Versäumnisse und Mängel bei der Bahn im Raum um Wien

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Transkript:

Versäumnisse und Mängel bei der Bahn im Raum um Wien Im folgenden soll anhand konkreter Projekte gezeigt werden, wo im Bahnnetz dringender Verbesserungsbedarf herrscht, um zu verhindern, dass noch mehr Personen- und Güterverkehr auf die Straße verlagert wird. Nordstrecke nach Bratislava über Marchegg: eingleisig und ohne Strom! 1989 fiel der eiserne Vorhang, Ende der 90er Jahre zeichnete sich ab, dass die Slowakei zur EU kommen wird. Eine gewaltige Großbaustelle zwischen Bruck an der Leitha und der Staatsgrenze lässt erkennen, dass dort derzeit eine Autobahn nach Bratislava (A6, Spange Kittsee) gebaut wird. Bei der Bahn tut sich dagegen fast nichts. Je nach Verkehrsminister gab es bei diversen Generalverkehrsplänen abwechselnd unterschiedliche Prioritäten, oftmals wurden Projekte verschoben, um Geldmittel für zweifelhafte, politisch durchgesetzte Großprojekte freizumachen (z.b. Koralmbahn für Jörg Haider). Beispiel Nordstrecke nach Bratislava: Ab Stadlau ist die Strecke nach Bratislava eingleisig, bei der Hausfeldstrasse (Donaustadt) endet auch die Oberleitung, sodass nur mehr Dieselloks fahren können. Ein Ausbau dieser Strecke auf zwei Gleise (zumindest abschnittweise für Gegenzüge) inklusive Elektrifizierung ist dringend nötig. Die Strecke über Marchegg hat den enormen Vorteil, dass sie direkt zum Hauptbahnhof von Bratislava führt, also dicht ans Zentrum, während die Strecke über Bruck an der Leitha und Kittsee in einem abgelegenen Vorort (Petrzalka) endet. Baubeginn war lange Zeit erst für 2014 oder 2020 projektiert (je nach Verkehrsminister), dürfte wohl nun schon wesentlich früher stattfinden, je nach Finanzierung. Fazit: Der Marchegger Ast muss schnellstens elektrifiziert und auf zwei Gleise ausgebaut werden, da sonst der ansteigende Güterverkehr auf einer von Erwin Pröll geforderten Marchfeldautobahn S8 landet, die sich Pröll zwischen Lobauautobahn und der Slowakei wünscht. 17 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs gibt es noch nicht einmal ein Einreichprojekt für die Bahnlinie am Marchegger Ast, geschweige denn ein Behördenverfahren dazu. Donauquerung Stadlauer Brücke: zwei Gleise fehlen! Als die Stadt Wien in den frühen 90er Jahren erstmals plante, das Flugfeld Aspern zu verbauen, gab es noch kein Projekt einer U2 nach Aspern. Damals wollte man die Schnellbahn S80 (Südbahnhof - Hausfeldstrasse) bis zum Flugfeld verlängern und etwa alle 5 bis 10 Minuten fahren lassen (derzeit fährt sie alle 30 Minuten). Die Donauquerung über die Stadlauer Brücke (Ostbahnbrücke) sollte von zwei auf vier Gleise ausgebaut werden, zwei Gleise für den Regionalverkehr, zwei Gleise für den Fernverkehr. Bei der Hebung der Ostbahnbrücke (durch das Kraftwerk Freudenau stieg der Spiegel der Donau) wurde im Prater bereits ein breiter Damm für vier Gleise angelegt, der heute noch gut sichtbar ist. Als das Projekt U2-Aspern entstand, landete das Projekt der 4-gleisigen Donauquerung im Papierkorb. Inzwischen nahm der Bahnverkehr in diesem Bereich zu, es gibt stündlich einen Zug von und nach Bratislava sowie viele Güterzüge aus dem Osten, und es gibt halbstündlich eine neue Schnellbahnlinie S8 vom Südbahnhof über Simmering und Stadlau nach Leopoldau

und Floridsdorf. Die Schnellbahnlinie S80 wurde jedoch Ende 2005 von 3 Zügen pro Stunde auf 2 Züge pro Stunde reduziert: Eine innerstädtische Bahnachse, die parallel zur Praterbrücke verläuft, mit zwei Zügen in der Hauptverkehrszeit!!! Grund ist die Überlastung der Donauquerung. Wie ÖBB-Vertreter (inoffiziell) mitteilten, bräuchte man dringend die 4- gleisige Donauquerung, da auf zwei Gleisen nicht genug Platz für Regionalverkehr und Fernverkehr existiert. Fazit: Eine 4-gleisige Donauquerung zwischen Simmering und Stadlau ist dringend notwendig. Da Planung und Behördenverfahren aufwändig sind, sollte der Beschluss dazu möglichst bald erfolgen, da dieses Nadelöhr sonst noch lange den Bahnverkehr nach Osten und den innerstädtischen Schnellbahnverkehr behindert. Hätte schon in den 90er Jahren gebaut werden müssen. Verknüpfung S-Bahn S80 Richtung Liesing Auch die ÖBB weiß seit Jahren, dass eine Weiterführung der S80 aus der Donaustadt Richtung Liesing dringend nötig ist. Bisher enden die Züge blind am Südbahnhof, die U1 ist weit entfernt. Der Bau einer Schleife für die S80 zur Einbindung in die Stammstrecke (über Südtirolerplatz U1 und Meidling U6 nach Liesing) wurde jahrelang hinausgezögert, da man auf den Zentralbahnhof warten wollte. Nach Eröffnung des Zentralbahnhofs (etwa 2011?) wird die S80 nun endlich nach Westen weiterfahren können (nach Liesing, oder über Speising zur S45 Vorortelinie). Fazit: Hätte längst passieren müssen. Sehr viel Zeit ist schon verloren gegangen. Elektrifizierung Gänserndorf-Marchegg Als rasch durchführbare Zwischenlösung wurde zuweilen vorgeschlagen, die eingleisige Strecke von Gänserndorf (Hauptast Nordbahn) über Marchegg in die Slowakei zu elektrifizieren, da diese Strecke kürzer ist und alles billiger und schneller geht. Es wird sich zeigen, welche Prioritätenreihung die neue Regierung setzt, die Verbindung Gänserndorf-Marchegg darf jedoch keinesfalls ein Ersatz für die Verbindung Wien/Stadlau-Marchegg-Bratislava sein. Schnellbahnlinie S80: Ein Beispiel, wie eine Schnellbahnlinie kaputt gemacht wird Eine innerstädtische Schnellbahnverbindung ins Zentrum kann die parallelen Autobahnen nur dann entlasten, wenn sie attraktiv gestaltet ist. Statt einem 10-Minuten-Intervall gibt es hier zwei Züge pro Stunde, was teilweise am Nadelöhr der Stadlauer Brücke liegt, teilweise an der Argumentation der ÖBB, dass zuwenig Fahrgäste mit dieser Linie fahren wollen - hier beisst sich die Katze in den Schwanz, die Strecke ist unattraktiv, wenig Leute fahren, daher besteht angeblich kein Bedarf, die Strecke bleibt unattraktiv. Fazit: Nötig ist 1. ein attraktives Intervall, 10 bis 15 Minuten, oder häufiger. 2. Eine Verlängerung über den Zentralbahnhof Richtung Westen (ist geplant). 3. Eine 4- gleisige Ostbahnbrücke (ist derzeit nicht geplant). 4. eventuell eine Umsteigestation zur S7-Flughafenschnellbahn (wurde angedacht, ist derzeit aber nicht geplant) 5. Attraktive Haltestellen mit Warteraum, Sitzgelegenheiten, vor allem bei längerer Wartezeit, 6. gute Verknüpfung mit Bus, Tram und U-Bahn, 7. Verknüpfung der S80 mit der S45 beim Praterkai (angedacht, aber keine Finanzmittel) 8. Die U2 ist kein Ersatz für die S80, da die U2 in den Norden des Stadtzentrums fährt, die S80 jedoch zukünftig in den Süden der Stadt, 8. Die Station Lobau darf im Jahr 2011 nicht aufgelassen werden*.

*)Tatsächlich teilte mir eine hochrangige Person im Planungsbereich der ÖBB inoffiziell mit, es sei sozusagen schon ziemlich fix, dass die Schnellbahnhaltestelle Lobau aufgelassen wird, sobald die U2 nach Aspern fährt (2011). Für Personen aus dem Süden Wiens verschlechtert sich damit die Erreichbarkeit von Neuer Donau und Lobau massiv, ebenso sind zahlreiche Anrainer betroffen. Grenzübergang Laa/Thaya - Hevlin: Das Gleis fehlt! Der wichtigste Schienenstrang von Wien nach Norden führt über Hohenau nach Brünn. Eine eingleisige Strecke führt jedoch auch über Wolkersdorf, Mistelbach und Laa nach Nikolsburg (Mikulov). (Früher war diese Strecke übrigens zweigleisig, wie an zahlreichen viel zu breiten Brücken noch heute deutlich sichtbar ist. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das zweite Gleis weggerissen, da dort hinten ohnedies nur der Eiserne Vorhang lag. Die Brücke über die Thaya wurde im Krieg zerstört. Der Teil von Wien nach Mistelbach wurde schon in den 80er Jahren elektrifiziert, ein stündlicher Schnellbahntakt wurde eingerichtet und führte zu einem dramatischen, höchst erfreulichen Anstieg der Fahrgastzahlen. Noch heute fahren auf dieser Nordstrecke prozentmäßig mehr Pendler mit der Bahn als auf vielen anderen Pendlerrouten. Ein Bahnplaner sagte mir inoffiziell, sobald die Nordautobahn eröffnet wird, werden die Fahrgastzahlen auf dieser Strecke wieder massiv einbrechen. Im Dezember 2006 wurde endlich, mit etwa zehn Jahren Verspätung, die Elektrifizierung bis Laa fertiggestellt. Die im Krieg zerstörte Verbindung von Laa nach Hevlin (Tschechien) ist jedoch auch heute, 17 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, noch immer unterbrochen. Dabei fehlen nur wenige hundert Meter Gleis und eine Brücke. Immerhin gibt es vage Pläne zur Verbindung der Gleise, was für den regionalen Verkehr nach Nikolsburg und für den Güterverkehr auf der Schiene sinnvoll wäre. Während die Bahnplaner im Tiefschlaf liegen oder auf die Hochgeschwindigkeits- Hauptstrecken fokussiert sind, plant die ASFINAG emsig an der unweit gelegenen Autobahntrasse über Drasenhofen nach Tschechien. Fazit: Auch wenn die Schienen-Verbindung Laa-Hevlin nur regionale Bedeutung hat, ist dieser Lückenschluss unbedingt nötig und sollte schnellstens errichtet werden. Seitenlinie nach Poysdorf: kürzlich wurde das Gleis weggerissen! Poysdorf liegt an der Brünner Strasse, tausende Pendler stauen sich täglich quer durch die Stadt. Vor mehr als 10 Jahren hat sich Poysdorf gegen eine Umfahrung ausgesprochen, wie mir der Poysdorfer Bürgermeister kürzlich mitteilte. Nun schwärmt er von der Autobahn, die von Tschechien quer durchs Weinviertel nach Wien gebaut werden solle. Einst hatte Poysdorf auch einen Bahnanschluss. Nur etwa 10 Kilometer entfernt verläuft die Strecke Wien-Laa, die seit Dezember 2006 einen Schnellbahntakt besitzt. Ein 10 Kilometer langer Schienenstrang von Poysdorf hin zu dieser Schnellbahn existierte bis vor kurzem, jedoch fuhren schon seit den 60er Jahren dort keine Züge mehr. Triebwagenzubringer von Poysdorf zur Schnellbahn könnten verhindern, dass fast alle Pendler künftig das Auto benützen. Denn wer einmal im Auto sitzt, fährt nicht zur Schnellbahn, sondern auf der Autobahn nach Wien. Übrigens hat die ÖBB 2003 das Gleis nach Poysdorf beseitigen lassen, der einstige Umsteigebahnsteig in der Station Enzersdorf bei Staatz, wo früher die Züge nach Poysdorf abfuhren, wurde 2003 beim Umbau der Schnellbahnlinie weggerissen. Fazit: Es gibt laut ÖBB-Planern wichtigere Projekte als dieser Seitenast - das mag stimmen. Die Bahn darf sich jedoch nicht nur auf Hauptstrecken konzentrieren, sondern muss wieder die Fläche gewinnen. Ein Zubringer nach Poysdorf wäre ein Signal in diese Richtung. (Chancen auf Umsetzung: minimal.)

Ein Beispiel für die Zerstörung von Nebenbahnen: Sinnloses Umsteigen in Obersdorf: Viel Aufwand und wenig Wirkung. Einst fuhren nur drei Züge pro Tag auf der Strecke zwischen Wien-Stammersdorf und Groß- Schweinbarth im Weinviertel. 1988 wurde der innerste Streckenteil stillgelegt, eine Umsteigestation zur Schnellbahn in Obersdorf-Pillichsdorf errichtet, und ein Stundentakt eingerichtet. Nachmittags fahren die Züge sogar alle halben Stunden. Das Projekt war ein unglaublicher Erfolg, die Treibwagen waren oft voll besetzt. 2005 wurde die Schnellbahnstrecke (Wien-Wolkersdorf) mit aufwändigen Bauarbeiten auf zwei Gleise ausgebaut, was einen Neubau der Umsteigestation nötig machte. Naheliegend wäre nun die Errichtung eines Gleisbogens gewesen, der die Nebenstrecke in die Hauptlinie einmünden lässt. Die Dieseltriebwagen aus dem Weinviertel hätten die Pendler dann gleich direkt über Gerasdorf nach Leopoldau und Floridsdorf zur U1 und U6 bringen können. Kapazitätsmäßig hätte die Strecke die zusätzlichen Fahrten problemlos vertragen. Stattdessen wurde in Obersdorf eine pompöse neue Umsteige-Station aus Glas und Metall mit einem Aufzug hingebaut, wo die Menschen nun wie bisher einen weiten Weg gehen und wie bisher Umsteigen müssen. Ein riesiger Parkplatz wurde errichtet, der die Leute einlädt, mit dem Auto gleich direkt aus dem Weinviertel zur Schnellbahn zu fahren und die Nebenlinie zu ignorieren. Und wenn dann erst einmal ganz in der Nähe der Autobahnring um Wien samt Nordautobahn gebaut wird, fahren die Pendler mit ihrem PKW wohl gleich weiter in die Stadt. Eine ÖBB, die sich wie eine Privatfirma verhalten soll (so lautet ja der politische Auftrag), sucht immer die billigste Lösung. Diese billigste Lösung (hier eine neue Umsteigestation) ist jedoch oft verkehrspolitischer Schwachsinn. Oft sind es Kleinigkeiten, die darüber entscheiden, ob eine Bahnlinie als attraktiv empfunden wird oder nicht. Fazit: Anstatt Nebenbahnen stillzulegen, ist es notwendig, diese attraktiv zu organisieren. Gewinne aus den Hauptstrecken müssen durch Querfinanzierung dazu verwendet werden, auch jene Nebenstrecken zu erhalten, die keinen Gewinn machen, jedoch aus verkehrspolitischen Gründen Sinn machen. Einstellung von Nebenbahnen: Die ÖBB sparen, die Fahrgäste zahlen drauf Oft argumentieren die ÖBB, dass sich die Fahrgäste ja angeblich freuen, wenn Nebenbahnen durch eine Buslinie ersetzt werden. Es stimmt zwar, dass manche Bahnhaltestellen außerhalb des Ortes liegen, während ein Bus direkt im Zentrum hält. Gleichzeitig bedeutet ein Bus aber auch gravierende Komfort-Verschlechterungen: - Busse haben meist eine längere Fahrzeit als Züge. - Beim Warten auf den Bus stehen die Fahrgäste im Freien. (kein Bahnhofsgebäude, kein Warteraum) - Für viele Fahrgäste verteuert sich die Fahrt auf das Doppelte! (Im Bus gilt keine Vorteilscard) - Im Bus gibt es kein WC. Sicher bringen vielen Nebenstrecken keinen Gewinn. Aber Museen, Spitäler und Schwimmbäder werden auch nicht gleich zugesperrt, wenn sie nicht gewinnbringend sind. Im übrigen sind viele Kostenberechnung der ÖBB (absichtlich?) falsch, da beispielsweise prozentuelle Bahnhofskosten von Umsteigebahnhöfen willkürlich mit einbezogen werden, was eigentlich unzulässig ist (Beispiel Mürzzuschlag, Strecke nach Neuberg). Fazit: Nebenbahnen sind nicht wie eine Privatfirma zu betrachten, die bei mangelnder Gewinnerwirtschaftung einfach zugesperrt wird. Vielmehr sind sie ein Stück Infrastruktur und können dazu dienen, Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Außerdem sind Strecken wie jene in der Wachau (die von der ÖBB kürzlich

teilweise inoffiziell stillgelegt wurde*) ein Stück Kulturgut, das nicht nur am erwirtschafteten Profit gemessen werden darf. (* Südlich von Spitz verkehren im Sommer täglich zwei Alibizüge, um offiziell beim Ministerium keine Streckensperre anmelden zu müssen. Im Winter fährt nichts mehr. Wegen angeblicher Steinschlaggefahr wurden auch die Alibizüge 2006 teilweise auf Bus umgestellt.) Südlich der Donau: Endlose Verzögerungen beim Schienenausbau Beispiel Pottendorferlinie: Zweigleisiger Ausbau der eingleisigen Strecke war schon vor Jahren geplant, da sie als Entlastung der parallel laufenden Südbahn wichtig wäre. Im Kursbuch 2005 wurde ausdrücklich geschrieben, der Personenverkehr auf der Seitenlinie Gramatneusiedl-Wampersdorf werde ab sofort bis 2008 auf Busverkehr umgestellt, da das Gleis für den Materialtransport beim zweigleisigen Ausbau der Pottendorfer Linie benötigt werde. Tatsächlich wurde auf der Pottendorfer Linie auf niederösterreichischem Gebiet seither kein einziger Bauarbeiter gesehen. Neueste Meldung ist, es gäbe kein Geld, der Ausbau sei aufs nächste Jahrzehnt verschoben worden. Beispiel Frachtterminal Inzersdorf: Wo die Pottendorfer Linie die neue Autobahn S1- Südumfahrung kreuzt, sollte eigentlich ein Frachtterminal entstehen, um Güter zwischen Straße und Schiene zu verladen. Wurde groß als Umweltmaßnahme angekündigt, um die Schiene zu fördern. Bis jetzt ist außer einigen Projektzeichnungen nichts geschehen. Beispiel Spange Götzendorf: Ist eine Verbindung vom Flughafen Wien-Schwechat nach Bruck an der Leitha, wodurch die Fernzüge zukünftig vom Zentralbahnhof über den Wiener Flughafen bis Bratislava und zum dortigen Flughafen weiterfahren können. Neueste Meldung: Es fehlt das Geld. Diverse Kleinigkeiten - Schikanen für Fahrgäste Kurz soll auch auf die vielen Schikanen hingewiesen werden, deren Beseitigung das Bahnfahren wesentlich attraktiver machen würde. Einige Beispiele: - Mittelbahnsteige: In vielen Bahnhöfen halten die Züge an Mittelbahnsteigen, die nur über steile Stiegen erreichbar sind, meist ohne Rampen für Kinderwagen und Rollstühle (auch in großen Bahnhöfen wie Korneuburg, Stockerau, Gänserndorf). Das Gleis neben dem Bahnhofsgebäude ( Hausbahnsteig ), wo ein barrierefreier Zugang besteht, wird nicht verwendet. - In unbesetzten Bahnhöfen nimmt Vandalismus zu, die ÖBB versperren als Reaktion WCs und Wartesäle. Beispiel Umsteigebahnhof Leobersdorf an der Südbahn: Von Freitag Mittag bis Montag früh sind alle Bahnhofs-Klos versperrt, es gibt auch kein Gasthaus mehr in der Nähe, man muss sich ein Gebüsch suchen. Der Wartesaal ist Tag und Nacht versperrt, mit dem Argument, wenn er versperrt ist, kann er durch Vandalen nicht beschädigt werden. (Benützt werden allerdings auch nicht, die Leute müssen im Stiegenaufgang oder am Bahnsteig stehen.) - In den neuerrichteten Bahnhöfen (z.b. Baden, Wien Nord/Praterstern) werden überall nicht Holz- oder Kunststoffsitze errichtet, sondern solche aus Metall, die in der kalten Jahreszeit eiskalt und daher unbenützbar sind. - Fahrkartenkauf im Zug ist auf vielen Strecken nicht mehr möglich. Statt drei Euro Zuschlag beim Fahrkartenkauf im Zug wird jetzt auf den sogenannten Selbstbedienungsstrecken ein Zuschlag von etwa 70 Euro eingehoben. Ziel ist das Wegrationalisieren der Schaffner im Zug. Wer dann im unbesetzten Bahnhof beim Automaten keine Fahrkarte gekauft hat (weil er sich nicht auskennt oder knapp zum Bahnhof kam), wird bestraft.

Fazit: Eine attraktive Bahn braucht - Rampen auf Treppen in Unterführungen, - vermehrte Nutzung der Hausbahnsteige, die ohne Unterführung erreichbar sind, - geheizte, unversperrte Warteräume - offene WC-Anlagen - Sitze aus einem Material, das nicht im Winter eiskalt und im Hochsommer glühend heiss ist, - Die Möglichkeit, im Zug Fahrkarten zu kaufen, wenn man keine Zeit mehr für den Ticketkauf am Bahnhof hat - Ausreichend Personal im Zug und auf den Bahnhöfen Gerd Maier Jänner 2007