Hochschulbildung wird zum Normalfall Ein gesellschaftlicher Wandel und seine Folgen Datenupdate 2015
Akademische Bildung boomt. Hochschulen in Deutschland bieten mit rund 18.000 Studiengängen vielfältige Angebote für die Aus- und Weiterbildung. Die Nachfrage ist gestiegen: Inzwischen studiert rund die Hälfte eines Altersjahrgangs. Doch die Gruppe der Studierenden wird nicht nur größer, sondern auch heterogener. Dieser gesellschaftlichen Entwicklung hat sich das CHE 2014 in seiner Publikation»Hochschulbildung wird zum Normalfall«gewidmet. Wichtige Kennzahlen veranschaulichten die Situation und die Treiber dieser Entwicklung. Hinzu kamen Handlungsempfehlungen für Hochschulen und Politik. Mit dieser Broschüre möchte das CHE die Publikation um aktuelle Zahlen ergänzen. Das Update zeigt, dass der Normal fall Hochschulbildung weiter zur Realität wird. Die Zahl der Studierenden erreichte in den vergangenen Jahren jährlich einen neuen Höchststand. 2013 begannen erstmals mehr junge Menschen ein Studium als eine duale Berufsausbildung. Vom Anstieg bei den Studienanfängerzahlen profitierten dabei besonders die Länder Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen. Hochschulbildung wird zum Normalfall Ein gesellschaftlicher Wandel und seine Folgen Auf die gestiegene Nachfrage nach akademischer Bildung hat die Politik mit dem sogenannten Hochschulpakt reagiert. 2007 verständigten sich Bund und Länder auf einen Ausbau der Studienplätze angesichts der kommenden doppelten Abiturjahrgänge. Für den Hochschulpakt dienten die Zahlen von 2005 als Referenzwerte. Deshalb werden sie auch in dieser Broschüre als durchgängige Vergleichswerte herangezogen. Die aktuellen Zahlen verdeutlichen: Das im Hochschulpakt prognostizierte Studierendenhoch ist mehr als ein temporäres Ereignis. Hochschulbildung wird zum Normalfall. Ausführliche Informationen zum Thema erhalten Sie in der CHE Publikation Hochschulbildung wird zum Normalfall. Eine Übersicht über weitere Studien des CHE zum Thema sowie alle Grafiken zum kostenfreien Download finden Sie auf www.che.de/normalfall-studium. Herausgeber Dr. Jörg Dräger, Prof. Dr. Frank Ziegele CHE Centrum für Hochschulentwicklung ggmbh Verler Straße 6 D-33332 Gütersloh Telefon 05241 97 61 0 Telefax 05241 97 61 40 E-Mail info@che.de Redaktion Jan Thiemann
Einzelne Länder und Fächer nutzen besonders die steigenden Anfängerzahlen HB NI W HE RP Die Zahl der Studienanfänger(innen) betrug im Jahr 2005 rund 350.000. Acht Jahre später begannen bereits mehr als eine halbe Million Menschen jährlich ein Studium an einer deutschen Hochschule. Im Vergleich zum Wert von 2005 sind zwischen 2006 und 2013 so rund 650.000 zusätzliche Studienanfänger(innen) hinzugekommen. Rund 60 Prozent von ihnen kamen in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen unter. Größter Gewinner ist Baden-Württemberg, das seinen Anteil an den Studienanfänger(inne)n von 13,9 (2005) auf 15,3 Prozent (2013) steigern konnte. Von den vielen zusätzlichen Studienanfänger(inne)n profitierten besonders die Fächergruppen Mathematik, Ingenieurwissenschaften, Natur - wissenschaften und Technik, die sogenannten MINT-Fächer. Verteilung der zusätzlichen Studienanfänger(innen) 2006 bis 2013 auf die Bundesländer 145.756 9.806 9.474 SL NW 30.177 7 RP 7.362 SH 40.833 25.697 HH HB NI 45.124 128.758 HE TH 9.036 ST 5.594 MV 12.666 51.024 BB BE 110.275 5.346 9.139 SN» Das Wachsen des Hochschulsystems darf nicht zu Wachstumsschmerzen auf Kosten der Studierenden führen. «Eine gute individuelle Betreuung und Zugang zu Professoren müssen weiterhin gewährleistet bleiben. JÖRG DRÄGER, CHE Geschäftsführer 6,5 % Ostdeutsche Länder 13.0 % Stadtstaaten SL BW BY 80,5 % Westdeutsche Flächenländer BW Quelle: Berthold, Christian; Lah, Wencke; Röwert, Ronny (2015):»Und wo studieren die jetzt alle? Analysen zum Verbleib der zusätzlichen Studienanfänger(innen) in den Jahren 2006 bis 2013«.
Wendepunkt in der nachschulischen Bildung berufliche Ausbildung verliert an Attraktivität Während die Nachfrage nach akademischer Bildung stetig steigt, sinkt sie im Berufsbildungssystem seit Jahren. 2013 war die Zahl der Ausbildungsanfänger im dualen System erstmals geringer als die der Studienanfänger. Im folgenden Jahr hat sich die Trendwende mit rund 500.000 Erstsemestern gegenüber 484.000 Auszubildenden bestätigt. Auch die Zahl der unbesetzt gebliebenen Ausbildungsplätze hat sich von 2005 bis 2014 verdrei - facht und liegt bei etwa 37.000. Gegenläufiger Trend bei den Erstsemester- und Auszubildendenzahlen, darunter leidet besonders die duale Ausbildung. 600.000 Anfänger in der dualen Berufsausbildung 500.000 400.000 Studienanfänger(innen) 300.000 200.000 100.000 unbesetzte Ausbildungsplätze 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014» Das gestiegene Interesse an akademischer Bildung darf nicht zu Lasten der dualen Ausbildung gehen. Duale Studiengänge und die gegenseitige Anrechnung von Leistungen und Abschlüssen weisen den Weg in die richtige Richtung. Ein gut «verzahntes Miteinander akademischer und beruflicher Bildung muss die Lösung sein. FRANK ZIEGELE, CHE Geschäftsführer Quellen: Statistisches Bundesamt Fachserie 11, Reihe 4.1. (verschiedene Jahrgänge), Schnellmeldung integrierte Ausbildungsberichterstattung 2015, BMBF (2015): Berufsbildungsbericht.
Akademische Ausbildung in Deutschland auf einen Blick Die Zahl der Studienberechtigten, Studierenden, Absolvent(inn)en und Akademiker(innen) ist von 2005 bis 2013 deutlich gestiegen. Studierende 2005 2013 1.986.106 2.616.881 Studienberechtigte 2005 2013 399.372 476.475 Anteile an der altersspezifischen Bevölkerung Studienberechtigte 2005 2013 42,5% 51,7% Studienanfänger(innen) 2005 2013 356.076 508.621 Studienanfänger(innen) 2005 2013 37,1% 53,1% Absolvent(inn)en 2005 2013 207.936 309.870 Absolvent(inn)en 2005 2013 37,1% 21,1% 30,4% Akademiker(innen) im Arbeitsmarkt 2005 2013 ca. 6.000.000 ca. 8.000.000 Absolvent(inn)en Erstabsolvent(inn)en mit Universitäts- oder FH-Abschluss insgesamt. Akademiker(innen) Erwerbstätige Personen mit (Fach-)Hochschulabschluss. Studienanfänger(innen)-/Studienberechtigten- und Absolvent(inn)enquote Berechnet nach dem Quotensummenverfahren, 2013 jeweils um den Effekt der doppelten Abiturjahrgänge bereinigt. Absolventenquote berüchsichtigt nur Absolventen im Erststudium. Studienanfänger(innen) Der 2013 höhere Wert im Vergleich zu den Studienberechtigten erklärt sich u.a. durch Studierende aus dem Ausland. Quellen: Bundesagentur für Arbeit (2015): Gute Bildung gute Chancen. Der Arbeitsmarkt für Akademikerinnen und Akademiker, Datenportal BMBF Tabelle 2.5.75, Statistisches Bundesamt: Fachserie 11, Reihen 4.1 und 4.3.1.
Die Vielfalt auf dem Campus wächst Deutsch, kinderlos, Vollzeit studierend, Anfang 20: Den»klassischen«Studierendentyp gibt es noch an deutschen Hochschulen. Im Gegensatz zu vergangenen Jahrzehnten stellt er jedoch nicht mehr die Mehrheit auf dem Campus. Der Anteil ehemals»atypischer«studierender auf dem Campus nimmt stetig zu. Auf diese Gruppen mit ihren vielfältigen Bildungsbiografien, Vorkenntnissen und zeitlichen Ressourcen müssen sich die Hochschulen einstellen und ihr Angebot entsprechend anpassen. Anteil ausgewählter Gruppen an der Gesamtzahl der Studierenden 2013 (*=2012) Studierende ohne Abitur in einem berufsbegleitenden Studiengang in einem dualen Studiengang mit einem (oder mehreren) Kind(ern) in einem Fernstudiengang aus dem Ausland mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung mit abgeschlossener Berufsausbildung mit Migrationshintergrund 1,8% 3,0% * 3,4% * 5,0% * 5,8% 11,5% 14,0% * 22,0% * 23,0% * Quellen: 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes (2013), www.studieren-ohne-abitur.de (31.08.2015), Forum Distance-E-Learning (2014): Fernunterrichtsstatistik 2013, Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 4.3.1.