Kaffee gegen Parkinson?

Ähnliche Dokumente
Diabetes-Medikament Metformin wirkt einem der Hauptmerkmale der Alzheimer-Erkrankung entgegen

Morbus Parkinson Ratgeber

Vorbote von Parkinson-Krankheit und Lewy-Körper-Demenz

Naturprodukt AtreMorine kann Parkinsonpatienten. Spanische Wissenschaftler finden heraus!

Kein Hinweis für eine andere Ursache der Demenz

Cindy Former & Jonas Schweikhard

Schmerzen verändern den Blick

PARKINSON. Die Krankheit verstehen und bewältigen. Prof. Dr. med. Claudia Trenkwalder

Therapieansatz für Schwerstdepressive

Parkinson häufig von Depression und Demenz begleitet

Fettmoleküle und das Gehirn

Alzheimersche Krankheit

Wie können wir in Zukunft diese Fragen beantworten?

Ultraschalldiagnostik ermöglicht Früherkennung der Parkinson-Krankheit

"Rundum-Service" für alternde Nervenzellen Aid system for aging nerve cells

Lewy-Körperchen-Demenz und Parkinson-Demenz Informationen für Betroffene und Angehörige

Die Verbindungen zwischen Parkinson und der Huntington Krankheit

Vorwort. Abkürzungsverzeichnis. 1 'Anatomie und Physiologie der Gedächtnisfunktion. 1.1 Anatomische Grundlagen des Gedächtnisses 2

Symptome und Diagnosestellung des Morbus Parkinson

Parkinson und die Blase

Impressum. Zarenga GmbH, Bonn Zarenga GmbH, Pfaffenweg 15, Bonn. Alle Rechte sind vorbehalten.

Tiefe Hirnstimulation bei Bewegungsstörungen. Klinik für Neurologie Klinik für Neurochirurgie

Parkinson. durch Medikamente. Dr. Ilona Csoti, Ärztliche Direktorin. Patienteninformation. Praxisstempel Stand April 2010

Neurologische/ Neurogeriatrische Erkrankungen des höheren Lebensalters

Die Parkinson Krankheit. Diagnostik und Therapie

Die Parkinson Krankheit. Diagnostik und Therapie

Daten bestätigen Bedeutung einer frühen Behandlung von Patienten mit Multipler Sklerose (MS)

Schon leichte seelische Probleme können Leben verkürzen

Schmerzspuren im Gehirn sichtbar gemacht

LoFric encathopedia. Behandlung von Blasenproblemen. Wie sich Parkinson auf die Blase auswirkt. ISK kann helfen

Ein verbreitetes Problem: Tödliche Proteine

Lebensstiländerung kann erhöhten Blutzucker nicht immer senken

Dr. med. Andrej Pauls

Morbus Alzheimer 9 Deine Nahrung sei dein Heilmittel 10 Demenz und Alzheimer als Begriffe 11 Der Uhrentest 12

Vorzeichen von Multiple Sklerose früh erkennen

Weniger Nebenwirkungen bei Herzinfarkt - und Schlaganfall-Therapie? Würzburger Forscher finden neuen Mechanismus bei der Blutgerinnung

praktisch unmöglich, hoffnungslose, hilflose, ohnmächtige Erinnerungen zurückzurufen oder sich depressiv zu fühlen. Gleichzeitig fällt es in dieser

Demenz- eine Krankheit verstehen

Parkinson: Zunehmende Aufmerksamkeit für nicht-motorische Störungen eröffnet neue Therapieoptionen

Benefiz Musik Dinner im Park

Das Lennox- Gastaut-Syndrom

1.1 WAS IST EINE DEMENZ?

Dimebon Enttäuschend bei Alzheimer, könnte aber bei Huntington funktionieren

Logopädie in der Geriatrie

Legale Kinderdroge Ritalin

Warum zittert Opa so? Morbus Parkinson kindgerecht erklärt

VERBRAUCHERINFORMATION. Parkinson

neuronale Plastizität

Ein intensives kombiniertes Therapieprogramm für Menschen mit Morbus Parkinson bestehend aus LSVT LOUD und LSVT-BIG

Ursache der Schizophrenie. Belastungsfaktor Genetisches Risiko und neurologischen Folgen

Gliederung. 1. Biochemie 1.1. Synukleinopathien 1.2. Tauopathien 1.3. Amyloidopathien

Nachweis von Beta-Amyloid-Plaques bei Alzheimer-Patienten möglich Florbetaben könnte derzeitige Diagnosemöglichkeiten verbessern

Wer darf noch ein Auto steuern?

Menschen mit Demenz im Wandel der therapeutischen Möglichkeiten

Thema. Demenz Wenn das Vergessen zur Krankheit wird

Ratgeber "Ernährung bei Krebs" zum Download

Das Lennox-Gastaut-Syndrom

Biologische Psychologie II

Wissen. Demenz Was ist das?

Prionen. Prionen (K. Berendes, S. Lingan)

Demenz Ein Thema, das alle betrifft

Gemeinsame genetische Risikofaktoren bei häufigen Epilepsiesyndromen entdeckt

Den Ursachen der Alzheimer-Erkrankung auf der Spur: Neue Einsichten in zellbiologische Prozesse

NEUE BEHANDLUNGSMÖGLICHKEITEN MONOKLONALE ANTIKÖRPER

Wissen wann man sie faltet

Service im Altersheim-Restaurant

Pflege von Menschen mit Parkinson

Mit neuen Methoden gegen Glioblastome

Ausgabe 03/2015. Magazin. Titel-Thema. Neustart im Kopf: Wie Bewegung das Gehirn leistungsfähiger macht SIHLTRAINING MAGAZIN AUSGABE 03/

Morbus Wilson - Kupferfänger wirken zuverlässiger Weltweit größte Vergleichstudie zu Therapiekonzepten bei angeborener Kupferspeicherkrankheit

"Alzheimer: Eine heimtückische Krankheit wird entschlüsselt"

Alzheimer Ihre Gesundheit - Unser Thema ist ein Service Ihrer niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten in Bayern

1. Das Krankheitsbild Demenz

Starke Magnetfelder helfen bei schweren Depressionen

Parkinson-Syndrom Definition

Neue Aussichten für die Therapie von Hirnerkrankungen und Multipler Sklerose

Die ganz persönliche Krebsbehandlung

Die Lücken im HK Gehirn füllen

Parkinson - Die Krankheit verstehen und bewältigen

Langfristiger Nutzen nicht belegt

experto Der Beraterverlag, ein Unternehmensbereich der VNR Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG Theodor-Heuss Straße Bonn

Neurologen warnen vor Stammzellentherapie für Parkinson-Patienten

Sie sagen Kartoffel. Huntington-Krankheit zu entwickeln.

Genetische Unterschiede beeinflussen die Wirkung von Anti-Brechmitteln

Café Engelchen Stundenweises Betreuungsangebot für demenzielle erkrankte Pflegebedürftige

Fortgeschrittene Therapien in Hirnzellen freisetzen

OZONTHERAPIE BEI SSPE

Erste Gentherapie am Auge - klinische Phase in Sicht

Wissen wächst Bedürfnisse bleiben: Wozu Demenz die Wissenschaft herausfordert

Epilepsie und Endocannabinoide

Fortbildungsveranstaltung für Angehörige von an Demenz Erkrankten

Pflege von Menschen mit Parkinson

7. Symposium Parkinson/ Bewegungsstörungen

Modul 4:Pathophysiologie der Alzheimer- Demenz

Wie Zellmembranen Lipide austauschen

Information für die Presse

Bild: Kurzlehrbuch Neurologie, Thieme

Wir trauern um Herrn Lothar Fack 24. Februar September Herrn Johann te Lake 22. Mai Oktober 2014

Transkript:

Kaffee gegen Parkinson? Göttingen (17. März 2016) - Wissenschaftler des Exzellenzclusters CNMPB an der Universitätsmedizin Göttingen und des Instituts für Molekulare Medizin in Lissabon, Portugal, beschreiben schützenden Effekt von Coffein-ähnlichen Substanzen auf Nervenzellen im Parkinson Modell. Publiziert in der Fachzeitschrift Cerebral Cortex. Aktuelle Therapien bei Morbus Parkinson konzentrieren sich aus-schließlich auf die Linderung der Symptome, wie die für diese Erkrankung typischen motorischen Begleiterscheinungen. Eine ursächliche Behandlungsmethode gibt es nach wie vor nicht. Auffällig kurze Schritte, schlurfender Gang, erstarrte Mimik oder Zittern der Hände machen die Parkinson Krankheit in einem frühen Stadium sichtbar. Ursächlich für diese Symptome ist das Absterben Dopamin-produzierender Nervenzellen in einer speziellen Region des Mittelhirns, der Substantia nigra. Mit fortschreitender Erkrankung treten jedoch häufig auch kognitive Defizite und Demenzen auf. Neuere Studien belegen, dass dies auf das Absterben von Nervenzellen in anderen Hirnregionen zurückzuführen ist. Besondere Hoffnung liegt daher in der Entwicklung geeigneter Therapieansätze, die unbeschädigte Nervenzellen schützen oder die Regeneration von Nervenzellen fördern. Wissenschaftler des Göttinger Exzellenzclusters und des DFG-Forschungszentrums für Mikroskopie im Nanometerbereich und Molekularphysiologie des Gehirns (CNMPB) der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) legen nun in Kooperation mit Kollegen vom Institut für Molekulare Medizin (IMM) in Lissabon neue Belege dafür vor, dass Coffein und Coffein-ähnliche Substanzen eine schützende Wirkung auf Nervenzellen im Parkinson Modell haben Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Cerebral Cortex 1 / 5

veröffentlicht. Die Erkenntnisse der Forscher eröffnen neue Einblicke in die grundlegenden Mechanismen der Parkinson Erkrankung, insbesondere derjenigen Mechanismen die mit der Entwicklung von Erinnerungs- und kognitiven Defiziten in Verbindung stehen. Originalpublikation - Ferreira DG, Batalha VL, Miranda HV, Coehlo JE, Gomes R, Goncalves FQ, Real JI, Rino J, Albino-Teixeira A, Cunha RA, Outeiro TF, Lopes LV (2015) Adenosine A2A Receptors Modulate a-synuclein Aggregation and Toxicity. CEREB CORTEX, 2015 Nov 2. Epub. doi: 10.1093/cercor/bhv268. HINTERGRUNDINFORMATIONEN Besonders charakteristisch für die Parkinson Krankheit ist die pathologische Ansammlung von Aggregaten des alpha-synuklein Proteins (α-synuklein) in Nervenzellen im Gehirn. Diese als Lewy-Körperchen bezeichneten Ablagerungen gehen aus kleineren Vorstufen, den a-synuklein-oligomeren, hervor, die stark toxisch auf Nervenzellen wirken. Lewy-Körperchen finden sich in Dopamin-produzierenden Nervenzellen der Gehirnregion, die für motorische 2 / 5

Fähigkeiten (Bewegung) zuständig ist, sowie in Hirnregionen, die mit dem Erinnerungsvermögen in Verbindung stehen. Daher wird ein Zusammenhang zwischen der Aggregat-Bildung und den in späteren Krankheitsstadien häufiger auftretenden kognitiven Defiziten bzw. Demenzen bei an Parkinson Erkrankten vermutet. Für die Behandlung von motorischen und nicht-motorischen Begleiterscheinungen der Parkinson Erkrankung haben sich Adenosin A2A Rezeptoren immer mehr zu einem attraktiven Ziel entwickelt. Erst kürzlich veröffentlichte Studien schreiben Coffein und Coffein-ähnlichen Substanzen einen schützenden Effekt auf Nervenzellen zu. Demnach hängt diese sogenannte neuroprotektive Wirkung eng damit zusammen, dass Coffein und verwandte Substanzen den Aktivitätszustands von Adenosin A2A Rezeptoren im Gehirn verändern. Wie genau Coffein und verwandte Substanzen ihre neuroprotektive Wirkung entfalten, war jedoch bisher unklar. FORSCHUNGSERGEBNISSE IM DETAIL Das Forscherteam um Prof. Dr. Tiago F. Outeiro, Leiter der Abteilung Neurodegeneration und Restaurationsforschung an der Universitätsmedizin Göttingen, setzt genau an diesem Punkt mit seinen Untersuchungen an. Dass Coffein und Coffein-ähnliche Substanzen an Adenosin A2A Rezeptoren binden und sie blockieren, war bekannt. Die Wissenschaftler untersuchten die Adenosin A2A Rezeptor-abhängige Wirkung von Coffein und verwandten Substanzen auf die durch α-synuklein verur-sachte Aggregatbildung und Toxizität genauer. DANK COFFEIN STERBEN DEUTLICH WENIGER NERVENZELLEN Tatsächlich setzte Coffein die Sterblichkeitsrate von Nervenzellen, die einer großen Mengen an α-synuklein ausgesetzt waren, deutlich herab. Wir konnten zeigen, dass Moleküle wie Coffein, die den Adenosin A2A Rezeptor im Gehirn 3 / 5

ausschalten, tatsächlich auch die Toxizität von α-synuklein beeinträchtigen, sagt Prof. Luísa V. Lopes vom IMM, Senior-Autorin der Publikation. Keinen Einfluss zeigte die Blockierung von Adenosin A2A Rezeptoren auf die Bildung der toxisch wirkenden Vorstufen von α-synuklein, den primären α-synuklein-oligomeren. Die Anzahl an Zellen, in denen sich α-synuklein-aggregate angereichert hatten, war deutlich gesenkt. Coffein und Coffein-ähnliche Substanzen kontrollieren also offenbar die späteren Stadien der α-synuklein-aggregation und verhindern dadurch die Ausbildung einer synaptischen Neurotoxizität, die letztlich auch Degenerationsprozessen entgegen wirkt, die motorische und nicht-motorische Symptome der Parkinson Erkrankung verursachen können, sagt Prof. Dr. Tiago F. Outeiro, ebenfalls Senior-Autor der Publikation. Epidemiologische Studien bestätigen, dass moderater Kaffeekonsum das Risiko an Morbus Parkinson zu erkranken herab setzen kann. Tatsächlich wird Coffein bereits in klinischen Studien auf seine Tauglichkeit als symptomatisches Therapeutikum bei Parkinson getestet. Kaffee hat mittlerweile den Status eines Grundnahrungsmittels erreicht, das macht diese Verbindung besonders interessant. Natürlich ist ein erhöhter Kaffeekonsum dennoch kein geeigneter Therapieansatz, sagt Prof. Luísa V. Lopes vom IMM Lissabon. Wir hoffen allerdings, dass wir mit unserem Wissen weitere Coffein-ähnliche Moleküle identifizieren können, die alle positiven Effekte vereinen, und möglichst wenige unerwünschte und potentiell gefährliche Nebeneffekte aufweisen, sagt Prof. Outeiro. Adenosin A2A Rezeptoren zählen somit zu den wichtigen Zielen für die Entwicklung effektiver Therapeutika bei der Behandlung von Parkinson und verwandter Aggregaterkrankungen. Prof. Dr. Tiago F. Outeiro ist Leiter der Abteilung Neurodegeneration und Restaurationsforschung an der Universitätsmedizin Göttingen. Zudem ist er Mitglied des Göttingen Exzellenzclusters und DFG-Forschungszentrums für Mikroskopie im Nanometerbereich und Molekularphysiologie des Gehirns (CNMPB). Seine Forschungsarbeit konzentriert sich auf die Entschlüsselung der grundlegenden molekularen Mechanismen, die neurodegenerative Prozesse in Krankheiten, wie der Parkinson, Huntington oder der Alzheimer Erkrankung eine Rolle spielen. 4 / 5

WEITERE INFORMATIONEN - www.neurodegeneration.uni-goettingen.de - www.cnmpb.de Quelle: Universitätsmedizin Göttingen - Georg-August-Universität, 17.03.2016 (tb). 5 / 5