Behrend Institut Dr. Rainer Behrend, Eichendorffstraße 63 E, Frankfurt am Main

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Transkript:

Der Einfluss des demographischen Wandels auf Wirtschaftswachstum und Wirtschaftsstruktur in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar bis zum Jahr 2050 Gutachten im Auftrag der IHK Darmstadt Rhein Main Neckar 01.02.2010 Behrend Institut Dr. Rainer Behrend, Eichendorffstraße 63 E, 60320 Frankfurt am Main 1

Der Einfluss des demographischen Wandels auf Wirtschaftswachstum und Wirtschaftsstruktur in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar bis zum Jahr 2050 - Gliederung Seite A Vorbemerkung 3 B Die demographische Entwicklung bis zum Jahr 2050 5 I. Zur demographischen Entwicklung der Weltbevölkerung 5 II. Zur demographischen Entwicklung in Deutschland 13 III. Zur demographischen Entwicklung in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar 21 C Makroökonomische Auswirkungen des demographischen Wandels in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar bis zum Jahr 2050 32 I. Demographischer Wandel und Wirtschaftswachstum 32 i. Das neoklassische Wachstumsmodell 33 ii. Auswirkungen des demographischen Wandels auf das Arbeitskräfteangebot und das Wirtschaftswachstum 37 iii. Auswirkungen des demographischen Wandels auf das Humanvermögen 44 iv. Technischer Fortschritt und Produktivitätsentwicklung 51 v. Der Einfluss des demographischen Wandels auf die Investitionstätigkeit 59 II. Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Gründungsdynamik in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar 62 III. Folgen der veränderten Bevölkerungsstruktur und Einwohnerzahl für das System der sozialen Sicherung 66 2

D Vorausschätzung der privaten Konsumausgaben in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar bis zum Jahr 2050 68 I. Die zukünftige Entwicklung der Zahl der privaten Haushalte in Darmstadt Rhein Main Neckar 69 II. Szenarien zur zukünftigen Entwicklung des privaten Verbrauchs 75 i. Der rein demographische Effekt (Szenario I) 75 ii. Berücksichtigung von Einkommenseffekten (Szenario II) 79 iii. Zusätzliche Berücksichtigung von Kohorteneffekten und Verschiebungen der relativen Preise (Szenario III) 84 E Der Einfluss des demographischen Wandels auf die Schwerpunktbranchen in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar Chancen und Herausforderungen 91 I. Chemie und Pharma 91 II. Automotive 102 III. Automation 117 IV. Informations- und Kommunikationswirtschaft 126 V. Logistik 135 F Zentrale Ergebnisse und Kernthesen 147 G Regionalpolitische Zielsetzungen und Handlungsfelder 152 3

A Vorbemerkung Der demographische Wandel wird die Gesellschaft und die Politik in den nächsten Jahren und Jahrzehnten vor große Herausforderungen stellen. Bislang wurde das Thema jedoch fast ausschließlich in Bezug auf die zukünftige Finanzierbarkeit des sozialen Sicherungssystems diskutiert, wobei die seit langem bekannten Zukunftsentwicklungen, der Rückgang der Bevölkerung in Deutschland und die gesellschaftliche Alterung, noch längst nicht zu entsprechendem zielgerichteten politischen Handeln geführt haben. Eine Ausnahme bildet die langfristige Heraufsetzung des gesetzlichen Rentenalters auf 67 Jahre. Die möglichen Auswirkungen der demographischen Entwicklung auf das Wirtschaftswachstum und die Wirtschaftsstruktur sind bislang kaum betrachtet worden, insbesondere nicht im regionalwirtschaftlichen Kontext. Vor diesem Hintergrund möchte diese Studie Aufklärungsarbeit leisten. Es wird aufgezeigt, inwieweit die Bevölkerungszahl und die Bevölkerungsstruktur Einfluss auf die ökonomische Wohlfahrt haben, welche Veränderungen der Konsumgüternachfrage sich voraussichtlich ergeben und welche Trends sich bereits heute für die Schwerpunktbranchen in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar abzeichnen. Der Blick der Studie ist weit nach vorne gerichtet bis ins Jahr 2050. Selbstverständlich können wir heute nicht sicher 40 Jahre vorausschauen und sagen, wie hoch dann das Bruttoinlandsprodukt oder das verfügbare Einkommen sein wird. Wir müssen hierzu plausible Annahmen treffen, um aufzeigen zu können, wie die demographische Entwicklung wirkt, welche Effekte nach Art und Ausmaß zu erwarten sind. Innerhalb der nächsten 40 Jahre wird es technologische Entwicklungen geben, die wir heute noch nicht einmal erahnen können. Wer schließlich hätte 1969 gedacht, dass eines Tages eine weltweite kommunikative Vernetzung über das Internet erfolgen würde? Auch wird es politische und gesellschaftliche Veränderungen geben, die wir heute noch nicht kennen. Sie werden die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung befördern oder auch behindern. Der grundlegenden Unsicherheit über die Zukunft muss man sich bewusst sein, wenn man Prognosen trifft. 4

Der demographische Trend ist jedoch eindeutig. Er kann zwar in seinem Ausmaß, nicht aber in der Grundtendenz für die nächsten Jahrzehnte noch verändert werden. Das primäre Ziel der Studie ist es, aus regionalwirtschaftlicher Perspektive den Einfluss und die Wirkungsmechanismen der demographischen Entwicklung auf das Wirtschaftswachstum und die Wirtschaftsstruktur aufzuzeigen. Zunächst wird näher auf die sich abzeichnenden demographischen Veränderungen eingegangen. Anschließend wird analysiert, wie sich der Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials und die Alterung der Belegschaften der Unternehmen auf das Wirtschaftswachstum auswirken können. Außerdem werden die Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Höhe der Konsumausgaben und die Einkommensverwendung betrachtet. Schließlich werden ausgehend vom Status quo Chancen und Herausforderungen des demographischen Wandels für die Schwerpunktbranchen in der Region Automation, Automotive, Chemie-Pharma, Informations- & und Kommunikationswirtschaft sowie Logistik aufgezeigt sowie mögliche Zukunftsszenarien für das Jahr 2050 entwickelt. Aus der Kenntnis der Zusammenhänge über die demographische Entwicklung, ihren möglichen Einfluss auf das Wirtschaftswachstum sowie die Wirtschaftsstruktur heraus lassen sich dann Ansatzpunkte für Handlungsempfehlungen finden, die es ermöglichen, die negativen Wirkungen der demographischen Veränderungen abzumildern oder sogar den Wandel als Chance zu nutzen. 5

B Die demographische Entwicklung bis zum Jahr 2050 Im folgenden Kapitel soll zunächst ausführlicher auf die zu erwartende demographische Entwicklung eingegangen werden. Ausgangspunkt der Betrachtung ist die Weltbevölkerung. Auf der Grundlage der jüngsten Prognosen der Vereinten Nationen werden Aussagen zur Entwicklung der Bevölkerungszahl und altersmäßigen Bevölkerungsstruktur weltweit, für die jeweiligen Kontinente sowie ausgewählte Länder getroffen. Im Anschluss werden auf der Grundlage der Szenarien der Bevölkerungsvorausschätzung des Statistischen Bundesamtes mögliche demographische Entwicklungen in Deutschland dargelegt. Schließlich wird auf der Basis der mittleren Variante der Bevölkerungsvorausschätzung eine Prognose für die Landkreise des IHK-Bezirks Darmstadt bis zum Jahr 2050 vorgenommen. Die Daten zur demographischen Entwicklung bilden eine wesentliche Grundlage für die Ausführungen in den nachfolgenden Kapiteln. I. Zur demographischen Entwicklung der Weltbevölkerung Zurzeit leben über 6,5 Milliarden Menschen auf der Erde. Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich damit die Bevölkerungszahl nahezu vervierfacht. Würde man ein derartiges Wachstum bis zum Jahr 2050 fortschreiben, dann stiege die Weltbevölkerung auf über 12 Milliarden. Ganz so stark wird der Zuwachs der weltweiten Bevölkerung indes nicht ausfallen, da in den letzten Jahrzehnten die Geburtenrate weltweit gefallen ist und dieser Trend auch weiterhin anhält. In den fünfziger Jahren betrug die weltweite durchschnittliche Kinderzahl je Frau noch 5,0, bis zum Jahr 2006 ist sie bereits auf 2,56 gefallen, und die gängigen Prognosen gehen davon aus, dass sie bis zum Jahr 2050 auf 2,02 fallen wird. Dies entspräche dann einem Wert, bei dem sich die Bevölkerung nur noch knapp selbst reproduziert. Nach den aktuellsten Prognosen der Vereinten Nationen wird die Bevölkerungszahl bis zum Jahr 2050 weltweit auf rund 9,2 Milliarden Menschen steigen, mit 6

kontinuierlich sinkender Wachstumsrate. Dies entspricht aber immer noch einer Bevölkerungszunahme gegenüber dem jetzigen Zeitpunkt um 50 Prozent. Die starke Zunahme der Bevölkerung trotz geringerer Fertilität ist zum einen auf die sinkende Geburtensterblichkeit zurückzuführen, zum anderen auf den starken Anstieg der Lebenserwartung, speziell auch in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Im Jahr 1950 betrug die mittlere Lebenserwartung weltweit gerade einmal 46 Jahre. Bis zum Jahr 2005 ist sie für Neugeborene bereits auf 67,6 Jahre gestiegen. Für das Jahr 2050 ist davon auszugehen, dass die durchschnittliche Lebenserwartung weltweit auf über 75 Jahre zunimmt. Das Bevölkerungswachstum wird sich in den so genannten Entwicklungsländern vollziehen. Für den afrikanischen Kontinent wird eine Verdoppelung der Bevölkerungszahl bis zum Jahr 2050 prognostiziert. Dann werden auf dem schwarzen Kontinent knapp zwei Milliarden Menschen leben, wobei bei dieser Prognose Folgen der HIV/Aids-Epidemie bereits berücksichtigt sind. Bei rechtzeitiger Eindämmung einer weiteren Ausdehnung der HIV/Aids-Epidemie könnte das Bevölkerungswachstum in Afrika um bis zu 10 Prozent höher ausfallen. Der weitere Schwerpunkt des Bevölkerungswachstums wird sich in Asien vollziehen. Für China ist angesichts der repressiven Ein-Kind-Politik der Vergangenheit und einer gegenwärtigen Fertilitätsrate von 1,77 nur von einem leichten Bevölkerungszuwachs bis zum Jahr 2050 auszugehen. Dann werden voraussichtlich 1,4 Milliarden Menschen in China leben, von denen fast jeder Vierte das 65 Lebensjahr bereits überschritten hat. Ein überproportionales Bevölkerungswachstum wird sich aber im südlichen Zentralasien vollziehen, etwa in Bangladesch, Indien und Pakistan. Nach heutigen Prognosen werden im Jahr 2050 über 1,6 Milliarden Menschen allein in Indien leben. Indien wäre dann das bevölkerungsreichste Land der Erde. Für die stärker entwickelten Länder ist insgesamt von einer Stagnation der Einwohnerzahl oder sogar einem Rückgang auszugehen. Eine Ausnahme hierbei bilden die Vereinigten Staaten von Amerika. Hier liegt die Fertilitätsrate bei 2,09. Damit sind die USA heute die einzige größere Industriegesellschaft, deren Fruchtbarkeit auf der Höhe des Ersatzniveaus liegt. Die Einwohnerzahl der USA würde daher auch ohne Zuwanderung stabil bleiben. Unter Fortschreibung der 7

Zuwanderungstrends dürften im Jahr 2050 rund 400 Millionen Menschen leben, das sind über 100 Millionen mehr als zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Die USA bilden eine Ausnahme in der Bevölkerungsentwicklung durch ihre hohe Anziehungskraft für Zuwanderer, vor allem aus Afrika, Asien und Lateinamerika, was langfristig zu starken Verschiebungen der Bevölkerungsstruktur bezüglich der ethnischen Zugehörigkeit führen wird. 1 In Japan, das sich in der Vergangenheit weitestgehend gegen Zuwanderung abgeschottet hat, wird bis zum Jahr 2050 die Bevölkerungszahl um 20 Prozent abnehmen, bei gleichzeitig starkem Anstieg des Anteils älterer Menschen. Nach den Prognosen der Vereinten Nationen werden im Jahr 2050 insgesamt 37,9 Prozent aller Japaner über 65 Jahre als sein und 15,6 Prozent sogar über 80 Jahre. Ein nicht ganz so drastischer Rückgang der Bevölkerung wie in Japan ist auch in Europa zu erwarten. Die Vereinten Nationen gehen in ihrer mittleren Variante zur Prognose der Bevölkerung davon aus, dass die gegenwärtige Einwohnerzahl in Europa bis zum Jahr 2050 um 5,2 Prozent auf dann 691 Millionen schrumpfen wird. Allerdings wird es regional starke Unterschiede geben. Vor allem in den Transformationsländern in Osteuropa ist ein kräftiger Rückgang der Einwohnerzahl zu erwarten. Hingegen wird die Bevölkerungszahl in Mittel- und Südeuropa nur leicht rückläufig sein und in Nordeuropa voraussichtlich sogar leicht steigen. Die Alterung der Gesellschaft wird überall zu beobachten sein, wobei die älteste Bevölkerung mit einem Durchschnittsalter von 52,5 Jahren dann voraussichtlich in Italien lebt, während Norwegen mit 43,8 Jahren die jüngste europäische Nation wäre. 1 Das US Census Bureau prognostiziert bis zum Jahr 2050, dass dann jeder vierte US-Bürger ein Latino, 13 Prozent Afro-Amerikaner und 9 Prozent Asiaten/Pazifikinsulaner sein werden. 8

Quelle: Vereinte Nationen, eigene Berechnungen Die folgenden Tabellen geben einen Überblick über die zu erwartende Entwicklung der Bevölkerungszahl, der Geburtenrate, der Lebenserwartung und Altersstruktur weltweit, nach Kontinenten und ausgewählten Teilregionen bis zum Jahr 2050 auf der Grundlage der Projektion der Vereinten Nationen (World Population Prospects, The 2008 revision) 9

Tabelle B I.1: Bevölkerungsentwicklung weltweit 2005-2050 Welt Bevölkerung in Tsd. Bevölkerung in Tsd. Wachstumsrate jährlich in % Wachstumsrate jährlich in % 2005 2050 2005-2010 2045-2050 6.512.276 9.149.984 1,18 0,34 Stärker entwickelte Regionen weniger entwickelte Regionen 1.216.550 5.295.726 1.275.243 7.874.741 0,34 1,37-0,07 0,41 Afrika 921.073 1.998.466 2,29 1,14 Afrika südlich der Sahara 764.328 1.753.272 2,44 1,25 Asien 3.936.536 5.231.485 1,14 0,15 China Indien Japan 1.312.253 1.130.618 127.449 1.417.045 1.613.800 101.659 0,63 1,43-0,07-0,33 0,25-0,79 Europa 729.421 691.048 0,09-0,26 Osteuropa Nordeuropa Südeuropa Westeuropa 296.912 96.439 149.712 186.358 239.961 112.524 153.655 184.908-0,37 0,51 0,54 0,24-0,57 0,22-0,19-0,22 Lateinamerika und Karibik 556.512 729.184 1,12 0,10 Nordamerika 331.175 448.464 0,96 0,37 USA 302.741 403.932 0,96 0,36 Ozeanien 33.559 51.338 1,31 0,59 Australien/Neuseeland 24.505 34.073 1,04 0,45 Quelle: Vereinte Nationen 2008 10

Tabelle B I.2: Fertilitätsrate und Lebenserwartung weltweit Fertilitätsrate Fertilitätsrate Lebenserwartung bei Geburt Lebenserwartung bei Geburt Welt 2005 2050 2005-2010 2045-2050 2,56 2,02 67,6 75,5 Stärker entwickelte Regionen weniger entwickelte Regionen 1,64 2,73 1,80 2,05 77,1 65,6 82,8 74,3 Afrika Afrika südlich der Sahara 4,61 5,08 2,40 2,46 54,1 51,5 67,4 65,9 Asien China Indien Japan 2,35 1,77 2,76 1,27 1,90 1,85 1,85 1,60 68,9 73,0 63,5 82,7 76,8 79,3 73,3 87,2 Europa Osteuropa Nordeuropa Südeuropa Westeuropa 1,50 1,35 1,82 1,44 1,59 1,80 1,79 1,85 1,80 1,79 75,1 69,2 79,0 79,7 80,3 81,5 76,7 84,0 84,4 85,1 Lateinamerika und Karibik 2,26 1,82 73,4 79,8 Nordamerika USA 2,04 2,09 1,85 1,85 79,3 79,2 83,5 83,3 Ozeanien Australien/Neuseeland 2,44 1,86 1,98 1,85 76,4 81,3 82,1 86,1 Quelle: Vereinte Nationen 2008 11

Tabelle B I.3: Altersstruktur der Bevölkerung 2005-2050 weltweit Welt 0-14 in % 0-14 in % 15-64 in % 15-64 in % 65+ in % 65+ in % 80+ in % 80+ in % 2005 2050 2005 2050 2005 2050 2005 2050 28,4 19,6 64,4 64,1 7,3 16,2 1,3 4,3 Stärker entwickelte Regionen weniger entwickelte Regionen 17,0 31,0 15,4 20,3 67,7 63,6 58,4 65,0 15,3 5,4 26,2 14,6 3,7 0,8 9,5 3,5 Afrika 41,2 27,3 55,5 65,6 3,4 7,1 0,4 1,1 Afrika südlich der Sahara 43,2 28,4 53,8 65,6 3,1 5,9 0,3 0,8 Asien 28,2 17,9 65,6 64,8 6,2 17,3 1,0 4,4 China Indien Japan 22,0 33,1 13,8 15,3 18,2 11,2 70,4 62,3 66,3 61,4 68,0 50,9 7,6 4,6 19,9 23,3 13,7 37,9 1,2 0,6 4,9 7,2 2,6 15,6 Europa 15,9 15,0 68,2 57,6 15,9 27,4 3,5 9,6 Osteuropa Nordeuropa Südeuropa Westeuropa 15,3 18,0 15,2 16,3 15,2 16,3 14,1 14,7 70,4 66,2 67,3 66,3 59,3 60,2 54,5 56,4 14,3 15,8 17,5 17,3 25,4 23,5 31,4 28,9 2,4 4,3 4,1 4,4 6,7 8,7 11,5 12,3 Lateinamerika und Karibik 29,8 17,0 64,0 63,5 6,3 19,5 1,2 5,5 Nordamerika 20,5 16,9 67,0 61,1 12,5 22,0 3,6 8,0 USA 20,8 17,1 66,8 61,4 12,4 21,6 3,6 7,8 Ozeanien 25,0 19,1 64,8 62,3 10,2 18,7 2,6 6,5 Australien/Neuseeland 20,0 16,6 67,2 59,7 12,8 23,7 3,4 9,0 Quelle: Vereinte Nationen 2008 12

Quelle: Vereinte Nationen, eigene Berechnungen 13

II. Zur demographischen Entwicklung in Deutschland Die demographische Entwicklung in Deutschland verlief in Ost- und Westdeutschland sehr unterschiedlich. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wuchs die Einwohnerzahl im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland von 45 Millionen bis zum Jahr 1989 auf 63 Millionen Menschen. Hingegen sank im gleichen Zeitraum die Einwohnerzahl innerhalb der Fläche der DDR von 18 Millionen auf 16 Millionen. Der grundlegende Unterschied zwischen den Entwicklungen lag jedoch nicht an stark voneinander abweichenden Geburtenraten oder Säuglingssterblichkeiten. Vielmehr betrug die Geburtenrate der Frauen 1955 in der DDR 1,81, während die bundesdeutsche Frau der gleichen Alterskohorte im Durchschnitt 1,62 Kinder zur Welt brachte. In der Bundesrepublik fiel nach einem Babyboom seit Mitte der 1960er Jahre die Geburtenhäufigkeit deutlich ab, um dann seit Mitte der 1970er Jahre etwa bei 1,4 Kindern zu verharren. Als Gründe hierfür sind in erster Linie die Verfügbarkeit hochwirksamer Empfängnisverhütungsmittel (Pille), die stärkere Bandbreite in der Wahl partnerschaftlicher Lebensverhältnisse und die zunehmende Berufsorientierung von Frauen bei gleichzeitig geringer Zahl von Kinderbetreuungsplätzen zu sehen. Ausschlaggebend für die unterschiedlichen Bevölkerungsentwicklungen in Ost und West waren die Wanderungsbewegungen. Zumindest bis zum Bau der Mauer 1961 verließen zahlreiche Menschen die DDR in Richtung Westen, während in der Bundesrepublik neben den vielen Flüchtlingen und Übersiedlern zwischen 1945 und 1961 in den 1960er und 1970er Jahren zusätzliche Arbeitskräfte überwiegend aus Spanien, der Türkei und Griechenland als Gastarbeiter nach Deutschland kamen. Die hohe Migration überkompensierte die sinkende Geburtenrate. Dieser Trend hielt auch nach der Wiedervereinigung an deutschstämmige Aussiedler, Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien sowie Asylsuchende kamen nach Deutschland. Die anhaltend hohe Migration führte zu einem weiteren Bevölkerungszuwachs trotz niedriger Geburtenrate. Die zukünftige Einwohnerzahl in Deutschland wird davon abhängen, wie sich die Geburtenhäufigkeit, die Lebenserwartung und die Außenmigration entwickeln. Das Statistische Bundesamt und die Statistischen Landesämter nehmen in 14

unregelmäßigen Abständen Bevölkerungsvorausberechnungen vor, bei denen unterschiedliche Szenarien durch Variation der Annahmen bezüglich der primären Einflussfaktoren der Bevölkerungsentwicklung gebildet werden. Im Folgenden sollen unterschiedliche Annahmen der letzten Prognose, der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung, und die Auswirkungen von Veränderungen der Parameter auf die Bevölkerungsentwicklung bis zum Jahr 2050 dargestellt werden. Bezüglich der Lebenserwartung wird die Basisannahme getroffen, dass die Lebenserwartung neugeborener Jungen im Jahr 2050 83,5 Jahre und neugeborener Mädchen 88,0 Jahre beträgt. Das Statistische Bundesamt betrachtet darüber hinaus noch ein Szenario, in dem die durchschnittliche Lebenserwartung noch höher liegt. Darin wird unterstellt, dass sie bei neugeborenen Jungen im Jahr 2050 85,4 Jahre und bei Mädchen sogar 89,8 Jahre beträgt. Bereits in der Basisannahme wird unterstellt, dass die Lebenserwartung gegenüber den im Jahr 2008 Geborenen um weitere sechs Jahre ansteigen wird. In unserer folgenden Betrachtung soll sich grundsätzlich auf die Basisannahme beschränkt werden, da bereits hier aus unserer Sicht der zukünftige Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung (insbesondere bei den Frauen) tendenziell eher überschätzt wird. Bei der Geburtenhäufigkeit werden die Auswirkungen auf die demographische Entwicklung auf Grund einer annähernd konstanten Geburtenrate von 1,4, einer ab dem Jahr 2025 auf 1,6 steigenden sowie einer bis zum Jahr 2050 auf 1,2 fallenden Geburtenrate unterstellt. In den letzten 30 Jahren hat sich die Geburtenrate bei etwa 1,4 stabilisiert, so dass vor diesem Hintergrund dieses Szenario das Wahrscheinlichste ist. Gleichwohl zeigt der Blick auf die Situation in europäischen Nachbarländern wie Frankreich, dass mit einem Ausbau der Kinderbetreuungsmöglichkeiten und damit der erleichterten Vereinbarkeit von Beruf und Familie auch die Geburtenhäufigkeit zugenommen hat. Zumindest gegenwärtig spricht wenig für ein weiteres deutliches Absinken der Geburtenrate in Deutschland, so dass die Auswirkungen einer weiter sinkenden Geburtenrate im Folgenden vernachlässigt werden können, zumal sich daraus keine grundsätzlich anderen Erkenntnisse als bei konstanter Geburtenrate ableiten lassen. 15

Hinsichtlich der Wanderungsbewegungen wird vom Statistischen Bundesamt unterstellt, dass bis zum Jahr 2050 die Bundesrepublik (im Durchschnitt) Nettowanderungsgewinne zu verzeichnen hat. In der unteren Variante wird von einer durchschnittlichen jährlichen Nettozuwanderung von 100.000 Personen ausgegangen, in der oberen Variante von 200.000 Personen. Zum Vergleich: Seit dem Jahr 2003 betrug der Nettowanderungsgewinn jährlich im Durchschnitt 75.000 Personen. Im Folgenden werden sowohl die obere als auch die untere Variante betrachtet. Tabelle B II.1: Betrachtete Szenarien der Bevölkerungsentwicklung in Deutschland Geburtenrate Lebenserwartung Nettozuwanderung p.a. Szenario 1 1,4 Basisannahme 0 Szenario 2 1,4 Basisannahme 100.000 Szenario 3 1,4 Basisannahme 200.000 Szenario 4 1,6 Basisannahme 200.000 Quelle: Statistisches Bundesamt Als Ausgangspunkt soll jedoch zunächst eine Variante (Szenario 1) betrachtet werden, indem bei annähernd konstanter Geburtenrate unterstellt wird, dass bis zum Jahr 2050 die jährlichen Wanderungsgewinne den Wanderungsverlusten im Durchschnitt entsprechen. Daraus lässt sich die Frage beantworten, welche Veränderungen hinsichtlich Bevölkerungszahl und Altersstruktur ausschließlich auf Grund der natürlichen Bevölkerungsentwicklung zu erwarten sind. 16

Tabelle B II.2: Entwicklung der Bevölkerung Deutschlands bis 2050 Szenario 1 Geburtenhäufigkeit annähernd konstant, Wanderungssaldo 0, Lebenserwartung Basisannahme 2005 2020 2030 2040 2050 Bevölkerungsstand in Tsd. 82.438 78.346 74.042 68.752 62.484 unter 20 Jahre in Tsd. 16.486 13.091 11.828 10.366 9.030 unter 20 Jahre in % 20,0 16,7 16,0 15,1 14,5 20 bis unter 65 Jahre in Tsd. 50.082 46.663 40.079 34.941 31.085 20 bis unter 65 Jahre in % 60,8 59,6 54,1 50,8 49,7 65 Jahre und älter in Tsd. 15.870 18.593 22.136 23.444 22.369 65 Jahre und älter in % 19,3 23,7 29,9 34,1 35,8 über 65 bis 67 Jahre in Tsd. 2.339 2.098 2.624 6.152 6.249 über 65 bis 67 Jahre in % 2,8 2,7 3,5 11,2 10,0 Jugendquotient 32,9 28,1 29,5 29,7 29,0 Altenquotient 31,7 39,8 55,2 67,1 72,0 Gesamtquotient 64,6 67,9 84,7 96,8 101,0 Quelle: Statistisches Bundesamt 2006 Ohne Zuwanderung von außen wird nach den Modellrechnungen des Statistischen Bundesamtes die Bevölkerung ausgehend vom Basisjahr 2005 bis zum Jahr 2050 um 24,2 Prozent auf 62,48 Millionen Menschen zurückgehen. Während heute noch über 60 Prozent der Bevölkerung im Alter zwischen 20 und 65 Jahren sind, wird es dann nicht einmal jeder Zweite sein. Die Bevölkerung dieser Alterskohorte wird dann um 19 Millionen Menschen geringer sein als heute, während der Zahl der Einwohner über 65 Jahren um 6,5 Millionen höher liegen wird. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung wird dann 35,8 Prozent betragen. Heute ist es gerade einmal jeder fünfte Einwohner. Hingegen wird der Anteil der unter 20-jährigen von 20 Prozent auf 14,5 Prozent zurückgehen. Im Jahr 2050 wird es ohne Zuwanderung und bei konstanter Geburtenrate rund 7,5 Millionen Kinder und Jugendliche weniger geben als heute. Der Jugend- und Altenquotient beträgt bei einer Altersgrenze von 17

20 bzw. 65 Jahren zusammengenommen 101,0 Prozent. Dies bedeutet, dass auf jeden in der Altersgruppe zwischen 20 und 65 Jahren, dem üblichen Alter der Erwerbstätigkeit, ein Jugendlicher oder Rentner kommt, der in der Regel auf Transferleistungen angewiesen ist. Die Anhebung des gesetzlichen Rentenalters verringert den Gesamtquotienten auf 90,5 Prozent leicht, ändert aber nichts an der Tatsache, dass eine immer geringer werdende Zahl von Menschen im erwerbsfähigen Alter für eine immer größere Zahl von Rentnern aufkommen muss. Wenn man bei ansonsten gleichen Annahmen eine jährliche durchschnittliche Nettozuwanderung von 100.000 Menschen unterstellt (Szenario 2), dann sinkt die Einwohnerzahl von 2005 bis zum Jahr 2020 relativ geringfügig um 2,9 Prozent. Bis zum Jahr 2050 werden aber auch in dieser Variante 13,7 Millionen Menschen (16,6 Prozent) weniger in Deutschland leben. 33,2 Prozent sind dann 65 Jahre und älter, der Altenquotient beträgt bei einer Altersgrenze von 65 Jahren 64,3 Prozent, der Gesamtquotient aus Jugend- und Altenquotient 93,5 Prozent. Tabelle B II.3: Entwicklung der Bevölkerung Deutschlands bis 2050 Szenario 2 Geburtenhäufigkeit annähernd konstant, Wanderungssaldo 100.000, Lebenserwartung Basisannahme 2005 2020 2030 2040 2050 Bevölkerungsstand in Tsd. 82.438 80.057 77.203 73.422 68.743 unter 20 Jahre in Tsd. 16.486 13.501 12.673 11.487 10.362 unter 20 Jahre in % 20,0 16,9 16,4 15,6 15,1 20 bis unter 65 Jahre in Tsd. 50.082 47.992 42.399 38.384 35.524 20 bis unter 65 Jahre in % 60,8 59,9 54,9 52,3 51,7 65 Jahre und älter in Tsd. 15.870 18.565 22.137 23.550 22.856 65 Jahre und älter in % 19,3 23,2 28,7 32,1 33,2 über 65 bis 67 Jahre in Tsd. 2.339 2.098 2.634 1.711 1.849 über 65 bis 67 Jahre in % 2,8 2,6 3,4 2,3 2,7 Jugendquotient 31,7 28,1 29,9 29,9 29,2 Altenquotient 31,7 38,7 52,2 61,4 64,3 Gesamtquotient 64,6 66,8 82,1 91,3 93,5 Quelle: Statistisches Bundesamt 2006 18

Selbst bei der sehr optimistischen Annahme eines jährlichen durchschnittlichen Wanderungsüberschusses von 200.000 Personen (Szenario 3) wird die Einwohnerzahl bis zum Jahr 2050 um 8,5 Millionen Menschen (10,3 Prozent) zurückgehen. Während die Zahl der Personen über 65 Jahren in dieser Variante um 7,6 Millionen (+ 48,0 Prozent) zunimmt, sinkt die Einwohnerzahl im Alter zwischen 20 und 65 Jahren um 11 Millionen (- 22,0 Prozent) und der unter 20jährigen um 5,1 Millionen (- 30,8 Prozent). Auf einhundert 20 bis unter 65jährige kommen 64,3 über 65jährige. Der Anteil der über 65jährigen beträgt auch in diesem Szenario 31,8 Prozent im Jahr 2050. Tabelle B II.4: Entwicklung der Bevölkerung Deutschlands bis 2050 Szenario 3 Geburtenhäufigkeit annähernd konstant, Wanderungssaldo 200.000, Lebenserwartung Basisannahme 2005 2020 2030 2040 2050 Bevölkerungsstand in Tsd. 82.438 81.328 79.750 77.288 73.958 unter 20 Jahre in Tsd. 16.486 13.754 13.266 12.349 11.403 unter 20 Jahre in % 20,0 16,9 16,6 16,0 15,4 20 bis unter 65 Jahre in Tsd. 50.082 48.973 44.240 41.105 39.071 20 bis unter 65 Jahre in % 60,8 60,2 55,5 53,2 52,8 65 Jahre und älter in Tsd. 15.870 18.601 22.243 23.835 23.485 65 Jahre und älter in % 19,3 22,9 27,9 30,8 31,8 über 65 bis 67 Jahre in Tsd. 2.339 2.103 2.655 1.764 1.959 über 65 bis 67 Jahre in % 2,8 2,6 3,3 2,3 2,6 Jugendquotient 32,9 28,1 30,0 30,0 29,2 Altenquotient 31,7 38,0 50,3 58,0 60,1 Gesamtquotient 64,6 66,1 80,3 88,0 89,3 Quelle: Statistisches Bundesamt 2006 Im Szenario 4 mit einem mittelfristigen Anstieg der Geburtenhäufigkeit und einem positiven Wanderungssaldo bleibt die Bevölkerung bis zum Jahr 2030 annähernd 19

konstant und sinkt dann vergleichsweise geringfügig um 4,9 Millionen (- 6,0 Prozent) bis zum Jahr 2050. Aber auch in diesem bevölkerungspolitisch optimistischen Szenario ändert sich an der grundlegenden Problematik eines drastischen Rückgangs der Bevölkerung in der Alterskohorte zwischen 20 und 65 Jahren (- 19,1 Prozent) bei gleichzeitigem Zuwachs der über 65jährigen (+ 48 Prozent) nichts. Allerdings fällt in diesem Szenario der Rückgang der unter 20jährigen bis zum Jahr 2050 um drei Millionen (-18,0 Prozent) vergleichsweise gering aus. Tabelle B II.5: Entwicklung der Bevölkerung Deutschlands bis 2050 Szenario 4 Geburtenhäufigkeit leicht steigend, Wanderungssaldo 200.000, Lebenserwartung Basisannahme 2005 2020 2030 2040 2050 Bevölkerungsstand in Tsd. 82.438 81.896 81.190 79.652 77.516 unter 20 Jahre in Tsd. 16.486 14.322 14.651 14.146 13.523 unter 20 Jahre in % 20,0 17,5 18,0 17,8 17,4 20 bis unter 65 Jahre in Tsd. 50.082 48.973 44.296 41.672 40.508 20 bis unter 65 Jahre in % 60,8 59,8 54,6 52,3 52,3 65 Jahre und älter in Tsd. 15.870 18.601 22.243 23.835 23.485 65 Jahre und älter in % 19,3 22,7 27,4 29,9 30,3 über 65 bis 67 Jahre in Tsd. 2.339 2.103 2.655 1.764 1.959 über 65 bis 67 Jahre in % 2,8 2,6 3,3 2,2 2,5 Jugendquotient 32,9 29,2 33,1 33,9 33,4 Altenquotient 31,7 38,0 50,2 57,2 58,0 Gesamtquotient 64,6 67,2 83,3 91,1 91,4 Quelle: Statistisches Bundesamt 2006 Die unterschiedlichen Szenarien haben verdeutlicht, dass bis zum Jahr 2050 folgende Bevölkerungstrends unter den heutigen Gegebenheiten mit Sicherheit zu erwarten sind: Die Zahl der Einwohner in der Bundesrepublik Deutschland wird zurückgehen. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen wird sinken. 20

Die Zahl der Personen in der Altersgruppe zwischen 20 und 65 Jahren und damit auch das Erwerbspersonenpotenzial werden stark sinken. Die Zahl und der Anteil älterer Menschen über 65 Jahren werden in hohem Maße steigen. Die 3-Generationen-Familie wird auf Grund der hohen und weiter steigenden Lebenserwartung zunehmend durch die 4- oder sogar 5-Generationen-Familie ersetzt. Lediglich das Ausmaß dieser Entwicklungen steht heute noch nicht fest und kann durch bevölkerungspolitische Maßnahmen (z. B. Steuerung der Einwanderung, finanzielle Förderung von Familien mit Kindern, Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen) beeinflusst werden. 21

III. Zur demographische Entwicklung in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar Die demographische Entwicklung in Deutschland wird sich regional nicht einheitlich vollziehen. Während in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen von einer stabilen oder nur leicht sinkenden Bevölkerung bis zum Jahr 2050 auszugehen ist, wird es vor allem im ländlichen Raum - speziell in den ostdeutschen Bundesländern - zu einem massiven Bevölkerungsrückgang kommen. In Hessen wird nach den Prognosen des Statistischen Bundesamtes unter den Annahmen einer konstanten Geburtenrate sowie einer mäßigen Zuwanderung sowie unter Berücksichtigung der Basisannahme zur zukünftigen Lebenserwartung die Einwohnerzahl um etwa eine Million Menschen auf 5,15 Millionen zurückgehen. Dabei wird es jedoch zu stark unterschiedlichen Entwicklungen innerhalb Hessens kommen. Während bis zum Jahr 2030 die Bevölkerung in der Region FrankfurtRheinMain annähernd stabil bleiben dürfte, ist in Nordhessen von einem deutlichen Bevölkerungsrückgang auszugehen. In der Region Darmstadt Rhein Main Neckar wird die Einwohnerzahl unter den getroffenen Annahmen bis zum Jahr 2030 leicht um 0,5 Prozent zurückgehen. Gleichzeitig vollzieht sich wie überall in Deutschland ein spürbarer gesellschaftlicher Alterungsprozess. Die Zahl der über 65 jährigen wird um über 87.500 steigen, der Anteil an der Gesamtbevölkerung nimmt von derzeit 19,3 Prozent auf 27,8 Prozent zu. gleichzeitig sinken die Zahl der Kinder und Jugendlichen sowie die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter deutlich. Bis zum Jahr 2030 wird es in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar 60.000 Menschen weniger im Alter zwischen 20 und 65 Jahren geben und über 30.000 weniger Kinder und Jugendliche. Im Zeitraum 2030 bis 2050 wird sich nach den Bevölkerungsvorausberechnungen in Darmstadt Rhein Main Neckar der Bevölkerungsrückgang beschleunigen, mit minus 5,6 Prozent aber geringer ausfallen als im Bundesdurchschnitt. Die Zahl der Senioren wird zwischen 2030 und 2050 um weitere 17.000 steigen. Im Jahr 2050 werden nach den Modellrechnungen 29,2 Prozent der Einwohner im IHK-Bezirk über 65 Jahre alt sein. Außerdem werden 110.000 Einwohner mehr als heute das 75. Lebensjahr erreicht haben. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung wird dann 19,5 Prozent betragen, während es heute gerade einmal 8,1 Prozent sind. Der Altenquotient steigt von derzeit 31,6 auf 58,5 im Jahr 2050. 22

Hingegen schrumpft im Zeitraum 2030 bis 2050 vor allem die Zahl der 20 bis 65jährigen drastisch um weitere 55.000 Personen. Auch die Zahl der Kinder und Jugendlichen verringert sich in dieser Zeitspanne nochmals um 20.000. Nach den Modellrechnungen verringert sich der Jugendquotient von derzeit 32,2 auf 29,2. Insgesamt ist unter vergleichbaren Modellannahmen die Altersstruktur in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar etwas ausgewogener als im Bundesdurchschnitt. Die grundsätzlichen Tendenzen Bevölkerungsrückgang insbesondere bei den Personen im erwerbsfähigen Alter sowie gesellschaftliche Alterung werden die Bevölkerungsstruktur in der Region jedoch auch hier massiv verändern. Tabelle B III.1: Entwicklung der Bevölkerung in Darmstadt Rhein Main Neckar bis zum Jahr 2050 Geburtenrate annähernd konstant, Lebenserwartung Basisannahme, Wanderungssaldo 2.840 Personen p.a. 2007 2008 2020 2030 2040 2050 Bevölkerungsstand 1.047.609 1.046.144 1.049.600 1.041.300 1.017.900 983.300 unter 20 Jahre 208.279 205.568 178.510 173.270 165.020 152.980 unter 20 Jahre in % 19,9 19,7 17,0 16,6 16,2 15,6 20 bis unter 65 Jahre 640.668 638.793 635.670 578.660 539.960 523.950 20 bis unter 65 Jahre in % 61,1 61,0 60,6 55,6 53,0 53,3 65 Jahre und älter 198.662 201.783 235.420 289.370 312.920 306.370 65 Jahre und älter in % 19,0 19,3 22,4 27,8 30,8 31,2 über 65 bis 67 Jahre 24.633 22.602 23.994 27.467 25.732 23.597 über 65 bis 67 Jahre in % 2,4 2,2 2,3 2,6 2,5 2,4 75 Jahre und älter 83.421 84.470 117.280 151.120 183.740 192.130 75 Jahre und älter in % 8,0 8,1 11,2 14,5 18,1 19,5 Jugendquotient 32,5 32,2 28,1 29,9 30,6 29,2 Altenquotient 31,0 31,6 37,0 50,0 58,0 58,5 Gesamtquotient 63,5 63,8 65,1 79,9 88,6 87,7 Quelle: HSL, Hessenagentur, eigene Berechnungen 23

Bevölkerungsentwicklung 2008-2050 Region Darmstadt Rhein Main Neckar Einwohnerzahl 1200000 1000000 800000 600000 400000 200000 65 Jahre und älter 20 bis 64 Jahre unter 20 Jahre 0 2008 2020 2030 2040 2050 Jahr Die Stadt Darmstadt wird nach den Modellrechnungen bis zum Jahr 2050 zu den demographischen Gewinnern zählen. Entgegen dem Trend wird die Bevölkerung in der Stadt um 7,2 Prozent auf 152.600 Personen wachsen. Dies ist auf die Annahme anhaltend positiver Wanderungssalden nach Darmstadt zu erklären. Die Zahl der Sterbefälle wird die Zahl der Geburten übersteigen (negativer natürlicher Saldo). Trotz der zahlenmäßig positiven Entwicklung wird sich allerdings auch in Darmstadt ein gesellschaftlicher Alterungsprozess vollziehen, wenn auch nicht ganz so stark wie im Bundesdurchschnitt oder im Durchschnitt Hessens. Der Anteil der über 65 jährigen steigt von derzeit 18,5 auf 27,6 Prozent, der Anteil der Bevölkerung zwischen 20 und 65 Jahren sinkt hingegen von 63,8 auf 55,8 Prozent. 24

Tabelle B III.2: Entwicklung der Bevölkerung in der Stadt Darmstadt bis zum Jahr 2050 Geburtenrate annähernd konstant, Lebenserwartung Basisannahme, Wanderungssaldo 400 Personen p.a. 2007 2008 2020 2030 2040 2050 Bevölkerungsstand 142.191 142.310 146.400 149.300 151.400 152.600 unter 20 Jahre 25.077 25.135 26.200 25.530 25.130 25.330 unter 20 Jahre in % 17,6 17,7 17,9 17,1 16,6 16,6 20 bis unter 65 Jahre 91.013 90.858 91.400 87.490 86.750 85.150 20 bis unter 65 Jahre in % 64,0 63,8 62,4 58,6 57,3 55,8 65 Jahre und älter 26.101 26.317 28.800 36.280 39.520 42.120 65 Jahre und älter in % 18,4 18,5 19,7 24,3 26,1 27,6 über 65 bis 67 Jahre 3.024 2.870 3.221 3.732 3.634 3.510 über 65 bis 67 Jahre in % 2,1 2,0 2,2 2,5 2,4 2,3 75 Jahre und älter 12.367 12.230 14.650 17.170 21.500 28.690 75 Jahre und älter in % 8,7 8,6 10,0 11,5 14,2 18,8 Jugendquotient 27,6 27,7 28,7 29,2 29,0 29,7 Altenquotient 28,7 29,0 31,5 41,5 45,6 49,5 Gesamtquotient 56,3 56,7 60,2 70,7 74,6 79,2 Quelle: HSL, Hessenagentur, eigene Berechnungen 25

Bevölkerungsentwicklung 2008-2050 Stadt Darmstadt Einwohnerzahl 160000 140000 120000 100000 80000 60000 40000 20000 0 2008 2020 2030 2040 2050 Jahr 65 Jahre und älter 20 bis 64 Jahre unter 20 Jahre Im Gegensatz zur Stadt Darmstadt wird der Landkreis Bergstraße von einem massiven Bevölkerungsrückgang betroffen sein. Die Bevölkerung sinkt um 9,7 Prozent auf nur noch 237.800 im Jahr 2050 und dies trotz eines prognostizierten positiven Wanderungssaldos von durchschnittlich 900 Menschen p.a. Während heute nur jeder Fünfte im Landkreis das Rentenalter erreicht hat, wird es im Jahr 2050 jeder Dritte sein. Der Anteil der 20 bis 65jährigen sinkt von derzeit 60,1 auf 52,3 Prozent. Im Landkreis Bergstraße wird im Jahr 2050 nach den Modellrechnungen der Anteil der Einwohner über 75 Jahren besonders hoch sein. Ihre Anzahl wird bis dahin die Zahl der unter 20jährigen um über 38 Prozent übersteigen. Heute leben im Landkreis noch mehr als doppelt so viele Personen unter 20 Jahren als über 75jährige. 26

Tabelle B III.3: Entwicklung der Bevölkerung im Landkreis Bergstraße bis zum Jahr 2050 Geburtenrate annähernd konstant, Lebenserwartung Basisannahme, Wanderungssaldo 900 Personen p.a. 2007 2008 2020 2030 2040 2050 Bevölkerungsstand 264.380 263.465 261.200 257.100 248.900 237.800 unter 20 Jahre 52.403 51.470 42.840 41.650 39.080 35.190 unter 20 Jahre in % 19,8 19,5 16,4 16,2 15,7 14,8 20 bis unter 65 Jahre 158.989 158.248 156.460 139.860 128.430 124.370 20 bis unter 65 Jahre in % 60,1 60,1 59,9 54,4 51,6 52,3 65 Jahre und älter 52.988 53.747 61.900 75.590 81.390 78.240 65 Jahre und älter in % 19,8 20,4 23,7 29,4 32,7 32,9 über 65 bis 67 Jahre 6.398 5.814 6.007 6.942 6.471 5.945 über 65 bis 67 Jahre in % 2,4 2,2 2,3 2,7 2,6 2,5 75 Jahre und älter 22.088 22.422 31.800 40.800 49.000 48.500 75 Jahre und älter in % 8,4 8,5 12,2 15,9 19,7 20,4 Jugendquotient 33,0 32,5 27,4 29,8 30,4 28,3 Altenquotient 33,3 34,0 39,6 54,0 63,4 62,9 Gesamtquotient 63,3 66,5 67,0 83,8 93,8 91,2 Bevölkerungsentwicklung 2008-2050 Landkreis Bergstraße 300000 250000 Einwohnerzahl 200000 150000 100000 50000 65 Jahre und älter 20 bis 64 Jahre unter 20 Jahre 0 2008 2020 2030 2040 2050 Jahr Quelle: HSL, Hessenagentur, eigene Berechnungen 27

Die Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Darmstadt-Dieburg wird ganz ähnlich wie im Landkreis Bergstraße verlaufen. Die Bevölkerung wird nach den Modellrechnungen um 8,2 Prozent auf 265.100 zurückgehen. Auch hier wird im Jahr 2050 jeder dritte Einwohner über 65 Jahre alt sein und mehr als jeder Fünfte sogar 75 Jahre und älter. Der Anteil der 20-65 jährigen sinkt von derzeit 61,3 auf 52,7 Prozent. Tabelle B III.4: Entwicklung der Bevölkerung im Landkreis Darmstadt-Dieburg bis zum Jahr 2050 Geburtenrate annähernd konstant, Lebenserwartung Basisannahme, Wanderungssaldo Personen 700 p.a. 2007 2008 2020 2030 2040 2050 Bevölkerungsstand 289.071 288.701 290.000 286.900 278.100 265.100 unter 20 Jahre in Tsd. 59.237 58.359 47.850 46.200 43.940 39.760 unter 20 Jahre in % 20,5 20,2 16,5 16,1 15,8 15,0 20 bis unter 65 Jahre 177.396 176.870 176.320 157.800 144.330 139.710 20 bis unter 65 Jahre in % 61,4 61,3 60,8 55,0 51,9 52,7 65 Jahre und älter 52.438 53.472 65.830 82.900 89.830 85.630 65 Jahre und älter in % 18,1 18,5 22,7 28,9 32,3 32,3 über 65 bis 67 Jahre 6.862 6.352 6.670 7.746 7.230 6.362 über 65 bis 67 Jahre in % 2,4 2,2 2,3 2,7 2,6 2,4 75 Jahre und älter 21.134 21.510 32.480 44.180 53.670 53.810 75 Jahre und älter in % 7,3 7,5 11,2 15,4 19,3 20,3 Jugendquotient 33,4 33,0 27,1 29,3 30,4 28,5 Altenquotient 29,6 30,2 37,3 52,5 62,2 61,3 Gesamtquotient 63,0 63,2 64,4 81,8 92,6 89,8 Quelle: HSL, Hessenagentur, eigene Berechnungen 28

Bevölkerungsentwicklung 2008-2050 Landkreis Darmstadt-Dieburg Einwohnerzahl 300000 250000 200000 150000 100000 50000 65 Jahre und älter 20 bis 64 Jahre unter 20 Jahre 0 2008 2020 2030 2040 2050 Jahr Quelle: HSL, Hessenagentur, eigene Berechnungen Im Landkreis Groß-Gerau ist ein relativ geringer Rückgang der Bevölkerung um 4,7 Prozent auf 241.600 Menschen zu erwarten. Allerdings wird die Richtigkeit der Annahme eines positiven Wanderungssaldos im Zeitablauf von der zukünftigen Entwicklung der Region als Automobilstandort abhängen. Der Alterungsprozess vollzieht sich im Kreis Groß-Gerau etwas weniger schnell als in den benachbarten Landkreisen. Der Anteil der über 65jährigen steigt von derzeit 18,8 auf 29,2 Prozent. 29

Tabelle B III.5: Entwicklung der Bevölkerung im Landkreis Groß-Gerau bis zum Jahr 2050 Geburtenrate annähernd konstant, Lebenserwartung Basisannahme, Wanderungssaldo 500 Personen p.a. Quelle: HSL, Hessenagentur, eigene Berechnungen 2007 2008 2020 2030 2040 2050 Bevölkerungsstand in Tsd. 253.013 253.576 254.700 252.800 248.300 241.600 unter 20 Jahre in Tsd. 51.021 50.696 45.080 43.990 42.460 39.860 unter 20 Jahre in % 20,2 20,0 17,7 17,4 17,1 16,5 20 bis unter 65 Jahre in Tsd. 155.345 155.304 154.860 143.340 134.580 131.190 20 bis unter 65 Jahre in % 61,4 61,2 60,8 56,7 54,2 54,3 65 Jahre und älter in Tsd. 46.647 47.576 54.760 65.470 71.260 70.550 65 Jahre und älter in % 18,4 18,8 21,5 25,9 28,7 29,2 über 65 bis 67 Jahre in Tsd. 6.056 5.497 5.858 6.572 6.208 5.798 über 65 bis 67 Jahre in % 2,4 2,2 2,3 2,6 2,5 2,4 75 Jahre und älter in Tsd. 18.724 19.098 25.220 32.600 39.970 41.310 75 Jahre und älter in % 7,4 7,5 9,9 12,9 16,1 17,1 Jugendquotient 32,9 32,6 29,1 30,7 31,6 30,4 Altenquotient 30,0 30,6 35,4 45,7 52,9 53,8 Gesamtquotient 62,9 63,2 64,5 78,4 84,5 84,2 Bevölkerungsentwicklung 2008-2050 Landkreis Groß-Gerau 300000 250000 Einwohnerzahl 200000 150000 100000 50000 65 Jahre und älter 20 bis 64 Jahre unter 20 Jahre 0 2008 2020 2030 2040 2050 Jahr Quelle: HSL, Hessenagentur, eigenen Berechnungen 30

Der Odenwaldkreis wird in überdurchschnittlichem Maße vom demographischen Wandel betroffen sein. Es wird trotz unterstellter positiver Wanderungssalden von 340 Personen p.a. ein Rückgang der Bevölkerung um knapp 12.000 Personen prognostiziert. Dies entspricht einer Schrumpfung um über 12 Prozent. Bereits heute ist mehr als jeder fünfte Einwohner im Odenwaldkreis älter als 65 Jahre. Im Jahr 2050 werden es fast 35 Prozent sein. Der so genannte Altenquotient wird von derzeit 35,9 auf 68,5 steigen. Tabelle B III.6: Entwicklung der Bevölkerung im Odenwaldkreis bis zum Jahr 2050 Geburtenrate annähernd konstant, Lebenserwartung Basisannahme, Wanderungssaldo 340 Personen p.a. 2007 2008 2020 2030 2040 2050 Bevölkerungsstand in Tsd. 98.954 98.092 97.300 95.200 91.200 86.200 unter 20 Jahre in Tsd. 20.541 19.908 16.540 15.900 14.410 12.840 unter 20 Jahre in % 20,8 20,3 17,0 16,7 15,8 14,9 20 bis unter 65 Jahre in Tsd. 57.925 57.513 56.630 50.170 45.870 43.530 20 bis unter 65 Jahre in % 58,5 58,6 58,2 52,7 50,3 50,5 65 Jahre und älter in Tsd. 20.488 20.671 24.130 29.130 30.920 29.830 65 Jahre und älter in % 20,7 21,1 24,8 30,6 33,9 34,6 über 65 bis 67 Jahre in Tsd. 2.293 2.069 2.238 2.475 2.189 1.982 über 65 bis 67 Jahre in % 2,3 2,1 2,3 2,6 2,4 2,3 75 Jahre und älter in Tsd. 9.108 9.210 13.130 16.370 19.600 19.820 75 Jahre und älter in % 9,2 9,4 13,5 17,2 21,5 23,0 Jugendquotient 35,5 34,6 29,2 31,7 31,4 29,5 Altenquotient 35,4 35,9 42,6 58,1 67,4 68,5 Gesamtquotient 70,9 70,5 71,8 89,8 98,8 98,0 Quelle: HSL, Hessenagentur, eigene Berechnungen 31

Bevölkerungsentwicklung 2008-2050 Landkreis Odenwaldkreis Einwohnerzahl 100000 90000 80000 70000 60000 50000 40000 30000 20000 10000 0 2008 2020 2030 2040 2050 Jahr 65 Jahre und älter 20 bis 64 Jahre unter 20 Jahre Quelle: HSL, Hessenagentur, eigene Berechnungen 32

C Makroökonomische Auswirkungen des demographischen Wandels in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar bis zum Jahr 2050 Es wurde aufgezeigt, dass bis zum Jahr 2050 die Bevölkerung in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar zurückgeht und sich vor allem ein starker gesellschaftlicher Alterungsprozess in den nächsten Jahrzehnten vollziehen wird. Im Folgenden soll nun der grundsätzlichen Frage nachgegangen werden, welche Auswirkungen vom Bevölkerungsrückgang und des veränderten Altersaufbaus auf das Wirtschaftswachstum und damit auf das Bruttoinlandsprodukt in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar zu erwarten sind. Den Ausgangspunkt der Betrachtung bildet zunächst das neoklassische Standardmodell der Wachstumstheorie nach Solow. Zweifellos ist dieses Modell nicht sehr realitätsnah. Es bietet jedoch den Vorteil, die Einflussfaktoren des wirtschaftlichen Wachstums herausarbeiten und nachfolgend die Bedeutung demographischer Veränderungen auf diese Einflussfaktoren analysieren zu können. So werden in Kapitel C die möglichen Veränderungen des Arbeitskräfteangebots und des Humanvermögens, der Arbeitsproduktivität und des technischen Fortschritts sowie der Investitionstätigkeit auf Grund des demographischen Wandels in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar betrachtet und der Einfluss auf das regionale Wirtschaftswachstum dargelegt. I. Demographischer Wandel und Wirtschaftswachstum Die Höhe des Bruttoinlandsproduktes eines Landes bzw. einer Region gilt als Indikator für den materiellen Wohlstand der Bevölkerung. Dabei kommt es jedoch nicht auf die absolute Höhe des Bruttoinlandsproduktes sondern vielmehr dessen Höhe pro Kopf an. Dies verdeutlicht schon, dass von einem Rückgang der Einwohnerzahl nicht zwingend auf einen Rückgang des materiellen Wohlstands geschlossen werden kann. 33

i. Das neoklassische Wachstumsmodell Im Gegenteil ergibt sich aus dem Standardmodell der neoklassischen Wachstumstheorie, das auf die Arbeiten von Robert Solow zurückgeht, ein Anstieg des BIPs pro Kopf mit sinkender Bevölkerung. Diesem Modell liegen folgende Annahmen zu Grunde: exogenes Bevölkerungswachstum mit gleichmäßiger Veränderung der erwerbsfähigen und nicht-erwerbsfähigen Bevölkerung exogen bestimmter technischer Fortschritt von Beginn an abnehmende Grenzerträge des Kapitals eine geschlossene Volkswirtschaft substitutionale Produktionsfunktion (Cobb-Douglas-Funktion) Der gesamtwirtschaftliche Output wird bestimmt durch die Produktionsfaktoren Kapital, Arbeit und den technischen Fortschritt (1) (2) 1-α α 34

Daraus ergibt sich für das Wirtschaftswachstum (3) = In der neoklassischen Gleichgewichtstheorie wachsen im Gleichgewicht der Kapitalstock und der gesamtwirtschaftliche Output stets mit der gleichen Rate. Steigt der Kapitalstock stärker als der gesamtwirtschaftliche Output, wäre die Kapitalnachfrage größer als das Kapitalangebot. Im Gleichgewicht stimmen jedoch Kapitalangebot und Kapitalnachfrage stets überein: (4) Somit gilt: (5) und (6) Die gesamtwirtschaftliche Wachstumsrate wird somit ausschließlich bestimmt durch das Bevölkerungswachstum und den technischen Fortschritt. 35

Die Veränderung des Kapitalstocks wird bestimmt durch die Höhe der Investitionen sowie die Abschreibungen : (7) Für die Wachstumsrate des Kapitalstocks gilt dann: (8) und (9) Im langfristigen Gleichgewicht verändert sich die Kapitalinstensität Es gilt: nicht mehr. (10) (11) 36

Im Steady-State bleibt der Output je effektiver Arbeitskraft konstant. Der Output je tatsächlicher Arbeitskraft verändert sich jedoch mit dem Wachstum des technischen Fortschritts Die absolute Höhe des Outputs variiert in Höhe der Wachstumsrate des Faktors Arbeit und des technischen Fortschritts. Ein Schrumpfen der Bevölkerung und damit ein Rückgang des Faktors Arbeit wird somit unmittelbar zu einem Rückgang des Wachstums des gesamtwirtschaftlichen Outputs, des Bruttoinlandsproduktes, führen, sofern die Wachstumsrate des technischen Fortschritts nicht höher ist als der Rückgang der Arbeitskräfte. Allerdings steigt mit der abnehmenden Bevölkerungszahl die Kapitalintensität an. Die Schrumpfung des Bruttoinlandsproduktes vollzieht sich langsamer als die des effektiven Arbeitseinsatzes. Das Pro-Kopf-Wachstum des Bruttoinlandsproduktes steigt somit in der Übergangsphase, bis sich ein neues Gleichgewicht ergibt. Im neuen Gleichgewicht ist dann sowohl die Kapitalintensität als auch das Niveau des Pro-Kopf-Outputs nach dem Rückgang der Bevölkerung höher als in der Ausgangssituation. Die Wachstumsrate des Pro-Kopf-Outputs bleibt konstant. Wenn man die Ergebnisse aus diesem Modell zu Grunde legt, dann scheint der Rückgang der Bevölkerung in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar zunächst unproblematisch, aus wohlfahrtstheoretischer Sicht sogar begrüßenswert zu sein. Schließlich käme es langfristig zu einem weiteren Anstieg des Pro-Kopf- Einkommens. Allerdings müssen die Annahmen hinterfragt werden, die hinter diesem neoklassischen Wachstumsmodell stehen. Letztlich ist der technische Fortschritt keine exogene Größe, die erwerbstätige und nicht-erwerbstätige Bevölkerung verändern sich nicht im Gleichschritt und die Qualität des Faktors Arbeit lässt sich durch Investitionen in Humankapital erhöhen. Im Folgenden sollen diese Aspekte 37

näher betrachtet werden. Zwei Aussagen können aber anhand des einfachen Modells schon hier getroffen werden: Aus dem Rückgang der Einwohnerzahl in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar bis zum Jahr 2050 lassen sich nicht unmittelbar ökonomische Wohlfahrtsverluste, gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, ableiten. Der Bevölkerungsrückgang dämpft zwar das absolute Wachstum des Bruttoinlandsproduktes bei ausreichendem technischem Fortschritt kann aber auch in Zukunft das absolute Bruttoinlandsprodukt zunehmen. ii. Auswirkungen des demographischen Wandels auf das Arbeitskräfteangebot und Wirtschaftswachstum Das einfache neoklassische Wachstumsmodell geht davon aus, dass sich die Bevölkerungszahl und die Zahl der Arbeitnehmer im Zeitablauf im Gleichschritt verändern. Wie unsere Projektionen zur Bevölkerungsentwicklung gezeigt haben, ist dies jedoch nicht der Fall. Während die Zahl älterer Menschen stetig steigt, geht die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter zurück. Gegenwärtig sind in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar 696.197 Personen im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 65 Jahren. Bereits bis zum Jahr 2020 ist entgegen dem Bundestrend mit einem Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials auf knapp über 680.000 zu rechnen. Dies entspricht innerhalb des nächsten Jahrzehnts einem Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials um über 2 Prozent. Bis zum Jahr 2030 wird trotz Berücksichtigung einer Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre das Erwerbspersonenpotenzial auf 648.000 und bis zum Jahr 2050 sogar auf 38

588.000 sinken. Dies bedeutet gegenüber dem derzeitigen Stand ein Rückgang von über 108.000 Erwerbspersonen (- 15,5 Prozent). Quelle: HSL, eigene Berechnungen Das tatsächliche Arbeitskräfteangebot wird jedoch nicht nur von der Höhe des Erwerbspersonenpotenzials bestimmt, sondern wesentlich auch von der Neigung zur Erwerbsbeteiligung. Im Rahmen unserer Modellrechnungen wird ein jährlicher durchschnittlicher Zuwachs der Erwerbstätigenquote um 0,15 Prozentpunkte angenommen. Dabei wird ein weiterer Anstieg der Frauenerwerbsbeteiligung sowie älterer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen über 55 Jahren unterstellt. Außerdem wird von einer konstanten Arbeitskräftenachfrage sowie der Konstanz der Jahresarbeitszeiten ausgegangen. Unter diesen Prämissen würde die Erwerbstätigenquote in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar von derzeit 67,65 39