Dokumentation / Der aktuelle Fall

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Transkript:

Dokumentation Akt. Fall Seite 1 Dokumentation / Der aktuelle Fall AO - Festsetzungsfrist bei Schenkungsteuer-Erklärung nach Anzeige/ Fall 925 9, 30, 31 ErbStG; 169,170 AO BFH vom 27.08.2008 (II R 36/06; BStBl 2009 II S. 232) USt - Rechnungsdatum/ Fall 930 14, 15 UStG BFH vom 17.12.2008 (XI R 62/07; BStBl 2009 II S. 432) USt - Geschäftsveräußerung bei zu bebauendem Grundstück/ Fall 951 1 UStG BFH vom 23.08.2007 (V R 14/05; BStBl 2008 II S. 165) BFH vom 18.09.2008 (V R 21/07; BStBl 2009 II S. 254)

Dokumentation Akt. Fall Seite 2 Der aktuelle Fall 925 Festsetzungsfrist bei Schenkungsteuer-Erklärung nach Anzeige Sachverhalt: MR erhielt von seiner Schwester NR aufgrund privatschriftlicher Vereinbarung vom 03.11.00 schenkweise einen Anteil von 200.000 an einem der NR gegen die OR-GmbH & Co. KG zustehenden Darlehensanspruch. Dieser Vertrag wurde dem Finanzamt mit einem dort am 30.11.00 eingegangenem Schreiben übersandt. Das Finanzamt forderte daraufhin mit Schreiben vom 15.12.00 gem. 31 (1) ErbStG zur Abgabe der Schenkungsteuer-Erklärung auf. Diese Erklärung ging am 11.02.01 beim Finanzamt ein. Mit Bescheid vom 10.01.05 setzte das Finanzamt Schenkungsteuer fest. Aufgabe: Prüfen Sie die Feststellungsverjährung! 9, 30, 31 ErbStG; 169,170 AO BFH vom 27.08.2008 (II R 36/06; BStBl 2009 II S. 232)

Dokumentation Akt. Fall Seite 3 Lösung zu Fall 925 Nach 169 (2) S. 1 Nr. 2 AO beträgt die Festsetzungsfrist für die Schenkungsteuer regelmäßig vier Jahre. Sie beginnt grundsätzlich gem. 170 (1) 1. Alt. AO mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Bei einer Schenkung unter Lebenden entsteht die Steuer nach 9 (1) Nr. 2 ErbStG mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung, mithin zum Zeitpunkt der Darlehensübertragung am 03.11.00. Damit würde die Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31.12.00 beginnen. Abweichend hiervon beginnt die Festsetzungsfrist bei Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung oder Erstattung einer Anzeige nach der Anlaufhemmung des 170 (2) S. 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung bzw. die Anzeige einzureichen ist, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Für den Sachverhalt ist außerdem 170 (5) Nr. 2 AO zu beachten, nach dem für die Schenkungsteuer die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf des Kalenderjahres endet, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat. 170 (2) S. 1 Nr. 1 AO enthält keine ausdrückliche Regelung der Frage, ob bereits eine ordnungsgemäß eingereichte Anzeige nach 30 ErbStG die Anlaufhemmung endgültig beendet oder ob, falls das Finanzamt nach Anzeigeerstattung die Abgabe der Steuererklärung fordert, diese Rechtsfolge erst nach Abgabe der Steuererklärung bzw. nach Ablauf der Dreijahresfrist eintritt. Nach dem Urteil des BFH vom 27.08.2008 (II R 36/06; BStBl 2009 II S. 232) beginnt die Festsetzungsfrist in einem solchen Fall erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens mit Ablauf des dritten auf die Entstehung der Steuer folgenden Kalenderjahres. Diese Auslegung entspricht dem Zweck der Norm, denn 170 (2) S. 1 Nr. 1 AO soll verhindern, dass durch eine spätere Einreichung der Steuererklärung oder der Anzeige die der Finanzbehörde zur Verfügung stehende Bearbeitungszeit eventuell gezielt verkürzt wird. Diese Gesetzesauslegung ergibt sich außerdem aus der unterschiedlichen Zielsetzung von Anzeigepflicht einerseits und Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung andererseits. Durch die Anzeigepflicht soll in erster Linie die vollständige Erfassung aller Erwerbe sichergestellt werden (quantitative Erfassung). Demgegenüber soll die Steuererklärung im konkreten Einzelfall eine zutreffende Steuerfestsetzung ermöglichen (qualitative Erfassung). Diese unterschiedliche Zweckbestimmung führt dazu, dass erst mit der auf die Anzeige folgende Steuererklärung der Finanzbehörde die konkrete Kenntnis der Fakten vermittelt wird und deshalb erst danach die Ablaufhemmung enden kann. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des BFH zum Begriff der Kenntnis i.s.d. 170 (5) Nr. 2 AO, wonach es dem Finanzamt bereits aufgrund der Anzeige möglich gewesen wäre, die Schenkungsteuer ggf. im Wege der Schätzung nach 162 AO bzw. im Rahmen des 165 AO vorläufig festzusetzen, denn dies würde bereits dem von 170 (5) Nr. 2 AO abweichenden Wortlaut des 170 (2) S. 1 Nr. 1 AO (Einreichung einer Steuererklärung) widersprechen. Im Sachverhalt endet damit die Anlaufhemmung des 170 (2) S. 1 Nr. 1 AO erst mit Ablauf des Jahres 01, damit die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des 31.12.05. Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Schenkungsteuerbescheides war die

Dokumentation Akt. Fall Seite 4 Festsetzungsfrist daher nicht abgelaufen. Der aktuelle Fall 930 Rechnungsdatum Sachverhalt: TR ist Unternehmer mit ausschließlich steuerpflichtigen Umsätzen und macht Vorsteuern aus einer Rechnung über die Lieferung eines Computers für sein Unternehmen mit einem Nettopreis von 1.200 geltend. Die Rechnung enthält das Ausstellungsdatum 30.11.05 und den Hinweis, dass der Leistungszeitpunkt dem Lieferschein entspricht. Die Angabe des Lieferdatums fehlt. Der Lieferschein enthält ebenfalls das Ausstellungsdatum 30.11.05, aber keine Angaben zum Lieferzeitpunkt. Aufgabe: Beurteilen Sie die Vorsteuer-Abzugsberechtigung? 14, 15 UStG BFH vom 17.12.2008 (XI R 62/07; BStBl 2009 II S. 432)

Dokumentation Akt. Fall Seite 5 Lösung zu Fall 930 Nach 15 (1) S. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt nach 15 (1) S. 1 Nr. 1 S. 2 UStG voraus, dass der Unternehmer eine nach den 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Eine nach 14 UStG ausgestellte Rechnung liegt vor, wenn diese die nach 14 (4) UStG erforderlichen Pflichtangaben enthält. Nach 14 (4) S. 1 Nr. 6 UStG muss eine Rechnung folgende Angabe enthalten: "... den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung oder der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1, sofern dieser Zeitpunkt feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist". Dieser Wortlaut ist insofern nicht eindeutig, als es danach auch möglich erscheint, dass die Angabe des Zeitpunkts der Leistung entbehrlich ist, sofern dieser mit dem Rechnungsdatum übereinstimmt. Dass das Leistungsdatum auch in diesem Fall zwingend anzugeben ist, ergibt sich jedoch nach dem Urteil des BFH vom 17.12.2008 (XI R 62/07; BStBl 2009 II S. 432) sowohl aus einer richtlinienkonformen Auslegung als auch aus dem Zweck des 14 (4) S. 1 Nr. 6 UStG. 14 (4) S. 1 Nr. 6 UStG hat seine gemeinschaftsrechtliche Grundlage in Art. 22 (3) Bst. b (1) 7. Anstrich der 6. EG-Richtlinie 77/388/EWG bzw. neu Art. 226 Nr. 7 der MwStSystRL 2006/112/EG. Danach muss eine Rechnung für Mehrwertsteuerzwecke u.a. folgende Angabe enthalten: "... das Datum, an dem die Lieferung der Gegenstände oder die Dienstleistung bewirkt bzw. abgeschlossen wird, oder das Datum, an dem die Vorauszahlung geleistet wird, sofern dieses Datum feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist". Diese Bestimmung unterscheidet nach ihrem Wortlaut zwischen dem Leistungsdatum und dem Datum einer An- oder Vorauszahlung. Der letzte Halbsatz dieser Norm ("sofern dieses Datum feststeht...") bezieht sich dabei nur auf die zweite Alternative, also auf das Datum einer An- bzw. Vorauszahlung. Andernfalls hätte der Richtliniengeber formuliert: "sofern diese Daten feststehen...". Auch aus dem Zweck des 14 (4) S. 1 Nr. 6 UStG folgt, dass das Leistungsdatum grundsätzlich anzugeben ist. Die Pflichtangaben in 14 (4) S. 1 Nr. 1 bis 9 UStG und damit auch die Angabe des Leistungsdatums verfolgen das Ziel, die Erhebung der Umsatzsteuer und ihre Überprüfung sicherzustellen. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH müssen die Rechnungsangaben daher eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug ermöglichen. Sofern eine Rechnung kein Leistungsdatum enthält, ist für die Finanzverwaltung nicht ersichtlich, wann die hiermit zusammenhängende Umsatzsteuer und der damit korrespondierende Anspruch auf Vorsteuerabzug entstanden ist. Wäre ein Leistungsdatum bei identischem Leistungs- und Rechnungsdatum entbehrlich, bestünde für die Finanzverwaltung bei einer Rechnung ohne Leistungsdatum stets die Ungewissheit, ob das Leistungsdatum mit dem Rechnungsdatum übereinstimmt oder Ersteres aus anderen Gründen fehlt. Eine leichte und einfache Erkennbarkeit des zutreffenden Voranmeldungszeitraums wäre mit einem derartigen Verständnis von 14 (4) S. 1 Nr. 6 UStG nicht zu vereinbaren. Im Sachverhalt enthält die Rechnung keine Angabe des Leistungszeitpunkts und berechtigt daher nicht zum Vorsteuerabzug. Zwar hat TR einen Lieferschein vorgelegt, auf den in der Rechnung verwiesen auch wird. Jedoch ergibt sich auch daraus nicht der Leistungszeitpunkt. Dem Lieferschein ist lediglich ein Ausstellungsdatum zu entnehmen. Das

Dokumentation Akt. Fall Seite 6 Ausstellungsdatum eines Lieferscheins ist aber nicht zwingend identisch mit dem Leistungsdatum. Ob diese Sichtweise auch bei täglichen Bargeschäften mit Kassenbon, bei denen nach der allgemeinen Lebenserfahrung das Bondatum zwingend mit dem Leistungsdatum übereinstimmt, Bestand haben kann, ist bisher ungeklärt, da sich der BFH hierzu nicht äußern musste.

Dokumentation Akt. Fall Seite 7 Der aktuelle Fall 951 Geschäftsveräußerung bei noch zu bebauendem Grundstück Sachverhalt: Die CT-GbR erwarb Ende 02 ein Grundstück mit dem Zweck der Vermietung und Verwaltung dieses Grundstücks. Die Veräußerin hatte das Grundstück ihrerseits Ende 01 in Bebauungsabsicht erworben und am 01.09.02 vorbehaltlich der Fertigstellung des Bauvorhabens mit W als Mieter einen Mietvorvertrag abgeschlossen. Danach beabsichtigte sie, auf dem Grundstück einen Gastronomiekomplex zu errichten. Als Mietzeit wurden zehn Jahre vereinbart. Im Laufe des Jahres 02 entschloss sich die Veräußerin wegen ungesicherter Finanzierung, das Grundstück nicht im eigenen Bestand zu halten, sondern zu veräußern. Nach dem Kaufvertrag vom Dezember 02 verpflichtete sich die Veräußerin gegenüber der CT-GbR, eine neue Gaststättenanlage zu errichten. Der Mietvorvertrag mit W war Bestandteil des Kaufvertrages. Der Kaufpreis war zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart. Im Juli 03 schloss die CT-GbR mit W einen Mietvertrag, der mit dem Vorvertrag inhaltlich weitgehend identischen war. Die Gaststätte wurde im August 03 durch W eröffnet. Die CT- GbR machte aus dem Kaufvertrag Vorsteuer für 02 geltend. Im Jahr 05 ging der CT-GbR eine von der Veräußerin berichtigte Rechnung über den Gesamtkaufpreis ohne Ausweis von Umsatzsteuer zu. Aufgabe: Muss die CT-GbR den Vorsteuerabzug korrigieren? 1 UStG BFH vom 23.08.2007 (V R 14/05; BStBl 2008 II S. 165) BFH vom 18.09.2008 (V R 21/07; BStBl 2009 II S. 254)

Dokumentation Akt. Fall Seite 8 Lösung zu Fall 951 Nach 1 (1a) UStG unterliegen Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Die Vorschrift setzt voraus, dass ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. 1 (1a) UStG dient der Umsetzung von Art. 5 (8) und Art. 6 (5) der 6. Richtlinie 77/388/EWG in nationales Recht und ist entsprechend dieser Bestimmung richtlinienkonform auszulegen; vgl. jetzt Art. 19 und 29 MwStSystRL. Nach Art. 5 (8) der Richtlinie 77/388/EWG können die Mitgliedstaaten die Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens, die (wie hier) entgeltlich erfolgt, so behandeln, als ob keine Lieferung vorliegt. Die Bestimmung bezweckt nach der Rechtsprechung des EuGH, die Übertragung von Unternehmen oder Unternehmensteilen zu erleichtern und zu vereinfachen und erfasst dementsprechend die Übertragung von Geschäftsbetrieben und von selbständigen Unternehmensteilen, die als Zusammenfassung materieller und immaterieller Bestandteile ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann. Der Erwerber muss dabei beabsichtigen, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben. Nicht begünstigt ist die sofortige Abwicklung der übernommenen Geschäftstätigkeit. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist es für die Geschäftsveräußerung entscheidend, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht, und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich hinreichend ähneln. Die Zurückbehaltung einzelner wesentlicher Betriebsgrundlagen kann unschädlich sein. Die Möglichkeit zur Unternehmensfortführung ohne großen finanziellen Aufwand ist nach dem Urteil des BFH vom 23.08.2007 (V R 14/05; BStBl 2008 II S. 165) nicht erforderlich. Der Fortsetzung der bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit steht es nicht entgegen, wenn der Erwerber den von ihm erworbenen Geschäftsbetrieb in seinem Zuschnitt ändert oder modernisiert. Bei Grundstücksgeschäften führt die Übertragung eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks nach der ständigen Rechtsprechung des BFH zu einer Geschäftsveräußerung nach 1 (1a) UStG, da durch den mit Grundstückserwerb verbundenen Eintritt in den Mietoder Pachtvertrag ein Vermietungs- oder Verpachtungsunternehmen übernommen wird. Dies gilt aber nur, wenn der Erwerber aufgrund der Übertragung des vermieteten oder verpachteten Grundstücks eine bereits vom Lieferer ausgeübte selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortführt. Hieran fehlt es, wenn die unternehmerische Tätigkeit des Veräußerers im Wesentlichen darin besteht, ein Gebäude zu errichten und Mieter für die einzelnen Mieteinheiten zu finden, um es im Anschluss an die Fertigstellung gewinnbringend zu veräußern. Ein Vermietungsunternehmen, das der Erwerber fortführen könnte, liegt dann mangels nachhaltiger Vermietung nicht vor. Ebenso führt die Veräußerung eines einzelnen Grundstücks ohne Übergang von Miet- oder Pachtverträgen nicht zu einer Geschäftsveräußerung, da es sich auch dann nicht um die Übertragung eines Unternehmens oder eines Unternehmensteils handelt, mit dem eine selbständige Tätigkeit fortgeführt werden kann. Entsprechend dieser Grundsätze besteht nach dem Urteil des BFH vom 18.09.2008 (V R 21/07; BStBl 2009 II S. 254) auch dann kein hinreichend verfestigtes

Dokumentation Akt. Fall Seite 9 Vermietungsunternehmen, dass vom Erwerber fortgeführt werden könnte, wenn ein noch zu bebauendes Grundstück übertragen wird. Auch wenn der Abschluss des Mietvorvertrages in Vermietungsabsicht erfolgte, entsteht allein dadurch kein Vermietungsunternehmen. Zum Zeitpunkt der Veräußerung erhöht das Vorhandensein des Mietvorvertrages lediglich die Chancen auf einen gewinnbringenden Verkauf. Eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung ist damit im Sachverhalt nicht gegeben. Die Voraussetzungen für die Rechnungsberichtigung und die Berichtigung des Vorsteuerabzugs liegen nicht vor.