Klausurlösung VWL1, Wintersemester 1999/2000 Lösung Aufgabe 1: Ökonomisches Prinzip gibt es in zwei Ausprägungen: Maximum-Prinzip: mit gegebenen Resourcen maximales Zielniveau erreichen. Minimum-Prinzip: bestimmtes Zielniveau mit minimalen Resourceneinsatz erreichen. Gossensches Gesetz: Inhalt: Bei einer optimalen Budgetaufteilung sind die Grenznutzen des Geldes in allen Verwendungsrichtungen gleich. Annahmen: Gesetz von fallenden partiellen Grenznutzen. Bei knappen Gütern wird die Sättigungsgrenze nie erreicht. Zusammenhang vom ökonomischen Prinzip und dem 2. Gossenschen Gesetz: Wird ein gegebenes Budget voll ausgeschöpft und dabei entsprechend dem 2 Gossenschen Gesetz aufgeteilt, ist eine weitere Nutzenerhöhung durch Umschichtungen nicht mehr möglich. Das erreichte Nutzenniveau ist somit das unter der gegebenen Budgetrestriktion maximal mögliche Nutzenniveau. Es wird also mit gegebenen Mitteln (Budget) ein maximales Zielniveau erreicht, d.h. es handelt sich um die Anwendung des Maximumprinzips. Eventuell: Verweis auf graphische Lösung oder kurze Skizze im 2-Güter-Fall: Budgetgerade tangiert Indifferenzkurve. Lösung 3: Die Arbeitslosigkeit ist die Geißel unserer Gesellschaft normativ anerkannte Aussage ( Geißel = Bewertung) Überprüfung durch Abstimmungen, Expertenmeinungen Bekanntlich wird nun bei niedrigeren Löhnen die Nachfrage der Unternehmer nach Arbeitskräften erhöht empirisch bewährte Aussage Überprüfung durch Experimente und/oder Ersatzuntersuchungen 1
Wir wissen aber auch aus den Erfahrungen mit der Weimarer Republik, daß zu geringe Einkommen ein nicht unerhebliches Gefahrenpotential für das soziale Gefüge einer Gesellschaft darstellen. empirisch bewährte Aussage Überprüfung durch Experimente und/oder Ersatzuntersuchungen Lösung 4a: Die Transformationskurve gibt an, welche Gütermengen an X 1 bzw. X 2 bei Normalauslastung des Produktionspotentials der betrachteten Volkswirtschaft maximal produziert werden können. Sie trennt das Gebiet der möglichen Produktionen vom Gebiet der unmöglichen Produktionen. Allgemeine Funktionsform der Transformationskurve: T: X 2 = X 2max + g X 1 Ermittlung von X 2max : Es werden für eine Einheit X 2 4 Arbeitsstunden benötigt. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen 100 Arbeiter zu je 160 Stunden/Monat. Damit stehen dem Unternehmen 100 160 = 16.000 Arbeitsstunden zur Verfügung. Damit können maximal 16.000 / 4 = 4.000 Einheiten X 2 produziert werden. X 2max = 4.000 Ermittlung von g: Wird auf die Produktion einer Einheit X 2 verzichtet, so werden 4 Arbeitstunden für die Produktion von X 1 frei. Für die Produktion einer Einheit X 1 werden 5 Stunden benötigt. Das bedeutet, daß bei Verzicht auf einer Einheit X 2 nun 4/5 Einheiten X 1 produziert werden können. g = X 2 / X 1 ; X 2 = -1; X 1 = 4/5 => g = - 5/4 T: X 2 = 4.000 5/4 X 1 Die Grenzrate der Transformation hat den Wert 5/4. Das bedeutet, daß der Unternehmer auf 5/4 Einheiten X 2 verzichten muß, um eine zusätzliche Einheit X 1 zu produzieren. 2
Alternative Herleitung: Berechnung über X 1 T: X 1 = 3.200 4/5 X 2 Lösung 4b Allgemeine Funktionsform: K = p V mit P: Marktpreis und V: Verzichtsmenge Ermittlung der Verzichtsfunktion für X 2 : V = X 2max X 2 = 4.000 (4.000 5/4 X 1 ) = 5/4 X 1 Bewertung mit dem Marktpreis: P = 12 => K = 12 V = 12 5/4 X 1 = 15 X 1 Lösung 4 c : Volkswirtschaftlich gesehen spiegeln Kosten den Nutzenverzicht wieder, der sich aus der Knappheit des Produktionspotentials ergibt. Bei Mehrproduktion von Gut 1 muß nämlich auf Einheiten von Gut 2 verzichtet werden. Man kann die hier anfallenden Kosten somit auch als Verzichtskosten, Opportunitätskosten oder Transformationskosten bezeichnen. Betriebswirtschaftlich gesehen handelt es sich bei Kosten um den bewerteten Verzehr von Produktionsfaktoren, welcher durch Produktionsprozessen bedingt wird. Beispiel für Kosten volkswirtschaftlicher Hinsicht, nicht aber in betriebswirtschaftlicher Hinsicht: Produktionsbedingte Umweltverschmutzungen wie Abwasser- oder Schadstoffemissionen. 3
Hier handelt es sich um sogenannte externe Kosten. Sie gehen nicht in das Rechnungswesen des Unternehmens ein und stellen beim Unternehmen keinen direkten Nutzenverzicht in Form eines Faktorverzehrs dar. Es stellt sich jedoch ein Nutzenverzicht in der Volkswirtschaft ein, der sich in der Nutzenminderung bei Bürgern widerspiegelt, die das Schutzgut, z.b. einen Fluß (Fischfang, Baden) oder die Luft, nutzen. Der Staat muß somit dafür Sorge tragen, daß externe Effekte internalisiert werden (z.b. in Form von Verschmutzungsgebühren) Lösung 5: Einflußfaktoren auf den materiellen Wohlstand einer Volkswirtschaft W: Erwerbsquote: e Normalarbeitszeit: n Beschäftigungsgrad: b Arbeitsproduktivität: π A W = e n b π A Ein gegebener Anstieg der Arbeitsproduktivität kann nur einmal verwendet werden für eine der folgenden Alternativen: eine Erhöhung des materiellen Wohlstandes eine Senkung der Erwerbsquote (z.b. durch frühere Verrentung) eine Senkung der Normalarbeitszeit (z.b. durch kürzere Wochenarbeitszeit) Man kann plausibel annehmen, daß eine Senkung des Beschäftigungsstandes nicht angestrebt wird. Lösung: 6 Mikroökonomischen Lenkungsaufgaben: 4
Markträumung: Beseitigung von dauerhaften Angebots- und Nachfrageüberschüssen durch kurzfristige Preisvariationen. Renditenormalisierung: Beseitigung von dauerhaften Kapazitätsengpässen und Überkapazitäten durch Kapazitätsvariationen. Übermachterosion: Beseitigung von dauerhaften Übermachtpositionen. Produktfortschritt: Beseitigung dauerhafter Fortschrittsrückstände gegenüber Welt-Produktführern. Verfahrensfortschritt: Beseitigung dauerhafter Fortschrittsrückstände gegenüber Welt-Kostenführern. Erfüllung der einzelnen Aufgaben in der Weimarer Republik Markträumung: Funktionsgestörter Preismechanismus durch Kartellpreise; es werden insgesamt zu geringe Mengen zu überhöhten Preisen angeboten; Flexibilität des Preisniveaus erheblich eingeschränkt Renditenormalisierung: Fehlende Anreize zur Beseitigung von Überkapazitäten wegen des Strebens nach Vorhaltung von Kapazitätsreserven; wegen der eingeschränkten Wettbewerbsintensität kein Zwang zur ständigen Optimierung der Kapazitäten Übermachterosion: Perpetuierung von Übermachtpositionen der Kartelle wurde angestrebt; durch staatliche Garantien bzw. Duldung von Kartellen kaum Chancen für Outsider zur Aufbrechung der Strukturen Produkt- und Verfahrensfortschritt: Kartelle erfordern in der Regel die Überwachung der Kartelltreue; diese wird durch Vereinheitlichung von Produkten und Produktionsweisen erleichtert und somit im Umkehrschluß durch Fortschrittsprozesse erschwert oder gar vereitelt; es besteht somit eine innovationsfeindliche Grundhaltung; zudem fehlen die üblichen wettbewerblichen Innovationsanreize, da der Konkurrenzdruck durch Kartellierung beseitigt ist (Motivationsmängel) 5
Lösung 7: Im Gleichgewicht müssen die Kontraktionsgrößen K und die Expansionsgrößen E übereinstimmen: K = E K = S + T + U + M E = I + A + X Ermittlung der Kontraktionsfunktion: S = -35 + 0.2 Y T = -80 + 0.2 Y U = 3 + 0.1 Y M = - 8 + 0,2Y K = -120 + 0.7 Y Ermittlung des Gesamtwertes der Expansionsgrößen: E = 150 + 430 + 700 = 1.280 Ermittlung des Nettosozialproduktes Y: -120 + 0.7 Y = 1.280 Y = 2.000 Ermittlung des Bruttosozialproduktes Y b : Y b = Y + Ab = 2.000 + 50 = 2.050 6