteien eine Regelung, hat das Schiedsgericht die Verfahrensprache zu bestimmen 18. 3.3.5 Schiedsgerichtsordnung Der Vorteil der Vereinbarung einer Schiedsgerichtsordnung liegt darin, dass das Schiedsverfahren von der Schiedsgerichtsinstitution nach der jeweiligen Schiedsgerichtsordnung administriert wird. Wird die DIS als administrierende Stelle bestimmt, die u.a. die Schiedsklage und Schriftsätze den Parteien zustellt, beginnt das Schiedsverfahren mit Zugang der Schiedsklage bei einer DIS-Geschäftsstelle 19. Der Beginn des Schiedsverfahrens hemmt oder unterbricht in der Regel die Verjährung des 16 17 18 19 1051 ZPO, Art. 26 ML 1051 Abs. 2 ZPO, Art. 26 ML 1054 Abs. 1 ZPO, Art. 22 Abs. 1 ML 6 DIS-SchO 98 11.05.2007 RO195924/5461/ALI/DLA/KR/kdo FOERSTER+RUTOW 2007 6/10

Klageanspruches. Dass die Klage dem Schiedsbeklagten nicht mehr zugestellt werden muss, um einen drohenden Verjährungseintritt zu hemmen oder zu unterbrechen, ist insbesondere von Vorteil, wenn die Schiedsklage ins Ausland an den Sitz des Schiedsbeklagten zugestellt werden muss. 3.3.6 Vertraulichkeit Ob die Verpflichtung der Parteien zur Vertraulichkeit über die Durchführung und Inhalt eines Schiedsverfahrens und die beteiligten Parteien in der Schiedsvereinbarung zu regeln ist, ist immer im Einzelfall zu prüfen. Die Vertraulichkeit ist in vielen Schiedsverfahrensrechten so auch im deutschen Schiedsverfahrensrecht 20 - und in vielen Regeln der Schiedsgerichtsinstitutionen nicht geregelt. Nur für Schiedsrichter ist allgemein anerkannt, dass auch ohne ausdrückliche Regelung eine Verpflichtung zur Verschwiegenheit hinsichtlich des Schiedsverfahrens gegeben ist. Bei Vereinbarung der DIS-SchO 98 hingegen ist insgesamt eine Regelung der Vertraulichkeit entbehrlich, da die Parteien, Schiedsrichter und die DIS-Geschäftsstelle in der DIS-SchO 98 bereits zur Vertraulichkeit über die Durchführung des Schiedsverfahrens und die beteiligten Parteien verpflichtet werden 21. 4. Schiedsfähigkeit von Ansprüchen Nach deutschem Schiedsverfahrensrecht 22 kann jeder vermögensrechtliche Anspruch Gegenstand einer Schiedsvereinbarung sein. Bei nichtvermögensrechtlichen Ansprüchen ist die Schiedsfähigkeit gegeben, wenn die Parteien über den Streitgegenstand auch einen Vergleich abschließen können. Schiedsfähig sind nach deutschem Recht auch gesellschaftsrechtliche Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen oder Kartellstreitigkeiten, nicht aber Patentstreitigkeiten. Für Patentnichtigkeitsklagen ist in Deutschland ausschließlich das Bundespatentgericht zuständig. 5. Qualifikation von Schiedsrichtern Die Parteien sind in der Wahl der Schiedsrichter frei. Schiedsrichter kann jede natürliche Person werden, unabhängig von der Nationalität und der beruflichen Qualifikation. 20 21 22 1025 ff. ZPO 43 DIS-SchO 98: eine ähnlich Regelung enthalten die Swiss Rules in Art. 43; bei Anwendung der ICC Rules ist die Sachlage bereits komplizierter; nur das Schiedsgericht und der ICC Schiedsgerichtshof sind bereits vorab zur Vertraulichkeit verpflichtet; für die Parteien gilt dies nur, wenn das Schiedsgericht Maßnahmen zur Vertraulichkeit trifft gemäß Art. 20.7 ICC Rules. 1030 ZPO, Art. 1 Abs. 5 ML 11.05.2007 RO195924/5461/ALI/DLA/KR/kdo FOERSTER+RUTOW 2007 7/10

Schiedsrichter kann daher auch ein Nichtjurist -z.b. ein technischer Experte- werden. Die Parteien können daher Schiedsrichter auswählen, die auf dem Gebiet des Streitstoffes besondere technische oder juristische Sachkunde besitzen und können damit die Qualität des Schiedsgerichts im Einzelfall optimal bestimmen. Bei Vereinbarung der DIS Schiedsgerichtsordnung 23 muss jedoch der Vorsitzende Schiedsrichter Jurist sein, es sei denn die Parteien haben etwas anderes vereinbart. Dies ist oft auch eine Forderung der Haftpflichtversicherer in Deutschland neben der Forderung, dass das Schiedsgericht aus drei 'Schiedsrichtern zusammengesetzt sein muss. Nach deutschem Schiedsverfahrensrecht müssen Schiedsrichter unparteilich und unabhängig sein. Schiedsrichter können von den Parteien wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden 24. Zudem hat jeder Schiedsrichter die Pflicht, unverzüglich alle Umstände offenzulegen, die Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken können. Diese Offenbarungspflicht besteht vor Aufnahme der Schiedsrichtertätigkeit und dauert das gesamte Schiedsverfahren an. 6. Schiedssprüche Der Schiedsspruch wird vom Schiedsgericht mit der Mehrheit der Stimmen der Schiedsrichter gefasst. Der Schiedsspruch muss schriftlich und begründet erlassen werden, es sei denn die Parteien haben auf eine Begründung verzichtet. Ein Verzicht auf die Begründung ist sowohl nach deutschem Schiedsverfahrensrecht 25 als auch nach der DIS-SchO 98 zulässig. Ein Verzicht auf die Begründung ist jedoch nicht anzuraten, da dies die Kontrolle über den Schiedsspruch im Anerkennungsverfahren erschwert und bei Haftpflichtprozessen zum Verlust der Deckung der Haftpflichtversicherung führen kann. 7. Funktion der ordentlichen Gerichtsbarkeit 7.1 Kompetenz zur Prüfung der Zuständigkeit Mit der Vereinbarung einer wirksamen Schiedsvereinbarung ist die ordentliche Gerichtsbarkeit zur Entscheidung über den Rechtsstreit ausgeschlossen. Wird die Zuständigkeit des Schiedsgerichts vor einem ordentlichen Gericht angefochten, hat das 23 24 25 2.2 DIS-SchO 98 1036 ZPO, Art. 12 ML 1054 Abs.2 ZPO, Art 31 Abs. 2 ML; 34.3 DIS-SchO 98; die ICC Rules 1998 lassen einen Verzicht auf die Begründung des Schiedsspruchs nicht zu. 11.05.2007 RO195924/5461/ALI/DLA/KR/kdo FOERSTER+RUTOW 2007 8/10

Schiedsgericht nicht die Kompetenz, über die eigene Jurisdiktion bindend zu entscheiden. Die Entscheidung hierüber obliegt allein den ordentlichen Gerichten. 7.2 Einstweiliger Rechtsschutz Schiedsgerichte können auch vorläufige oder sichernde Maßnahmen anordnen 26. Die Durchsetzung dieser Maßnahmen kann jedoch nur durch die ordentliche Gerichtsbarkeit erfolgen. Da dieser Weg oft zu langwierig ist, besteht auch die Möglichkeit, die Anordnung und die anschließende Vollziehung von einstweiligen Maßnahmen direkt beim ordentlichen Gericht zu beantragen 27. Auch bei der Beweisaufnahme oder der Vornahme sonstiger richterlicher Handlungen kann das Schiedsgericht oder eine Partei mit Zustimmung des Schiedsgerichts die Unterstützung des ordentlichen Gerichts beantragen 28. 7.3 Aufhebung und Vollstreckung von Schiedssprüchen Die Überprüfung von Schiedssprüchen wird vom zuständigen Oberlandesgericht durchgeführt. Das Oberlandesgericht ist jedoch keine Revisionsinstanz, sondern überprüft nur in sehr beschränktem Umfang, ob Gründe zur Aufhebung des Schiedsspruchs vorliegen, insbesondere Ordre Public Verletzungen. Die Aufhebungsgründe im deutschen Schiedsverfahrensrecht 29 entsprechen den Gründen in der New York Convention 30. Derselbe Prüfungsmaßstab gilt für das Verfahren auf Anerkennung und Vollstreckung von nationalen und internationalen Schiedssprüchen. 8. Datenbank FOERSTER+RUTOW RECHTSANWÄLTE (F+R) haben das digitale Wissensmanagement-Tool fr_digital_knowledge_management (fr_dkm ) entwickelt, mit dem die zahlreichen im Verlaufe eines Schiedsverfahrens anfallenden Dokumente in einer Datenbank erfasst und effektiv verwaltet werden können. Während des gesamten Schiedsverfahrens ist für alle Beteiligten (Parteien, Schiedsgericht, Schiedsgerichtsinstitution, Sachverständiger) jederzeit ein verschlüsselter Online-Zugriff (SSL-Verschlüsselung) auf sämtliche Dokumente möglich. Die fr_dkm -Datenbank wurde bereits mit Erfolg bei komplexen Schiedsverfahren eingesetzt. 26 27 28 29 1041 ZPO, Art. 17 ML 1033 ZPO 1050 ZPO, Art. 27 ML 101059ff. ZPO, Art. 34ff. ML 11.05.2007 RO195924/5461/ALI/DLA/KR/kdo FOERSTER+RUTOW 2007 9/10

> Schiedsgerichtsbarkeit in Deutschland 9. Zukünftige Bedeutung der Schiedsgerichtsbarkeit Die Schiedsgerichtsbarkeit gewinnt in Deutschland immer mehr an Bedeutung. Schnelligkeit, Flexibilität, grundsätzliche Vertraulichkeit und bei internationalen Schiedsverfahren zusätzlich Neutralität gehören zu den großen Vorteilen, auf die kein Wirtschaftsunterunternehmen bei der Vertragsgestaltung verzichten sollte. 10. Kontakt Wenn Sie weitere Informationen zu diesem Thema erhalten möchten, wenden Sie sich bitte an die Autorin Annette Lionnet, Mitautorin des "Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit", Boorberg Verlag 3. Aufl. 2005 bei FOERSTER+RUTOW RECHTSANWÄLTE Irrerstr. 17-19, 90403 Nürnberg, Germany fon: +49 / 911 / 2356900 fax: +49 / 911 / 2356911 e-mail. fr@fr-lawfirm.de website: www.fr-lawfirm.de 30 Art. V NYC 11.05.2007 RO195924/5461/ALI/DLA/KR/kdo FOERSTER+RUTOW 2007 10/10