A. Allgemeines Abschnitt 7: Familienleistungsausgleich A. Allgemeines Aufgrund der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts (BeschlÅsse v. 29. 5. 1990 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BStBl 1990 II 653, v. 12. 6. 1990 1 BvL 72/86, BStBl 1990 II 664) wurde mit dem JStG 1996 der Familienlastenausgleich zum Familienleistungsausgleich durch die Gewåhrung von Kindergeld durch den Abzug der Freibetråge nach 32 Abs. 6 EStG fortentwickelt ( 31 Satz 1 EStG). Das Kindergeld får Kinder von unbeschrånkt steuerpflichtigen Anspruchsberechtigten ist seither im Einkommensteuergesetz geregelt (Abschn. X, 62 78 EStG). Der får das Kindergeld und die Freibetråge nach 32 Abs. 6 EStG geltende Kindbegriff wurde vereinheitlicht. 691 ABB. 1: 692 Familienleistungsausgleich ( 31) Kindergeld Freibeträge nach 32 Abs. 6 Aufgrund ihrer Unterhaltsverpflichtung erwachsen den Eltern Aufwendungen får ihre Kinder. Da die Aufwendungen die wirtschaftliche Leistungsfåhigkeit der Eltern mindern, måssen sie gemåß den Vorgaben des BVerfG hierfår eine steuerliche Entlastung erhalten, d. h. in HÇhe des får das Existenzminimum einschließlich des Bedarfs får Betreuung und Erziehung Ausbildung eines Kindes erforderlichen Einkommensbetrages darf ihr Einkommen steuerlich nicht belastet werden. Die steuerliche Entlastung erfolgt durch die Bewilligung von Kindergeld und damit außerhalb der Einkommensteuerfestsetzung. FÅhrt das Kindergeld noch nicht zur vollståndigen steuerlichen Freistellung des Existenzminimums einschließlich des Bedarfs får die Betreuung und Erziehung Ausbildung eines Kindes, sind die Freibetråge nach 32 Abs. 6 EStG im Rahmen der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens und somit bei der Festsetzung der Einkommensteuer abzuziehen. Die PrÅfung, ob die Entlastung der Eltern durch die Gewåhrung des Kindergeldes nach 62 ff. EStG durch den Abzug der Freibetråge nach 32 Abs. 6 EStG bewirkt wird, erfolgt von Amts wegen im Rahmen des Veranlagungsverfahrens zur Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres ( 31 Satz 1, R 31 Abs. 1 Satz 1 EStR). Gegebenenfalls måssen die Eltern die DurchfÅhrung der Veranlagung zur Einkommensteuer beantragen ( 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG). Das Kindergeld betrug in den Jahren 2002 2008 får das erste, zweite und dritte Kind jeweils 154 A, får jedes weitere Kind jeweils 179 A monatlich ( 66 Abs. 1 EStG). 693 694 259
Abschnitt 7: Familienleistungsausgleich 695 696 697 698 Mit dem Gesetz zur FÇrderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen (Familienleistungsgesetz FamLeistG) vom 22. 12. 2008, BStBl 2009 I S. 136, wurde das Kindergeld erhçht. Es betrågt seit dem 1. 1. 2009 får das erste und zweite Kind jeweils 164 A/Monat, får das dritte Kind 170 A/Monat und får jedes weitere Kind jeweils 195 A/Monat ( 66 Abs. 1 Satz 1 EStG) Durch das Gesetz zur Sicherung von Beschåftigung und Stabilitåt in Deutschland vom 2. 3. 2009, BStBl 2009 I S. 434, wurde 66 Abs. 1 EStG um Satz 2 erweitert. Ihm zufolge wird får jedes Kind, får das im Kalenderjahr 2009 mindestens får einen Monat Anspruch auf Kindergeld besteht, får das Kalenderjahr 2009 ein einmaliger Betrag i. H. von 100 A zusåtzlich zum Kindergeld gezahlt. Bei der EinfÅhrung des Familienleistungsausgleichs am 1. 1. 1996 beinhaltete 32 Abs. 6 EStG nur den Kinderfreibetrag, der das såchliche Existenzminimum eines Kindes abdeckte. Am 10. 11. 1998 entschied das BVerfG (2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91, BStBl 1999 II 182), dass die damals geltenden Regelungen Åber den steuermindernden Abzug der Kinderbetreuungskosten und des Haushaltsfreibetrages mit Art. 6 GG nicht vereinbar seien, da sie verheiratete Eltern mit gemeinsamen Kindern benachteiligten. Es verpflichtete daher den Gesetzgeber, bis zum 1. 1. 2000 die Abziehbarkeit der Kinderbetreuungskosten und bis zum 1. 1. 2002 die steuerliche BerÅcksichtigung des ebenfalls zum Existenzminimum eines Kindes gehçrenden Erziehungsbedarfs neu zu regeln. Die erforderlichen Ønderungen nahm der Gesetzgeber in zwei Stufen vor. Durch das Gesetz zur FamilienfÇrderung v. 22. 12. 1999 (BGBl 1999 I 2552) wird seit 1. 1. 2000 auch der får die Kinderbetreuung erforderliche Bedarf im Rahmen des Familienleistungsausgleichs steuerfrei belassen. Mit dem Zweiten Gesetz zur FamilienfÇrderung v. 16. 8. 2001 (BGBl 2000 I 2074) beråcksichtigt der Gesetzgeber auch den Erziehungs- Ausbildungsbedarf beim Familienleistungsausgleich. Durch den Familienleistungsausgleich wird allerdings nur der Åblicherweise anfallende Ausbildungsbedarf abgegolten. Zusåtzlich entstehender Ausbildungsaufwand eines volljåhrigen und auswårts untergebrachten Kindes wird unter den Voraussetzungen des 33a Abs. 2 EStG beråcksichtigt. Zugleich wurde die BerÅcksichtigung des Betreuungsaufwands geåndert. Der allgemein anfallende Betreuungsaufwand wird Åber den Familienleistungsausgleich abgegolten, der daråber hinaus erwachsende Betreuungsaufwand fåhrt ab dem 1. 1. 2009 unter den Voraussetzungen des 9c 35a Abs. 1 und 2 EStG zu einer zusåtzlichen steuerlichen Ermåßigung. Mit 9c EStG wurden die får die Jahre 2006 2008 geltenden 4f, 10 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 8 EStG aufgehoben und die bisher geltenden Regelungen in den neu eingefågten 9c EStG zusammengefasst. Eine materielle Ønderung war damit nicht verbunden. Der vom Einkommen abzuziehende Freibetrag des 32 Abs. 6 EStG umfasst deshalb seit 1. 1. 2002 nicht nur den Freibetrag får das såchliche Existenzminimum (Kinderfreibetrag) und får den allgemeinen Betreuungsbedarf, sondern auch den Åblicherweise anfallenden Erziehungs- Ausbildungsbedarf eines Kindes. 260
A. Allgemeines ABB. 2: Freibeträge nach 32 Abs. 6 Freibetrag für das sächliche Existenzminimum (Kinderfreibetrag) Freibetrag für den Betreuungsund Erziehungs- Ausbildungsbedarf Die Freibetråge får das såchliche Existenzminimum, den Betreuungs- und Erziehungs Ausbildungsbedarf kommen seit 1. 1. 2002 so lange in Betracht, wie ein Kind im Rahmen des Familienleistungsausgleichs zu beråcksichtigen ist. Der Kinderfreibetrag betrug vom 1. 1. 2002 31. 12. 2008 grundsåtzlich får einen Elternteil 1 824 A, får ein Kind damit 3 648 A. Mit dem Gesetz zu FÇrderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen (Familienleistungsgesetz FamLeistG) vom 22. 12. 2008, BStBl 2009 I S. 136, wurde der Kinderfreibetrag mit Wirkung ab dem 1. 1. 2009 auf 1 932 A/Elternteil, somit auf insgesamt 3 864 A/Kind angehoben. Der Freibetrag får den Betreuungs- und Erziehungs- Ausbildungsbedarf betrågt dagegen seit dem 1. 1. 2002 unveråndert 1 080 A/Elternteil bzw. 2 160 A/Kind. Seit dem VZ 1996 gilt bei den Freibetrågen nach 32 Abs. 6 EStG in Anlehnung an die Kindergeldvorschriften der 62 ff. EStG ebenfalls das Monatsprinzip ( 32 Abs. 6 Satz 5 EStG). Das heißt, liegen die Voraussetzungen får die BerÅcksichtigung eines Kindes nicht in allen Monaten eines Kalenderjahres vor, erfolgt eine KÅrzung der Freibetråge um die Monate, in denen die Voraussetzungen an keinem Tag vorgelegen haben. BEISPIEL: P Das (erste) Kind der unbeschrånkt steuerpflichtigen und zusammen zu veranlagenden Eltern ist im Monat Juli 2009 geboren. Die Eltern haben Anspruch auf Kindergeld ab Juli 2009 und damit får 6 Monate (6 164 A =) i. H. von 984 A zuzåglich 100 A Einmalbetrag auf den Abzug der Freibetråge nach 32 Abs. 6 EStG i. H. von 6 / 12 von 6 024 A (= 3 864 A + 2 160 A) = 3 012 A. Die Freibetråge nach 32 Abs. 6 EStG und das Kindergeld werden bis einschließlich des Monats gewåhrt, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet. Sie entfallen, wenn das Kind das 18. Lebensjahr vollendet hat und kein Verlångerungstatbestand des 32 Abs. 4 Satz 1 Abs. 5 Satz 1 EStG vorliegt wenn zwar ein Verlångerungstatbestand des 32 Abs. 4 Satz 1 Abs. 5 Satz 1 EStG vorliegt, die EinkÅnfte und BezÅge des Kindes jedoch den gesetzlich festgelegten Grenzbetrag i. H. v. 7 680 A Åbersteigen. Aufwendungen får ein Kind kçnnen ferner das Einkommen/zu versteuernde Einkommen ab dem 1. 1. 2009 nach folgenden Vorschriften ermåßigen: 9 Abs. 5 EStG/ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) EStG: Erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten 9c EStG: Erwerbsbedingte und private Kinderbetreuungskosten 699 700 701 702 261
Abschnitt 7: Familienleistungsausgleich 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG: Schulgeld 24b EStG: Entlastungsbetrag får Alleinerziehende 33 Abs. 3 EStG: HÇhe der zumutbaren Belastung bei den (allgemeinen) außergewçhnlichen Belastungen 33a Abs. 1 EStG: Unterhaltsaufwendungen, wenn das Kind nicht im Rahmen des Familienleistungsausgleichs zu beråcksichtigen ist 33a Abs. 2 EStG: Freibetrag zur Abgeltung des Sonderbedarfs får ein volljåhriges, in Ausbildung stehendes und auswårts untergebrachtes Kind 33b Abs. 5 EStG: Ûbertragung des Pauschbetrages får Behinderte Hinterbliebene 33b Abs. 6 EStG: Pflege-Pauschbetrag HINWEIS: Die in den Jahren 2006 2008 geltenden 4f, 10 Abs. 1 Nr. 5 und 8 und 33a Abs. 3 EStG wurden mit dem Gesetz zur FÇrderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen (Familienleistungsgesetz FamLeistG) vom 22. 12. 2008, BStBl 2009 I S. 136, mit Ablauf des 31. 12. 2008 aufgehoben. 703 704 Ferner kçnnen Aufwendungen får haushaltsnahe Beschåftigungsverhåltnisse får die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen wegen eines Kindes eine weitere Steuerermåßigung nach 35a EStG bewirken. Bezieht ein Stpfl. får ein Kind Kindergeld, hat er Anspruch auf eine hçhere Altervorsorgezulage. In diesem Fall besteht nåmlich nicht nur ein Anspruch auf die Grundzulage, sondern auch auf die Kinderzulage ( 83, 85 Abs. 1 EStG). 705 DarÅber hinaus erlangt der Kindbegriff auch Bedeutung außerhalb des Einkommensteuerrechts, z. B. får die " Gewåhrung der Arbeitnehmer-Sparzulage ( 13 des 5. VermBG i.v. mit BMF-Schreiben v. 9. 8. 2004, BStBl I 717, Tz. 15 Abs. 5), " Gewåhrung der Wohnungsbaupråmie ( 2a WoPG i.v. mit Nr. 2 WoPR), " HÇhe der Zuschlagsteuern ( 51a EStG), bspw. får die Kirchensteuer den Solidaritåtszuschlag ( 3 Abs. 2 und 2a SolZG). Da die vorstehend genannten gesetzlichen Vorschriften an den Begriff des zu versteuernden Einkommens anknåpfen (z. B. 13 des 5. VermBG 2a WoPG), ist får diesen Zweck das zu versteuernde Einkommen stets um die Freibetråge nach 32 Abs. 6 EStG zu vermindern ( 2 Abs. 5 EStG). Dabei sind die Freibetråge nach 32 Abs. 6 EStG bspw. får die Gewåhrung der Arbeitnehmer-Sparzulage der Wohnungsbaupråmie får das gesamte Sparjahr zugrunde zu legen (BMF-Schreiben v. 9. 8. 2004, BStBl I 717, Tz. 15, Abs. 5, und Nr. 2 Abs. 1 WoPR). Damit spielt es keine Rolle, ob die Freibetråge får den gesamten VZ nur får einen Teil des Kalenderjahres bei der Veranlagung zur Einkommensteuer zu beråcksichtigen sind. 262
B. Regelung des Kindergeldes ( 62 78 EStG) Ferner wird sichergestellt, dass bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage får die Zuschlagsteuern die Freibetråge nach 32 Abs. 6 EStG auch dann beråcksichtigt werden, wenn sie aufgrund der steuerlichen Entlastung durch das Kindergeld bei der Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer nicht abgezogen worden sind ( 51a Abs. 1 2a EStG). Hierbei werden die Freibetråge nach 32 Abs. 6 EStG unabhångig vom BerÅcksichtigungszeitraum des Kindes im Kalenderjahr stets mit dem Jahresbetrag angesetzt. B. Regelung des Kindergeldes ( 62 78 EStG) ABB. 3: Übersicht über die Voraussetzung für den Anspruch auf Kindergeld 706 Anspruchsberechtigter ( 62) Berücksichtigungsfähiges Kind ( 63) Wohnsitz/gewöhnlicher Aufenthalt im Inland ( 1 Abs. 1) unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gem. 1 Abs. 2 (fiktiv) unbeschränkt einkommensteuerpflichtig nach 1 Abs. 3 Ausländer mit einer Niederlassungserlaubnis Aufenthaltserlaubnis i. S. des 62 Abs. 2 im 1. Grad mit dem Anspruchsberechtigten verwandt Pflegekind vom Anspruchsberechtigten in seinem Haushalt aufgenommenes Stiefkind vom Anspruchsberechtigten in seinem Haushalt aufgenommenes Enkelkind Zu den weiteren Voraussetzungen s. u. 32 Abs. 3 5 Wie bereits oben ausgefåhrt, betrågt das Kindergeld ab dem 1. 1. 2009 får die ersten zwei Kinder jeweils 164 A/Monat, får das dritte Kind 170 A/Monat und får jedes weitere Kind 195 A/Monat ( 66 Abs. 1 Satz 1 EStG). Es wird vom Beginn des Monats an, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfållt sind, bis zum Ende des Monats gezahlt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen entfallen ( 66 Abs. 2 EStG i.v. mit 32 EStG). Die Zahlung erfolgt damit får jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen får die BerÅcksichtigung des Kindes wenigstens an einem Tag vorgelegen haben. Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewçhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europåischen Union in einem Staat, auf den das Abkommen Åber den Europåischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, haben, kçnnen generell nicht beråcksichtigt werden ( 63 Abs. 1 Satz 3 EStG). Ferner erhalten die Anspruchsberechtigten im Kalenderjahr 2009 får jedes Kind, får das im Jahr 2009 mindestens får einen Monat ein Anspruch auf Kindergeld besteht, einen Einmalbetrag in HÇhe von 100 A. 707 263