Ein Grundlagenpapier der Christlich-sozialen Partei (CSP Schweiz) Sterben in Würde. Von guten Mächten wunderbar geborgen Entscheidungen am Lebensende

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Transkript:

Ein Grundlagenpapier der Christlich-sozialen Partei (CSP Schweiz) Sterben in Würde Von guten Mächten wunderbar geborgen Entscheidungen am Lebensende Sommer 2008 Christlich-soziale Partei der Schweiz (CSP Schweiz) Präsidentin: Monika Bloch Süss, Bruneggweg 4, 8002 Zürich, Tel. 044 201 19 41, Fax 044 201 21 14, e-mail: bloch@csp-pcs.ch Zentralsekretariat: Marlies Schafer-Jungo, Eichenstrasse 79, 3184 Wünnewil, Tel. 026 496 30 74, e-mail: info@csp-pcs.ch / www.csp-pcs.ch

1. Einleitung Die CSP Schweiz beschäftigt sich seit einiger Zeit mit Fragen rund um Entscheidungen am Lebensende. Mit dem vorliegenden Grundlagenpapier möchte sie diese Thematik ansprechen, vertiefen und die Menschen ermutigen, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Das Sterben ist Teil des Lebens wie alles andere auch. Die Entwicklung des medizinischen Wissens hat den Menschen viel Gutes gebracht. Heute können bei uns sehr viele Krankheiten und schwerste Verletzungen geheilt werden. Die Ärztinnen und Ärzte leisten viel, um Menschenleben zu erhalten. Gerade durch die vielen Möglichkeiten der Lebenserhaltung müssen am Ende eines Lebens oft auch schwierige Entscheidungen gefällt werden. So stehen mehr als die Hälfte der Todesfälle in der Schweiz im Zusammenhang mit dem Abbruch einer medizinischen Behandlung. Wann sollen wir einen Menschen sterben lassen? Sollen wir einen Menschen aus der Unerträglichkeit seines Leidens erlösen? Oder verpflichten uns die Gebote des Lebensschutzes und der Fürsorge, jemanden vor endgültigen Entscheidungen zu bewahren, auch gegen seinen Willen? Sterben und Tod sind durch die zum Teil spektakulären Fälle der Sterbehilfeorganisationen wieder zum Thema der öffentlichen und politischen Diskussion geworden. Hier sind wir als politische Partei gefordert, unseren Beitrag zu den Prozessen gesellschaftlicher Entscheidungsfindung zu leisten. Für uns als christliche Partei stellt sich auch die Frage nach der christlichen Fürsorge und dem Eintreten für Sterbende und Sterbewillige. Diese Realität ernst zu nehmen bedeutet, die Sterbenden selbst, ihre Angehörigen und alle jene, die Sterbende begleiten, in den Mittelpunkt unserer Überlegungen zu stellen. 1. Aspekte von Leben und Sterben Wir leben und sterben in einer Gesellschaft, die immer höhere Erwartungen und Anforderungen an unserer Flexibilität stellt. Heute werden viele Aufgaben delegiert, die früher ganz selbstverständlich von und in der Familie geleistet wurden. Immer mehr Menschen sterben in Krankenhäusern und Heimen oder unbemerkt von Nachbarn in der eigenen Wohnung. Der so genannte soziale Tod, die Vereinsamung, das Herausgerissensein aus vertrauten Lebenswelten, geht dem physischen Tod häufig voraus. Wir leben immer länger. Trotz chronischer Erkrankungen eröffnen sich uns realistische und zukunftsfähige Lebensperspektiven bis ins hohe Alter. Wir überleben mehr kritische Krankheitsphasen und können selbst mit schweren gesundheitlichen Defiziten weiterleben. Die Frage, ob wir länger leben oder doch nur länger sterben stellt sich. Unbestreitbar werden die Sterbeprozesse dank moderner Medizin und Pharmakologie länger. Und schliesslich wird das Sterben mit der wachsenden Bedeutung von Patientenverfügungen zu einem selbst zu verantwortenden Entscheidungsraum. Zugleich können Menschen manchmal nicht sterben, obwohl sie den Tod herbeisehnen. Und manchmal dürfen sie nicht sterben, weil ihr Leben von den Entscheidungen, dem Handeln und der Verantwortung anderer abhängt.

Die Finanzierung der Pflege bei degenerativen Erkrankungen mit langer Lebenserwartung wie Demenz und Alzheimer wirft grosse sozial- und finanzpolitische Fragen auf. Immer häufiger stehen deshalb die Grenzen der Finanzierbarkeit des Alters im Zentrum der politischen Überlegungen. Auch in der öffentlichen Sterbehilfediskussion wächst die Bedeutung ökonomischer Aspekte. 2. Begriffe Sterbebegleitung, Sterbehilfe und Suizidbeihilfe Die Auseinandersetzungen um Sterbebegleitung, Sterbehilfe und Suizidbeihilfe in der Schweiz sind in besonderer Weise geprägt durch die organisierte Suizidbeihilfe. 3.1.Sterbebegeleitung / Palliativ Care (Hilfe beim Sterben) Sterbebegleitung oder Palliativ Care versteht sich als ganzheitliche Betreuung und Begleitung von Sterbenden. Palliative Care hervorgegangen aus der in den 1960er Jahren von Cicely Saunders gegründeten Hospizbewegung - bemüht sich darum, dass der sterbende Mensch und sein soziales Umfeld den Sterbeprozess als bewusste, sozial integrierte Lebensphase mit möglichst hoher Lebensqualität leben und erleben kann. Palliative Care entspricht einer Haltung und Behandlung, welche die Lebensqualität von Patienten und ihren Angehörigen verbessern soll, wenn eine lebensbedrohliche Krankheit vorliegt. Sie erreicht dies, indem sie Schmerzen und andere physische, psychosoziale und spirituelle Probleme frühzeitig und aktiv sucht, immer wieder erfasst und angemessen behandelt. Palliative Care Lindert Schmerzen und andere belastende Beschwerden. Bejaht das Leben und betrachtet das Sterben als normalen Prozess. Will den Tod weder beschleunigen noch verzögern. Integriert psychische und spirituelle Aspekte. Bietet jede Unterstützung, um dem Patienten zu einem möglichst aktiven Leben bis zum Tod zu verhelfen. Steht den Familien bei der Verarbeitung seelischer Probleme während der Krankheit des Patienten und nach dessen Tod zur Seite. Arbeitet multi- und interdisziplinär, um den Bedürfnissen von Patienten und Angehörigen gerecht zu werden. Verbessert die Lebensqualität und kann so positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf nehmen. Kann frühzeitig in der Erkrankung angewendet werden in Kombination mit lebensverlängernden Massnahmen, wie beispielsweise Chemo- und Radiotherapie. Beinhaltet auch die notwendige Forschung, um Beschwerden oder klinische Komplikationen besser verstehen und behandeln zu können. 3.2. Sterbehilfe (Hilfe zum Sterben) In der Praxis gehen Sterbebegleitung (Palliative Care) und passive Sterbehilfe häufig fliessend ineinander über.

Passive Sterbehilfe: Behandlungsabbruch oder Verzicht auf lebensverlängernde Massnahmen unter Beibehaltung von Pflege und Schmerztherapie. Indirekte Sterbehilfe: Schmerzlindernde, sedierende (Medikamente zur Verminderung von Angst und Anspannung) Behandlung unter Inkaufnahme einer (nicht angestrebten) Lebensverkürzung Aktive Sterbehilfe / Tötung auf Verlangen: Zielgerichtete und aktive Beschleunigung oder Herbeiführung des Todeseintritts (im Unterschied zur indirekten Sterbehilfe ist der Tod als Handlungszweck beabsichtigt). 3.3. Suizidbeihilfe Suizidbeihilfe wird vor allem aber nicht ausschliesslich von Sterbehilfeorganisationen angeboten und durchgeführt. Sie betrifft alle assistierenden Handlungen zur Umsetzung des Sterbewunsches sterbewilliger Personen. In den meisten Fällen geht es dabei um die Feststellung und Versicherung der Ernsthaftigkeit und Zurechenbarkeit des Sterbewunsches, die Erörterung alternativer Handlungsoptionen, die Rezeptausstellung des Barbiturates Natrium- Pentobarbital sowie vorbereitender Tätigkeiten für die von der sterbewilligen Personen selbst auszuführende Suizidhandlung. In jüngster Zeit wird anstelle von Natrium- Pentobarbital auch Helium verwendet um den Tod herbeizuführen. 3. Rechtliche Regelungen Je mehr Handlungsspielräume das Recht einräumt, desto grösser wird der ethische Entscheidungsbedarf. Denn nicht alles was rechtlich zulässig ist, lässt sich in jedem Fall moralisch und ethisch begründen oder rechtfertigen. Die Freiheiten, die das Recht einräumt, verschärfen die Notwendigkeit und Dringlichkeit ethischer Reflexion. Tötung auf Verlangen ist nach Art. 114 StGB unabhängig von den Motiven -strafbar. Art 115 StGB erkennt die Strafwürdigkeit der Beihilfe zum Selbstmord (Suizidbeihilfe) grundsätzlich an. Die Strafbarkeit wird aber auf Handlungen aus eigennützigen Motiven beschränkt. Wichtig ist: Der Suizid ist eine Selbsttötungshandlung, die tatherrschaftlich und eigenverantwortlich durch die sterbewillige Person ausgeführt wird. Die Anwendung vor Art. 115 StGB setzt voraus, dass der Suizidwillige in der Lage ist, die Bedeutsamkeit seines Vorhabens zu erkennen und sich dementsprechend zu verhalten. Die Beihilfe zum Suizid ist nur dann strafbar, wenn eine Drittperson vorsätzlich und aus selbstsüchtigen Beweggründen den Entschluss zum Selbstmord hervorruft oder dessen Ausführung unterstützt. Unter diesen Bedingungen kann jede Person Suizidbeihilfe leisten. Viele Möglichkeiten der Sterbehilfe werden aber nicht explizit durch Strafnormen erfasst. 4. Richtlinien der Nationalen Ethikkommissionen Die Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin (NEK) und die zentrale Ethikkommission der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften haben ethische Richtlinien zum Umgang mit Sterbenden und Sterbewilligen entwickelt (SAMW).

Ausgangspunkt und Zentrum der Überlegungen bilden die Anerkennung, Achtung und Beachtung sowie der Schutz des Selbstbestimmungsrechts jeder Person unabhängig von ihrem gesundheitlichen, kognitiven, mentalen und psychischen Zustand. Konkrete, sachliche Leitgesichtspunkte für die Entscheidungsfindung sind: Die betroffene Person befindet sich in einer Krankheitsphase, die aller Voraussicht nach bald zum Tod führen wird. (SAMW) Das krankheitsbedingte Leiden ist so gross, dass ein Weiterleben unerträglich geworden ist. (NEK) Der Suizidwunsch darf kein Symptom der Erkrankung selbst (zum Beispiel Depression) sein. Alternativen wurden mit der betroffenen Person vorher intensiv erörtert oder sind ausgeschöpft. (NEK) Die sterbewillige Person entscheidet sich in genauer Kenntnis der Alternativen für den assistierten Suizid. (SAMW) Die sterbewillige Person ist urteilsfähig. Ihr Sterbewunsch ist wohlerwogen, ohne äusseren Druck entstanden, dauerhaft und konstant. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wird von einer unabhängigen Drittperson eingehend und über einen bestimmten Zeitraum kontinuierlich geprüft. Eine unabhängige Zweitmeinung bestätigt das Urteil. (NEK) Die Grenzen der ethischen Richtlinien zeigen sich aber in der konkreten Praxis deutlich. Suizidbeihilfe gehört gemäss den Richtlinien der SAMW - nicht zu den ärztlichen Aufgaben, weil sie den Zielen der Medizin widerspricht. Was aber, wenn ein Patient den ihn betreuenden Arzt um Suizidassistenz bittet? Eine solche Konfliktsituation erfordert nach Auffassung der SAMW eine persönliche Gewissensentscheidung des Arztes, die bei Einhaltung der Sorgfaltskriterien unabhängig vom Ergebnis zu respektieren ist. 5. Schlussfolgerungen Das schweizerische Recht lässt einen grossen Handlungsspielraum zu. Konkrete Entscheidungen über Leben und Tod können durch keine Richtlinie oder Entscheidungsroutine vorweg- oder abgenommen werden. Eine Person wünscht sich ihr Sterben, weil für sie ihr Leidensweg, ihre Hoffnungslosigkeit, ihr Gefühl der Sinn- und Perspektivenlosigkeit des eigenen Daseins oder ihre Verzweiflung unerträglich geworden ist. Sie erlebt ihre Lebenssituation als aussichtslos. Niemand hat ein abschliessendes Recht über Leben und Tod eines anderen zu entscheiden. Der Tod auf Bestellung, wie er in der Schweiz heutzutage angeboten wird, weckt Bedenken. Das Angebot von Vereinigungen wie Dignitas und Exit hat inzwischen einen derartigen Anschein von Normalität und Routine, dass sich gewisse Menschen vorschnell für einen Suizid entscheiden könnten. Nachdenklich macht auch die Tatsache, dass viele Dignitas-Kunden aus dem Ausland anreisen und bereits wenige Stunden nach ihrer Ankunft tot sind. Die Sterbehilfeorganisation Diginitas hat im letzten

Jahr 1412 Menschen in den Tod begleitet. Unter ihnen waren 6 Schweizer. (Quelle: Tages-Anzeiger, 28. Mai 08) 7. Die Haltung der CSP Schweiz Die organisierte Suizidhilfe muss reglementiert und von einer behördlichen Bewilligung abhängig gemacht werden. Die CSP Schweiz fordert eine klare rechtliche Regelung der Praxis der organisierten Suizidbeihilfe, damit ein würdevoller und gesellschaftlich verantwortungsvoller Umgang mit sterbewilligen Menschen gewährleistet werden kann. Im Parlament sind entsprechende Vorstösse hängig und auch die Nationale Ethikkommission im Humanbereich fordert eine derartige Reglementierung. Der Ausbau der Palliative Care im ambulanten und stationären Bereich muss rasch verwirklicht werden. Die CSP Schweiz forderte einen substanziellen Ausbau der Palliative Care. Sie beinhaltet eine umfassende Behandlung und Betreuung von Menschen mit unheilbaren, lebensbedrohlich und chronisch fortschreitenden Krankheiten. Palliativmedizin und pflege als Teil der Palliative Care, setzten lindernde Massnahmen zum grösstmöglichen Wohl des leidenden Menschen ein. Palliative Care ist kostenintensiv und verlangt hochqualifizierte Fachkräfte in der Betreuung und Pflege von schwerkranken Menschen. Ambulant geleistete Palliativ Care Kosten können heute noch nicht oder nur zum Teil über die Krankenversicherung abgerechnet werden. Hier braucht es Vorstösse auf nationaler, kantonaler und kommunaler Ebene um Palliative Care ambulant und stationär konsequent einzuführen. Eine menschlich und medizinisch sorgfältige Begleitung von sterbenskranken Menschen muss gewährleistet sein. Die Praxis zeigt, dass eine menschlich und medizinisch sorgfältige Begleitung von sterbenskranken Menschen vielen die Angst vor dem Sterben nehmen kann. Durch eine gute Palliativbetreuung lässt oft der Suizidwunsch nach. Sollte aber ein Mensch keinen anderen Ausweg aus Krankheit und Verzweiflung sehen, so ist es nicht an uns über diesen Mensch moralisch zu urteilen. Nicht die moralisch richtige oder ethisch begründbare Handlung ist gefordert, sondern die Bereitschaft von allen Beteiligten, Verantwortung zu übernehmen, sich hineinzuversetzen und sich einzusetzen.