Übung im Strafrecht für Fortgeschrittene Sommersemester 2009 4. Besprechungsfall



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Transkript:

Übung im Strafrecht für Fortgeschrittene Sommersemester 2009 4. Besprechungsfall Der Banker B, dessen Gehalt sich im Gefolge der Finanzkrise durch den Wegfall von Bonuszahlungen vermindert hat, möchte dieses Jahr trotz seiner wirtschaftlich schlechten Verhältnisse nicht bei dem örtlichen Opernball fehlen. Schließlich war er die letzten 10 Jahre stets anwesend und kann auf keinen Fall vor seinen Freunden den wirtschaftlichen Abstieg durch Abwesenheit am Opernball offenbaren. Da jedoch die Leasing-Rate für sein standesgemäßes Auto, einen Mercedes S 63 AMG, in diesem Monat schon abgebucht wurde und diese den Großteil seines reduzierten Gehalts einnimmt, kann er sich die Eintrittskarte nicht mehr leisten. Er bedient sich daher eines Tricks. B bietet seinem Kollegen K, der bei einer renommierten deutschen Bank arbeitet und weniger stark prämienabhängig vergütet wird, eine Eintrittskarte zu besorgen. Dieser nimmt das freundliche Angebot des B an. Daraufhin kauft B mit dem Geld des K eine Eintrittskarte. Er erstellt dann mit der technologisch hervorragenden Ausstattung der Bank eine täuschend echt aussehende Kopie der Eintrittskarte des K und gibt dem K das Original. Am Tag des Opernballs versucht B mit seiner kopierten Eintrittskarte Einlass zu erhalten. Der Sicherheitsmitarbeiter am Eingang (S) erkennt den B jedoch von den Jahren zuvor wieder und erinnert sich, wie B dem S im letzten Jahr einen Fünf-Euro-Schein zusteckte und dies überheblich mit dem Ausruf: Wärst besser Banker geworden! kommentierte. Daher kontrolliert er den B besonders sorgfältig und ihm fällt nach Abgleich mit der Kartenliste sofort auf, dass die Kartennummer an diesem Abend schon einmal eingelöst wurde. Als er den B darauf anspricht, sieht dieser seinen Opernballtraum, wie die Träume seiner Lehman-Anleger, zerplatzen und ergreift die Flucht. Aufgrund der genauen Beschreibung des S kommt die Polizei dem B auf die Schliche und es kommt zum Prozess vor dem Amtsgericht. B, der am Abend des Tages vor dem Opernball das Notebook der Tochter T seiner Nachbarin repariert hatte, redet T ein, er habe ihr diesen Freundschaftsdienst einen Tag später geleistet. Daraufhin bittet er sie, in dem Prozess für ihn auszusagen, wobei er auch damit rechnet, dass T vereidigt werden könnte. T weiß aber genau, dass beide einen Tag früher den Abend zusammen am Notebook verbracht haben, möchte jedoch aus heimlicher Verehrung in seinem Sinne aussagen und lässt ihn im guten Glauben. Zu Beginn des Prozess weist der Richter alle anwesenden Zeugen auf ihre Wahrheitspflicht und die Möglichkeit der Vereidigung hin. Danach wird T vernommen und sagt aus, dass beide am Tatabend das Notebook repariert haben. Ihre Aussage wird inhaltlich von der Protokollführerin in das Hauptverhandlungsprotokoll aufgenommen. Der Vorsitzende Richter ordnet wegen der Bedeutung der Aussage von T deren Vereinigung an. Sodann leistet die erst fünfzehnjährige T unter Beachtung aller Förmlichkeiten den Eid. Um den Vorwurf des Staatsanwaltes, B habe aus wirtschaftlichen Gründen die Kopie der Karte erstellt, zu entkräften, lässt B durch seinen Verteidiger den Steuerberater St als Zeugen benennen. B ahnt nämlich, dass dieser ihm zu seinen Gunsten eine gute wirtschaftliche Lage bestätigen werde, da beide ein gutes Verhältnis pflegen und St regelmäßig den Mercedes des B ausleiht. St wird sodann auch durch den Vorsitzenden nach den finanziellen Verhältnissen des B gefragt. St bescheinigt dem B eine wirtschaftlich sehr gute Position und fügt spontan - und 1

ungefragt - hinzu, dass er im Übrigen das Alibi des B bestätigen könne, denn er sei am Abend des Opernballs an T s Haus vorbeigefahren und habe T und B dort gesehen. Auch diese Aussage wird vom Urkundsbeamten protokolliert. Aufgrund der Beweislage wird B frei gesprochen. Wie haben sich B, T und St strafbar gemacht? 60 StPO: Von der Vereidigung ist abzusehen bei Personen, die zur Zeit der Vernehmung das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die wegen mangelnder Verstandesreife oder wegen einer psychischen Krankheit 1. oder einer geistigen oder seelischen Behinderung vom Wesen und der Bedeutung des Eides keine genügende Vorstellung haben; bei Personen, die der Tat, welche den Gegenstand der Untersuchung bildet, oder der 2. Beteiligung an ihr oder der Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig oder deswegen bereits verurteilt sind. 2

Lösungsskizze Tatkomplex 1: Der vergeblich begehrte Einlass Strafbarkeit des B A. Strafbarkeit des B gem. 267 I Var. 1 StGB durch Kopieren der Eintrittskarte Der objektive Tatbestand erfordert das Herstellen einer unechten Urkunde. 1)Tatobjekt - Urkunde (=eine verkörperte Gedankenerklärung, die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist und ihren Aussteller erkennen lässt 1 ) Die täuschend echt aussehende Kopie einer Eintrittskarte enthält die Gedankenerklärung, dass diese Karte zum Besuch des Opernballs berechtigt und ist daher eine verkörperte Gedankenerklärung. Problem Kopie: Ist eine Kopie zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt? Lässt sie ihren Aussteller erkennen? Grds. sind nach der h.m. Kopien keine Urkunden. 2 Teilweise wird die Urkundsqualität bejaht, da Kopien im Rechtsverkehr längst wie Originale behandelt werden. 3 Dagegen spricht aber, dass der Aussteller eines Originals sich nicht zum Inhalt beliebiger Kopien bekennt. Die h.m. lässt aber ausnahmsweise eine Kopie als taugliches Tatobjekt zu, sofern diese vom Aussteller als Original gewidmet wurde oder vom Hersteller mit der Intention erstellt wurde, infolge ihrer guten Qualität im Rechtsverkehr den unzutreffenden Eindruck hervorrufen soll, es handle sich um ein Original. 4 Hier hat B die Fotokopie so gut angefertigt, dass sie den Eindruck eines Originals erweckt. Auch hatte er bei der Erstellung die Intention sie als Original im Rechtsverkehr zu gebrauchen. Somit liegt eine Urkunde isd 267 StGB vor. (+) 2) unecht (=Unecht ist eine Urkunde, die nicht von demjenigen herrührt, der aus ihr als Aussteller hervorgeht. Es muss eine Divergenz von scheinbaren und wirklichen Aussteller bestehen, sog. Identitätstäuschung. 5 ) Aus der Kopie der Eintrittskarte geht als scheinbarer Aussteller der Betreiber des Opernballs hervor, wirklicher Aussteller ist aber B. Damit liegt eine Divergenz vor. Die Urkunde ist unecht. 3)Tathandlung Herstellen (=Hervorbringen einer Urkunde, die den unrichtigen Anschein erweckt, von dem aus ihr erkennbaren Aussteller herzurühren. 6 ) Durch das eigenhändige Kopieren bringt B eine Urkunde hervor, die den unrichtigen Anschein erweckt von der Oper ausgestellt worden zu sein. Damit hat B eine unechte Urkunde hergestellt. II. Subjektiver Tatbestand 1) Vorsatz (= Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung. 7 ) 1 Cramer/Heine in Schönke/Schröder, 267, Rn. 2. 2 BGHSt 24,140. 3 Freund Jus 1991, 723. ff. 4 Erb in MüKo, 267, Rn. 96. 5 Küper, BT, S. 335. 6 Lackner/Kühl, 267, Rn. 17. 7 Fischer, 15, Rn. 3. 3

B wollte hier eine unechte Urkunde herstellen und war sich dessen bewusst. Damit handelte er vorsätzlich. 2)zur Täuschung im Rechtsverkehr Weiterhin müsste B zur Täuschung im Rechtsverkehr gehandelt haben. Hier ist keine Absicht erforderlich, es genügt sicheres Wissen. 8 B wusste sicher, dass er damit im Rechtsverkehr, nämlich über seine Einlassberechtigung, täuscht. Folglich handelte B auch zur Täuschung im Rechtsverkehr. III. Rechtswidrigkeit (+) IV. Schuld (+) V. Ergebnis B hat sich wegen einer Urkundenfälschung gem. 267 I Var. 1 StGB strafbar gemacht, indem er die Eintrittskarte kopierte. B. Strafbarkeit des B gem. 267 I Var. 3 StGB durch Vorzeigen der Urkunde am Eingang 1)Unechte Urkunde, s.o. (+) 2)Gebrauchen (=Zugänglich machen der Urkunde ggü. dem zu Täuschenden und Schaffen der Möglichkeit der Kenntnisnahme 9 ) Hier durch Vorzeigen am Eingang (+) II. Subjektiver Tatbestand (+) III. Rechtswidrigkeit (+) IV. Schuld (+) V. Ergebnis Damit hat sich B durch das durch Vorzeigen der Urkunde am Eingang wegen einer Urkundenfälschung gem. 267 I Var. 3 StGB strafbar gemacht. VI. Konkurrenz zur Herstellung Hat der Täter die unechte Urkunde zunächst hergestellt und gebraucht die Urkunde anschließend in dem von Anfang an vorgesehenen Rahmen für Täuschungszwecke, so kommt nur eine einheitliche Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung zum Tragen. 10 Dieses wird unterschiedlich begründet. Teilweise wird die Urkundenfäschung als ein zweiaktiges Delikt gesehen, bei dem beide Akte eine deliktische Einheit bilden. 11 Andere meinen das Gebrauchmachen sei gegenüber den anderen Formen straflose Nachtat. 12 Eine dritte Ansicht vertritt, dass das Gebrauchmachen das Fälschen und Verfälschen als mitbestrafte Vortaten verdrängt. 13 8 Cramer/Heine in Schönke/schröder, 267, Rn. 91. 9 Lackner/Kühl,Strafgesetzbuch, 267, Rn. 23. 10 Erb in MüKO, 267, Rn. 217 11 Cramer/Heine in Schönke/Schröder, 267 Rn. 79 12 Nürnberg MDR 51, 52. 13 Hoyer in SK, 267, Rn. 114. 4

C. Strafbarkeit des B gem. 263 I, II, 22 StGB, indem B mit kopierter Eintrittskarte Einlass erhalten wollte I. Vorprüfung 1. Strafbarkeit des Versuchs Der versuchte Betrug ist gem. 263 II, 22, 23 I StGB strafbar. 2. Nichtvollendung des Delikts Der Betrug dürfte nicht vollendet sein. Hier wurde B nicht Eintritt gewährt. Daher ist es zu keiner Vermögensverfügung oder einem Schaden gekommen. Somit ist der objektive Tatbestand des Betruges nicht erfüllt. II. Tatentschluss Der Tatentschluss des Versuches entspricht dem Vorsatz beim vollendeten Delikt. 14 1. Täuschen über Tatsachen (=Vorspiegelung falscher und Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen) Die Täuschung kann durch Begehen, also Erteilen einer unwahren Information, oder durch das pflichtwidrige Unterlassen einer zutreffenden Information geschehen. 15 Hier wollte B durch das Vorzeigen der falschen Eintrittskarte konkludent die unwahre Information erteilen, er habe eine Eintrittsberechtigung. Somit wollte er täuschen und hatte diesbezüglich Tatentschluss. 2. Irrtum erregt (=jeder Widerspruch zwischen einer subjektiven Vorstellung und der Wirklichkeit. 16 ) B wollte, dass S glaubt, er habe eine Berechtigung. Daher (+) Ferner war nach Vorstellung des B die Täuschungshandlung auch kausal für die Irrtumserregung. 3. Vermögensverfügung (=jedes Tun oder Unterlassen, das sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt. 17 ) Hier wollte B, dass S ihn auf den Opernball lässt und er dadurch Einlass erhält ohne bezahlt zu haben. Damit wollte er an sich eine Vermögensverfügung. Problematisch könnte sein, dass sich diese Vermögensverfügung zu Lasten des Betreibers des Opernballs ausgewirkt hätte. Hier wäre die Vermögensverfügung aber dem Betreiber nach allen derzeit vertretenen Ansätzen (Nahetheorie, Lagertheorie, Befugnistheorie) 18 zuzuordnen. Damit hatte B auch Tatentschluss hinsichtlich einer Vermögensverfügung. Auch sollte die Vermögensverfügung nach der Vorstellung des B kausal auf der Irrtumserregung beruhen. 4. Schaden (= negativer Saldo zwischen dem Wert des Vermögens vor und nach der irrtumsbedingten Vermögensverfügung 19 ) Hier entsteht eine Minderung des Vermögens, indem die Forderung gegen B nicht geltend gemacht wird. Somit wollte B einen Vermögensschaden, der kausal auf der Vermögensverfügung beruhte, und hatte diesbezüglich Tatentschluss. 5. Absicht rechtswidriger Bereicherung 14 Joecks, 22 Rn. 3. 15 Kindhäuser/Nikolaus, Jus 2006, S. 193 (S. 194) 16 Fischer, 263, Rn. 33. 17 Fischer, 263, Rn. 40. 18 Theorien ausgeführt bei Kindhäuser/Nikolaus, Jus 2006, S. 293 (294) 19 Fischer, 263 Rn. 70. 5

B müsste weiterhin die Absicht rechtswidriger Bereicherung gehabt haben. Für diese muss es dem Täter zunächst zielgerichtet darauf ankommen sich oder einen Dritten zu bereichern. 20 Im vorliegenden Fall kam es B gerade zielgerichtet darauf an, den Preis für die Eintrittskarte nicht zu zahlen und sich somit zu bereichern. Weiterhin muss der von B angestrebte Vermögensvorteil gerade die Kehrseite des Schadens sein, es muss Stoffgleichheit bestehen. 21 Hier besteht der Vermögensvorteil gerade in der Ersparnis des Eintritts und stellt daher die Kehrseite zum Schaden, d.h. des Verlustes des Eintrittsgeldes dar. Weiterhin hatte B keinen Anspruch auf die angestrebte Bereicherung somit war sie auch rechtswidrig. Daher hatte B die Absicht rechtswidriger Bereicherung. III. Unmittelbares Ansetzen Zu prüfen ist, ob B zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar angesetzt hat. Das unmittelbare Ansetzten liegt stets vor, wenn der Täter bereits ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes erfüllt. 22 Hier hat T bereits getäuscht, indem er die kopierte Karte vorgezeigt hat. Dadurch er ein Tatbestandsmerkmal des Betruges erfüllt und somit unmittelbar angesetzt. IV Rechtswidrigkeit (+) V. Schuld (+) VI. Ergebnis B hat sich wegen eines versuchten Betruges gem. 263 I, II, 22 StGB, indem B mit kopierter Eintrittskarte Einlass erhalten wollte. D. Strafbarkeit des B gem. 265a I, II, 22 StGB, indem er mit kopierter Eintrittskarte Einlass erhalten wollte Eine Strafbarkeit des B gem. 265a I, II, 22 StGB scheidet aufgrund formeller Subsidiarität gem. 265a I StGB aus, da der oben geprüfte und hier einschlägige versuchte Betrug schwerer bestraft wird. Tatkomplex 2: Der Gerichtsprozess 1 Strafbarkeit der T A. Strafbarkeit der T gem. 154 I StGB durch Beschwören ihrer Aussage Der objektive Tatbestand des 154 StGB setzt das falsche Schwören vor Gericht oder einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle voraus. 23 1)Zuständige Stelle Hier ist das Amtsgericht eine zuständige Stelle. Der Eid ist zudem in diesem Verfahren zulässig und von der zuständigen Person, dem Richter am Amtsgericht, abgenommen. 20 Hefendehl in MüKo, 263, Rn. 721 21 Hefendehl in MüKo, 263, Rn. 705. 22 Engländer, Jus 2003, S. 330 (S. 331). 23 Lencker in MüKo, 154, Rn. 2. 6

2)Falschheit der Aussage Problem Falschheit: Aufgrund welcher Kriterien ist eine Aussage als falsch zu qualifizieren? Eine Aussage ist nach der subjektiven Theorie falsch, wenn ein Widerspruch zwischen Wirklichkeit und Wissen des Täters besteht. Danach wird auch eine Strafbarkeit begründet, wenn jemand entgegen seinem Wissen etwas Wahres aussagt. Dafür spricht, dass eine zufällig wahre Aussage für die Sachverhaltserforschung von geringem Wert ist, weil mit einer Zufallsbehauptung die Wahrheit nicht ordnungsgemäß bewiesen werden kann. 24 Gegen diese Theorie ist spricht aber, dass das Gesetz in 160 StGB (Verleitung zur Falschaussage) davon ausgeht, dass ein gutgläubiger eine falsche Aussage machen kann; also eine falsche Aussage vorliegt, obwohl kein Widerspruch zwischen Wissen und Wirklichkeit besteht. Hier wusste T, dass sie den Abend nicht mit B bei der Reparatur eines Notebooks verbracht hat. Daher ist ihre Aussage nach dieser Theorie falsch. Nach der objektiven Theorie ist eine Aussage falsch, wenn sie mit dem wirklichen Geschehen nicht übereinstimme, ihr Inhalt also der objektiven Wirklichkeit widerspricht. Dafür spricht, dass sich aus der der Strafbarkeit der fahrlässigen Falschaussage ergibt, dass es nicht auf das subjektive Vorstellungsbild des Aussagenden ankommt, sondern zunächst auf den objektiven Wahrheitsgehalt der Aussage. 25 Hier hat T den Abend nicht mit B verbracht. Damit widerspricht der Inhalt ihrer Aussage der objektiven Wirklichkeit und ist nach dieser Ansicht als falsch zu qualifizieren. Vertreter der Pflichttheorie werten eine Aussage als falsch, wenn der Aussagende seine Aussagepflicht verletzt. 26 Diese ist verletzt, falls der Aussagende sein potentiell erreichbares Erlebnisbild nicht vollständig oder korrekt wiedergibt und nicht über Zweifel an der Qualität ihrer Aussage unterrichte. Dafür spricht, dass eine Strafbarkeit nicht weiter reichen dürfe, als die tatsächliche Möglichkeit des Aussagenden, Aussagen über einen Sachverhalt zu treffen. Hier wusste T, dass sie und B an dem Abend nicht zusammen waren, damit hat sie ihre Aussagepflicht verletzt. Ihre Aussage ist dieser Ansicht nach als falsch zu werten. Damit ist die Aussage der T nach allen drei Theorien falsch. Eine Entscheidung, welcher Theorie zu folgen ist, ist daher nicht erforderlich. 3) Schwören T hat hier den Nacheid geleistet. Sie ist jedoch fünfzehn Jahre alt. Gem. 60 StPO wäre von ihrer Vereidigung abzusehen gewesen. Problem Eidesunmündigkeit: Fraglich ist, wie sich dieser prozessuale Verstoß auf ihre Strafbarkeit auswirkt. Teilweise wird vertreten, dass bei einer prozessordnungswidrig vorgenommenen Vereidigung die Aussage nicht mehr als eidliche Aussage verwertbar ist. Daher komme nur eine Strafbarkeit wegen uneidlicher Falschaussage in Betracht. 27 Dafür spricht auch, dass das Gesetz in 60 StPO selbst davon ausgehe dass einem Jugendlichen unter 16 Jahren die nötige Reife fehlt, die Tragweite einer eidlichen Wahrheitsbekräftigung zu verstehen. Diese Verantwortlichkeitsregelung für den speziellen Fall könne nicht mit der allgemeineren Verantwortlichkeitsregelung nach 3 I JGG wieder aufgehoben werden. 28 Dieser Ansicht folgend wäre also ein falsches Schwören der T abzulehnen. 24 Darstellend Müller in MüKo, 153, Rn. 47. 25 Joecks, Vor 153, Rn. 5. 26 Müller-Dietz, Jus 1984, S. 161 ff. 27 Joecks, 155, Rn. 6. 28 Müller in MüKo, 154, Rn. 13. 7

Eine andere Ansicht sieht bei der versehentlichen Vereidigung eines Eidesunmündigen den Tatbestand des 154 StGB als erfüllt an. 29 Ein prozessualer Verstoß ist lediglich in der Strafzumessung zu berücksichtigen. 30 Nach dieser Ansicht hätte T falsch geschworen. Gegen diese Ansicht spricht allerdings, dass der Gesetzgeber eine Strafmilderung in der Strafzumessung nur für den Fall der uneidlichen Falschaussage ausdrücklich in 157 StGB vorgesehen hat, und gerade nicht für den Meineid. Ausschlaggebend ist hier aber, dass der Zweck des 60 StPO nicht in einer Verantwortlichkeitsregelung zu sehen ist, sondern darin, dass es überflüssig ist, eine wahrheitsgemäße Aussage dadurch herbeiführen zu wollen, dass man den Zeugen mit einem Mittel konfrontiert, dessen Tragweite er nicht versteht. Dieses folgt auch aus einem systematischen Vergleich mit 61 StPO, der von seiner Formulierung im Gegensatz zum 60 StPO ein Recht zugesteht. 31 Daher ist der zweiten Ansicht zu folgen. T hat falsch geschworen. II. Subjektiver Tatbestand (+) III. Rechtswidrigkeit (+) IV. Schuld T war auch gem. 3 S. 1 JGG verantwortlich (+) V. Ergebnis T hat sich wegen eines Meineides gem. 154 I StGB strafbar gemacht, indem sie aussagte, den Abend des Opernballs mit B verbracht zu haben, und dies beschwor. B. Strafbarkeit der T gem. 271 I StGB durch Veranlassen einer Beurkundung durch den Protokollführer 1. Tatobjekt: öffentliche Urkunde (= Urkunden, die von einer öffentlichen Behörde oder einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb ihrer Zuständigkeit in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, vgl. 415 ZPO 32. Sie muss weiterhin öffentlichen Glauben genießen, d.h. bestimmt und geeignegt sein, im Rechtsverkehr die Richtigkeit des Inhalts mit Wirkung für und gegen jedermann zu beweisen. 33 ) Protokoll stellt öffentliche Urkunde dar. (+) 2. Taterfolg: unwahre Urkunde (= der gedankliche Inhalt der Urkunde stimmt nicht mit der Wirklichkeit überein 34 ) Hier stimmt der Inhalt, die Aussage der T, nicht mit der Wirklichkeit überein. Weiter ist zu verlangen, dass diese Unwahrheit sich auf jene Inhalte bezieht, die zu öffentlichen Glauben beurkundet wurden. 35 Beurkundet isv. 271 sind lediglich diejenigen Erklärungen und Tatsachen, auf die sich die Beweiskraft der jeweiligen öffentlichen Urkunde 29 Ruß in LK 154 Rn. 10. 30 BGHSt 10, 143. 31 Reese, JA 2005, S. 612 (S. 613) 32 Cramer/Heine in Schönke/Schröder, 271, Rn. 4. 33 Küper, BT, S. 333 34 Joecks, 271, Rn. 15. 35 Joecks, 271, Rn. 15. 8

bezieht. 36 Die Beweiskraft des Urteils müsste sich also auf die Aussage der T erstrecken. Bei Gerichtsprotokollen ist aber anerkannt, dass dieses nur die Abgabe der Erklärungen, nicht aber deren Richtigkeit beurkunden soll. 37 Damit bezieht sich die Beweiskraft des Protokolls nicht auf die Richtigkeit der Aussage der T. Damit liegt keine unwahre Urkunde vor. II. Ergebnis O hat sich nicht wegen einer mittelbaren Falschbeurkundung gem. 271 I StGB strafbar gemacht, indem sie den Protokollführer dazu veranlasste, ihre Aussage zu protokollieren. 2 Strafbarkeit des St A. Strafbarkeit des St gem. 153 StGB durch Aussage über wirtschaftliche Situation des B I. Objektiver TB 1. zuständige Stelle: St hat vor einem Gericht und damit einer zuständigen Stelle ausgesagt. 2. als Zeuge oder Sachverständiger Auch hat St als Zeuge oder Sachverständiger ausgesagt. 3. Falschheit der Aussage St s Aussage stimmt objektiv nicht mit der Wirklichkeit überein. Er wusste auch, dass seine Aussage nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt und hat ebenso seine Aussagepflicht verletzt. Folglich ist die Aussage des T nach allen drei Theorien (s.o.) falsch. II. Subjektiver TB St wollte etwas Falsches aussagen und wusste dieses auch handelte somit vorsätzlich. III. Rechtswidrigkeit (+) IV. Schuld (+) V. Ergebnis St hat sich durch das Bestätigen der wirtschaftlich guten Situation des B wegen einer uneidlichen Falschaussage gem. 153 I StGB strafbar gemacht. B. Strafbarkeit des St gem. 153 StGB durch Aussage über das Alibi des B 1. Falsche Aussage Problem: Umfang der Wahrheitspflicht Der Umfang der Wahrheitspflicht wird durch den Vernehmungsgegenstand begrenzt. Dieser wird durch die Fragen des Richters bestimmt. Hier sollte St eigentlich zur finanziellen Lage des B aussagen. Er hat jedoch auch das Alibi des B ungefragt bestätigt. Fraglich ist, wie solche Spontanäußerungen zu behandeln sind. Grundsätzlich fallen spontane, den Gegenstand der Vernehmung überschreitende Angaben nicht unter die Wahrheitspflicht, da dadurch die staatliche Rechtspflege nicht bedroht wird. Dies gilt auch, wenn sie eine entscheidungserhebliche Tatsache betreffen. 38 Eine Ausnahme hiervon ist nur machen, falls die spontane Äußerung nach einer Erweiterung des 36 BGHSt 22, 201 (203); Joecks, 271, Rn. 16. 37 Cramer/Heine in Schönke/Schröder, 271, Rn. 23. 38 Lenckner in Schönke/Schröder, Vorbem. 153 ff. Rn. 14. 9

Vernehmungsgegenstandes bestätigt wird. 39 Eine Erweiterung hat hier nicht stattgefunden. Daher liegt keine falsche Aussage des St bzgl. der Alibibestätigung vor. II. Ergebnis St hat sich die Alibibestätigung nicht wegen einer uneidlichen Falschaussage gem. 153 I StGB strafbar gemacht. C. Strafbarkeit des St gem. 271 I StGB durch Veranlassen einer Beurkundung durch den Protokollführer Der objektive Tatbestand ist ebenfalls nicht erfüllt, da sich die Beweiskraft des Protokolls nicht auf die Richtigkeit der Aussage bezieht. (s.o.) 3 Strafbarkeit des B A. Strafbarkeit des B gem. 154 I, 25 I 2. Alt., indem er der T den falschen Termin einredete und um eine Aussage bat Eine mittelbare Täterschaft des B scheidet aus, da es beim 154 I StGB um ein eigenhändiges Delikt handelt. B. Strafbarkeit des B gem. 154 I, 26 StGB, indem er der T den falschen Termin einredete und um eine Aussage bat 1. vorsätzliche rechtswidrige Haupttat Wie oben geprüft, hat T einen Meineid begangen. Dieser stellt eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat dar. 2. Bestimmen (= Hervorrufen des Tatentschlusses 40 ) Hier hat B der T einen falschen Termin eingeredet und dadurch Tatentschluss hervorgerufen. B hat daher O zum Meineid bestimmt. II. Subjektiver Tatbestand (= doppelte Anstiftervorsatz ) Der Vorsatz des B müsste sich sowohl auf die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat der T als auch auf das Bestimmen beziehen. B glaubt, T begehe keinen Meineid, da sie nicht vorsätzlich handele; daher handelt B bzgl. des Vorliegens der vorsätzlich-rechtswidrigen Haupttat nicht vorsätzlich. III. Ergebnis B hat sich nicht wegen einer Anstiftung zum Meineid gem. 154, 26 StGB strafbar gemacht. C. Strafbarkeit des B gem. 160 I Var. 1 StGB, indem er der O den falschen Termin einredete und um eine Aussage bat 1. objektiver Tatbestand des 153, 154 oder 156 Wie oben geprüft, hat T den Tatbestand des Meineides gem. 154 I erfüllt. 39 Joecks, 153, Rn. 5. 40 Joecks, 26, Rn. 9. 10

2. Verleiten (=jede Einwirkung auf den Willen der Beweisperson, die diese dazu bestimmt, die von dem Täter gewollte Tat zu verwirklichen 41 ) Hier war die T bösgläubig. Fraglich ist, ob auch ein nur vermeintlich Gutgläubiger verleitet werden kann. Dies ist umstritten. Teilweise wird vertreten, 160 erfasse nur die Fälle, in denen die Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft vorliegen und eine Strafbarkeit der mittelbaren Täterschaft nur daran scheitere, dass es sich bei den Aussagedelikten um eigenhändige Delikte handele. 42 Hier lägen die Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft aufgrund der Bösgläubigkeit der T nicht vor. Danach wäre hier eine Strafbarkeit gem. 160 StGB abzulehnen. Die Rechtssprechung und ein anderer Teil der Literatur vertreten hingegen 160 StGB erfasse auch die Fälle, in denen der Vordermannes entgegen der Annahme des Hintermannes bosgläubig ist. 43 Begründet wird dies damit, dass Aufgabe des 160 StGB sei, diejenigen Fälle einer Anstiftung zu bestrafen, in denen wegen des Erfordernisses der vorsätzlichen rechtswidirgen Haupttat nicht mehr nach 26 StGB bestraft werden könne. Zu diesen Fällen gehören aber nicht nur diejenigen, in denen der Vordermann nicht vorsätzlich handelt, sondern auch die, in denen der vermeintliche Anstifter nicht weiß, dass der Haupttäter vorsätzlich handelt. 44 Dieser Ansicht folgend läge hier ein Verleiten isd 160 StGB vor. Hier ist allerdings der ersten Ansicht zu folgen, da 160 StGB nur Strafbarkeitslücken schließen will, die aus der Eigenhändigkeit der Aussagedelikte folgen. Es besteht kein Anlass, Fälle einzubeziehen, in denen der Hintermann lediglich versucht hat, sich eines gutgläubigen Werkzeugs zu bedienen, da hier 160 II in Betracht kommt und die Strafmilderung des 23 II StGB zudem nur fakultativ ist. II. Ergebnis B hat sich nicht wegen einer Verleitung zur Falschaussage gem. 160 I StGB strafbar gemacht, indem er der T den falschen Termin einredete und um eine Aussage bat. D. Strafbarkeit des B gem. 160 I, II, 22 StGB, indem er der T den falschen Termin einredete und um eine Aussage bat I. Vorprüfung 1. Strafbarkeit des Versuchs Die versuchte Verleitung ist gem. 160 II, 22 StGB strafbar. 2. Nichtvollendung des Delikts Das Delikt dürfte nicht vollendet sein. Hier fehlt das Verleiten, da T gutgläubig war. Daher ist der objektive Tatbestand des 160 I StGB nicht erfüllt. Das Delikt ist nicht vollendet. II. Tatentschluss B musste Tatentschluss gehabt haben. B könnte die T verleiten gewollt haben. Durch das Einreden des falschen Termins wollte er die T dazu bestimmen, die von ihm gewollte Falschaussage zu begehen. Damit hatte B Tatenschluss bzgl. des Verleitens. Weiterhin 41 Joecks, 160, Rn. 3. 42 Joecks, 160 Rn. 6. 43 BGHSt 21, 116f. 44 Sk-Rudolphi 160 Rn. 4. 11

müsste sich dieser auf den Meineid erstreckt haben. Hier hat B zumindest die Vereidigung und den Meineid billigend in Kauf genommen. Damit hatte B auch Tatentschluss hinsichtlich des Meineides. III. Unmittelbares Ansetzen B musste zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar angesetzt haben. Hier hat B durch Einreden und Bitten zur Aussage bereits begonnen den Tatbestand zu verwirklichen und damit unmittelbar angesetzt. IV. Rechtswidrigkeit (+) V. Schuld (+) VI. Ergebnis B hat sich einer versuchten Verleitung zur Falschaussage gem. 160 I, II, 22 StGB strafbar gemacht, indem er der T den falschen Termin einredete und um eine Aussage bat. E. Strafbarkeit des B gem. 153, 26 StGB durch die Benennung des St als Zeugen I.Objektiver Tatbestand Bestimmen B könnte St zur Falschaussage bestimmt haben, indem er ihn als Zeuge für eine bewusst wahrheitswidrige Behauptung benennt. Anders als im Zivilprozess reicht eine bloße Zeugenbenennung im Strafprozess nicht aus eine Anstifterstrafbarkeit zu begründen, selbst wenn der Angeklagte davon ausgeht, der Zeuge werde zu seinen Gunsten falsch aussagen. Vielmehr ist diese Möglichkeit Ausfluss des 219 StPO. 45 Daher liegt kein Bestimmen vor. II. Ergebnis B hat sich nicht wegen einer Anstiftung zur Falschaussage strafbar gem. 153 I, 26 StGB gemacht, indem er den St als Zeugen benannte. F. Strafbarkeit des B gem. 153, 27 I, 13 StGB durch die Benennung des St als Zeugen und Schweigen während der Vernehmung 1.vorsätzliche rechtswidrige Haupttat Als vorsätzliche rechtswidrige Haupttat liegt die oben geprüfte Falschaussage des St vor. 2. Hilfeleisten (= jede kausale Förderung der Haupttat 46 ) Hier käme eine Förderung der Falschaussage durch Unterlassen, indem B während der Falschaussage des von ihm benannten Zeugen schwieg, in Betracht. Hierzu müsste das Unterlassen des B aber einem aktiven Tun gleichgestellt sein. B müsste eine besondere Rechtspflicht zum Handeln gem. 13 StGB treffen. Er müsste eine Garantenstellung innehaben. B hat T als Zeuge einer wahrheitswidrigen Behauptung benannt. Daher kommt eine Garantenstellung aus Ingerenz in Betracht. Dies ist jedoch umstritten. Eine Ansicht sieht diese Garantenstellung begründet, da derjenige, der eine Gefahr geschaffen habe, nach den allgemeinen Grundsätzen dafür verantwortlich ist, den aus dieser 45 Heinrich, JUS 1995, S. 1115 (S. 1117). 46 Joecks, 27, Rn. 7. 12

Gefahr folgenden schädlichen Erfolg abzuwenden, auch wenn er sich dadurch selbst der Strafverfolgung aussetzt. 47 Danach wäre hier eine Garantenstellung zu bejahen. Andere lehnen eine Garantenstellung aus Ingerenz in diesen Fällen grundsätzlich ab. Der Zeuge handle unter eigener Verantwortung; weiterhin sei es für einen Angeklagten unzumutbar, eine für sich selbst günstige wenn auch wahrheitswidrige Zeugenaussage richtig zu stellen. 48 Dieser Ansicht folgend läge hier also keine Garantenstellung vor. Eine vermittelnde Ansicht verneint grundsätzlich eine Garantenpflicht aus Ingerenz. Nur wenn der Zeuge in eine prozessunangemessene besondere Gefahr der Falschaussage gebracht werde, für diese müssen neben der bloßen Benennung weitere Umstände hinzukommen. 49 Hier sind solche weiteren Umstände nicht ersichtlich. Dieser Ansicht folgend läge ebenfalls keine Garantenstellung des B vor. Der zweiten Ansicht ist zu folgen, da den Angeklagten im Prozess keine Wahrheitspflicht trifft, er ein Recht zur Lüge hat und daher keine Interventionspflicht des Angeklagten bestehen kann, auch nicht wenn er den Zeugen formal benannt hat. Somit ist eine Garantenstellung des B abzulehnen. IV. Ergebnis B hat sich durch die Benennung des St als Zeugen und Schweigen während der Vernehmung keiner Beihilfe zur Falschaussage durch Unterlassen gem. 153 I, 27 I, 13 StGB strafbar gemacht. Gesamtergebnis & Konkurrenzen T hat sich wegen eines Meineides gem. 154 I StGB strafbar gemacht. St hat sich wegen einer uneidlichen Falschaussage gem. 153 StGB strafbar gemacht. B hat sich wegen einer Urkundenfälschung gem. 267 I Var. 1 StGB strafbar gemacht und wegen eines versuchten Betruges gem. 263 I, II, 22 StGB durch den Kopiervorgang mit anschließender Verwendung der Kopie. Die Urkundenfälschung und der versuchte Betrug bilden eine Tateinheit gem. 52 StGB. Weiterhin hat sich B einer versuchten Verleitung zur Falschaussage gem. 160 I, II, 22 StGB strafbar gemacht. Diese steht zur Urkundenfälschung und zum versuchten Betrug in Realkonkurrenz gem. 53 StGB. Anmerkung zu einer möglichen Strafbarkeit wegen Strafvereitelung: Eine Strafbarkeit des B wegen Strafvereitelung scheidet schon aus, weil B nur sich selbst der Strafverfolgung entziehen will. Es liegt schon keine taugliche Vortat vor. Auf 258 V StGB kommt es hier insofern nicht an. Für T und St kommt allerdings eine Strafbarkeit wegen Strafvereitelung in Betracht. 47 RGSt 70, 82. 48 Joecks, Vor 153 Rn. 11. 49 darstellend Heinrich, JuS 1995, S. 1115 (S. 1118ff.). 13

Literaturhinweis zur Vertiefung: Geppert, Klaus Grundfragen der Aussagedelikte, in JURA 2002, S. 173 181. 14