Vertiefung im Internationalen Privatrecht. Internationales Familienrecht 10 Wiederholung und Vertiefung

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Transkript:

Vertiefung im Internationalen Privatrecht Internationales Familienrecht 10 Wiederholung und Vertiefung

Vorlesungsüberblick 1. Wiederholung Grundlagen des IPR 2. Eheschließung 3. Allgemeine Ehewirkung 4. Namensrecht 5. Ehescheidung 6. Eingetragene Lebenspartnerschaft 7. Faktische Lebensgemeinschaft 8. Kindschaft 9. Intersexualität 10.Wiederholung und Vertiefung 2

Vorbemerkungen Klausur: 23.7.2015, 16-18 Uhr Hörsaal F Prüfungsanmeldefrist: 17. 6.2015 1.7.2015, 12 Uhr Bitte anonym verfassen (nur Matrikel-Nr. angeben) Gesetzestexte: Schönfelder Erasmus-Studierende: 15.7.2015 11.00 Uhr, Anmeldung mit Matrikel-Nr. erforderlich! 13.7.2015,10-12 Uhr: Klausur Völkerrecht II Das Dekanat bittet um Rücksichtsnahme. 3

Fall 1: A und B sind Südafrikaner, die nach Deutschland ausgewandert sind. Sie bekommen eine Tochter T und wollen sie Radio nennen. Wie ist die Rechtslage? Anmerkung: In Südafrika wird das Personalstatut, dem auch das Namensrecht unterfällt, an das domicile angeknüpft. Nach südafrikanischem Namensrecht ist Radio ein zulässiger Vorname. Im übrigen ist davon auszugehen, dass das südafrikanische dem deutschen Recht entspricht. 4

Beispiel für einen Einleitungssatz: Es ist, da der Sachverhalt Berührungspunkte zu verschiedenen Rechtsordnungen aufweist, zunächst zu klären, nach welchem Recht sich die Namensführung des Kindes richtet (vgl. Art. 3 EGBGB). Nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB untersteht die Namensführung dem Heimatrecht der betroffenen Person, hier der T. Welche Staatsangehörigkeit eine Person hat, bestimmt sich stets nach dem Recht des (potentiell) verleihenden Staates... 5

Lösungshinweise: I. Art. 10 Abs. 1 Heimatrecht der T Staatsangehörigkeit deutsche Staatsangehörigkeit (-), da kein Erwerbstatbestand einschlägig, südafrikanische (+), da Eltern die südafrikanische Staatsangehörigkeit haben (ius sangiunis) II. Art. 4 Abs.1 S. 1 Gesamtnormverweisung III. Südafrikanisches Kollisionsrecht domicile Deutschland IV. Art. 4 Abs. 1 S. 2 Annahme der Rückverweisung deutsches Namensrecht V. Anwendung deutschen Namensrechts Radio (wohl) nicht möglich (a.a. vertretbar) 6

Fall 2: Die Eheleute Herr Grunkin und Frau Peter sind Deutsche. Sie wandern nach Dänemark aus und bekommen dort eine Tochter, die personenstandsrechtlich als T Grunkin- Peter erfasst wird. Die Eltern beantragen Eintragung der Geburt im deutschen Personenstandsregister unter dem nach dänischem Recht korrekt gebildeten Nachnamen Grunkin-Peter. Wie ist die Rechtslage? Anmerkung: Das dänische Internationale Namensrecht sieht als Anknüpfungspunkt den Wohnsitz des Betroffenen vor. 7

Artikel 18 (ex-artikel 12 EGV) Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verträge ist in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. [...] Artikel 21 (ex-artikel 18 EGV) (1) Jeder Unionsbürger hat das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in den Verträgen und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten. [...] 8

I. Staatsangehörigkeit des Kindes: Deutsch. Geburtsname in Deutschland: Art. 10 Abs. 1 deutsches Recht Grunkin ODER Peter II. Zwischenergebnis: Eintragung Grunkin-Peter nach deutschem Verständnis nicht möglich III. Aber: Geburtsname in Dänemark nach Wohnsitzanknüpfung Grunkin- Peter möglich Art. 18 AEUV Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit (-) Art. 21 AEUV Beschränkung der Freizügigkeit wenn ein Name im anderen Staat wirksam erworben und im Inland nicht anerkannt wird EuGH, 14.10.2008 - C-353/06 (Grunkin-Paul) 9

Anknüpfungssysteme im Internationalen Namensrecht Staatsangehörigkeitsprinzip (z.b. Deutschland, Belgien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Spanien) Domizilprinzip (z.b. Finnland, Dänemark, Schweden, Schweiz) Keine Kollisionsnormen (insb. common law) Akzessorische Anknüpfung an familienrechtlichen Vorgang (z.b. Italien, Frankreich und Griechenland) Einige Staaten sehen einen einfachen renvoi vor, andere einen renvoi wie in Art. 4 Abs. 1 EGBGB, wieder andere sprechen nur Sachnormverweisungen aus. 10

Lösung 1: Sachrechtliche Lösung 3 NamÄndG [Wichtiger Grund] (1)Ein Familienname darf nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Problem: Rechtsunsicherheit/Vorbehalt des Gesetzes 11

Lösung 2: Anerkennungslösung (Grenze: EuGH, 22.12.2010 - C-208/09 Sayn-Wittgenstein ) Anerkennung von Rechtslagen vs. Anerkennung durch Verweisung Problem: Kollision verschiedener Rechtslagen Problem: Rechtsfolge der Anerkennung Rechtsunsicherheit 12

Artikel 48 Wahl eines in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erworbenen Namens Unterliegt der Name einer Person deutschem Recht, so kann sie durch Erklärung gegenüber dem Standesamt den während eines gewöhnlichen Aufenthalts in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erworbenen und dort in ein Personenstandsregister eingetragenen Namen wählen, sofern dies nicht mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Die Namenswahl wirkt zurück auf den Zeitpunkt der Eintragung in das Personenstandsregister des anderen Mitgliedstaats, es sei denn, die Person erklärt ausdrücklich, dass die Namenswahl nur für die Zukunft wirken soll. Die Erklärung muss öffentlich beglaubigt oder beurkundet werden. Artikel 47 Absatz 1 und 3 gilt entsprechend. 13

Lösung 3: Angleichung des Kollisionsrechts (Problem: unterschiedliche Verweisungstechniken oder Picon sche Blockverweisung) 14

Lösung: Vereinheitlichung des IPR auf EU-Ebene 15