Glücklich durch geglückte Beziehungen Psychologie der Beziehungsgestaltung Thomas Berger, Universität Bern

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Transkript:

Glücklich durch geglückte Beziehungen Psychologie der Beziehungsgestaltung Thomas Berger, Universität Bern Wenn wir beide glücklich wären, worüber würden wir dann diskutieren? 1 Glücklich durch geglückte Beziehungen Bundesrätin Sommarugas Tipp: 2 1

Soziale Beziehungen und Lebenszufriedenheit / Glück Very happy people haben erfüllendere Beziehungen als less happy people (Diener & Seligman, 2002) Wir sind glücklicher, wenn wir Zeit mit Freunden verbringen (z.b. Srivastava, 2008) Personen mit einem festen Lebenspartner sind im Schnitt glücklicher als Singles (Argyle, 1999)... 3 Glückskinder (SRF 5.4.2012) 4 2

Botschaft in vielen Büchern zu Glück Glück muss von innen heraus kommen; sollte nicht von anderen abhängen; andere sind nicht verantwortlich für Dein Glück; du bist nicht verantwortlich für das Glück anderer; lass deine innere Ruhe nicht durch andere stören; zuerst musst Du glücklich sein, dann kannst Du auch in Beziehungen glücklich werden 5 Was Kinder zum Glück brauchen... John B. Watson (1928): warnte vor zu viel Mutterliebe Gesunde Distanz führt dazu, dass Kinder sich von innen heraus entwickeln Durch das Verhätscheln züchtet man emotional bedürftige Kinder heran 6 3

Bowlby (1969). Attachment and Loss Bindung genau so essentiell wie essen und trinken Bindung = Grundbedürfnis (wenn Bindungsbedürfnis durch emotional responsive Bezugsperson befriedigt, nimmt das Kind andere als zuverlässig und unterstützend war und zeigt mehr Explorationsverhalten) in Bezug auf Kinder gut anerkannt Bowlby/Ainsworth: Bindungstheorie gilt für die gesamte Lebenspanne 7 Hazan and Shaver (1987). Adult Attachment. Gleiche Prinzipien wie bei Kindern: Auch im Erwachsenenalter braucht es eine sichere Basis, um hinauszugehen und Explorationsverhalten zu zeigen Im Erwachsenenalter übernehmen Partnerbeziehungen die Funktion der primären Bezugsperson Vergleichbare Bindungsstile (sicher, ängstlich-ambivalent, vermeidend) Lebenslanges Lernen auch im Bereich von Beziehungsmustern 8 4

Viel gewagt, aber zwischendurch immer wieder zu Heinz (kurz Hände halten). Claudelle Bild: KLETTE! KRANK! -> Abgewählt Claudelle und Psychologen führten ihre Abwahl auf ihre Bedürftigkeit und Abhängigkeit zurück 9 Abhängigkeitsparadox Wir können den Weg von Unabhängigkeit v.a. dann einschlagen, wenn wir von jemandem abhängig sind (wenn wir jemanden zur Seite haben, der unser Bindungsbedürfnis befriedigt) Wir brauchen jemanden, um zur Ruhe zu kommen 10 5

Beziehung/Bindung als Voraussetzung von Glück Bindung, Bindungsverhalten Sicherheit Explorationsverhalten, Streben nach Unabhängigkeit und Glück 11 Beziehung nicht nur Voraussetzung, sondern auch Quelle von Glück (1) Glück durch gegenseitiges Verständnis (durch Einfühlen und Empathie) 12 6

Glück in Beziehungen (2) Glück in Spass -Situationen (in oberflächlichen, spontanen sozialen Situationen) 13 Glück in Beziehungen (3) Glück nach Zielerreichung (nach gemeinsamer Anstrengung) 14 7

Individuelle Voraussetzungen für Glück in Beziehungssituationen? Inner Peace? Kognitive und Verhaltensflexibilität 15 Individuelle Voraussetzung für Glück nach Leistung längerfristige Ziele/Absichten aufrechterhalten können planen können rational-analytisch denken können Bedürfnisse aufschieben können Glück nach Leistung wird erschwert, wenn... man unflexibel gleich funktioniert wie z.b. in Spass-Situationen: z.b. spontan und extravertiert jede Gelegenheit zur Bedürfnisbefriedigung wahrnimmt 16 8

Individuelle Voraussetzung für Glück in Spass- Situationen intuitiv, spontan, schnell, extravertiert, schlagfertig, humorvoll... Glück in Spass-Situationen wird erschwert, wenn... man z.b. gleich funktioniert wie in Leistungssituationen: planen, längerfristige Absichten verfolgen, rational-analytisch denken... 17 20 Minuten (29. Mai 2015) Vielen Techies fällt es schwer abzuschalten und die Arbeit zu vergessen. Sie haben keine Ahnung, wie es ist, ein spontanes Gespräch zu führen. 18 9

Theorien interagierender kognitiver Systeme (z.b. Teasdale & Barnard, 1993; Kuhl, 2001; Beck et al., 2014) Es gibt zwar Korrelationen zwischen sozial relevanten Persönlichkeitseigenschaften und Glück (z.b. Extraversion positiv mit Glück assoziert; Steel et al., 2008) Erklärte Varianz jeder einzelnen Eigenschaft ist relativ gering, weil je nach Situation auch teils unterschiedliche Eigenschaften Glück fördern komplexe soziale Umwelten erfordern wechselnde Architekturen (Kuhl, 2001) situationsangepasster, dauernder Wechsel in der Aktivierung von Koalitionen von Informationsverarbeitungs- Systemen 19 Idee «wechselnder Architekturen» Etc. 20 20 10

Störungen aufgrund von Fixierung auf bestimmte Systeme (aufgrund chronischer Über- bzw. Unterfunktion bestimmter Systeme) 21 Glück als Auf und Ab (Glück als Wechsel zwischen Systemaktivierungen) 1. Negatives Ereignis Negative Emotionen Frustration von Bedürfnissen 1. Anstrengung Hemmung von positivem Affekt Frustration von Bedürfnissen 2. Regulation der Emotion Neueinordnen des Ereignisses Befriedigung von Bedürfnissen Glück 22 11

Problem der Unflexibilität als Kernbotschaft in Bindungstheorien Wir verhalten uns in verschiedenen Situationen bzw. Beziehungen in vorbestimmter, immer gleicher Weise = Bindungsstile ca. 80% aller psychotherapeutischer/psychiatrischen Patienten weisen einen dieser beiden Bindungsstile auf (Strauss et al., 1997) 23 Glück durch die richtige Partnerwahl? Unsichervermeidend Unsicherambivalent (ängstlich) = Häufige Konstellation (Pietromonaco et al., 1994; Simpson, 1990) 24 12

Warum sich Vermeidende und Ängstliche anziehen? halte Distanz suche Nähe Bestätigung der eigenen Überzeugungen: Vermeidende: Andere wollen mehr Nähe als mir lieb ist ; Ich bin stark und unabhängig Ängstliche: Bezugspersonen lassen mich letztlich im Stich ; Ich brauche mehr Nähe als der Partner mir geben kann ; Ich bin schwach und abhängig (z.b. Pietromonaco & Carnell, 1994; Simpson, 1990) 25 Warum sich Ängstliche und Vermeidende attraktiv finden? Auf und Ab ist interessant! Beziehung zu sicher Gebundenen wird von vielen Ängstlichen als langweilig wahrgenommen (Mikulincer & Shaver, 2003) Beziehung zu sicher Gebundenen verläuft erwartungskonform ( ruft immer um 12 Uhr an ) -> an dieses Glück gewöhnt man sich rasch / Bindungssystem wird nie aktiviert Beziehung zu Vermeidenden beinhaltet viele Momente, in denen es besser (und schlechter) kommt als erwartet -> Viele Glücks- und Unglücksmomente / Glück = es kommt besser als erwartet 26 13

Warum sich Ängstliche und Vermeidende attraktiv finden? 27 Aber: Sicher gebundene Partner... schätzen ihre Beziehung insgesamt positiver ein haben mehr Vertrauen in den Partner sind weniger eifersüchtig können Konflikte besser deseskalieren Beziehungen sind stabiler Crowell, Fraley & Shaver, 1999; Guerrero, 1998; Shaver & Brennan, 1992; Hazan & Shaver, 1987 28 14

Glück durch Hilfe bei der Partnerwahl Wir sollten insbesondere unsicher-ängstliche Patientinnen trainieren, Partner mit sicherem Bindungsstil zu finden/auszuwählen (z.b. Levine et al., 2012) Bindungsstile erkennen lernen (z.b. sendet er/sie widersprüchliche Signale oder ist er/sie aufrichtig an Nähe interessiert?) Nicht Mag er mich?, sondern... Was brauche ich? Ist er/sie in der Lage, mir das zu geben, was ich brauche? 29 Therapeutische Beziehungsgestaltung Leitfragen für die Beziehungsgestaltung: Was braucht die Patientin? Was sind Bedürfnisse der Patientin? Was will die Patientin bei mir erreichen? Welches Bild von sich versucht sie zu vermitteln? Was sind Motive / Beweggründe für ihr Verhalten und Erleben? 30 15

Therapeutische Arbeitsbeziehung (nach Bordin, 1975) 31 Motivorientierte Beziehungsgestaltung (Grawe, 1980; Caspar, 1989; 2007) Basis: Verständnis der Bedürfnisse und motivationalen Bereitschaften (Ziele, Motive) eines Patienten (Plananalysen) Motivorientierte Beziehungsgestaltung: Therapeutenverhalten wird auf die individuellen Bedürfnisse, Ziele und Motive (Pläne) der Patienten zugeschnitten 32 16

Beispiel Motivorientierte Beziehungsgestaltung Hallo Herr Berger Ich fühle mich grad sehr schlecht. Ich schaffe einfach nicht, was ich mir vorgenommen bzw. was wir besprochen hatten. Die Übungen habe ich nicht gemacht, im Haushalt habe ich nichts erledigt, und die 3 x Sport habe ich auch nicht geschafft. Und mein Freund sagt, dass sei ja nicht so schlimm. Er glaubt mir einfach nicht. Ich bin grad demotiviert und alles ist zu viel. Ich glaube nicht, dass ich die Übungen nächste Woche schaffe. Mit freundlichen Grüssen K.S. Was möchte die Patientin beim Therapeuten erreichen? Welche Bedürfnisse werden deutlich? Welchem Zweck dienen die Aussagen? 33 Beispiel Motivorientierte Beziehungsgestaltung Hallo Herr Berger Ich fühle mich grad sehr schlecht. Ich schaffe einfach nicht, was ich mir vorgenommen bzw. was wir besprochen hatten. Die Übungen habe ich nicht gemacht, im Haushalt habe ich nichts erledigt, und die 3 x Sport habe ich auch nicht geschafft. Und mein Freund sagt, dass sei ja nicht so schlimm. Er glaubt mir einfach nicht. Ich bin grad demotiviert und alles ist zu viel. Ich glaube nicht, dass ich die Übungen nächste Woche schaffe. Mit freundlichen Grüssen K.S. Werde ernst genommen Vermeide überfordert zu werden 34 17

Beispiel NICHT Motivorientierte Antwort Liebe K.S. Vielen Dank für Ihre Nachricht. Sie müssen sich nicht schlecht fühlen. Es ist nicht so schlimm, dass Sie die Übungen nicht geschafft haben. Ihre Motivationsprobleme gehen bestimmt vorüber. Toll fände ich, wenn Sie nächste Woche die Übungen trotzdem versuchen durchzuführen. Bitte schreiben Sie mir doch kurz, wenn Sie die Übungen durchgeführt haben. Das schafft auch etwas Verpflichtung. Liebe Grüsse Thomas Berger werde ernst genommen vermeide überfordert zu werden 35 Motivorientierte Antwort! Liebe K.S. Vielen Dank für Ihre Email. Ich habe verstanden, dass Sie sehr belastet sind, momentan alles zu viel ist und ich finde es gut, dass Sie mir das so offen schreiben. Beim Lesen Ihrer Nachricht kam mir das Bild eines sehr großen Berges von Dingen, die zu erledigen sind oder die Sie erledigen möchten. Und mit den Übungen und Aufgaben haben wir zusätzlich zu diesem Berg beigetragen. Was Sie mir geschrieben haben ist wichtig und Sie sollten mir auch in Zukunft schreiben, wenn ich Sie mit den Aufgaben überfordere. Kann ich darauf zählen, dass Sie mir auch weiterhin sofort schreiben, wenn ich Sie mit einer Aufgabe überfordere? Auch für nächste Woche ist wichtig, dass Sie zu große Schritte vermeiden. "Kleine Schritte" sind wichtig. Könnten Sie sich vorstellen zu überlegen, was realistische kleine Schritte wären? Liebe Grüsse Thomas Berger 36 18

Motivorientierte Beziehungsgestaltung Veränderung am wahrscheinlichsten wenn... Sicherheit, positive Erfahrungen... Herausforderung, Aktivierung negativer Emotionen, neue Erfahrungen ausbalanciert... Motivorientierte Beziehungsgestaltung als Mittel... zum Ausbalancieren (z.b. Sicherheit, positive Erfahrungen vermitteln) zum Flexibilisieren des Verhaltens- und Erlebens (z.b. motivationale Basis von problematischem Verhalten nehmen) 37 Motivorientierte Beziehungsgestaltung (nach Caspar, 1996) vermeide, überfordert zu werden P.-Pläne bring Th. dazu dich zu schonen bring Th. dazu sich voll zu engagieren stell sicher, dass Th. Problem ernst nimmt zeig Pat. dass du dich voll engagierst überzeuge Pat., dass du ihn nicht überfordern wirst komplementäres Verhalten unter Berücks. der Situation zeige dem Th. wie schlecht es dir geht P.-Verh. v. Verantwortung für Veränderung in Therapie nutzt Zeit nur zum Jammern kontrolliere Situation besser kleine Schritte immer nachfragen, ob zuviel 38 19

Forschung 39 Randomisierte kontrollierte Studie (Kramer et al., 2014) Zwei Bedingungen (beide 10 Sitzungen): (1) Psychodynamisch-psychiatrische Kurzzeittherapie (N=38; Gunderson & Links, 2008; empirisch validiert: McMain et al., 2009; 2012) (2) Psychodynamisch-psychiatrische Kurzzeittherapie + Motivorientierte Beziehungsgestaltung (N=36) 40 20

Hauptergebnis Outcome Questionnnaire (OQ-45) Ausprägung Symptomatik (OQ-45) 110 105 100 95 90 85 KONTR MOT-BEZ 80 * Cohen s d=0.64 75 70 65 60 Baseline Post (10 Wochen) 41 Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! 42 21