Evaluation der ersten 18 Monate der psychiatrischen Tagesklinik in Bergen auf Rügen Forschungsgruppe Sozialpsychiatrie des Instituts für Sozialpsychiatrie MV Christina Nerlich
Inhalt 1. Studiendesign (3) 2. Fragestellungen (4) 3. Teilnehmermerkmale (5) 4. Ergebnisse (6-23) 5. Ausblick (24) 2
Ziele Instrumente Ansatz Methoden SCL-90-R Symptom- Checkliste Symptombelastung 1. Erkenntnisgewinn über Patientenmerkmale IIP-C Inventar zur Erfassung der interpersonalen Probleme GAF Skala zur Fremdeinschätzung des psychosozialen Funktionsniveaus deskriptiv quantitativ Klinik-Dokumentation 2. Evaluation der Behandlung Offenes Interview Selbst konstruierter Fragebogen deskriptiv qualitativ und quantitativ 3. Erkenntnisgewinn über regionale Funktion Offenes Interview Selbst konstruierter Fragebogen Klinik-Dokumentation explorativ qualitativ und quantitativ 4. Hypothesengewinn zu Effekten der Regionalität der TK Offenes Interview explorativ qualitativ 3
Fragestellungen: I. Wie zufrieden sind die Nutzer mit der Behandlung? (Ziel 2) II. III. IV. Ergeben sich langfristige positive Behandlungseffekte? Welche Nutzergruppen profitieren auf welche Weise von der Behandlung? (Ziel 2) Wie sehen die Teilnehmer die Funktion der Regionalen Tagesklinik im Vergleich zur stationären Behandlung? (Ziel 3) Lassen sich Aussagen über eine Veränderung in der Inanspruchnahme von Hilfen ableiten? (Ziel 4) 4
Teilnehmermerkmale n = 81 Hauptdiagnosen in %: F1 Psychische und Verhaltensstörung durch psychotrope Substanzen 13,6 Nebendiagno sen in % Alter bei Befragung 42,9 (±10,8) F2 Schizophrenie, Schozotypische und wahnhafte Störungen 6,8 Geschlecht (% weiblich) 72,8 F3 Affektive Störungen 71,6 14,81 Mittelwerte der einzelnen Skalen: Globaler Kennwert nach SCL-90 Globaler Kennwert nach IIP-C 1,11 1,432 F4 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen F5 Verhaltensauffälligkeit en in Verb. mit körperlichen Störungen oder Faktoren 17,3 1,23 49,38 2,46 GAF-Wert GAF-Wert männlich GAF-Wert weiblich 59,26 (±14,91) 54,4 (±15,7) 61,1 (±14,2) F6 Persönlichkeitsstörung en F7 Intelligenzminderung 41,97 1,23 5 1,23
I. Zufriedenheit und hilfreiche Behandlungselemente 6
I. Zufriedenheit Zufriedenheits-Indikatoren: 1. Skala-Mittelwert (0-10): 7,4 70 60 50 69 (positive Korrelation mit GAF- Wert Gesamtwerte SCL-90 und IIP-C) 40 30 20 2. Würden Sie die TK erneut in Anspruch nehmen? 10 0 ja 12 nein 7
I. Hilfreichste Behandlungselemente Interview Fragebogen Rang n Prozent Prozent Ergotherapie 1 52 64,2 69,1 Einzelgespräche 2 43 53,1 61,7 Gemeinschaft und Atmosphäre 3 35 43,2 Entspannung / Gruppengespräche 4 22 27,2 69,1 Bewegung 5 und 6 19 23,5 43,2 Tagesstruktur 7 14 17,3 Aktivierung / Beschäftigung 8 9 11,1 Medikamente 9 8 9,9 8
Geschlechtsspezifische Präferenzen Frauen: Gemeinschaft und Atmosphäre, Einzelgespräche und Bewegung = soziale, psychotherapeutische und aktivierende Elemente Männer: Gruppengespräche, Aktivierung / Tagesstruktur und Medikamente = soziale, Beschäftigungs-orientierte und medikamentöse Elemente gleich hoch geschätzt: Ergotherapie mit unterschiedlicher Funktion 9
II. Behandlungseffekte 10
II.Behandlungseffekte Therapieinhalte in Alltag integriert 60 54,3 Verhaltensveränderung 50 Interpersonale Kompetenz 40 32,1 30,9 33,3 Bewegung / Aktivität 30 Entspannung 20 10 0 11
II.Behandlungseffekte Subjektiver Behandlungserfolg 60 58,0 Langfristiger Behandlungseffekt 50 40 30 20 10 19,8 18,5 Kurzfristiger Behandlungseffekt Keine Veränderung 0 Zeitliche Dimension: Spätester Behandlungsbeginn Dez. 2004, Befragung Jan.-Mai 2006) 12
% 80 70 60 50 40 30 20 10 0 II.Behandlungseffekte Wer profitiert besonders? F1 F2 F3 F4 F6 Langfristige Behandlungsef fekte kurzfristige Behandlungsef fekte Keine Veränderung 13
Diagnosegruppe F2: II.Behandlungseffekte Weniger Profitierende / Kritik F2 überwiegend keine Veränderung Personen aus F2 sind unzufriedener (MW 6,1) als der Durchschnitt Behandlungserfolg für 28,2% ausschlaggebend für Behandlungssetting Klinik hat 42,5% besser geholfen Geschlechtsspezifische Unterschiede: Frauen profitieren mehr als Männer (61% / 50%) kein sign. Unterschied bei Zufriedenheit Frauen erwähnen im Vergleich zu Männern weniger Vorbehandlungen, kein Mann ohne psych. Vorbehandlung 14
III. Regionale Funktion der Tagesklinik und Vergleich von Behandlungssettings 15
III. Regionale Funktion Kontaktaufnahme im Vergleich Haltenhof et al. 1997 Kallert et al. 2003 Haltenhof et al. 2006* TK Bergen Psychiatrische Klinik 37,2 39,4 40 24,7 Facharzt für Psychiatrie 30,2 28,4 40 48,1 Prakt. Arzt 12,2 17,7 12,5 9,9 Andere Institutionen 10,7 12,3 Freunde / Bekannte / Pat. selbst 3,5 11,6 / 4,8 3 4,9 18 Personen: ausschließlich in Frage kommende psych. Hilfe * Näherungswerte 16
III. Vergleich von Behandlungssettings Was bedeutet für Sie die Tatsache, dass sich die TK auf Rügen befindet? 65,7%: nicht in die Klinik müssen, rechtzeitig aufgefangen werden 48,7%: unkompliziert in Anspruch zu nehmen 45,7%: Normalität des Tagesablaufes / Struktur Was waren für Sie die wesentlichen Unterschiede von stat. und tagesklinischer Behandlung? 47,2%: Abends nach Hause gehen zu können 32,7%: Stationäre Behandlung besser geeignet bei ausgeprägtem Schweregrad 32,7%: geschützter Raum in stationärer Behandlung Wann würden Sie die Tagesklinik in Anspruch nehmen und wann die stationäre Behandlung? 64%: rechtzeitige Intervention, Vermeidung stat. Aufenthalte 50% immer zunächst die Tagesklinik, außer bei schwerer Erkrankung 16%: bei Wunsch nach geschütztem Raum stat. Behandlung 7%: egal, Behandlungserfolg ist ausschlaggebend Keine Unterschiede in der Zufriedenheit mit der Behandlung selbst 17
Regionale Funktion und Vergleich von Behandlungssettings Standortfrage und rechtzeitige Interventionsmöglichkeit ausschlaggebend für Präferenz des Behandlungssettings Funktion: Prävention und Normalisierung 18
IV. Geographische Lage und Hilfeinanspruchnahme 19
IV. Geographische Lage und Hilfeinanspruchnahme Durchschnittliche Entfernung 13,9 km / 17,2 min 30% der Teilnehmer durchschnittlich 2,5km entfernt 3. Perzentile 20,0 km 1. Auto 32,1% 2. Zu Fuß 29,6% 3. Zug 16% War die Tagesklinik leicht für Sie zu erreichen? (Fragebogen) n 48 50 45 40 35 30 25 22 20 15 10 3 5 0 ja mittel nein 20
IV. Geographische Lage und Hilfeinanspruchnahme Hypothese 1: Wenn Patienten der TK nach ihrer Behandlung psych. Hilfen in Anspruch nehmen, dann nutzen sie differenziertere und mehr ambulante Leistungen als vor ihrer Behandlung in der TK Vorbehandlungen n Aktuelle Behandlungsform n Facharzt für Psychiatrie 56 Facharzt für Psychiatrie 42 Ein oder mehrere Klinikaufenthalte 55 Allgemeinarzt 29 Allgemeinarzt Sozialhilfe-finanzierte Leistungen 48 16 PIA keine 18 9 Kuren Keine Vorbehandlung 14 5 SpDI ambulante Psychotherapie 8 7 21
IV. Geographische Lage und Hilfeinanspruchnahme Hypothese 2: je mehr ein Patient von der tagesklinischen Behandlung subjektiv profitiert, desto mehr psychotherapeutische Leistungen nimmt er nach der Behandlung in Anspruch Langfristig n = 47 % Kurzfristig n = 16 % Keine Veränderung n = 15 % Hausarzt 27,7 62,5 26,7 Facharzt für Psychiatrie 51,1 43,8 66,7 Psychiatrische Institutsambulanz 27,7 6,3 20 Psychotherapie 12,8 6,3 0 SpDi / SGB XII 2,1 12,5 26,7 Keine Hilfen 14,9 0 13,3 Insgesamt 136,3 131,4 153,4 22
IV. Geographische Lage und Hilfeinanspruchnahme zur Verifizierung Hinzunahme objektiver Indikatoren nötig 23
Ausblick 24
Ausblick Zentrum psychiatrischer Angebote auf Rügen 35% der Befragten weiterhin Kontakt zu ehem. Mitpatienten 33% weiterhin Kontakt zum Servicehaus Servicehaus ist Anlaufstelle für Kontakte und kontinuierliche präventive Begleitung Psychiatrische Institutsambulanz erweitert ambulante Behandlungsmöglichkeiten Andere Funktionen des Servicehauses ergänzen das regionale Angebot 25
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