Anne Thillosen, Patricia Arnold

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Transkript:

Arnold, Patricia und Thillosen, Anne (2001) Entwicklung virtueller Studienmodule im Rahmen des Bundesleitprojekts "Virtuelle Fachhochschule für Technik, Informatik und Wirtschaft". Evaluationsergebnisse. In: Wagner, Erwin und Kindt, Michael (Hrsg.), Medien in der Wissenschaft. Bd. 14: Virtueller Campus. Szenarien - Strategien - Studium. Münster: Waxmann. S. 402 410. Entwicklung virtueller Studienmodule im Rahmen des Bundesleitprojekts Virtuelle Fachhochschule für Technik, Informatik und Wirtschaft" - Evaluationsergebnisse Anne Thillosen, Patricia Arnold Bevor die ersten Studierenden ab Herbst 2001 an der Virtuellen Fachhochschule für Technik, Informatik und Wirtschaft" (VFH) ihr Studium aufnehmen können, wurden unterschiedlich gestaltete Studienmodule in mehreren Pilotphasen eingesetzt und evaluiert. Im Folgenden werden aus didaktischmethodischer Perspektive einige der zentralen Evaluationsergebnisse und ihre Konsequenzen für die Entwicklung, Umsetzung und Betreuung virtueller Studienmodule dargestellt. Das didaktisch-methodische Entwicklungskonzept virtueller Studienmodule in der Virtuellen Fachhochschule Ziel des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Bundesleitprojektes VFH ist es, innerhalb der fünfjährigen Förderungslaufzeit von 1999 bis 2003 zwei virtuelle Fachhochschulstudiengänge einzurichten, Medieninformatik und Wirtschaftsingenieurwesen. Projektpartner sind zwölf norddeutsche Fachhochschulen, die Universität der Bundeswehr Hamburg und die Medizinische Universität Lübeck sowie weitere Partner aus der Wirtschaft. Das Projekt besteht aus fünf untereinander vernetzten Teilvorhaben, die ihrerseits in weitere Arbeitspakete unterteilt sind. Die konkrete Entwicklung der Studiengänge bzw. der einzelnen Studienmodule erfolgt in zwei studiengangspezifischen Teilvorhaben (Medieninformatik / Wirtschaftsingenieurwesen), wobei die Entwickler(innen) von den anderen Teilvorhaben in den Bereichen Studienorganisation, Methodik und Didaktik sowie Technik unterstützt werden. 1 Die Lehr-/Lernmodule der VFH werden also an unterschiedlichen Standorten und von unterschiedlichen Personen entworfen und umgesetzt; der da- 1 Eine ausführliche Beschreibung des Bundesleitprojekts findet sich bei Zimmer / Schulz / Thillosen 1999.

Entwicklung virtueller Studienmodule 403 mit verbundene unterschiedliche Charakter der einzelnen Module ist durchaus beabsichtigt. Jedoch basieren alle Studienmodule auf einem gemeinsamen didaktischmethodischen Konzept, das im ( Querschnitts-)Arbeitspaket Didaktik und Methodik telematischen Lehrens und Lernens" (DIMETELL) entwickelt wurde. Mit diesem Konzept wird das Ziel verfolgt, den hohen Praxisbezug zu unterstützen, der das Fachhochschulstudium - im Unterschied zu einem Universitätsstudium - auszeichnet und zugleich die autodidaktischen Fähigkeiten der Studierenden zu fördern. Die Kompetenz zu selbständiger Wissensaneignung und zu selbstgesteuertem Lernen wirkt einem Motivationsverlust und damit einem der Hauptprobleme beim Fernstudium entgegen. Um das Konzept für die praktische Entwicklung der Module zu operationalisieren, wurden im Projekt von Beginn an didaktisch-methodische,,leitlinien" zur Entwicklung von Studienmodulen zur Verfügung gestellt, die auf dem Modell einer handlungs- und aufgabenorientierten Didaktik (Zimmer 1998) sowie auf dem Modell der Strukturellen Teilnehmerorientierung (Schulz 1996) beruhen. 2 In den Leitlinien wird besonderer Wert auf die konzeptionelle Entwicklung der Module in mehreren, aufeinander aufbauenden bzw. sich wechselseitig ergänzenden Arbeitsschritten gelegt: aus der Beschreibung des didaktischen Leitbildes für jedes Modul werden die Handlungskompetenzen abgeleitet, die im Modul und - detaillierter - in den einzelnen Lerneinheiten erworben werden sollen. Diesen Kompetenzen entsprechend sollen die Lernaufgaben und die für den jeweiligen Inhalt günstigsten Studienszenarien (zeitlicher Ablauf, einzusetzende Kommunikationstools, Betreuungsformen etc.) und Prüfungsformen gewählt werden. Die für die Entwickler oft im Vordergrund stehenden Überlegungen zur multimedialen und telematischen Umsetzung der Inhalte, Auswahl von medialen Elementen (Text, Bild, Ton, Video, Animation etc.) und die Erstellung des Storyboards sind also nur ein (abgeleiteter) Schritt im didaktisch-methodischen Entwicklungskonzept. Um den Entwickler(innen) die Arbeit mit den Leitlinien in der Praxis zu erleichtern, wurden Arbeitsbögen erstellt, die die schrittweisen Festlegungen im konzeptionellen Bereich vor dem Hintergrund der zu erwerbenden 2 Eine ausführliche Darstellung des grundlegenden Konzepts findet sich bei Zimmer / Rogner / Thillosen 2000.

404 2 Struktur und Implementierung EH&i-i& @ @, Leitlinien zur Modulerstellung: Sequenzen der Arbeitsschritte Didaktische Struktur lnfonnationen Arbeitsergebnisse Hilfen/Werkzeuge EIIH&Hfr Formale Struktur c: 1s III Lehrformen Lernformen Hiifen/ Werkzeuge Prüfungen Abbildung 1: Leitlinien zur Entwicklung von Studienmodulen in der VFH Handlungskompetenzen dokumentieren und den Entwicklungsprozess damit unterstützen sollen. Auch durch ihre Einbindung in den für alle Module zu berücksichtigenden ergonomischen Styleguide" wird die Anwendung der Leitlinien innerhalb des Projektes unterstützt. Nach Auswertung der Evaluationsergebnisse aller Pilotphasen ist eine weitere Überarbeitung der Leitlinien in Form eines Handbuches für Entwickler(innen) geplant. 3 Ein zweiter wichtiger Schritt zur Vereinheitlichung der virtuellen Studienmodule innerhalb der VFH besteht in der Einbindung aller Module in einen einheitlichen Lernraum. Als geeignete technologische Infrastruktur hierfür wurde unter Berücksichtigung technischer und didaktischer Anforderungskriterien die Lernplattform Blackboard gewählt. Auch wenn sich im Einzelnen aus dieser Entscheidung Einschränkungen der Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb eines Moduls ergeben bzw. notwendige Anpassungen von Blackboard deutlich werden, die technisch nicht immer sofort zu bewältigen sind, wird ein gemeinsamer Lernraum als wichtige Voraussetzung für eine leicht zu erlernende, konsistente Handhabung der Module aus 3 Dieser Beitrag fasst die sich zurzeit abzeichnenden Veränderungstendenzen zusammen, die (ggf. in leicht modifizierter Form) in das Handbuch einfließen werden.

Entwicklung virtueller Studienmodule 405 Lernersicht bei gleichzeitiger gestalterischer Vielfalt der Einzelmodule gesehen. Die Evaluationen der Pilotphasen Ablauf der Evaluationen Seit dem Sommersemester 2000 wurden verschiedene Studienmodule aus den beiden Studiengängen in mehreren Pilotphasen erprobt. Dabei variierten die Rahmenbedingungen und die Teilnehmergruppen. In der ersten Testphase im Sommersemester 2000 wurden fünf Module in insgesamt acht Studiengruppen eingesetzt, die sich aus Präsenzstudierenden dreier beteiligter Fachhochschulen zusammensetzten. Den Studierenden standen teilweise PC-Räume der Fachhochschulen zur Verfügung, teilweise wurden die telematischen Studienmodule auch von Präsenzveranstaltungen begleitet. In den Pilotphasen zwei bis vier wurden insgesamt sechs unterschiedliche Module eingesetzt. Teststudierende waren interessierte Personen, die ausschließlich von zuhause oder von ihrem Arbeitsplatz aus das virtuelle Studienangebot wahrgenommen haben; Präsenzveranstaltungen wurden während dieser Pilotphasen nicht angeboten. Alle Pilotphasen wurden von umfangreichen Evaluationen aus den Perspektiven Didaktik und Methodik",,,Softwareergonomie",,,virtuelle Gruppenarbeit" und Technik" begleitet, die sich im Sinne einer formativen Evaluation auf die folgenden Fragen konzentrierten: Wie beurteilten die Studierenden die ersten bzw. die überarbeiteten virtuellen Pilotmodule? Was soll nach den Pilotphasen wie geändert werden? Zur Erhebung der Daten wurden in der ersten Pilotphase Fragebögen zum einen für die Studierenden und zum anderen für die Entwickler und die Dozenten eingesetzt. Zusätzlich wurden Gruppeninterviews mit allen Studiengruppen, vertiefend auch mit einzelnen Studierenden, sowie eine Befragung der Entwickler und Dozenten durchgeführt. Auch in der zweiten Pilotphase wurden Fragebögen an alle Studierenden verschickt und stichprobenartige Telefon-Leitfadeninterviews geführt, die in der dritten Pilotphase fortgesetzt wurden. (Die vierte Pilotphase wird erst nach Fertigstellung dieses Berichts durchgeführt.)

406 2 Struktur und Implementierung Alle eingesetzten Fragebögen wurden in Abstimmung mit den Modulentwicklern erstellt und beinhalten Fragen, die die unterschiedlichen Aktivitäten der Studierenden bei der Arbeit mit dem Studienmodul zum Gegenstand haben. Sie umfassen offene und geschlossene Fragen zum Umgang mit dem Lernraum, zur Aufbereitung der Lerninhalte am Bildschirm, zu den präferierten Aufgabenformen, zur Kommunikation der Studierenden untereinander sowie zur Betreuung durch Dozent(inn)en und Tutor(inn)en. 4 Ausgewählte Evaluationsergebnisse und ihre Konsequenzen Lernraum Alle Evaluationen haben deutlich gezeigt, dass der Lernraum nicht nur die Funktion eines Portals hat, das zum eigentlichen Lerninha,lt" führt, Bondern dabs die Nutzung seiner Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten deutlich zur Erhöhung der Akzeptanz eines Moduls und zur Ausbildung einer Corporate Identity beitrugen, insbesondere in den Pilotphasen, in denen es keine begleitenden Präsenzveranstaltungen gab. Die Evaluationen weisen darauf hin, dass die Studierenden den Lernraum - teilweise nach anfänglichen Eingewöhnungsschwierigkeiten - gerne nutzten - wenn die Betreuer und Dozenten positiv dazu eingestellt waren. Als wichtig stellten sich z.b. die Announcements" heraus: Mit dieser Funktion können die Dozenten auf der Eingangsseite eines Kurses Neuigkeiten" bekannt geben. Im Verlauf der Evaluationsphasen wurde deutlich, dass es hier kaum zu viele Informationen geben kann. Die Studierenden wollen, wenn sie die anderen Kursteilnehmer schon nicht real" erleben, im Lernraum Lebendigkeit": Als in einem Modul eine zeitlang keine Ankündigungen erfolgten, war ein typischer Kommentar:,,Ich frage mich, ob es denn so gar nichts zu berichten gibt." Es reicht also nicht aus, den Lernraum und seine Funktionen ohne konkrete Angaben zu dessen Nutzung im einzelnen Modul und entsprechende Handlungsaufforderungen durch eine aktive Moderation zur Verfügung zu stellen: Eigeninitiative wurde von den Studierenden zunächst selten ergriffen. So sahen z.b. fast alle Studierenden nach, ob die anderen eine eigene Homepage angelegt hatten - eine Funktion, die der Lernraums zur Verfügung stellte -, gaben aber ihrerseits unaufgefordert nur selten Infor- 4 Zum Ablauf der Evaluationen sowie zu deren theoretischer Fundierung vgl. ausführlicher: Rogner / Thillosen 2001 (im Druck)

Entwicklung virtueller Studienmodule 407 mationen zu ihrer Person (was natürlich zu Verärgerung bei denjenigen führte, die sich diese Mühe gemacht hatten). Der Lernraum stellt neben den Informationsfunktionen auch Kommunikationstools zur Verfügung. In allen Pilotphasen wurden die asynchronen Kommunikationsformen von den Studierenden bevorzugt, und zwar in der Reihenfolge E-Mail, Diskussionsforum, Mailingliste. Chat erzielte in der Bewertung durch die Studierenden hinsichtlich der Nützlichkeit für ihre Lernprozesse eher mittlere bis niedrige Werte. Für die Dozenten war die Nutzung des Lernraums in der Planung, aber auch in der Durchführung ihrer Studienmodule offensichtlich zunächst nur wenig im Blickfeld. Sie äußerten häufig, dass ihr Modul auch ohne Lernraum auskomme" oder dass - was für einige Funktionen durchaus zutrifft -,, der Lernraum umständlich und schwerfällig in der Bedienung" sei. Aufgabenformen Aus den Fragebögen ergab sich zunächst in allen Evaluationsphasen ein relativ ähnliches Ranking der von den Studierenden bevorzugten Aufgabenformen. Präferierter Aufgabentyp aus der Sicht der Studierenden waren Aufgaben zur Überprüfung des eigenen Lernstandes, die individuell und relativ schnell zu bearbeiten waren (Multiple-Choice Fragen, Drag-and-Drop-Aufgaben etc.). Auch in den Interviews und Telefoninterviews äußerten einige Studierende den Wunsch nach mehr kurzen Aufgaben zum Selbsttest". Jedoch wurde dieses Urteil in den Interviews auch relativiert: Mehrere Studierende sprachen ihre Skepsis aus, ob denn die automatisch ausgewerteten Aufgaben" für das Lernen wirklich sinnvoll" seien:,,man klickt einfach mal auf Verdacht, trial und error, und wenn es nicht stimmt, versucht man es eben noch mal." Diese Studierenden bevorzugten komplexere Studienaufgaben, bei denen ein Feedback des Betreuers gegeben wurde. In diesem Zusammenhang erwies es sich als ungünstig, dass komplexere Studienaufgaben in vielen Modulen nur als Gruppenaufgaben gestellt worden waren. Die Studierenden hatten jedoch den Wunsch zu zeigen, dass man es selber kann, bei der Lösung von Aufgaben nicht von den anderen abhängig zu sein". Bei den Gruppenarbeiten ( die in einer gesonderten Evaluation ausführlich begutachtet wurden) gab es weitere Schwierigkeiten, auf die hier nicht im Einzelnen eingegangen werden kann. Ein zentrales Ergebnis war jedoch,

408 2 Struktur und Implementierung Ranking der Aufgabentypen / 1. Pilotphase Frage: Wenn Sie sich die Aufgaben im Modul hättm aussuchen können, welche wären Ihnen am liebsten gewesen (Mehrfachnennungen möglich) Anzahl der Nennungen 90.,........,..., -,-.,... -,. -.-,- --.- --, lio 70 60 50 40 30 20 10 0 M.lltiple,, Drag and Gruppen- Freitext stl.ldlen Lücken. andere k.a. Choice Drop aufgaben aufgaben text Abbildung 2: Bewertung der Aufgabentypen (Pilotphase 1) dass eine tutorielle Unterstützung nicht erst auf Anfrage hin" wesentlich ist. Offensichtlich stellte die ungewohnte Form der virtuellen Kommunikation für die Teilnehmenden - unabhängig von der Art der Aufgabenstellung - eine besondere Herausforderung dar. Für die Aufgabengestaltung ist also in künftigen Studienmodulen zu berücksichtigen, dass es unterschiedliche Lernerwünsche und Lernertypen gibt und ein Aufgabenmix mit unterschiedlichen Aufgaben und Aufgabentypen deshalb grundsätzlich zu befürworten ist. Darstellungsformen am Bildschirm - Mediale Präsentation Interessanterweise beurteilten die Studierenden sehr selten Darstellungsformen an sich als wirklich ungeeignet, auch eindeutige Präferenzen gab es nicht. In der ersten Pilotphase wurden telematische" bzw.,,internettypische" und interaktive Darstellungsformen wie Graphiken und Animationen deutlich positiver bewertet als in den folgenden Phasen (möglicherweise auch, weil die Studierenden die Internetgebühren nicht selber bezahlen mussten). Obwohl Audio- und Videoelemente von Studierenden oft gewünscht werden und vordergründig als multimediales Lernen" schlechthin gelten, wurde ihre Unterstützungsfunktion für die Aneignung der Inhalte in mehreren Evaluationsdurchgängen eher gering eingeschätzt.

Entwicklung virtueller Studienmodule 409 Ein wesentlicheres Kriterium für die Akzeptanz war dagegen die Struktur und Übersichtlichkeit der Module, eine Frage, die sowohl die Navigation innerhalb der Lerneinheiten betrifft als auch Metainformationen zum Modul (z.b. zur inhaltlichen Struktur, Struktur und Funktion der Aufgaben, den zeitlichen Ablauf etc.) Auffällig war, dass von den Studierenden z.b. ein Modul überwiegend positiv beurteilt wurde, dessen Navigation aus didaktischer und ergonomischer Perspektive eher unübersichtlich zu sein schien. In den Interviews wurde des öfteren explizit auf den Leidfaden" [!] verwiesen, eine Information zum Umgang mit dem Lernmodul, in dem der Entwickler die Studierenden ermutigte, unterschiedliche Vorgehensweisen auszuprobieren. Fazit Die Entwickler der virtuellen Studienmodule fragen häufig zuerst danach, welche medialen Elemente für die Darstellung welcher Inhalte die günstigsten sind. Es gibt jedoch keine an sich überlegenen Darstellungsformen und keine Rezepte" zur Präsentation bestimmter Inhalte am Bildschirm. Die Entwicklung eines Studienmoduls und die erfolgreiche Durchführung sind viel mehr ein Gesamtentwurf", der erst durch ein aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel der unterschiedlichen Komponenten zustande kommt. Telematisches Lehren und Lernen wird nicht allein durch eine technologische Basis, den Lernraum, und medial aufbereitete Inhalte ermöglicht. Zu diesen notwendigen Voraussetzungen müssen umfängliche Festlegungen hinsichtlich des organisatorischen Ablaufes, Sinn und Zweck einzelner Lerneinheitsabschnitte und -aufgaben in Bezug auf die zu erwerbenden Handlungskompetenzen kommen. Diese Festlegungen müssen nicht nur getroffen werden, sondern den Lernenden im Sinne maximaler Transparenz der Lehr-/ Lernsituation in Form von Metainformationen mitgeteilt werden. Bei den ersten Entwicklerschulungen haben wir festgestellt, dass es für die Dozenten eher schwierig zu sein scheint, den Aufbau eines Moduls in diesem Sinne umfassend zu planen. Die Beschäftigung mit den didaktischen Leitlinien und die daraufhin erfolgende explizite Dokumentation sehen viele Entwickler als einen zu zeitaufwändigen und in der Umsetzung der Module nicht weiter verwertbaren Arbeitsschritt an. Jedoch zeigten die Evaluationen der bisherigen Pilotphasen, dass alle Vorüberlegungen" sinnvolle und geschätzte Informationen für die Studierenden sind.

410 2 Struktur und Implementierung Dieses Ergebnis sollte dazu beitragen, die Leitlinien zur Modulentwicklung - in einer auf den Evaluationsergebnissen beruhenden überarbeiteten Fassung - innerhalb des Projekts stärker zu verankern. Damit wird die Gesamtkonzeption und die Entwicklung eines Moduls aus der Analyse des beruflichen Leitbildes und der zu erwerbenden Handlungskompetenzen heraus gestärkt und dem angestrebten Anwendungsbezug der Fachhochschulausbildung in noch größerem Maße Rechnung getragen. Literatur Rogner, L. / Thillosen, A.: Evaluation der Pilotmodule im Bundesleitprojekt Virtuelle Fachhochschule für Technik, Informatik und Wirtschaft" (VFH). Beitrag zur AG-F-Tagung, 02.02.2001, Karlsruhe. Veröffentlichung in AUE-Tagungsband, Regensburg (2001 im Druck) Schulz, M.: Integrative Weiterbildung - Chancen und Grenzen. Konzeptionelle Überlegungen zur Integration allgemeiner, politischer und beruflicher Bildung. Neuwied 1996 Zimmer, G.M. / Rogner, L. / Thillosen, A.: Didaktisch-methodische Konzeptualisierung des Virtuellen Studiums". Begleitforschung im Bundesleitprojekt Virtuelle Fachhochschule". In: Uniforschung. Forschungsmagazin der Universität der Bundeswehr Hamburg 10 (2000), S. 55-61. Zimmer, G.M. / Schulz, M. / Thillosen, A.: Virtuelle Fachhochschule für Technik, Informatik und Wirtschaft - Pädagogische Begleitung des Bundesleitprojekts. In: Uniforschung. Forschungsmagazin der Universität der Bundeswehr Hamburg 9 (1999), S. 87-93.