Stellungnahme der Volkssolidarität Bundesverband e. V.

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Transkript:

Bundesministerium für Arbeit und Soziales Referat IVb2 Grundsatzfragen der Alterssicherung, Finanzierung der Rentenversicherung Wilhelmstr. 49 10117 Berlin Per E-Mail ivb2@bmas.bund.de Donnerstag, 7. April 2016 Stellungnahme der Volkssolidarität Bundesverband e. V. zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für eine Verordnung zur Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Alterssicherung der Landwirte zum 1. Juli 2016 (Rentenwertbestimmungsverordnung 2016 RWBestV 2016) 1. Der vorgelegte Entwurf der Rentenwertbestimmungsverordnung 2016 entspricht den geltenden rechtlichen Regelungen und ist von daher nicht zu beanstanden. Erneut ist 2016 eine Anpassung der aktuellen Rentenwerte zu verzeichnen, die die positive Lohnentwicklung des Vorjahres wiederspiegelt. Die in der Rentenanpassungsformel enthaltenen Kürzungsfaktoren (Nachhaltigkeitsfaktor, Altersvorsorgeaufwendungen, Ausgleichsfaktor) werden de facto nicht bzw. nur geringfügig wirksam. Der Nachhaltigkeitsfaktor, der das Verhältnis von Rentenbeziehern und Beitragszahlern widerspiegelt, schlägt mit einem Wert von 1,0018 Prozent zu Buche. Auf die Höhe der Rentenanpassung 2016 wirkt sich positiv aus, dass der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung von 18,9 Prozent im Jahre 2014 zum 1. Januar 2015 auf 18,7 Prozent abgesenkt wurde. Außerdem macht sich einmalig eine Umstellung in der Beschäftigungsstatistik des Statistischen Bundesamtes bemerkbar: Eine zuletzt niedrigere Berechnung des Lohnniveaus wird mit der Bestimmung der Rentenwerte zum 1. Juli 2016 wieder ausgeglichen. Auf diesen Grundlagen erfolgt eine Anpassung des aktuellen Rentenwerts um 4,25 Prozent in den alten Ländern und eine Anpassung des Rentenwerts Ost um 5,95 Prozent in den neuen Ländern. Dies ist erfreulich für Rentnerinnen und Rentner und wird von der Volkssolidarität begrüßt. Allerdings ist zu befürchten, dass es sich nur um eine vorübergehende, zeitlich begrenzte Entwicklung handelt.

Spätestens mit der 2019 erforderlichen Anhebung des Beitragssatzes dürften auch die in den Folgejahren anstehenden Rentenanpassungen geringer ausfallen und das Leistungsniveau der gesetzlichen Rente weiter absinken laut Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung 2015 voraussichtlich auf 44,6 Prozent im Jahre 2029. Die Volkssolidarität bleibt daher bei ihrer Kritik an der dem Referentenentwurf zugrunde liegende Gesetzeslage, die dazu führt, dass das Leistungsniveau der gesetzlichen Rente systematisch absinkt und die gesetzliche Rente über einen längeren Zeitraum betrachtet an Kaufkraft verliert. Die Volkssolidarität setzt sich dafür, die Lohnbezogenheit der Rentenanpassungen wieder zu stärken und die Dämpfungsfaktoren in der Rentenanpassungsformel zu streichen. 2. Mit der Rentenanpassung zum 1. Juli 2016 können Rentnerinnen und Rentner angesichts niedriger Preissteigerungsraten wieder einen realen Einkommenszuwachs verzeichnen. Grundlagen dafür sind die weitere Zunahme der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung sowie Lohn- und Gehaltszuwächse bei den Beschäftigten, nicht zuletzt auch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns seit dem 1. Januar 2015. Dennoch ist darauf hinzuweisen, dass damit die Einkommensverluste der Rentnerinnen und Rentner seit dem Jahre 2000 nicht ausgeglichen sind. Renten-Nullrunden in den Jahren 2004 bis 2006 und geringfügige Anpassungen unterhalb der Preissteigerungsraten in den Jahren 2007 und 2008 führten bereits zu erheblichen Kaufkraftverlusten der Renten. Selbst die deutliche Anhebung der Renten im Jahre 2009 übertraf nur in den neuen Ländern die vom Statistischen Bundesamt für 2008 ausgewiesene Preissteigerungsrate von 2,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Danach erfolgte die Nullrunde 2010, die niedrige Erhöhung 2011 um 0,99 Prozent sowie die knapp unterhalb der Preissteigerungsrate liegende Rentenanpassung 2012, so dass im Zeitraum von 2000 bis 2012 ein Kaufkraftverlust der Renten von deutlich über 9 Prozent zu verzeichnen war. Erst mit der Rentenanpassung 2015 war nach vielen Jahren des Wertverlusts der Renten erstmals wieder ein realer Einkommenszuwachs zu verzeichnen. 3. Im Zusammenhang mit der Bestimmung der Rentenwerte 2016 und den sich daraus ergebenden Mehrausgaben der Rentenversicherung (2016 ca. 6,4 Milliarden Euro, 2017 ca. 12,7 Milliarden Euro) weist die Volkssolidarität auf künftige Risiken für die finanzielle Liquidität der Rentenversicherung und damit auch für das Leistungsniveau der gesetzlichen Rente hin. Besonders zu kritisieren bleibt, dass gesamtgesellschaftlich notwendige Leistungen, die familienpolitischen Charakter haben, in großem Umfang aus der Rentenkasse und nicht aus Steuermitteln des Bundes finanziert werden nunmehr verstärkt durch das RV- Leistungsverbesserungsgesetzes bei den Kindererziehungszeiten. Statt die erheblichen Finanzreserven der Gesetzlichen Rentenversicherung für dringend notwendige Maßnahmen zur besseren Absicherung bestimmter Personengruppen (Erwerbsgeminderte, Langzeitarbeitslose, Niedrigverdiener, prekäre Selbständige) gegen Altersarmut zu nutzen, werden diese Mittel durch die Beitragssatzabsenkung zum 1. Januar 2015 von 18,9 auf 18,7 Prozent schrittweise reduziert. Seite: 2

Hinzuweisen ist ferner auf die Streichung der Versicherungsbeiträge für Langzeitarbeitslose seit 2011 (ein Minus von ca. 1,8 Mrd. Euro jährlich) und auf die Kürzung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung um insgesamt 3,5 Milliarden Euro im Zeitraum 2013 2016. Auch im Interesse der jüngeren Generation, die ebenfalls ein Recht auf eine auskömmliche Alterssicherung hat, sollte dieser Entwicklung Einhalt geboten werden. Die Volkssolidarität unterstützt die Forderung der Selbstverwaltung der Deutschen Rentenversicherung Bund, zur Vermeidung von Finanzrisiken die Mindest- Nachhaltigkeitsrücklage der Rentenversicherung von aktuell 0,2 auf 0,4 Monatsausgaben anzuheben. 4. Die nach 25 Jahren deutscher Einheit immer noch bestehende Teilung im Rentenrecht, die sich in der Rentenanpassung 2016 erneut manifestiert, ist für viele Bürgerinnen und Bürger in Ost und West immer schwerer nachvollziehbar. Die Volkssolidarität begrüßt, dass mit der Anpassung des aktuellen Rentenwerts Ost um 5,95 Prozent zum 1. Juli 2016 ein weiterer Schritt zur Angleichung an den für die alten Bundesländer gültigen aktuellen Rentenwert erfolgt. Zum 1. Juli 2016 bedeutet dies eine Erhöhung des aktuellen Rentenwerts aktuellen Rentenwerts Ost von 29,21 Euro auf 30,45 Euro von 27,05 Euro auf 28,66 Euro. Der aktuelle Rentenwert Ost steigt von bisher 92,6 Prozent zum 1. Juli 2016 auf dann 94,1 Prozent des aktuellen Rentenwerts für die alten Bundesländer. Während die monatliche Bruttorente ab 01.07.2016 für den so genannten Eckrentner 1 Ost 1.290 Euro beträgt, liegt sie für den Eckrentner in den alten Ländern bei 1.370 Euro. Der Rückstand bei der monatlichen Bruttorente für den Eckrentner Ost verringert sich somit von bisher 97 Euro auf 80 Euro. Pro Entgeltpunkt sinkt der Rückstand von bisher 2,16 Euro auf nunmehr 1,79 Euro. Die weitere Annäherung des Rentenwerts Ost an den aktuellen Rentenwert ist erfreulich, dürfte aber in den Folgejahren angesichts der erwarteten geringeren Rentenanpassungen kaum in ähnlicher Höhe wie 2016 ausfallen. Auch der Rentenversicherungsbericht 2015 der Bundesregierung lässt in seinen Modellrechnungen erkennen, dass nach der Rentenanpassung 2016 nur mit minimalen Schritten von jährlich 0,1 Prozentpunkten bei der Angleichung des Rentenwerts Ost an den der alten Länder zu rechnen ist (siehe Rentenversicherungsbericht 2015, Übersicht C 1, S. 66). Die im Koalitionsvertrag vom Dezember 2013 von CDU/CSU und SPD in Aussicht gestellte Perspektive, mit einem Rentenüberleitungsabschlussgesetz nach 30 Jahren deutscher Einheit im Jahre 2020 eine vollständige Angleichung des Rentenwerts Ost an den der alten Länder vorzunehmen, lässt sich allerdings nicht über Mini-Schrittchen mit Prozentwerten hinter dem Komma realisieren. 1 Der so genannte Eckrentner (oder Standardrentner) mit 45 Beitragsjahren und durchschnittlichem Verdienst dient als Vergleichsgröße. Real erreicht nur eine Minderheit der Rentenzugänge diese Werte. Seite: 3

Nach wie vor ist der Rückstand bei den Verdiensten Ost gegenüber denen in den alten Ländern hoch und kein Anlass, von einer demnächst bevorstehenden Angleichung von Löhnen und Gehältern und somit auch bei den Renten auszugehen. Selbst bei optimistischer Betrachtung ist nicht damit zu rechnen, dass allein die Angleichung der Löhne und Gehälter in den neuen Ländern an das Niveau der alten Länder ausreichend ist, um in absehbarer Zukunft eine Angleichung des Rentenwerts Ost zu erreichen. Der politische Handlungsbedarf zur baldigen Schließung dieser Lücke im Bereich der gesetzlichen Rente ist offensichtlich. Die im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD für das Jahr 2020 in Aussicht gestellte Lösung durch ein Rentenüberleitungsabschlussgesetz macht deutlich, dass der von der Volkssolidarität seit Jahren angemahnte politische Handlungsbedarf anerkannt wird. Das ist positiv zu würdigen, kann aber nur einen ersten Schritt eines noch zu bewältigenden Weges darstellen, der sich nicht allein auf eine rentenrechtliche Sicht beschränken kann. Denn maßgeblich bleibt auch die mit dem Einigungsvertrag 1990 in Art. 30, Absatz 5, übernommene Verpflichtung, mit der Angleichung der Löhne und Gehälter auch die Angleichung bei den Renten zu vollziehen. Unter diesem Gesichtspunkt setzt sich die Volkssolidarität dafür ein, unter Berücksichtigung der im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD vom Dezember 2013 getroffenen Vereinbarungen die Angleichung bei den Ostrenten auf folgende Schwerpunkte zu konzentrieren: 1. Für die beabsichtigte vollständige Angleichung müssen bereits vor dem Jahr 2020 erste Teilschritte erfolgen. Ein erster wichtiger Teilschritt ist die Angleichung des Rentenwerts Ost an den aktuellen Rentenwert für alle pauschal bewerteten Zeiten, insbesondere für Zeiten der Kindererziehung Pflege von Angehörigen Ableistung von Wehrdienst /Wehrersatzdienst Beschäftigung in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) Die Volkssolidarität setzt sich dafür ein, dass dieser Schritt möglichst bald erfolgt, d. h. noch im Jahre 2016 dafür von der Bundesregierung ein Gesetzentwurf vorgelegt wird. Damit würde auch bei Bürgerinnen und Bürgern das Vertrauen in die Regierungskoalition und ihr Versprechen zu einer vollständigen Angleichung des Rentenwerts Ost bis spätestens 2020 gestärkt. 2. Eine gesetzliche Regelung muss zu leistungsrechtlichen Verbesserungen für Bestandsrentner sowie für erworbene Ansprüche der Beschäftigten führen. Durch steuerfinanzierte Zuschläge soll die unzureichende Lohnangleichung Ost-West ab 2016 kompensiert und so schrittweise das Ziel der vollständigen Angleichung bis 2020 erreicht werden. Eine rein rechtliche Angleichung von Rentenwerten lehnt die Volkssolidarität ab. 3. Für die Beschäftigten in den neuen Ländern darf es beim weiteren Aufbau ihrer künftigen Rentenansprüche keine gravierenden Verschlechterungen geben, z. B. durch eine generelle bzw. ersatzlose Streichung des Nachteilsausgleichs durch die Umwertung von Ost-Löhnen und Gehältern für die Ermittlung der individuellen Rentenansprüche nach Anlage 10 des SGB VI. Gleichzeitig kann die Umwertung nicht auf Dauer aufrechterhalten werden, wenn die Angleichung des Rentenwerts Ost vollzogen wird. Seite: 4

Um Altersarmut in großem Umfang zu verhindern, sollte daher über geeignete Instrumente im Rentenrecht gesichert werden, dass insbesondere für langjährig Versicherte mit niedrigen Verdiensten in Ost und West eine Alterssicherung oberhalb des Grundsicherungsniveaus ermöglicht wird (z. B. durch die Entfristung der Rente nach Mindestentgeltpunkten). Im Bereich der Arbeitsmarktpolitik muss der gesetzliche Mindestlohn so weiter entwickelt werden, dass er in absehbarer Zeit für langjährig Vollzeit-Beschäftigte eine strukturell armutsfeste Rente ermöglicht. Ferner gilt es, die tarifliche Bindung der Unternehmen deutlich zu verbessern und somit dafür zu sorgen, dass mehr Beschäftigte als bisher von Branchentarifverträgen profitieren können. Dieser Weg könnte den Versicherten im gesamten Bundesgebiet nutzen und gleichzeitig eine Überwindung der Sonderregelungen Ost im Rentenrecht ermöglichen. Seite: 5