Aktueller Stand der Therapie der chronischen Hepatitis C



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16.12.2013 Jörg Timm und Ralf Bartenschlager 1 Aktueller Stand der Therapie der chronischen Hepatitis C Jörg Timm, Institut für Virologie, Universität Duisburg-Essen, Universitätsklinikum Essen, Virchowstr. 179, 45147 Essen Ralf Bartenschlager, Department für Infektiologie, Molekulare Virologie, Universitätsklinikum Heidelberg, Im Neuenheimer Feld 345, 69120 Heidelberg Seit der Einführung der Interferontherapie der chronischen Hepatitis C hat sich die Erfolgsrate kontinuierlich gesteigert. Der erste Meilenstein war die Etablierung der Kombinationstherapie, bestehend aus Interferon-alpha (IFN-α) und Ribavirin bzw. später aus dem durch Konjugation mit Polyethylenglykol pharmakokinetisch überlegenen PEGylierten IFN-α (peg-ifn-α) und Ribavirin. Diese Therapie kann bei einem Teil der Patienten zur Viruselimination führen, definiert als Abwesenheit viraler RNA bis mindestens 6 Monate nach Behandlungsende. Die Erfolgsrate (genannt sustained viral response ; SVR) hängt jedoch von zwei wesentlichen Faktoren ab: Erstens, dem Genotyp des Virus, mit dem der betreffende Patient infiziert ist. So liegt die SVR Rate bei Patienten mit Genotyp 2 und 3 Virusinfektionen bei ca. 80%, während sie bei Genotyp 1-Infektionen, die in vielen Ländern, einschließlich Deutschland, am häufigsten vorkommen, nur ca. 45% beträgt [1, 2]. Zweitens, einem bestimmten Polymorphismus im Interleukin-28 (IFN-λ) Genlokus [3-5]. Während Patienten mit einem C/C Polymorphismus sehr gut auf die Therapie ansprechen, sind die Erfolgsraten bei Patienten mit einem T/T Polymorphismus deutlich niedriger. Der Erfolg der Kombinationstherapie mit peg-ifn-α/ Ribavirin wird außerdem durch die zum Teil sehr starken Nebenwirkungen wie etwa schwere Depressionen, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, grippe-ähnliche Symptome und hämolytische Anämie eingeschränkt. Aus diesen Gründen kommt die Therapie für zahlreiche Patienten entweder von vornherein nicht in Frage oder sie muss wegen der starken Nebenwirkungen abgebrochen werden. Auf Grund der weiten Verbreitung der chronischen Hepatitis C und der hohen medizinischen Bedeutung wurden und werden enorme Anstrengungen zur Entwicklung neuer, hocheffizienter Wirkstoffe (sogenannte DAAs, d.h. direct acting antivirals ) unternommen, die möglichst eine einfache, gut verträgliche und IFN-freie Therapie erlauben. Dieses Ziel scheint in greifbarer Nähe, denn die Zulassung mehrerer HCV-spezifischer DAAs mit hoher antiviraler Aktivität und zum Teil sehr hoher genetischer Resistenzbarriere steht kurz bevor oder ist gerade erfolgt. Wo greifen diese DAAs an und wie wirken sie? In der aktuellen klinischen Entwicklung der DAAs sind drei Virusproteine die Hauptangriffsziele: Die NS3/4A Protease, die NS5B RNA-

16.12.2013 Jörg Timm und Ralf Bartenschlager 2 abhängige RNA Polymerase und der NS5A Replikasefaktor. Im nachfolgenden sollen die wesentlichen Eigenschaften dieser viralen Faktoren beschrieben werden. NS3/4A Protease HCV gehört zur Gruppe der RNA-Viren, d.h. das Virusgenom besteht aus einer einzelsträngigen RNA. Diese hat eine Plusstrang Polarität, weshalb das Virusgenom unmittelbar nach der Infektion und Freisetzung im Zytoplasma der Wirtszelle von der zellulären Translationsmaschinerie erkannt und zur Synthese der viralen Proteine genutzt wird. Diese werden zunächst in Form eines Vorläufers synthetisiert, das man als Polyprotein bezeichnet. Dieses besteht aus 10 Funktionseinheiten, die mittels zellulärer und viraler Proteasen aus dem Vorläufer Polyprotein herausgespalten werden müssen. Die wichtigste virale Protease liegt im Nichtstrukturprotein 3 (NS3), das für seine Funktionalität einen viralen Kofaktor, das NS4A benötigt. Eine Hemmung dieses Enzyms blockiert also die Herstellung funktionaler Virusproteine und damit die gesamte HCV Genomvermehrung. Die ersten im Spätsommer 2011 zugelassenen Proteasehemmer, Telaprevir und Boceprevir, haben die Erfolgsraten im Vergleich zur herkömmlichen Therapie verbessert. Diese Wirkstoffe sind in Kombination mit peg-ifn-α und Ribavirin zur Behandlung von Genotyp 1- Infektionen zugelassen und haben die SVR Rate von 45% auf ca. 75% gesteigert [6-8]. Allerdings hat diese Therapie zusätzliche Nebenwirkungen. Im Fall von Telaprevir sind das insbesondere Hautausschläge, die sehr ausgeprägt sein können; im Falle von Boceprevir kann es zu einer Verstärkung der Blutbildveränderungen kommen, die noch ausgeprägter sein können, als die von Ribavirin schon verursachten. Außerdem ist das Management der Dreifachkombination aufwändig und erfordert eine sehr zeitgenaue Einnahme der Proteaseinhibitoren (alle 8 Stunden, jeweils mit einer fettreichen Mahlzeit). Eine Weiterentwicklung der Proteasehemmer ist das vor kurzem von der FDA zugelassene Simeprevir [9], das deutlich weniger Nebenwirkungen als die bisher zugelassenen NS3- Inhibitoren hat und ein wesentlich vereinfachtes Therapieschema erlaubt. Allerdings ist die Wirksamkeit von Simeprevir bei Isolaten mit einem Q80K Polymorphismus in der Proteaseregion deutlich reduziert. Dieser Polymorphismus findet sich in nahezu der Hälfte der Genotyp 1a Isolate und vereinzelt in Genotyp 1b. Daher muss vor Therapie eines Genotyp 1a Isolats die Sequenz der HCV Protease untersucht werden. Insgesamt ist für die bisherigen Proteasehemmer die Resistenzbarriere beim Genotyp 1a geringer als beim Genotyp 1b [10]. NS5B Polymerase Das zweite Hauptangriffsziel ist NS5B, die virale RNA-abhängige RNA Polymerase, die die Vermehrung des Virusgenoms katalysiert. Es handelt sich um eine klassische Polymerase, die aus 3 Domänen (Finger, Handfläche und Daumen) besteht, die RNA-Synthese de novo (also ohne primer ) initiiert und das Plusstrang RNA Genom in eine Minusstrangkopie

16.12.2013 Jörg Timm und Ralf Bartenschlager 3 umschreibt, die vielfach zur Synthese neuer Plusstrang RNAs genutzt wird. Bei den NS5B Inhibitoren sind zwei Wirkstoffgruppen zu unterscheiden. Zum einen sind dies die Nukleoside, die dem natürlichen Substrat sehr ähnlich sind, aber auf Grund einer chemischen Modifikation zumeist am 2 -OH Ende nach Einbau in die virale RNA im Rahmen der Replikation zum Abbruch der RNA-Synthese führen. Diese werden im Sprachgebrauch als Kettenterminatoren bezeichnet. Die meisten Kettenterminatoren zur Behandlung von Virusinfektionen sind Nukleosidanaloga, denen eine funktionale 3 -OH-Gruppe fehlt (z.b. Tenofovir oder Aciclovir oder Azidothymidin). Da die Umsetzung von Nukleosiden mit fehlender 3 -OH-Gruppe in das Monophosphat jedoch sehr ineffizient ist, hat man im Falle von HCV zumeist Analoga mit Modifikationen an der 2 -OH-Gruppe entwickelt. Diese verursachen ebenfalls einen Kettenabbruch, vermutlich durch sterische Hemmung der viralen Polymerase bei der Kettenverlängerung. Der am besten bekannte nukleosidische Inhibitor für die Hepatitis C Therapie ist das Sofosbuvir [11-13] und wurde im Dezember 2013 von der FDA zugelassen. Neben der Kombination mit IFN-α und Ribavirin bei Patienten mit Genotyp 1 oder 4 wurde der Wirkstoff für Patienten mit Genotyp 2 oder 3 als IFN-freie Therapie nur in Kombination mit Ribavirin zugelassen. Die zweite Klasse von NS5B Inhibitoren sind die nicht-nukleosidischen Inhibitoren, die direkt an die Polymerase binden und das Enzym hemmen. Diese Substanzklasse hat keine Ähnlichkeit zu den Nukleosiden. Hauptnachteil der Nicht-Nukleoside ist die relativ niedrige Resistenzbarriere, weshalb sie den Nukleosiden deutlich unterlegen sind. Außerdem zeigen die Nicht-Nukleoside eine zum Teil sehr ausgeprägte Genotypspezifität, während Nukleoside zumeist gegen viele Genotypen wirken [14-16]. NS5A Das dritte Hauptangriffsziel ist das NS5A. Dieses virale Protein ist sowohl für die RNA Vermehrung, als auch für die Produktion infektiöser HCV Partikel erforderlich. Es handelt sich um ein Membran-assoziiertes Phosphoprotein, dass in unterschiedlichen Konformationen vorkommt und das mit zahlreichen viralen und zellulären Faktoren interagiert. NS5A galt lange Zeit als ungeeignet für die Therapieentwicklung, weil es keine enzymatische Aktivität besitzt. Groß angelegte Suchtests mit Substanzbibliotheken und zellbasierten HCV Vermehrungssystemen haben jedoch zur Entdeckung und Entwicklung hochpotenter Inhibitoren des NS5A geführt. Der zuerst beschriebene Wirkstoff dieser Klasse ist das Daclatasvir, der sich, wie die allermeisten Inhibitoren des NS5A, durch eine hochsymmetrische Struktur auszeichnet, die für die antivirale Aktivität von großer Wichtigkeit zu sein scheint. Daclatasvir bindet direkt an NS5A und man spekuliert, dass es dessen Multimerisierung verhindert. Solche Multimere könnten sowohl an der Vermehrung des RNA- Genoms des HCV, als auch an der Virusmontage beteiligt sein. Dieser doppelte

16.12.2013 Jörg Timm und Ralf Bartenschlager 4 Wirkmechanismus könnte ein wichtiger Grund sein, warum NS5A Inhibitoren eine außergewöhnlich hohe antivirale Potenz besitzen [17]. Auf Grund der großen Zahl hoch-potenter DAAs wird sich die Therapie der chronischen Hepatitis C in naher Zukunft deutlich ändern. Es ist zu erwarten, dass die Behandlung wesentlich weniger Nebenwirkungen haben wird und damit für mehr Patienten als bisher geeignet ist. Außerdem werden die Medikamente gegen mehrere Genotypen gerichtet sein und damit eine breitere Wirksamkeit haben. Welche Kombination von DAAs bei der Therapie der chronischen Hepatitis C zukünftig die wichtigste Rolle spielen wird, ist noch ungewiss. Es ist außerdem offen, ob IFN-α in Zukunft völlig vom Therapieplan bei der chronischen Hepatitis C verschwinden wird. Aktuell sind die meisten DAAs noch als Kombination mit IFNα zugelassen, um einer raschen Resistenzentwicklung vorzubeugen. Die Möglichkeit der Viruseliminierung unter IFN-freier Therapie konnte aber bereits gezeigt werden [14] und wird mit großer Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft der Standard werden. Bleibt noch die Frage, ob bei der Therapie der chronischen Hepatitis C ähnlich wie bei der Therapie der Hepatitis B oder von HIV die Entwicklung von Resistenzen ein bedeutsames klinisches Problem sein wird. Im Unterschied zu HIV, das obligatorisch in das Genom der infizierten Wirtszelle integriert und damit untrennbarer Bestandteil dessen wird, muss sich das HCV kontinuierlich vermehren. Jüngsten Messungen zufolge werden in einem HCV- Infizieren pro Tag ca. 10e12 Viruspartikel produziert und zerstört. Die Viren selbst haben nur eine Halbwertszeit von ca. 45 Minuten, weshalb eine kontinuierlich hohe Virusproduktion notwendig ist. Das erklärt, warum die Viruslast in Patienten selbst nach einmaliger Gabe eines hoch-effizienten DAA wie Daclatasvir innerhalb von 24 Stunden ca. 1.000-fach abnimmt. Da HCV nicht in das Genom der Wirtszelle integriert und es auch sonst keine langlebigen Persistenzreservoirs zu geben scheint, ganz im Gegensatz zur nukleären cccdna des Hepatitis B Virus, kommt es auch zu keiner Archivierung von Resistenzmutanten. Deshalb werden DAA-resistente HCV-Varianten, die gegenüber dem Wildvirus einen Replikationsnachteil haben, sehr schnell von Letzterem verdrängt. Allerdings sind mittlerweile zahlreiche Resistenz-assoziierte Polymorphismen beschrieben, die auch in Abwesenheit von Selektionsdruck durch DAAs stabil sind [18]. Obwohl die klinische Bedeutung von Resistenzen für die zukünftigen Therapieoptionen der chronischen Hepatitis C noch nicht abschließend beurteilt werden kann, ist aus jetziger klinisch-virologischer Sicht bei Therapieversagern eine Untersuchung auf Präexistenz bzw. Selektion von Resistenzmutation unbedingt anzustreben.

16.12.2013 Jörg Timm und Ralf Bartenschlager 5 Target Wirkstoff Hersteller Phase mit IFNa/RBV Protease Telaprevir (Incivo ) Boceprevir (Victrelis ) Simeprevir (TMC435) Vaniprevir (MK-7009) Faldaprevir (BI 201335) Asunaprevir (BMS-650032) Vertex/ Janssen-Cilag IFNa-frei Genotyp Schlüsselpositionen für Resistenz IV ja - 1 V36, T54, 117, R155, A156, MSD IV ja - 1 V36, 43, T54, Q80, 117, R155, A156, V170 Tibotec/ Janssen-Cilag III ja 1,2,4,5,6 NOT 3 Ref [19] [19] F43, Q80, R155, A156, D168, [20-22] Merck III ja 1 V36, T54, R155, A156, D168, [23, 24] Boehringer Ingelheim III ja mit Deleoprevir 1 GT1a:R155, A156 Gt1b: D168 BMS III ja (IFN lambda ) mit Daclatasvir V36, F43, Q80, R155, A156, D168, [26, 27] [25] Polymerase NS5A ABT450/r Abbott III - mit ABT-333, ABT-267 Sofosbuvir (GS-7977) Deleobuvir (BI-207127) 1 R155, A156, D168 [14, 28] Gilead III ja mit Ledipasvir 1-6 S282T (only in vitro) [11-13] Boehringer Ingelheim III - mit Faldaprevir P495 [15, 16] ABT-333 Abbott III - mit ABT450/r, ABT-267 Daclatasvir (BMS-790052) Ledipasvir (GS-5885) C316Y, M414, G554,A556, D559 [14] BMS III ja GT1a:M28,Q30,L31, Y93 GT1b: L31, Y93 Gilead III - mit Sofosbuvir M28,Q30,L31, Y93 [31] ABT-267 Abbott III - mit ABT450/r, ABT-333 No data available [27, 29, 30]

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