SONDERRUNDSCHREIBEN. Umsatzsteuer

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Transkript:

OKTOBER 2016 WWW.BDOLEGAL.DE SONDERRUNDSCHREIBEN Lieferung von Zytostatika Umsatzsteuer Weiteres Vorgehen Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 28. September 2016 (zum BFH-Urteil vom 24. September 2014, V R 19/11) Editorial Sehr geehrte Damen und Herren, der Bundesfinanzhof hält die Abgabe von Zytostatika durch die Krankenhausapotheke bei ambulanten Behandlungen im Krankenhaus für umsatzsteuerfrei. Dies hat er in einer Grundsatzentscheidung vom 24.9.2014 deutlich gemacht, über die wir in einem Sonderrundschreiben vom Dezember 2014 ausführlich berichtet haben. Die Finanzbehörden schließen sich dieser Rechtsauffassung nunmehr an, allerdings erst nach einer längeren Besinnungsphase und mit teilweise nicht zu erwartenden Konsequenzen. Außerdem bietet sie für das Besteuerungsverfahren eine bis zum 31.3.2017 befristete Übergangsregelung an. Wir haben für Sie die rechtlichen und praktischen Auswirkungen dieses BMF-Schreibens nachfolgend zusammengestellt. Die Finanzverwaltung hat sich nach längerem Zögern aktuell zu der Grundsatzentscheidung des BFH vom 24.9.2014 geäußert, wonach die Verabreichung von Zytostatika im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehandlung, die dort individuell für den einzelnen Patienten in einer Apotheke dieses Krankenhauses hergestellt werden, als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz umsatzsteuerfrei ist.

2 SONDERRUNDSCHREIBEN ZYTOSTATIKA Zur Erinnerung: Das BFH-Urteil vom 24.9.2014 Ausgangspunkt der Debatte stellt ein Urteil des BFH vom 24. September 2014, V R 19/11 dar. Mit diesem Urteil hat der BFH nach längerer intensiver Debatte, in welche zeitweilig auch der EuGH eingebunden war, entschieden, dass es sich bei den mit einer Krankenhausbehandlung oder einer ärztlichen Heilbehandlung eng verbundenen Umsätzen um Nebenleistungen handelt, die an den Empfänger einer Krankenhausbehandlung oder ärztlichen Heilbehandlung als Hauptleistung erbracht werden. Es muss sich um Leistungen handeln, die im Rahmen von Krankenhausbehandlungen bzw. ärztlichen Heilbehandlungen erbracht werden und die zur Erreichung der damit verfolgten therapeutischen Ziele unentbehrlich sind. Die Verabreichung von Zytostatika, die im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehandlung individuell für den einzelnen Patienten in der Krankenhausapotheke dieses Krankenhauses hergestellt werden, ist danach als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz (zwingend) umsatzsteuerfrei. Auch für die Heilbehandlung durch selbständig tätige Krankenhausärzte im Krankenhaus liegt dabei die erforderliche Abgabe von Arzneimitteln an eigene Patienten des Krankenhauses vor, auch wenn in diesen Fällen Leistungen durch zwei unterschiedliche Unternehmer erbracht werden: zum einen die Heilbehandlung durch den ermächtigten Krankenhausarzt und zum anderen die Abgabe der Arzneimittel durch die Krankenhausapotheke. Denn für den mit einer Krankenhaus- oder Heilbehandlung eng verbundenen Umsatz kommt es nicht auf die Identität des Leistenden, sondern auf die Identität des Leistungsempfängers an. Es muss sich bei den eng verbundenen Umsätzen um Nebenleistungen handeln, die an den Empfänger einer Krankenhausbehandlung oder ärztlichen Heilbehandlung als Hauptleistung erbracht werden. Wegen der weiteren Einzelheiten verweisen wir auf unser Sonderrundschreiben vom Dezember 2014. Das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 28. September 2016 Die Finanzverwaltung wiederholt in dem aktuellen BMF- Schreiben vom 28.9.2016 zunächst die Grundsätze des Bundesfinanzhofes in dessen Urteil vom 24.9.2014, V R 19/11 (Tz. I) und kündigt dessen zeitnahe amtliche Veröffentlichung im Bundessteuerblatt 2016 Teil II an. Auf die erneute Darstellung der Urteilsgrundsätze wird im Rahmen dieses Sonderrundschreibens zur Vermeidung von Wiederholungen verzichtet. Danach nimmt sie zum sachlichen Anwendungsbereich Stellung (Tz. II) sowie zu den Folgen der Steuerbefreiung (Tz. III). Die geänderte umsatzsteuerliche Sicht wird im Umsatzsteuer-Anwendungserlass Berücksichtigung finden; die insoweit beschlossene Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses konkret im Abschnitt 4.14.6 Absatz 2 und Absatz 3 des UStAE - wird in Tz. IV. des Schreibens bekannt gemacht. Das Schreiben endet mit Erläuterungen zum zeitlichen Anwendungsbereich in einer abschließenden Tz. V. Sachlicher Anwendungsbereich Nur die Abgabe von individuell für den Patienten hergestellten Arzneimitteln durch die Krankenhausapotheke für eine in diesem Krankenhaus erbrachte ärztliche Heilbehandlung ist als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz gemäß 4 Nr. 14 Buchstabe b UStG (bis zum 31.12.2008: 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG) umsatzsteuerfrei. Für andere hiervon abzugrenzende Medikamentenlieferungen einer Krankenhausapotheke, z. B. an Ärzte oder an andere Krankenhäuser, gelten die Grundsätze des Abschnitts 4.14.6 Abs. 3 Nr. 3 UStAE unverändert fort; insoweit besteht eine Umsatzsteuerpflicht. Die Grundsätze des Urteils sollen allerdings sowohl auf Zubereitungen Anwendung finden, die im Rahmen einer Krebstherapie verwendet werden, als auch auf andere Arzneimittel, die wie Zytostatika-Zubereitungen individuell für den Patienten hergestellt werden. Hiervon abzugrenzen und folglich umsatzsteuerpflichtig ist demgegenüber die Abgabe von nicht patientenindividuellen Zubereitungen und von Fertigarzneimitteln, auch wenn diese als Begleitmedikamente verabreicht werden, sowie die Abgabe von nicht in der Krankenhausapotheke selbst hergestellten patientenindividuellen Zubereitungen. Für die Annahme eines mit einer Krankenhaus- oder Heilbehandlung eng verbundenen Umsatzes ist es unbeachtlich, aufgrund welcher sozialrechtlichen Ermächtigungsform die ambulante Behandlung im Krankenhaus erfolgt. Entscheidend für die Annahme eines mit der Krankenhausbehandlung oder ärztlichen Heilbehandlung eng verbundenen Umsatzes ist allerdings, dass die Abgabe von patientenindividuell hergestellten Arzneimitteln durch die Krankenhausapotheke des Krankenhauses erfolgt, in dem der Patient behandelt wird. Eine Behandlung im selben Gebäude ist nicht erforderlich. Für die Steuerbefreiung ist die Abgabe von patientenindividuell hergestellten Arzneimitteln durch die Krankenhausapotheke eines Krankenhauses zur Behandlung eines Patienten in einem Krankenhaus desselben Unternehmers an einem anderen Standort unschädlich. Die zuletzt genannte Regelung kommt durchaus überraschend. Der bis zur Bekanntgabe des BMF-Schreibens vom 28.9.2016 bekannt gewordene Diskussionsstand innerhalb der Finanzbehörden ließ eher eine gegenteilige Rechtsauffassung zumindest für sog. Organschaftssachverhalte (im Sinne des 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) erwarten. Nach dem Schreiben vom 28.9.2016 dürfte die Abgabe von patientenindividuell hergestellten Arzneimitteln

3 SONDERRUNDSCHREIBEN ZYTOSTATIKA auch an ambulante onkologische Patienten eines Krankenhauses (zwingend) steuerfrei sein, zu dem das Krankenhaus, in dessen Apotheke diese Arzneimittel hergestellt werden, organschaftlich verbunden ist. Gleiches gilt für einen Träger, der zwei Krankenhäuser betreibt, von denen eines über eine Apotheke verfügt. Folgen der Steuerbefreiung Wird die Lieferung von Zytostatika als ein eng mit der Heilbehandlung verbundener Umsatz steuerfrei behandelt, ist der Vorsteuerabzug aus damit im Zusammenhang stehenden Eingangsleistungen nach 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG (zwingend) ausgeschlossen. Dies gilt bei Berufung auf die Grundsätze des BFH-Urteils V R 19/11 für bereits abgelaufene Veranlagungszeiträume im Rahmen des verfahrensrechtlich Zulässigen auch rückwirkend. Beruft sich der Krankenhausträger für einen bereits getätigten Umsatz auf die Grundsätze des BFH-Urteils V R 19/11, also auf die Umsatzsteuerbefreiung, und hat er in der Rechnung abweichend davon Umsatzsteuer ausgewiesen was in jedem Einzelfall zu prüfen ist, wie die OFD NRW kürzlich in einer Verfügung vom 25.7.2016 noch einmal ausdrücklich betont hat -, schuldet er den ausgewiesenen Mehrbetrag nach 14c Abs. 1 UStG (sog. unrichtiger Steuerausweis ). Die unrichtig ausgewiesene Steuer entsteht prinzipiell mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Rechnung erteilt worden ist. Bei einer Berichtigung des wegen unrichtigen Ausweises der Steuer nach 14c Abs. 1 UStG geschuldeten Betrags sind zusätzlich die Vorgaben des Abschnitt 14c.1 Abs. 5 bis 7 UStAE zu beachten, welche wiederum auf der Rechtsprechung des BFH beruhen, also nicht etwa eine Rechtsfindung nur der Finanzbehörden darstellen. Wurde ein zu hoch ausgewiesener Rechnungsbetrag (hier: vom Krankenhaus) bereits vereinnahmt und steht dem Leistungsempfänger (hier: der Krankenkasse bzw. dem Patienten) aus der Rechnungsberichtigung ein Rückforderungsanspruch zu, ist nach diesen Vorgaben die Berichtigung des geschuldeten Mehrbetrags erst nach einer entsprechenden Rückzahlung an den Leistungsempfänger (hier: die Krankenkasse) zulässig. Die Rückzahlungsverpflichtung bezieht sich dabei auf den in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbetrag insgesamt; eine (wie auch immer ermittelte) Kürzung dieses Betrags wegen des im Falle der Steuerbefreiung entfallenden Vorsteuerbetrags ist nicht vorgesehen. Die Rechnungsberichtigung darf grundsätzlich nur durch den leistenden Unternehmer, also das Krankenhaus bzw. dessen Träger, erfolgen; eine Rechnungsberichtigung durch den Leistungsempfänger ist nicht zulässig. Sie kann aber zusammengefasst für mehrere zu berichtigende Rechnungen in einem Dokument erfolgen; Voraussetzung ist jedoch, dass entsprechend 31 Abs. 5 Satz 2 UStDV spezifisch und eindeutig auf die jeweils zu berichtigende Rechnung Bezug genommen wird (etwa durch die Angabe der ursprünglich erteilten Rechnungsnummer) und auch aus dem zusammenfassenden Dokument der auf jede ursprünglich im Einzelnen zu berichtigende Rechnung entfallende Steuerbetrag ersichtlich ist. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses Es erfolgen zwei Ergänzungen bzw. Änderungen: In Abschnitt 4.14.6 Absatz 2 UStAE wird bei den eng verbundenen und damit umsatzsteuerfreien Sachverhalten eine neue Nr. 3 mit folgendem Wortlaut eingefügt: "3. die Abgabe von individuell für den einzelnen Patienten in einer Apotheke des Krankenhauses hergestellten Arzneimitteln, wenn diese im Rahmen einer ambulant in den Räumen dieses Krankenhauses durchgeführten Heilbehandlung verwendet werden; auf die sozialrechtliche Ermächtigungsform für die ambulante Heilbehandlung kommt es nicht an (vgl. BFH-Urteil vom 24. 9. 2014, V R 19/11). Eine Behandlung im selben Gebäude ist nicht erforderlich. Für die Steuerbefreiung ist die Abgabe von patientenindividuell hergestellten Arzneimitteln durch die Krankenhausapotheke eines Krankenhauses zur Behandlung eines Patienten in einem Krankenhaus desselben Unternehmers an einem anderen Standort unschädlich. In Abschnitt 4.14.6 Absatz 3 UStAE wird bei den nicht eng verbundenen und damit umsatzsteuerpflichtigen Sachverhalten Nr. 4 wie folgt neu gefasst: "4. die Abgabe von nicht patientenindividuell hergestellten Medikamenten zur unmittelbaren Anwendung durch ermächtigte Krankenhausambulanzen an Patienten während der ambulanten Behandlung sowie die Abgabe von Medikamenten durch Krankenhausapotheken an Patienten im Rahmen der ambulanten Behandlung im Krankenhaus."

4 SONDERRUNDSCHREIBEN ZYTOSTATIKA Zeitlicher Anwendungsbereich Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Umsätze, die vor dem 1. April 2017 ausgeführt werden, wird es für das Besteuerungsverfahren nicht beanstandet, wenn der Unternehmer seine Leistungen abweichend von Abschnitt 4.14.6 Abs. 2 Nr. 3 UStAE dem allgemeinen Steuersatz unterwirft und insoweit aus den damit zusammenhängenden Eingangsleistungen unter den weiteren Voraussetzungen des 15 UStG den Vorsteuerabzug geltend macht. In welchen Fällen die Anwendung der angesprochenen Übergangsregelung sinnvoll bzw. möglich ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Eine Anwendung setzt in jedem Fall voraus, dass sämtliche relevanten Abgaben von Zytostatika im Rahmen ambulanter Krebsbehandlungen einbezogen werden; eine Begrenzung z. B. auf einzelne Krankenkassen ist nicht möglich. Auch dürfte es nicht möglich sein, für einzelne Veranlagungszeiträume (bis zum 31.3.2017) die BFH-Entscheidung vom 24.9.2014, V R 19/11 anzuwenden und für andere nicht. Die Übergangsregelung betrifft ausdrücklich nur das sog. Besteuerungsverfahren, also das Verhältnis zwischen Krankenhaus und zuständigem Finanzamt. Es wirkt nicht auf das Verhältnis zwischen Krankenhaus und Krankenkasse bzw. Patient; hierfür ist entscheidend, ob eine sozialrechtliche oder vertragliche Verpflichtung des Krankenhauses besteht, noch offene Fälle rückwirkend als umsatzsteuerfrei zu behandeln. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes dürfte allerdings finanzgerichtlich nicht durchsetzbar sein, weil der BFH prinzipiell von der Umsatzsteuerbefreiung derartiger Arzneimittelabgaben ausgeht und für eine Übergangsregelung ganz generell keine Rechtsgrundlage erkennen wird. Sehr gern prüfen wir für Sie, welche Auswirkungen die Umsetzung der BFH-Rechtsprechung durch die Finanzbehörden konkret in Ihrem Fall hat. Die jeweilige Handlungsempfehlung hängt von einer Gesamtwürdigung der aus Krankenhaussicht widerstreitenden steuerlichen und sozialrechtlichen Interessen ab. In diesem Zusammenhang sei nochmals darauf hingewiesen, dass sich das BMF-Schreiben naturgemäß ausschließlich zur steuerlichen Umsetzung der BFH-Entscheidung vom 24.9.2014, VR 19/11, äußert. Wegen des zeitlichen Anwendungsbereichs (Übergangsregelung) müssen vergangene und künftige Veranlagungszeiträume berücksichtigt werden. Bitte sprechen Sie uns jederzeit an. Bitte sprechen Sie uns auch an, wenn Sie Fragen zu den vorstehenden Ausführungen haben oder weitere Informationen benötigen. Wir sind gerne für Sie da. Im Übrigen verknüpft die Finanzverwaltung die Anwendung der sog. Übergangsregelung mit der Anwendung des Regelsteuersatzes (von derzeit 19%), obwohl die (von der Finanzverwaltung akzeptierte) BFH-Rechtsprechung zur gemeinnützigkeitsrechtlichen Beurteilung der Abgabe von Zytostatika an ambulante Krankenhauspatienten eine Anwendung des ermäßigten Steuersatzes (von derzeit 7%) zumindest bei steuerbegünstigten Krankenhausträgern eher nahe legt. Nach dem Urteil des BFH vom 31.07.2013, Az.: I R 82/12, BStBl 2015 Teil II S. 123, ist die Abgabe von Zytostatika durch die Krankenhausapotheke an ambulant behandelte Patienten des Krankenhauses zur unmittelbaren Verabreichung im Krankenhaus dem Zweckbetrieb Krankenhaus ( 67 AO) zuzurechnen, und zwar auch dann, wenn die Ermächtigung zur Durchführung ambulanter Behandlungen nicht dem Krankenhaus im Wege einer sog. Institutsermächtigung, sondern dem Chefarzt des Krankenhauses erteilt wird, der die Behandlungen als Dienstaufgabe durchführt.

5 SONDERRUNDSCHREIBEN ZYTOSTATIKA Ansprechpartner: Ralf Klaßmann WP StB Dipl.-Kfm. Tel.: 0221 97357-101 ralf.klassmann@bdo.de Wolfgang Schmidbauer StB Dipl.-Kfm. Tel.: 0221 97357-190 wolfgang.schmidbauer@bdo.de BDO ist die fünftgrößte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Deutschland. Wir gehören damit auch zu den führenden Anbietern für prüfungsnahe Dienstleistungen, den Advisory Services sowie in der steuer- und wirtschaftsrechtlichen Beratung. Im Non-Profit-Bereich ist BDO sehr stark vertreten. Zu unseren Mandanten zählen frei-gemeinnützige Träger und Betreiber von Einrichtungen im Bereich der Kranken- und Behindertenversorgung und -betreuung sowie Wohlfahrtsverbände und Einrichtungen der Wohlfahrtspflege, Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, Senioreneinrichtungen, ambulante Pflegedienste, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Spenden sammelnde Organisationen, kulturelle Einrichtungen und national sowie international agierende Hilfsorganisationen (z.b. im Bereich der Entwicklungs- und Katastrophenhilfe). Über die mit uns assoziierte BDO LEGAL Rechtsanwaltsgesellschaft mbh bilden wir für diesen Bereich sämtliche relevanten Rechtsgebiete ab. Hier sind insbesondere zu nennen: verwaltungs- und sozialgerichtliche Verfahren, Arbeitsrecht, Organisations- und Gesellschaftsrecht einschließlich der Transaktionsberatung, rechtliche Beratung bei Kooperationen mit anderen Einrichtungen sowie für den Krankenhausbereich die Krankenhausfinanzierung (z.b. Abrechnung von Krankenhausleistungen, insbesondere Wahlleistungen) und Planungsrecht. Hinweis an den Leser Dieses Rundschreiben und andere BDO oder BDO Legal Publikationen stehen für Sie auch im Internet bereit unter www.bdo.de bzw. www.bdolegal.de. Ursula Notz Rechtsanwältin Tel.: 0221 97357-145 ursula.notz@bdolegal.de Diese Informationen wurden mit größter Sorgfalt zusammengestellt. Wir bitten aber um Verständnis dafür, dass BDO für gleichwohl enthaltene etwaige Informationsfehler keine Haftung übernimmt. 2016 BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft 2016 BDO Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbh Herausgeber: BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Im Zollhafen 22 50678 Köln www.bdo.de Dr. Stephan Porten Rechtsanwalt/Fachanwalt für Medizinrecht Tel.: 0221 97357-480 stephan.porten@bdolegal.de BDO Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbh Im Zollhafen 22 50678 Köln www.bdolegal.de

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