Einführung in die Mediensoziologie. Vorlesung Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Sommersemester 2017 Prof. Dr. phil. habil.
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1 Vorlesung Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Sommersemester 2017 Prof. Dr. phil. habil. Udo Thiedeke 1) Medien formen Sinn 2) Aufmerksamkeitsmedien und ihre Differenzierung 3) Zusammenfassung
2 1) Medien formen Sinn Folie 1 Für Luhmann stellt Kommunikation die Grundlage von Sozialität dar. Sie ist zugleich aber auch ein unwahrscheinlicher Prozess.
3 1) Medien formen Sinn Folie 2 Laut Luhmann stellen Medien dabei Einrichtungen der Problemlösung für Kommunikationsprobleme dar, weil sie den Sinn der Kommunikation formen, also die sozialen, sachlichen und zeitlichen Unterscheidungen. Das bedeutet, dass Medien bestimmte Kommunikationsformen bilden, in denen wir medial kommunizieren. Bspw. bildet das Medium Sprache die Form des Gesprochenen (Gespräche, Reden, Gedichte usw.),
4 1) Medien formen Sinn Folie 3 Infolge der unterschiedlichen Kommunikationsprobleme entsteht dabei nicht nur ein Medium, sondern mindestens drei, die den Sinn je unterschiedlich formen. Die mediale Kommunikationsform, d.h. die Art, wie wer über was und wann kommunizieren kann, ändert sich somit ebenfalls von Medium zu Medium.
5 1) Medien formen Sinn Folie 4 Kommunikationsprobleme, Medien und Kommunikationsformen Probleme Medien Formen Verstehensproblem Verstehensmedium Gespräche, Reden usw. (Sprache) Distanzproblem Verbreitungsmedien Bücher, Sendungen usw. (Schrift, Massenmedien) Erfolgsproblem symbolisch generalisierte Medien Zahlungen, Intimtät, (Geld, Liebe, Macht usw.) Herrschaft usw. (Unterscheidung nach Niklas Luhmann)
6 2) Aufmerksamkeitsmedien und ihre Differenzierung Folie 5 Luhmanns Medienansatz ist in einigen Punkten ergänzungsbedürftig. So kann z.b. Sprache nicht nur Verstehens, sondern auch Verbreitungsmedium sein. Schrift kann auch als Verstehensmedium wirken. Weiter werden bei Luhmann Medien zugleich als Mechanismen zum Formen von Sinn und (im Fall von Massenmedien) als gesellschaftliches Funktionssystem behandelt. Schließlich wird die technische Komponente der Medien vernachlässigt, weil der Kommunikationsprozess soziologisch vom Verstehen und nicht von der Mitteilung her betrachtet wird.
7 2) Aufmerksamkeitsmedien und ihre Differenzierung Folie 6 Ich möchte Luhmanns Ansatz daher erweitern, in dem die Problemlage der Kommunikation auf elementare Kommunikationsprobleme zurückgeführt wird: 1) Das Problem der Unterscheidbarkeit von Information 2) Das Problem der Vermittlung der Mitteilung 3) Das Problem des Verstehens bei der Unterscheidung von Information und Mitteilung
8 2) Aufmerksamkeitsmedien und ihre Differenzierung Folie 7 Medien setzen als Mechanismen zur Strukturierung von Sinn mit ihren Problemlösungen also eine Ebene,tiefer, bereits beim Problem der Information, der Mitteilung und des Verstehens an und differenzieren sich als Kommunikationsmedien entsprechend aus in: 1) Unterscheidungsmedien (symbolisch spezifizierend, z.b. Zeichen) 2) Aufmerksamkeitsmedien (symbolisch konstruierend, z.b. Massenmedien) 3) Verstehensmedien (symbolisch generalisierend, z.b. Geld)
9 2) Aufmerksamkeitsmedien und ihre Differenzierung Folie 8 Da für Medien, die auf Kommunikationsprobleme reagieren, auffällt, dass sie einerseits immer eine typische Operationalität aufweisen, die in kausalen Operationsregeln festgelegt ist, andererseits kontingente Sinnmöglichkeiten der Kommunikation mit ihren Formen festlegen (konditionieren), sollen Kommunikationsmedien definiert werden als: Sozio-technisch oprierende Mechanismen, die die kontingente Strukturierung von Sinn ermöglichen.
10 2) Aufmerksamkeitsmedien und ihre Differenzierung Folie 9 Medien selbst nehmen wir bei der Kommunikation in der Regel nicht wahr. Medialen Einfluss registrieren wir für gewöhnlich: 1) in den Operationserwartungen, wie wir mit einer medialen Kommunikationsform umgehen müssen oder können (technisch). 2) In den Kommunikationserwartungen, was wir in einer medialen Kommunikationsform anderen vermitteln können und was dann auf welche Weise zwischen uns und anderen wirken könnte (sozial). Beide Erwartungen sind erst über die Kommunikationsform des jeweiligen Mediums auf das Medium bezogen.
11 2) Aufmerksamkeitsmedien und ihre Differenzierung Folie 10 Zusammenhang von Medium, Form und Erwartungen Medium (formt) Kommunikationsform mediale Kommunikation (erlaubt) mediale Kommunikationserwartungen was medial wie kommuniziert werden kann
12 2) Aufmerksamkeitsmedien und ihre Differenzierung Folie 11 Im Folgenden werden wir uns auf die Aufmerksamkeitsmedien unter den Kommunikationsmedien konzentrieren. Sie sind soziologisch besonders interessant, weil sie bei dem ansetzen, was in der Kommunikation regelrecht gegenständlich wird: der Mitteilung und ihrer Ausprägung im Rahmen medialer Formen (etwa einzelne Handlungen, Artefakte wie Medienapparate oder Praxen der Mitteilung von Kommunikation).
13 2) Aufmerksamkeitsmedien und ihre Differenzierung Folie 12 Hier in der Mitteilung wird Kommunikation sozial zurechenbar und hier findet die Auseinandersetzung mit der Materialität, d.h. für uns: der Technizität dieser Medien statt, die Aufmerksamkeit durch symbolische Konstrukte auf die Mitteilung lenken.
14 2) Aufmerksamkeitsmedien und ihre Differenzierung Folie 13 Beobachtet man die medialen Operationsbedingungen, die bei der Lösung des Vermittlungsproblems der Mitteilung der Kommunikation herrschen, dann bemerkt man wiederum Unterschiede. Diese Unterschiede resultieren jeweils daraus, ob es darum geht, andere mit den eigenen Mitteilungen individuell zu erreichen, alle anderen überall und möglichst gleichzeitig zu erreichen oder die Bedingungen der Mitteilung als Umweltbedingungen der Kommunikation beim Mitteilen kontrollieren und manipulieren zu können.
15 2) Aufmerksamkeitsmedien und ihre Differenzierung Folie 14 Ich unterscheide daher drei Medientypen und ihre Ausprägungen: 1) Individualmedien (etwa Gesten/Mimik, Sprache, Hand Schrift) 2) Massenmedien (etwa Buch Druck, Rundfunk, Fernsehen) 3) kybernetische Interaktionsmedien (etwa Computer und Computernetze)
16 3) Zusammenfassung Folie 15 Zusammenfassung - Medien formen den Sinn der Kommunikation, d.h. die sozialen, sachlichen und zeitlichen Unterscheidungen. Medien weisen sowohl spezifische technische Operationsbedingungen auf, als auch spezifische Möglichkeiten, kontingente soziale Kommunikation zu konditionieren. Medien erscheinen so als: Sozio-technisch oprierende Mechanismen, die die kontingente Strukturierung von Sinn ermöglichen. Entsprechend der Kommunikationsprobleme der Information, der Mitteilung und des Verstehens entstehen differenzierte Medien wie Unterscheidungs, Aufmerksamkeits und Verstehensmedien, die eigene Kommunikationsformen ausbilden. Soziologisch von besonderem Interesse sind die Aufmerksamkeitsmedien, die in der Lage sind, mittels symbolischer Konstruktionen von Sinn, die Aufmerksamkeit auf die Mitteilung also auf das, woran Kommunikation zurechenbar wird zu fokussieren. Die Aufmerksamkeitsmedien differenzieren sich je nach Erwartung der Mitteilungsmöglichkeiten weiter in Individual, Massen und kybernetische Interaktionsmedien mit jeweils eigenen medialen Kommunikationsformen.
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