Einführung in die Mediensoziologie. Vorlesung Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Wintersemester 2013/14 Prof. Dr. phil. habil.

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Transkript:

Vorlesung Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Wintersemester 2013/14 Prof. Dr. phil. habil. Udo Thiedeke 1) Die Person der Gesellschaft 2) Die Persona des Cyberspace 3) Zusammenfassung

1) Die Person der Gesellschaft Folie 1a Virtualisierung erzeugt eine vermöglichte,virtuelle Realität mit eigenen Realitätsbedingungen.

1) Die Person der Gesellschaft Folie 1b Virtualisierung erzeugt eine vermöglichte,virtuelle Realität mit eigenen Realitätsbedingungen. Wenn eine solche vermöglichte Realität entsteht, so ist das an veränderten Normalitätserwartungen in der Gesellschaft abzulesen.

1) Die Person der Gesellschaft Folie 1c Virtualisierung erzeugt eine vermöglichte,virtuelle Realität mit eigenen Realitätsbedingungen. Wenn eine solche vermöglichte Realität entsteht, so ist das an veränderten Normalitätserwartungen in der Gesellschaft abzulesen. Wenn sich gesellschaftliche Normalitätserwartungen verändern, dann betrifft das sowohl die Kommunikation von sozialen und sachlichen, als auch von zeitlichen und räumlichen Erwartungen.

1) Die Person der Gesellschaft Folie 2 Wenn eine Virtualisierung des Sinnhorizonts der Gesellschaft also alle Erwartungen betrifft, dann ist davon auch die soziale Zuschreibung von individuellen Identitäten betroffen. Damit sind wir am wichtigen Problem angelangt, wie Individuen in der Gesellschaft vorkommen.

1) Die Person der Gesellschaft Folie 3 Die Lösung des Problems der Vergesellschaftung von Individuen in der modernen, funktional differenzierten Gesellschaft liegt darin, Zuschreibungen von Eigenschaften und Eigenarten zu erzeugen, die ein Individuum sozial identifizierbar machen. Dieses charakteristische Muster von Zuschreibungen nennen wir eine Person.

1) Die Person der Gesellschaft Folie 4 Die Individuen werden so in einer bestimmten Kommunikationsform kompatibel zur Sozialität, was ihre Unterscheidbarkeit erhöht, aber auch die Verhaltensspielräume der Individuen als Personen festlegt. Der Soziologe Luhmann definiert die Person daher als eine (...) individuell attribuierte Einschränkung von Verhaltensmöglichkeiten. (1991: Die Form "Person". In. Soziale Welt Jg. XXXXII/2. S. 170)

1) Die Person der Gesellschaft Folie 5 Die Individuen sind also niemals mit all ihrer individuellen Identität Teil der Gesellschaft. Dazu müsste diese individuelle Identität in der Gesellschaft, d.h. den anderen, vollständig bekannt sein. Individuen werden in die modernen Gesellschaft als Personen einbezogen, d.h. als eine sozial zugeschriebene Form individueller Identitätsmerkmale, an die sich differenzierte Verhaltenserwartungen anschließen.

1) Die Person der Gesellschaft Folie 6 Die Person gibt es daher nur für die Gesellschaft und in der Gesellschaft. Für uns Individuen stellt sich somit das Problem, eine Personenzurechnung zu provozieren, die uns Verhaltensspielräume im Sinne unserer individuellen Identität eröffnet. Dazu haben wir schon in der modernen Gesellschaft individuelle Gestaltungsmöglichkeiten, die eine solche Erweiterung der Spielräume der Vergesellschaftung von Identität unterstützen und sich mit dem Sinnhorizont des Cyberspace noch erweitern.

2) Die Persona des Cyberspace Folie 7 Die pseudonyme Kommunikationssituation erleichtert es soziale Grenzen zu überschreiten und Persönlichkeitsaspekte gezielt zu präsentieren. Die Designmöglichkeiten des Computers sind individuell verfügbar, über das Internet aber so vernetzt, dass sie potentiell überall zur Geltung gebracht werden können. Soziale Kontakte können bei relativ geringen sozialen,folgekosten arrangiert, neu geknüpft oder ohne Begründung abgebrochen werden.

2) Die Persona des Cyberspace Folie 8 Besonders bei der Kommunikation im Internet ist es also möglich aus der vor allem fremdbestimmten Person, eine vor allem selbstbestimmte Persona zu formen, die man wie eine Identitätsprojektion manipuliert und als eine Art Identitätsmaske verwendet.

2) Die Persona des Cyberspace Folie 9 Diese Möglichkeiten, eine Identität als Persona zu gestalten und zu steuern begegnen uns bei der Kommunikation über das Internet bereits in der grundlegenden Frage, wie z.b. der E Mail Name (Nickname) gewählt werden soll? Will man lieber als thiedeke@uni mainz. de oder als acrylschnulli@irgendwas.de auftreten?

2) Die Persona des Cyberspace Folie 10 Bei der Erzeugung und Steuerung der Persona sind demnach nicht nur mehr Möglichkeiten der Gestaltung gegeben, sie ist auch aufwendiger. Man muss z.b. abschätzen in welchem sozialen Kontext, welche Identitätsmerkmale hervorgehoben werden sollen.

2) Die Persona des Cyberspace Folie 11 Die Möglichkeiten zum Identitätsdesign, die sich hier eröffnen können im Cyberspace einerseits zur Erfindung von Selbstmachberühmtheiten führen, die eine weitreichende Resonanz erfahren oder eher randständig bleiben. Andererseits sind jetzt Personae möglich, bei denen die ganze Erscheinung inklusive des Körpers als gesteuerte Projektion, z.b. als Avatare im Netz auftreten.

3) Zusammenfassung Folie 12 Zusammenfassung - Wenn Virtualisierung alle Sinndimensionen betrifft, dann ist davon auch die soziale Einordnung individueller Identitäten betroffen. In der modernen, funktional differenzierten Gesellschaft werden Individuen über die soziale Zuschreibung individueller Eigenschaften eingeordnet. Dieses charakteristische Zuschreibungsmuster definiert die Person und ihre Verhaltensspielräume im gesellschaftlichen Zusammenhang. Die Vermöglichung des Cyberspace entgrenzt dann die Gestaltungs und Steuerungsmöglichkeiten der Personendarstellung für die Individuen. Es kann eine Persona, eine künstliche, vom Individuum kontrollierte Personendarstellung entstehen, die erwünschte soziale Zuschreibungen mobilisieren soll. Dabei ist zu beachten, dass das Selbstdesign der Identität im Cyberspace als Persona zugleich möglichkeitsreicher und voraussetzungsvoller geworden ist.