Klimagerechtigkeit heisst mehr Engagement der Schweiz!

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Medienkonferenz zur Übergabe der «Petition für eine gerechte Klimapolitik» Bern, 28. Mai 2015 Statement von Peter Niggli, Geschäftsleiter Alliance Sud Klimagerechtigkeit heisst mehr Engagement der Schweiz! Mit der heute eingereichten Petition verlangen 107 765 in der Schweiz mehr Klimagerechtigkeit. Gemäss dem Verursacherprinzip muss die Schweiz den Ärmsten und Verwundbarsten in der Welt mehr Unterstützung im Kampf gegen den Klimawandel und dessen Folgen zusagen. Im Beispiel meiner Vorrednerin wurde klar, worum es geht: Die entwickelten Staaten inklusive der Schweiz sind hauptverantwortlich für den Klimawandel. Die Auswirkungen jedoch treffen vor allem Millionen Menschen in Entwicklungsländern. Sie stehen vor zunehmenden klimabedingten Herausforderungen: Ausgedehnte Dürrekatastrophen vernichten ihre Ernten, Überschwemmungen bedrohen ihre Lebensgrundlage und ganze Dörfer, der steigende Meeresspiegel verunreinigt die Trinkwasserspeicher küstennaher Städte. Auswirkungen des Klimawandels vertreiben bereits heute Hunderttausende und führen zu ersten internationalen Spannungen. Unterstützung der Ärmsten bei der Anpassung an den Klimawandel Der Grossteil der weltweiten Unwetterkatastrophen kann inzwischen mit dem vom Menschen verursachten Klimawandel in Verbindung gebracht werden. Dabei könnten Katastrophen durch geeignete Anpassungsmassnahmen vermieden werden. Das sehen wir in der Schweiz: Die Starkniederschläge vom Mai führten zwar zu bedrohlich hohen Wasserständen im Berner Ober- und Mittelland. Dank Schutzbauten und einem vorausschauenden, ausbalancierten Wasserstandsmanagement konnten schlimmere Folgen erfolgreich abgewendet werden. Den Entwicklungsländern fehlen jedoch oft das Knowhow und die Mittel, um ihre Bevölkerungen vor Überschwemmungen oder anderen Katastrophen zu schützen. Die Industrie- und Schwellenländer, welche für den zunehmenden Klimawandel verantwortlich sind, müssen den betroffenen Entwicklungsländern bei Vorsorge und Schutz gegen den Klimawandel helfen. Klimawandel bedroht Fortschritt und Entwicklung in den ärmsten Ländern Neben Anpassungsmassnahmen muss auch der weitere Anstieg der Treibhausgase in der Atmosphäre gebremst werden, damit sich diese um nicht mehr als 2 Grad Celsius erwärmt. Die vielemittierenden Industrie- und Schwellenländer müssen ihre eigenen Emissionen eindämmen, aber 1

gleichzeitig mithelfen zu vermeiden, dass der wirtschaftliche und soziale Aufschwung der ärmsten Länder zu weiteren Treibhausgasemissionen führt. Das ist auch im legitimen eigenen Interesse. Wenn wir erwarten, dass Entwicklungsländer bei ihrem Aufschwung nicht wie wir auf fossile Technologien setzen, müssen wir sie dabei unterstützen, auf erneuerbare Technologien zu setzen. Es braucht deshalb neue, zusätzliche Mittel für Klimaschutzmassnahmen in Entwicklungsländern. Ein Umschichten der bestehenden Entwicklungsgelder wäre fatal! Denn effektive Klimamassnahmen greifen nur dann, wenn sie Hand-in-Hand und in Ergänzung zu herkömmlicher Entwicklungszusammenarbeit stattfinden. Die beschränkten Entwicklungsbudgets, einschliesslich der bestehenden Hilfe aus Geberländern, müssen prioritär für Armutsbekämpfung reserviert bleiben. Um auf das Beispiel aus Indien zurückzukommen: Damit die ländliche Bevölkerung eine Chance hat, ihre landwirtschaftliche Produktion an verändernde Gegebenheiten anzupassen, braucht es Investitionen in Forschung und angepasstes Saatgut, die Möglichkeit zur Speicherung von Regenwasser für Dürreperioden, usw. Dabei darf aber nicht bei Bildung, Gesundheit oder anderen Armutsbekämpfungsmassnahmen gespart werden. Von der Schweiz wird pro Jahr rund eine Milliarde Franken erwartet Die Industriestaaten haben den Entwicklungsländern ab 2020 zusätzlich zur heutigen Entwicklungsfinanzierung jährlich 100 Milliarden US-Dollar im Kampf gegen den Klimawandel und dessen Folgen in Aussicht gestellt. Aufgrund ihres Pro-Kopf-Ausstosses inklusive der Treibhausgase, die durch den Import und Konsum von Gütern entstehen muss sich die Schweiz auf einen Beitrag von rund einer Milliarde Franken einstellen. Ein Erfolg des Klimagipfels von Paris Ende dieses Jahres wird stark davon abhängen, ob die reichen Länder verbindliche Zusagen machen, um die Ärmsten dieser Welt angemessen im Kampf gegen den Klimawandel zu unterstützen. Deutschland hat letzte Woche eine Verdopplung seines Beitrags auf 4 Milliarden Euro pro Jahr bekanntgegeben. Nach Bevölkerungszahl und Brutto-Inlandprodukt bereinigt, würde dies einem Schweizer Beitrag von etwa 800 Millionen Franken entsprechen. Nun muss die Schweiz nachziehen: Als eines der wohlhabendsten Länder der Welt kann sich der Bundesrat nicht weiter davor drücken, ebenfalls faire, verbindliche Zusagen zu machen. 2

Statement Rupa Mukerji, Co-Autorin des Uno-Weltklimaberichts (IPCC), Mitglied der Helvetas-Geschäftsleitung Im Namen der Menschen in Entwicklungsländern Ich lade Sie ein, sich mit mir in den nächsten paar Minuten in das Leben einer Frau in einem Entwicklungsland zu versetzen. Wir sind in Delhi. Es ist 9:15 am Morgen und bereits 37 Grad Celsius am Schatten. Wir sind unterwegs zur Baustelle, auf der Sie arbeiten. Bis Mittag werden die Temperaturen die 40 Grad Celsius-Marke übersteigen. Sie versuchen, sich auf einen weiteren, langen Arbeitstag einzustellen, an dem Sie wie immer unter der prallen Sonne körperlich sehr anstrengende Arbeit verrichten werden. Ihr Zuhause besteht aus einem einfachen Wellblech-Verschlag am Strassenrand, der kaum Schutz bietet. Aber wieso sind Sie überhaupt hier? Sie sollten doch in ihrem Heimatdorf sein und sich um Ihr kleines Stück Ackerland und das Vieh kümmern. Sie sind hier, in der 2 000 Kilometer entfernten Hauptstadt, weil Ihr Acker die letzten drei Jahre keine Ernte mehr hervorgebracht hat. Die Landwirtschaft in Ihrer Heimatregion ist vom Monsun abhängig. Es gibt keine Brunnen oder andere Wasserquellen für Bewässerung. Im ersten Jahr, als der Monsun einsetzte, pflanzten Sie wie gewohnt die Setzlinge. Doch dann blieb der Regen für vier Wochen aus und Ihre Setzlinge verdorrten. Als es nach einiger Zeit dann doch wieder zu regnen begann, versuchten Sie es erneut: Sie pflanzten neue Setzlinge. Aber das himmlische Nass versiegte bereits nach ein paar Tagen erneut. Auch die neuen Setzlinge vertrockneten. Als Sie zum dritten Mal setzen konnten, blieb fast keine Zeit mehr bis zum Wintereinbruch, um Ihre Pflanzen gedeihen und reifen zu lassen. Die beiden darauffolgenden Jahre wiederholte sich diese Geschichte allerdings mit einem veränderten Muster von Regen und Trockenheit. Dieses Jahr hatten Sie weder Saat noch genügend Essensvorräte; und schon gar kein Geld, um sich und der Familie Essen zu kaufen. Deshalb machten Sie sich mit vielen anderen Ihres Dorfes auf, um es als Tagelöhnerin in der Stadt zu versuchen. Die Leute erzählen Ihnen, dass sich das Klima ändert und dass es neue Sorten gibt, die den veränderten Wetter-Umständen gewachsen seien. Doch Sie haben keine Ahnung, wie und wo Sie solches Saatgut finden würden. Man sagt auch, dass das Wetter verrückt spielt, weil die Menschen die Luft verpesten. Aber Sie haben ja nicht mal ein Fahrrad. Zum Glück ist Ihr Zuhause wenigstens ans elektrische Netz angeschlossen und Sie besitzen eine Glühbirne! Weil es viel weniger regnet als früher, produziert das kleine Wasserkraftwerk nur noch Strom während vier Stunden pro Tag. Der Grundwasserspiegel Ihres Dorfes ist inzwischen um 60 Meter gefallen. Die alten Quellen und Handpumpen sind versiegt. Wenigstens versorgt die Regierung Ihr Dorf zweimal pro Woche mit Tankwagen. Oft kommt es zu Handgreiflichkeiten unter den Bewohnern, deshalb kommt der Tankwagen manchmal mitten in der Nacht. Die Leute bleiben immer öfter auf, um diesen Zeitpunkt ja nicht zu verpassen und bei der wöchentlichen Wasser-Vergabe für Ihre Familie leer auszugehen. Gewisse Leute sagen, dass sich das Klima auch wegen der Umweltzerstörung ändert. Auch Sie verfeuern Zweige und Kuhdung, um zu kochen. Gerne hätten Sie einen elektrischen oder einen Gasofen, denn regelmässig sterben Frauen in Ihrem Dorf an den Folgen der ständigen Rauchbelastung. Doch solche Alternativen stehen Ihnen und den meisten im Dorf nicht zu Verfügung. 3

Was wird die Zukunft Ihnen und ihren Kindern bringen? Der letzte Uno-Sachstandbericht, der die Forschungsergebnisse und Analysen aus über 1 200 Klimaszenarien zusammenfasste, zeigt auf, dass wir ohne verstärktes Engagement beim Klimaschutz auf eine Welt mit einer mittleren Temperaturerhöhung von 3.7 4.8 Grad Celsius bis Ende dieses Jahrhunderts zusteuern. Am stärksten und deutlichsten wird der Einfluss auf das sensible, komplexe Wettersystem sein. Zum Beispiel auf die Monsunzyklen, von der die indische Landwirtschaft und Ökonomie abhängen. Sich ändernde Durchschnittstemperaturen werden zu irreversiblen Veränderungen in Ökosystemen führen, welche wiederum die Nahrungssicherheit und damit die Existenzgrundlage für einen Grossteil der Bevölkerung schmälern. Die Auswirkungen werden sich nicht nur über veränderte Durchschnittstemperaturen oder Regenmengen bemerkbar machen, sondern durch häufigere und stärkere Wetterextreme wie zum Beispiel längere und heissere Dürreperioden. Um die Klimaerwärmung auf maximal 2 Grad Celsius zu beschränken, wie die Mehrzahl der Staaten verspricht, dürfen künftig nur noch 600 bis 1 200 Gigatonnen CO 2 in die Atmosphäre gelangen. Zum Vergleich: Über die letzten Jahrzehnte haben die Industriestaaten durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern insgesamt 1,850 Gigatonnen CO 2 emittiert. Vom limitierten «Kohlestoff- Budget» werden die hochentwickelten und die Schwellenländer auch in Zukunft einen Grossteil konsumieren; den Entwicklungsländern wird ein zusehends schrumpfender Anteil übrig bleiben. Heute müssen eine Milliarde Menschen mit weniger als 1.25 US-Dollar pro Tag auskommen; ihre Staaten und die internationale Entwicklungshilfe müssen für diese Menschen einen Ausweg aus dieser absoluten Armut finden (2.2 Milliarden Menschen leben unterhalb der USD 2-Grenze). 1.2 Milliarden Menschen haben immer noch keinen Zugang zu Elektrizität. 1.2 Milliarden junge Menschen auf der Welt, darunter 85% in Entwicklungsländern, brauchen dringend Arbeit und eine Zukunftsperspektive. Und all dies ohne zusätzliche Treibhausgas-Emissionen! 107 765 Menschen in der Schweiz glauben, dass ihr Land mehr tun muss, um die Entwicklungsländer bei der Bewältigung der Folgen des Klimawandels zu unterstützen. Wie ich Ihnen in meinem Referat hoffe illustriert zu haben, leiden oft die Armen, die den bereits einsetzenden Klimawandel selber kaum zu verantworten haben, als erste und am stärksten unter dessen Auswirkungen. Kommt dazu, dass sie und ihre Behörden die allernotwendigsten Lebensbedürfnisse schon jetzt kaum befriedigen können. Es bleibt deshalb wenig Raum und Geld, darüber hinaus in Klimaanpassungsmassnahmen zu investieren. Die Frauen und Kinder, Jungen und Männer aus Entwicklungsländern hoffen deshalb, dass die Regierung der Schweiz ihren fairen Anteil dazu beiträgt. 4

Statement Thomas Vellacott, CEO WWF Schweiz Die Schweizer Bevölkerung will eine gerechte Klimapolitik Die Politik tut zu wenig Die internationale Staatengemeinschaft und mit ihr die Schweiz will gefährlichen Klimawandel, verursacht durch einen Temperaturanstieg von über 2 Grad Celsius, verhindern und die Wissenschaft sagt, was Industrieländer dafür tun müssen: Die eigenen Emissionen sind bis 2020 um 40% unter das Niveau von 1990 zu senken, wie dies auch die Petition der Klima-Allianz fordert. Mit dem geltenden CO₂-Gesetz ist das zwar möglich, doch der Bundesrat nutzt die Möglichkeiten nicht. Er setzt nur das absolute Minimum um und riskiert damit, selbst das gesetzliche Minimalziel von 20% weniger Treibhausgasen zu verpassen. Mit parlamentarischen Störmanövern versuchen Economiesuisse und die Erdölvereinigung zusätzlich, die ohnehin schon minimalistische Schweizer Klimapolitik weiter zu schwächen. Inzwischen hat der Bundesrat neue Klimaziele für das Jahr 2030 beschlossen. Im kommenden Jahrzehnt sollen die Emissionen im Inland jedes Jahr um 1% sinken. Die EU und selbst die USA machen mit 2% pro Jahr doppelt so viel. 3% sind nötig, wenn der Bundesrat sein eigenes Ziel von maximal 2 Grad Erwärmung ernst nimmt. Für die Klima-Allianz ist klar: Eine gerechte Klimapolitik heisst 3% pro Jahr, was von 107'765 Menschen mit der heute eingereichten Petition unterstützt wird. Das ist fair, machbar und das beste Modernisierungsprogramm für die Schweiz. Wirtschaftlich ein Gewinn Klimaschutz sei teuer, und wenn schon wäre er im Ausland viel billiger zu haben. So lautet das Mantra der Umweltschutz-Abbauer im Parlament und in gewissen Wirtschaftsverbänden. Zum Glück stimmt das nicht. Nehmen wir die Gebäudeheizungen als Beispiel, weil sie in der Schweiz die grösste Quelle von CO 2-Emissionen sind. Die Schweiz belegt bei der Anzahl Ölheizungen international einen Spitzenplatz. Eine Wärmepumpenheizung verursacht 10 Mal weniger CO₂-Emissionen als die besten Ölheizungen und kostet inklusive Energie und Unterhalt in einem typischen Fall einen Drittel weniger. Auf klimafreundlichere Heizungen umzusteigen, ist also auf jeden Fall lohnenswert. Das gleiche gilt für effizientere Fahrzeuge, die zweitwichtigste CO₂-Quelle. Würden die Schweizer ebenso effiziente Autos kaufen wie die Dänen, könnten die Autofahrer hierzulande jedes Jahr eine Milliarde Franken Benzin- und Dieselkosten sparen. Klimaschutz im Inland ist darum günstiger als Nichtstun. Und er ist günstiger als im Inland Geld für fossile Energien zu verschwenden und zusätzlich im Ausland Klima-Zertifikate zu kaufen. Die Schweiz soll Klimaschutz im Ausland unterstützen, aber nicht anstelle von Klimaschutz im Inland. Schliesslich verursachen wir mit Importen im Ausland grosse CO 2-Emissionen noch einmal so viel wie im Inland. Mit unserer Wirtschaftskraft und den in den letzten Jahrzehnten in der Atmosphäre deponierten Emissionen stehen wir zusätzlich in der Verantwortung. 5

Die Bevölkerung will mehr Klimaschutz Die Bevölkerung schaut zum Glück in die Zukunft und nicht in die Vergangenheit. Heute haben wir die Petition der Klima-Allianz mit 107 765 Unterschriften eingereicht. Das ist die Stimme der Mehrheit. Denn: Laut der kürzlich veröffentlichten Univox-Umweltstudie von gfs-zürich finden 71% der Befragten, dass mehr für den Klimaschutz getan werden muss. Für eine klare Mehrheit sollte die Schweiz gar den Anspruch haben, das klimafreundlichste Land Europas zu werden. Zudem sehen die Menschen viel mehr wirtschaftliche Vorteile als Nachteile in einer nachhaltigen Energie- und Klimapolitik.* Beim Klimawandel geht es für unzählige Arten und Millionen von Menschen ums Überleben. Die Klima-Allianz verlangt einen fairen Beitrag der Schweiz, damit die durch den Klimawandel verursachte Erwärmung die gefährlichen 2 Grad nicht übersteigt. Das lohnt sich für die Bevölkerung, für die Natur und nicht zuletzt auch für die Wirtschaft. *Download: http://assets.wwf.ch/downloads/gfszh_umwelt_2014_def.pdf bzw. http://bit.ly/1jt2iis 6