Einführung in das Thema Partizipation als Schlüssel zur Bildung Ebenen der Partizipation Praxisbeispiel Verfassungsgebende Versammlung Mitspracheraum

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Transkript:

Herzlich Willkommen in der Diskussionsgruppe Braucht eine Kita eine Verfassung Kinderbeteiligung -Beteiligte Kinder? Impuls-Fachtag, 24. Juni 2010 Staatsinstitut für Frühpädagogik Was Sie erwartet Einführung in das Thema Partizipation als Schlüssel zur Bildung Ebenen der Partizipation Praxisbeispiel Verfassungsgebende Versammlung Mitspracheraum 1

Einführung in das Thema UN-Kinderkonvention Übereinkommen über die Rechte des Kindes UN-Kinderkonvention Artikel 12 [Berücksichtigung des Kindeswillens] (1) Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife. Kinder- und Jugendhilfegesetz Sozialgesetzbuch (SGB) Achtes Buch (VIII) Kinder- und Jugendhilfe 8 [Beteiligung von Kindern und Jugendlichen] (1) Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. [ ] 2

Partizipation heißt, Entscheidungen, die das eigene Leben und das der Gemeinschaft betreffen zu teilen und gemeinsam Lösungen für Probleme zu finden. (Richard Schröder) Partizipation als Schlüssel zur Bildung Kinder eignen sich Bildung durch Aneignung an Hilf mir es selbst zu tun (Maria Montessori) Folge: pädagogische Mitarbeiterinnen werden zu Entwicklungsbegleiterinnen der Kinder. damit dies gelingen kann bedarf es Partizipation. ein demokratisches Verhältnis zwischen Kindern und Erwachsenen beruht auf Partizipationsrechten der Kinder. ( Erfolgreich starten, Leitlinien zum Bildungsauftrag in Kindertageseinrichtungen, Schleswig- Holstein) 3

Ebenen der Partizipation These 1 ist Bestandteil der Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern, findet also im alltäglichen Umgang statt oder nicht. Ebenen der Partizipation These 2 wird durch die Einrichtungsstrukturen begünstigt oder nicht. 4

Ebenen der Partizipation These 2 wird durch die Einrichtungsstrukturen begünstigt oder nicht. C Es ist nicht zu verantworten, dass drei- bis sechsjährige Kinder das Kita-Gelände ohne Begleitung Erwachsener verlassen. D In welche Gruppe ein neues Kind aufgenommen wird, müssen schon die Erwachsenen entscheiden Ebenen der Partizipation These 3 muss strukturell verankert werden, um nicht von der Tagesform der pädagogischen Mitarbeiterinnen oder einem Personalwechsel abzuhängen. 5

Ebenen der Partizipation These 4 muss auch die Eltern und das Team einbeziehen. These 5 bedeutet auch Beteiligung auf der politisch-administrativen Ebene. Ebenen der Partizipation Beteiligung auf der politischadministrativen Ebene Alltagsdemokratie Beteiligung auf der Beziehungsebene Beteiligung auf der strukturellen Ebene 6

Ebenen der Partizipation These 6 drückt sich auch in diesem komplexen Verständnis vor allem in der Haltung der Erwachsenen aus. Wie kommt die Kindertagesstätte zu einer Verfassung? Teamentwicklungsprozess Das Team entscheidet an welchen Themen die Kinder zukünftig im Alltag der Kindertagesstätte beteiligt werden. Worüber sollen die Kinder auf keinen Fall mitentscheiden? Worüber sollen die Kinder auf jeden Fall mitentscheiden? 7

Wie kommt die Kindertagesstätte zu einer Verfassung? Wie werden Gremien gebildet? Strukturen der institutionalisierten Beteiligung Wie oft? Wo? Wann? Elternbeteiligung? Leitungsbeteiligung? Trägerbeteiligung? Entscheidungsmodi? Dokumentation? Teambeteiligung? Legislaturperiode? Einrichtungsebene Name? Wer? Moderation? Themen? Entscheidungsmodi? Delegiertenwahl Anzahl? Mandat? Transfer? Wer? Name? Gruppenebene Dokumentation? Wie oft? Wann? Wo? Themen? Moderation? 8

Beispiel aus einem Verfassungsentwurf Präambel (1) Vom 25.-27. Januar 2010 trat in der Kindertagesstätte das pädagogische Team als Verfassungsgebende Versammlung zusammen. Die Mitarbeiterinnen verständigten sich auf die künftig in der Einrichtung geltenden Partizipationsrechte der Kinder. (2) Die Beteiligung der Kinder an allen sie betreffenden Entscheidungen wird damit als Grundrecht anerkannt. Die pädagogische Arbeit soll an diesem Grundrecht ausgerichtet werden. (3) Gleichzeitig ist die Beteiligung der Kinder eine notwendige Voraussetzung für gelingende (Selbst-)Bildungsprozesse und die Entwicklung demokratischen Denkens und Handelns. Beispiel aus einem Verfassungsentwurf Abschnitt 1: Verfassungsorgane 1 Verfassungsorgane Verfassungsorgane der Kindertagesstätte sind die Konferenzen in den Stammgruppen, der Kinderrat und die Kindersprechstunde. 2 Konferenzen in den Stammgruppen (1) Die Konferenzen in den Stammgruppen müssen mindestens einmal in der Woche und können bei Bedarf mehr als einmal in der Woche in der Mäuse-, Pinguin-, Hasen- und Känguru-Gruppe stattfinden. (2) Die Konferenzen in den Stammgruppen setzen sich aus allen Kindern und den pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der jeweiligen Stammgruppe zusammen. Die Teilnahme an den Konferenzen ist für die Kinder freiwillig. (3) Die Konferenzen in den Stammgruppen entscheiden im Rahmen der im Abschnitt 2 geregelten Zuständigkeitsbereiche über alle Angelegenheiten, die ausschließlich die jeweilige Stammgruppe betreffen. Die Tagesordnungspunkte der jeweiligen Sitzung werden im Vorfeld auf einer Wandzeitung in der Stammgruppe gesammelt. (4) Bei der Entscheidungsfindung wird ein Konsens angestrebt. Im Zweifel entscheidet die einfache Mehrheit aller anwesenden Konferenzmitglieder, jedoch nie gegen die Stimmen aller Erwachsenen oder gegen die Stimmen aller Kinder. 9

Beispiel aus einem Verfassungsentwurf Abschnitt 2: Zuständigkeitsbereiche 5 Gestaltung des eigenen Tagesablaufs Die Kinder haben das Recht, selbst zu entscheiden, was sie im Alltag der Kindertagesstätte wann, wo, mit wem und wie machen und an welchen vorbereiteten Angeboten sie teilnehmen. Die pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter behalten sich jedoch das Recht vor zu bestimmen, - dass die Kinder am täglichen Stuhlkreis in den Stammgruppen teilnehmen müssen, - dass die Kinder an besonderen Fördermaßnahmen, einschließlich Sprachfördermaßnahmen, teilnehmen müssen, - dass die Kinder, die voraussichtlich im kommenden Schuljahr eingeschult werden, einmal in der Woche an einem so genannten Kreativangebot teilnehmen müssen (näheres regelt 24 (2)). 11 Regeln (1) Die Kinder haben das Recht mitzuentscheiden über die Regeln des Zusammenlebens in der Einrichtung sowie über den jeweiligen Umgang mit Regelverletzungen. Letzteres gilt auch, wenn pädagogische Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter einer Regelverletzung bezichtigt werden. Methodische Umsetzung mit den Kindern, Eltern und dem Träger Dialogwerkstatt Elternabende Einbindung der Beteiligten 10

Erkenntnisse Ł Partizipation in Kitas ist machbar Ł Partizipation in Kitas ist der Schlüssel zu Bildung und Demokratie Ł Partizipation in Kitas beginnt in den Köpfen der Erwachsenen Ł Haltungen ändern sich durch Erfahrung und Reflexion Ł Die Entwicklung einer Partizipationskultur ist ein Teamentwicklungsprozess Vielen Dank Man fragt den Adler: Warum erziehst du deine Jungen so hoch in der Luft? Der Adler antwortet: Würden sie sich erwachsen so nah an die Sonne wagen, wenn ich sie so tief an der Erde erzöge? Gottholf Ephraim Lessing 11

Mitspracheraum! Auseinandersetzung mit Frage aus der Praxis Auswirkungen auf das pädagogische Handeln Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit Eltern Was ist mit der Weiterführung in der Schule 12