10 Steine (handshake) Kunst am Bau Dementenabteilung APZ Amrisiwil Eingabe Pascal Danz Juni 2012
Vorbemerkung Anlässlich der Beschäftigung mit dem Projekt Kunst am Bau Amriswil wurde mir relativ schnell klar, dass es grundsätzlich darum gehen muss, sich entweder mit der Architektur selbst oder mit deren Füllung bzw Inhalt, dh den Menschen, auseinanderzusetzen. Aufgrund der vielen funktionalen Vorgaben, welche die Architektur erfüllen muss und den dadurch eingeschränkten Spielraum für künstlerische Interventionen, bin ich zur Entscheidung gekommen, mich mit den Menschen zu beschäftigen, die diesen Bau schlussendlich beleben werden. Die Auseinandersetzung mit der Demenzkrankheit hat mir viele Einsichten gegeben, die mich sehr persönlich zu beschäftigen begonnen haben. Vor allem der Aspekt des Verlustes (in verschiedenster Form) hat mich sehr eingenommen. Der Verlust von Erinnerung ist auch immer Verlust von Bildern und Verlust von zwischenmenschlicher Begegnung. Grundidee und Prozess (Exkurs) Die Grundidee meiner hier vorzuschlagenden Arbeit beruht auf der Idee der Visualisierung zwischenmenschlicher Begegnung. Die Visualisierung ist hierbei der Versuch, etwas dem Vergessen zu entreissen. Demenz kann nicht bekämpft sondern bestenfalls verlangsamt werden. Die aktive Beschäftigung mit der eigenen Erinnerung kann die Krankheit im besten Falle etwas verzögern. Meine ersten Projektideen kreisten deshalb um den Fakt des Erinnerungsverlustes und spielten mit dem Gedanken, diesen Verlust - bevor er ein solcher wird - zu visualisieren. In der ersten Prozessphase mündete dies in der Idee, mit den PatientInnen gestalterisch und plastisch zu arbeiten, sprich gemeinsam Objekte zu modellieren, die noch von fest in der Erinnerung verankerten Bildern sprechen. So entstandene Objekte (Keramiken) wären dann in einer Art grossem Schaulager oder Regal gestapelt worden,
so dass dieses einen visualisierten Querschnitt durch das noch vorhandene Erinnerte gezeigt hätte. Da erste eigene Versuche schnell zeigten, dass dieses gemeinsame Erbauen der Welt für die PatientInnen technisch zu schwierig ist, habe ich diese Ansatz verworfen, bin jedoch an der Idee des Eindrucks bzw des Arbeitsmaterials Ton, hängen geblieben. Dies führte mich zur Kies -Idee: Jede Begegnung zwischen einem Patienten und der Aussenwelt (Familie) sollte dokumentiert und sichtbar gemacht werden. Eine kleine vorbereitete Tonkugel (roh) sollte den sich begrüssenden Personen (Patient-Familie) in die Handfläche gelegt und während der Begrüssung durch den Händedruck geformt werden. Dadurch ergibt sich eine Form, die auf der einen Seite die Handinnenseite der Patientin und auf der anderen Seite diejenige des Besuchers wiedergibt. Als Gesamtform entsteht etwas, das einem Stein/Kiesel ähnelt - ein Stein hingegen mit einer Identität und einem Verweis auf einen bestimmten Moment zwischenmenschlichen Austausches. Meine ursprüngliche Idee war es, diese Steine (aus Porzellan) über längere Zeit hin anzusammeln und dann auszusetzen, sprich die gebrannten Porzellansteine draussen im Garten unter die normalen Steine zu mischen. Die künstlich weiss schimmernden Kieselsteine wären mit der Zeit dann durch Witterung und Verschmutzung von normalen Steinen kaum trennbar gewesen. Diese Kiesel sollten von etwas zeugen, das vergänglicher ist als sie selbst. Sie sollten verwittern und sich verfärben und unauffällig in die Landschaft eingehen.
Beispiele möglicher handshake Formen
Meine definitive Eingabe ist nun eine Variante der oben erwähnten Kieselsteine. Ich möchte von 10 PatientInnen des neuen Heimes einen solchen Handstein erstellen, und zwar zwischen PatientIn und mir selbst. Der Stein soll von einer Begegnung zwischen zwei Menschen zeugen. Auf der einen Seite zeigt er den Handabdruck der PatientIn und auf der anderen denjenigen des Künstlers. Der Stein bezeugt einen bestimmten Zeitpunkt, ist eine Art Zeitkapsel. Der Stein überdauert den Moment der Begegnung und soll trotzdem nicht einfach zu einem Denkmal verfallen. Die Materialität des Objekts soll ein Steinguss sein. Das Objekt wird sich auf den ersten Blick NICHT als Kunstwerk erschliessen sondern mit einem normalen Stein verwechselt werden. Diese Idee gefällt mir sehr gut, da sie auf diese Weise auch auf die Flüchtigkeit der gewesenen Begegnung hinweist und gleichzeitig Elemente der Demenz visualisiert. eingefärbte handshake Kiesel Steinanhäufung im Lichthof geschichtete Steine
Technische An- und Vorgaben: Die Handnegativform, die bei einer Begrüssung, sprich Händeschütteln, entsteht, soll als Stein gegossen werden. Die Ausgangsform wird mit einem Lehm- oder Plastilinklumpen erstellt (ideales Material muss noch definiert werden), der durch den Druck beim Händegeben die Form findet. Auf diesem Objekt sind die Handlinien der beteiligten Personen sichtbar. Die Form des Objektes selbst ist nicht kontrollierbar. Dieses Ausgangsobjekt soll auf eine Grösse von ca 70-90 cm im maximalen Durchmesser als Stein gegossen werden. Die Originalform wird 3d-gescannt (Computertomographie Kantonsspital St.Gallen) und dann ausgehend von dem so ermittelten 3d-digitalen Modell vergrössert und in Styropor gefräst werden. Davon dann wird ein Gussnegativ erstellt. Die Steine sollen dann mit verschiedenen Steingussmaterialien produziert werden. Die Steine dürfen hohl sein, sollten aber ein gewisses Gewicht und absolute Wetterfestigkeit haben - die Objekte werden im Aussenbereich verteilt. Die Steine sollen zudem belastbar sein, dh eine Möglichkeit zum Stapeln bieten. Die Steine erhalten ihre Patina durch das Wetter. Die Grundfarbe soll durch das verwendete Steingussmaterial bestimmt werden. Der Durchmesser eines Steines wird vom Alter des/der PatientIn bestimmt: 85 jahre = 85 cm. Je älter desto grösser. Die Objekte würden vermutlich nicht auf einen Schlag produziert werden, sondern nach und nach in Gruppen.
Platzierung der Steine Die Stein-Objekte sollen den Aussenbereich des Neubaus bespielen. Zum Aussenbereich gehört klar auch der im Gebäude verbaute Lichthof. Dieser Lichthof soll definitiv auch mit den Steinen bespielt werden und zu einer Art Zen-Garten verwandelt werden - aber dennoch auch als Aufenthaltsort benutzbar sein. Die Steine sind in diesem Falle exponiert und als künstlich platziert gut lesbar. Ich stelle mir im Lichthof eine Bespielung mit maximal 4-7 Steinen vor. Die anderen Steine sollen in der Aussenanlage, die den Demenzkranken zugänglich ist, verteilt werden. Eine genaue Platzierung würde erst nach Fertigstellung und Bepflanzung der Anlage erfolgen. Die von mir vorgegebene Anzahl von 10 Steinen beruht auf dem Verhältnis von Budget und Produktionskosten pro Stein. Idealerweise hätte ich gerne 20 Steine gemacht (soviele wie neue Patientenplätze in der Dementenabteilung), da dies jedoch die Kosten um einiges übersteigt, habe ich die maximale realistische Anzahl auf 10 bestimmt. Die Auswahl der beteiligten PatientInnen würde über den Einweisungszeitpunkt bestimmt - dh die ersten 10 eingewiesenen Bewohner würden ausgewählt. Steine im Lichthof Steine im Lichthof Aufsicht
Steine im Lichthof Aufsicht
Steine im Lichthof Ansicht