Erste Fragestellungen (Einstiegsfragen): Liegt ein anfechtbarer Entscheid vor? 1. Wer hat entschieden? 2. Worüber wurde entschieden? 3. Wie wurde entschieden (Entscheidart)? 4. Welche Fragen sollen gerügt werden? Folie 1
Entscheidarten Terminologie nach Zürcher Art: Entscheid Urteil Beschluss/Verfügung prozessleitender (a) Endurteil (a) Erledigungsbeschluss Entscheid (b) Vorurteil (b) Vorbeschluss (c) Teilurteil (c) Teilbeschluss Terminologie nach BGG: Entscheid Endentscheide Teilentscheide Vor-/Zwischenentscheide Merke: Zur Bestimmung der Entscheidungsart ist grundsätzlich auf den erstinstanzlichen Entscheid und nicht auf den Rechtsmittelentscheid abzustellen (Ausnahme: Rekursentscheide, vgl. ZPO 281) Folie 2
Terminologie nach Zürcher Art Endurteil Sachentscheid, der zur Erledigung des Prozesses führt (vgl. ZPO 188, GVG 155) Merke: Summarentscheide als Ausnahme (vgl. GVG 155) Vorurteil Entscheidung über eine materiellrechtliche Vorfrage Erledigungsbeschluss/-verfügung Alle anderen Entscheide, die zur Erledigung des Prozesses führen (vgl. ZPO 188) Unterscheidung Beschluss und Verfügung: vgl. GVG 155 Vorbeschluss/-verfügung Entscheidung über eine prozessrechtliche Vorfrage (insb. Prozessvoraussetzungen) Merke: Zuständigkeit als Ausnahme (vgl. ZPO 271 Ziff. 4) Teilurteil Sachentscheid über einen Teil des Anspruchs Teilbeschluss/-verfügung Teilweise Erledigung gestützt auf Vergleich, Klagerückzug oder Verzicht Prozessleitender Entscheid Alle Entscheide, die den Prozess nicht beendigen und nicht unter die Begriffe Vor- und Teilentscheide fallen Merke: Die Entscheidung über die Zuständigkeit gilt als prozessleitender Entscheid! Folie 3
Terminologie nach BGG Endentscheid (BGG 90) Teilentscheid (BGG 91) Alle Entscheidungen, die zu einer Erledigung des Verfahrens führen und die Streitsache definitiv entscheiden Entscheid über einen Teil der gestellten Begehren, wenn diese unabhängig von den anderen beurteilt werden können Entscheid über die Klage eines Streitgenossen Vor- und Zwischenentscheid (BGG 92/93) Alle anderen Entscheide, u.a. auch Vorentscheide und prozessleitende Entscheide nach Zürcher Terminologie Merke: Unterschiedliche Voraussetzungen nach BGG 92 (Zuständigkeits- und Ausstandsentscheide) und BGG 93 (andere Entscheide) Folie 4
Prüfungsfolge (nur Gedankenstütze!) Einsprache? Berufung? Rekurs? Nichtigkeitsbeschwerde? (ZPO 285 II als Abgrenzungskriterium) Beschwerde in Zivilsachen? Verfassungsbeschwerde? Weitere Rechtsbehelfe/Rechtsmittel: Aufsichtsbeschwerde nach GVG 108 ff. Kostenbeschwerde nach GVG 206 (nur Gebühren- und Kostenansätze, nicht Verteilung der Kosten) Erläuterung und Berichtigung (GVG 162 ff./bgg 129) Revision (ZPO 293 ff./bgg 121 ff.)) Folie 5
Verhältnis der Nichtigkeitsbeschwerde zu anderen Rechtsmitteln ZPO 285: Gegen Entscheide, die der Berufung, dem Rekurs, der Einsprache an das erkennende Gericht oder dem Weiterzug an das Bundesgericht unterliegen, ist die Nichtigkeitsbeschwerde nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer nachweist, dass er ohne Verschulden vom Nichtigkeitsgrund erst Kenntnis erhalten hat, als die genannten Rechtsmittel nicht mehr ergriffen werden konnten. (Abs. 1) Der Weiterzug an das Bundesgericht im Sinne von Abs. 1 gilt als gegeben, wenn das Bundesgericht frei überprüfen kann, ob der geltend gemachte Mangel vorliege. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist stets zulässig, wenn eine Verletzung von Art. 8, 9, 29 oder 30 der Bundesverfassung oder von Art. 6 EMRK geltend gemacht wird. (Abs. 2)... (Abs. 3) Folie 6
Abgrenzung Nichtigkeitsbeschwerde und Beschwerde in Zivilsachen Frage der Letztinstanzlichkeit (BGG 75) BGG 100 Abs. 6: keine Spaltung des RM-Weges BGG 111 Abs. 3: grundsätzlich gleiche Überprüfungsbefugnis der kant. Rechtsmittelinstanz BGG 130 Abs. 2 (Übergangsfrist) Streitwertgrenze (BGG 74) Kognition des Bundesgerichts (ZPO 285 Abs. 2) beachte: Abgrenzung Nichtigkeitsbeschwerde und Verfassungsbeschwerde ausnahmsweise direkt subsidiäre Verfassungsbeschwerde, wenn einzig eine Verfassungsverletzung gerügt wird, die das Bger. frei überprüfen kann (vgl. ZPO 285 Abs. 2) Folie 7
Bestimmung der Rügen: 1. Das Gericht habe zu Unrecht die von ihm genannte Zeugin Karin als unglaubhaft eingestuft willkürliche Beweiswürdigung 2. Das Gericht habe zu Unrecht eine 10-jährige Verjährungsfrist angenommen Verletzung von OR 128 Ziff. 3 3. Das Gericht hätte allgemein nachfragen müssen, ob er weitere Einwendungen, wie eine Verrechnungseinrede, gegen die Klage vorzubringen habe Verletzung von ZPO 55 4. Das Gericht habe ihm zu Unrecht die Gerichtskosten auferlegt; schliesslich sei Rechtsanwältin Gut alleine für das vorliegende Verfahren verantwortlich Verletzung von ZPO 64 Abs. 3 Folie 8
Berufung (ZPO 259 ff.) 1. Anfechtungsobjekt Vor-, Teil- und Endurteile beachte: Sachentscheide, die im summarischen Verfahren ergehen, gelten nicht als Urteile! Vorinstanz 2. Streitwert Fr. 8'000.- oder unbestimmbar 3. Anfechtungsgründe umfassende Kognition 4. Legitimation und Beschwer nur Parteien (nicht Dritte!) 5. Form und Frist 6. Verfahren Folie 9
Rekurs (ZPO 271 ff.) 1. Anfechtungsobjekt ordentliches Verfahren summarisches Verfahren ZPO 271: ZPO 272 Ziff. 1: Erledigungsentscheide Ziff. 2: Vor- und Teilbeschlüsse (-verfügungen) Ziff. 3: Kosten- und Entscheidungsentscheide Ziff. 4: prozessleitende Entscheide Vorinstanz 2. Streitwert Fr. 8'000.-, unbestimmbar sowie gesetzlich besonders geregelte Fälle 3. Anfechtungsgründe umfassende Kognition 4. Legitimation und Beschwer Parteien und Dritte nach ZPO 273 5. Form und Frist 6. Verfahren Folie 10
Nichtigkeitsbeschwerde (ZPO 281 ff.) 1. Anfechtungsobjekt Endentscheide prozessleitende Entscheide ZPO 281 ZPO 282 alle Rekursentscheide! besondere Voraussetzungen Nicht zulässig ist die Nichtigkeitsbeschwerde gegen (ZPO 284): Entscheide einer Kassationsinstanz (Ziff. 1) Entscheide einer Aufsichtsbehörde (Ziff. 2; z.b. Entscheide nach GVG 108 ff. und GVG 206 oder nach SchKG 17 f.) die in Ziff. 3-6 aufgezählten Entscheide Rekursentscheide betr. vorsorgliche Massnahmen (Ziff. 7) 2. Streitwert kein Streitwerterfordernis 3. Nichtigkeitsgründe Ziff. 1: Verletzung wesentlicher Verfahrensgrundsätze Ziff. 2: aktenwidrige oder willkürliche tatsächliche Annahme Ziff. 3: Verletzung klaren materiellen Rechts 4. Legitimation/Beschwer Parteien und Dritte nach ZPO 283 5. Form und Inhalt 6. Verfahren Folie 11
Beschwerde in Zivilsachen (BGG 72 ff.) 1. Anfechtungsobjekt Grundsatz: Endentscheide (BGG 90) Ausnahmen: (a) Teilentscheide (BGG 91) (b) Vor- und Zwischenentscheide (BGG 92/93) - BGG 92: zuständigkeitsbejahende Entscheide und Entscheide über Ausstandsbegehren - BGG 93: andere Vor- und Zwischenentscheide Zivilsache (BGG 72) letzte kant. Rechtsmittelinstanz (beachte: Ausnahmen in BGG 75 Abs. 2; Übergangsbestimmung BGG 130 Abs. 2) 2. Streitwert? vermögensrechtliche Sachen: BGG 74 3. Beschwerdegründe (BGG 95 ff.) 4. Legitimation (BGG 76) 5. Form und Inhalt 6. Verfahren Folie 12
Subsidiäre Verfassungsbeschwerde (BGG 113 ff.) 1. Anfechtungsobjekt Anfechtbare Entscheide wie bei der Beschwerde in Zivilsachen (vgl. Verweis in BGG 117) keine Beschwerde in Zivilsachen (subsidiär; BGG 113) letzte kant. Rechtsmittelinstanz (vgl. Verweis in BGG 114) 2. Streitwert kein Streitwerterfordernis 3. Beschwerdegründe nur Verletzung von verfassungsmässigen Rechten (BGG 116) 4. Legitimation (BGG 115) 5. Form und Inhalt 6. Verfahren vgl. Verweis in BGG 117 und die Möglichkeit der gleichzeitigen Erhebung mit Beschwerde in Zivilsachen (BGG 119) Folie 13
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung? Rechtsfragen, die für die Entwicklung der Rechtsordnung wesentlich sind nach der Botschaft hängt die Zulassungsbeschwerde von zwei kumulativen Voraussetzungen ab, wobei sich letztere in drei alternative Unterfälle aufgliedert: a. zunächst muss die Auslegung einer Norm streitig sein, deren Verletzung vor Bundesgericht überhaupt gerügt werden kann. b. Sodann muss es sich um eine Rechtsfrage handeln, die einer höchstrichterlichen Klärung bedarf. Hier sind drei Hypothesen denkbar: 1. Eine Rechtsfrage wurde vom Bundesgericht noch nicht entschieden; sie bedarf aber insbesondere deshalb der höchstrichterlichen Klärung, weil die diesbezügliche Rechtsprechung der Vorinstanzen widersprüchlich ist. Eine Hauptaufgabe des Bundesgerichtes besteht ja darin, für die einheitliche Anwendung des Bundesrechts und des internationalen Rechts zu sorgen. Eine neue Rechtsfrage sollte ferner auch dann vom Bundesgericht beurteilt werden, wenn dessen Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann, namentlich wenn von unteren Instanzen viele gleichartige Fälle zu beurteilen sein werden. 2. Eine Rechtsfrage wurde vom Bundesgericht zwar bereits entschieden, und der angefochtene Entscheid stimmt mit der Rechtsprechung des Bundesgerichts überein. Es bestehen aber Gründe, die dem Bundesgericht Anlass geben, seine Rechtsprechung zu überprüfen. 3. Schliesslich sollte eine Rechtsfrage dem Bundesgericht unterbreitet werden können, wenn die Vorinstanz von der Bundesgerichtspraxis abgewichen ist. Es ist Sache des Bundesgerichts, seine Praxis zu bestätigen oder zu ändern. Folie 14