Atlas der Schlafstadien und des Wachseins im Entwicklungsgang vom Säugling zum Jugendlichen

Ähnliche Dokumente
I Die Auswertung von Delta-Wellen im Schlaf

Besonderheiten des neonatalen EEGs

Veränderte Bewusstseinszustände

Visuelles Scoring System für das fronto-polar abgeleitete Schlaf-EEG

aeeg Christian Uebler

Biologische Psychologie II

L-Dopa und Dopaminagonisten: Einfluss auf Schlaf und Vigilanz

Philippi, Heike, SPZ Frankfurt Mitte Epilepsieambulanz, Theobald-Christ-Str. 16, Frankfurt

1. Einleitung In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts gelang dem deutschen Psychiater Berger (1929) die Ableitung des ersten menschlichen

Herzschrittmacher- und ICD-Kontrolle

Schlafanalyse mit kontinuierlichen Parameterverläufen- Eine Alternative zum Hypnogramm?

Das Lennox-Gastaut-Syndrom

Polysomnographie. Grundlagen des Schlafes. PSG - Indikationen. PSG - Indikationen. Schw. Gesellschaft für Pneumologie

3.Ergebnisse. Abbildung 10 typische Schlafspindeln (unterstrichen) im fronto-polar abgeleiteten EEG

Polysomnographie. Ausbildungsbuch

Dm PHYSIOLOGIE DES SCHLAFES. J. ZuHey

Die drei Engel der Weihnacht

Schlaf im Alter. Hans-Peter Landolt Institut für Pharmakologie und Toxikologie Universität Zürich. Sleep & Health KFSP

Kompendium Schlafmedizin

Diagnostik im Schlaflabor bei Säuglingen und Kleinkindern. Dr. Alfred Wiater Kinderklinik Köln-Porz Schlafmedizinisches Zentrum

Integrative Leistungen des ZNS, kortikale und thalamischer Verschaltung, Elektroenzephalographie (EEG)

Systembiologie & Medizin. EEG-Grundlagen. Freie Universität Berlin Betreuer: Dr. D. Kunz; PD Dr. A.

Autonome Arousals als Indikator kortikaler Arousals

1 EEG Elektroenzephalographie

Manual der American Academy of Sleep Medicine

Ärzteinitiative für ungestörten Schlaf Rhein Sieg

Begleittext zum Video. EEG Spikes erkennen

2. Material und Methodik

3. Neue Sensoren SOMNOtouch

Möglichkeiten der automatischen Schlafstadienklassifikation und ihre Grenzen

Einführung in die Schlafmedizin. Workshop Herne

* Schlaf * Träume * seelisches Gleichgewicht *

Empfehlung zu EEG-Ableiteprogrammen Kriterien der EEG-Montagen

Hirnstammdiagnostik FNTA Jahrestagung Regensburg 10 März 2006

Schlafstadienbestimmung nach RECHTSCHAFFEN und KALES

Diagnostische Methoden

Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin German Sleep Society

Frauke und Wilfried Teschler Einfach schlafen Mit Leichtigkeit einschlafen, durchschlafen und erholt aufwachen

5. Eigenschwingungen

Biopsychologie als Neurowissenschaft Evolutionäre Grundlagen Genetische Grundlagen Mikroanatomie des NS

Neue Wege zur Generierung von Referenzwerten für Kinder. Metzler M

Die zwischen EEG-Befunden und Anfallsformen zu beobachtenden Beziehungen entsprechen statistischen Erfahrungswerten.

Hilfe SRAdoc /SRA24 Report. Der SRAdoc /SRA24 Report setzt sich aus folgenden Bereichen zusammen:

Sitzung 5. Spektrogramm

Atlas radiologischer Scoringmethoden bei der rheumatoiden Arthritis

EKG Bradykardie AV Blockierungen

Arousals bei Früh- und Reifgeborenen

Linux-Treiber entwickeln

Das EEG: Spontan-EEG und EKP

Inhalt W. Kohlhammer, Stuttgart

Schlafstörungen und Schmerzen

Aus dem Kompetenzzentrum Schlafmedizin des CC 15 der Medizinischen Fakultät Charité Universitätsmedizin Berlin DISSERTATION

Spikes oder Spike-Waves entsprechen können. Es stellt diese Zeitpunkte dem Benutzer graphisch zur Verfügung. Dies kann online während der Aufnahme ode

Der Schlaf begegnet uns überall. . viele Ähnlichkeiten zw Mensch und Tier Grundfrage: Wozu dient der Schlaf?

Soziale Phobie bei Jugendlichen

Wie wirkt (Verkehrs-)Lärm auf Schlaf? Vortrag auf der DAGA 2016 in Aachen mit zusätzlichen

Steady-State VEP-Based Brain-Computer Interface Control in an Immersive 3D Gaming Environment

Reaktionen auf schwere Belastungen

Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen

DRG-Handbuch Hämatologie und Onkologie Version 2008

Schnelle Fouriertransformation (FFT)

Name des Weiterzubildenden: Geb.-Datum: Name der/des Weiterbildungsbefugten: Weiterbildungsstätte: Berichtszeitraum:

Ausbreitungsanalyse von epileptischen Anfällen durch automatische HFO-Detektion

Schlaf und psychische Erkrankungen

Fallbuch Pädiatrie. Vom Neugeborenen über das Kleinkind bis hin zur Pubertät. von Michaela Kreckmann. 1. Auflage

Verhaltensauffälligkeiten im frühen Kindesalter Eine entwicklungspädiatrische Sichtweise

EEG-Varianten, die leicht mit epilepsietypischen Befunden verwechselt werden

1 99 % Häufigkeit und Einteilung der Schlafstörungen. Häufigkeit von Schlafstörungen

Publikum und Museen in der Schweiz

Auszug aus der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Niedersachsen und Richtlinien vom , geändert zum (siehe jeweilige Fußnoten)

Motorik und Wahrnehmung im Kindesalter

Datenbank-Programmierung mit Visual Basic 2012 (Buch + E-Book)

AXON GmbH Schmalkalden QUISI. Gerät zur automatischen Schlafstadienklassifikation

ANeoPedS (ANeoS/APedS) Infektiossurveillance in pädiatrischen & neonatologischen Intensivstationen

Sozialpädiatrisches Zentrum, Hofstr. 19, Dinslaken

8 Kopfumfang. Epidemiologische Bedeutung. Nationaler und internationaler Vergleich. Messmethodik, Stichprobe. Anwendung.

Kinnen Rademacher Döpfner. Wackelpeter & Trotzkopf in der Pubertät. Wie Eltern und Jugendliche Konflikte gemeinsam lösen können.

WARUM SCHLAFEN WIR ÜBERHAUPT?

Kompetenzorientierung: Eine Methodik für die Kinder- und Jugendhilfe

SleepStrip. Einweg Schlafapnoe Sensor

Schlaf und Gedächtnis im Alter. Dipl. Psych. Maren Cordi Biopsychologie (Prof. Björn Rasch) Universität Zürich

Versuch 3: Anwendungen der schnellen Fourier-Transformation (FFT)

8 Kopfumfang. Epidemiologische Bedeutung. Nationaler und internationaler Vergleich. Messmethodik, Stichprobe. Anwendung.

BMI-Auswertungen. der Vorarlberger Kindergartenkinder 2010 / 11 bis 2012 / 13 und

Der unternehmensinterne Businessplan

Physiologie des Schlafes und der Schlafstörungen unter Berücksichtigung chronobiologischer Aspekte

Sporttherapie bei Krebserkrankungen

PRESSE Information. Schlafapnoe (k)ein Thema in der Pf lege! zu dem Projekt:

Chronbiologie. Warum? Nutzen? Periodenlänge. Schlafen wir Sinnvoll? Pflanzen, Tiere, Menschen. Haben einen Eigenen Rhythmus

Kapitel 5: Beispiele aus der Praxis

Kosten- und Leistungsrechnung

Biologische Psychologie II

Messung der subjektiven und objektiven Tagesschläfrigkeit. J. Zeitlhofer, Wien

Inauguraldissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

Was besagt die Yerkes-Dodson- Regel?

Die Psychologie des Schlafs

Manuelle Therapie. -Ihre Auswirkung auf das quantitative EEG bei Tinnituspatienten mit Funktionsstörungen der Wirbelsäule

Transkript:

ecomed Medizin Atlas der Schlafstadien und des Wachseins im Entwicklungsgang vom Säugling zum Jugendlichen von Sabine Scholle, Evemarie Feldmann-Ulrich 1. Auflage ecomed Landsberg Verlag C.H. Beck im Internet: www.beck.de ISBN 978 3 609 16381 9 schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG

Einführung: Die pädiatrische Schlafmedizin hat sich in den letzten Jahren als eigenständiges Teilgebiet der Schlafmedizin etabliert. Die Arbeitsgruppe Pädiatrie der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin hat es sich zur Aufgabe gemacht, Spezifika der jeweiligen Altersgruppen zu benennen und Standards für die jeweiligen Altersgruppen zu erarbeiten. Die Schlafbewertung im Kindesalter ist dadurch erschwert, dass es neben der Hirnreifung, die sich in einer Veränderung von Frequenz und Amplitude des EEGs zeigt, auch zu deutlichen Veränderungen kardiorespiratorischer und anderer vegetativer Muster kommt. Schemata der Schlafbewertung, die für das Erwachsenenalter entwickelt wurden, sind nicht auf alle Altersgruppen der kindlichen Entwicklung übertragbar. Insbesondere gilt dies für das Neugeborenen-, Säuglings- und Kleinkindesalter. Über eine Beschreibung der in 30 Sekunden-Abschnitten auftretenden altersabhängig spezifischen Kurvenmuster soll eine Zuordnung der polysomnographischen Bilder zu den verschiedenen Schlafstadien ermöglicht werden. Die visuelle Analyse der ganzen Nacht in Einzelepochen hat das Ziel, normale von auffälligen oder pathologischen Mustern zu trennen und auch bezüglich des Hypnogramms, d.h. der Verteilung der Schlafstadien über die Nacht, eine Zuordnung zu geben. Der vorliegende Atlas soll ein Handwerkszeug für die Bewertung von Schlaf und Wachsein bei polysomnographischen Untersuchungen sein. Er knüpft an den Atlas of states of sleep and wakefulness in infants and children [1] an. Erweitert wird der vorliegende Atlas durch die Beschreibung von Powerspektren, die in besonderer Form die Bewertung des Schlafes erleichtern und zukünftig computergestützte Bewertungen des Schlafes im Kindesalter möglich machen sollten. Die Literaturangaben wurden auf wichtige Arbeiten und Übersichten beschränkt. Vorgaben der Pediatric Tasc Force der American Academy of Sleep Medicine (PTF AASM) [2] und des AASM Manuals for the Scoring of Sleep and Associated Events (AASM) [3] wurden berücksichtigt, ebenso Empfehlungen der Internationalen Förderation der Gesellschaften für Klinische Neurophysiologie (FCN) zur EEG-Terminologie [4]. [1] Scholle S, Schäfer T. Atlas of states of sleep and wakefulness in infants and children. Somnologie1999:3;163-241. [2] Grigg-Damberger M, Gozal D, Marcus CL, Quan SF, Rosen CL, Chervin RD, Wise M, Picchietti DL, Sheldon SH, Iber C. The visual scoring of sleep and arousal in infants and children: development of polygraphic features, reliability, validity, and alternative methods. J Clin Sleep Med 2007:3(2);201-240. [3] Iber C, Ancoli-Israel S, Chesson A, Quan SF. The AASM Manual for the Scoring of Sleep and Associated Events: Rules, Terminology and Technical Specifications, 1 st ed.: Westchester, Illinois: American Academy of Sleep Medicine, 2007. [4] Noachtar S, Binnie C, Ebersole J, Mauguiére F, Sakamoto A, Westmoreland B. Glossary of Terms Most Commonly Used in Clinical Electroencephalography. Klin Neurophysiol 2004:35;5-21. 1

Erläuterung der Methode: Schlafmedizinische Untersuchungen bei Kindern unterscheiden sich erheblich von Untersuchungen im Erwachsenenalter. Der vorliegende Atlas zur Schlafstadienklassifizierung im Säuglings-, Kleinkindes-, Kindes- und Jugendalter geht von Standards der polysomnographischen Untersuchungstechnik im Kindesalter aus [1, 2]. Die Positionierung der Elektroden zur Erfassung von EEG, Augenbewegungen und Kinn-EMG erfolgte entsprechend den Empfehlungen zur Durchführung der Polysomnographie bei Kindern. Für die Aufzeichnung wurde das Polysomnographiesystem REMbrandt (Fa. Embla) eingesetzt. Alle Kurvenbeispiele stammen aus Polysomnographien, die im Zentrum für Schlaf- und Beatmungsmedizin des Robert-Koch-Krankenhauses Apolda durchgeführt wurden. Es werden jeweils typische Einzelepochen des Wachseins und der verschiedenen Schlafstadien vorgestellt. Die Auswahl erfolgte nach visueller Bewertung der polysomnographischen Aufzeichnungen der Gesamtschlafzeit. Neben dem EEG in 6 Referenzableitungen (frontal, zentral und okzipital, jeweils rechts und links gegen das gegenüberliegende Mastoid) werden in den polysomnographischen Beispielen 2 Kanäle Augenbewegungen (EOG), das Elektromyogramm (EMG) der Kinnmuskulatur sowie das Elektrokardiogramm (EKG), thorakale Atmungsbewegungen und das Bein-EMG dargestellt. Die Reduzierung der routinemäßig abzuleitenden kardiorespiratorischen Parameter auf die genannte Darstellungsform wurde aus Gründen der Übersichtlichkeit gewählt. Die jeweiligen Epochen umfassen 30 Sekunden der Ableitung. Die Verstärkung der EEG-Kanäle ist im Vergleich zu Erwachsenenableitungen niedriger gewählt, da bei Kindern die EEG-Amplitude in der Regel höher ist (s. Skalierung in den jeweiligen Epochen, Skalierungsbereich Altersstufe 38 Wochen konzeptionelles Alter +/-70 µv, alle anderen Alterstufen +/-140 µv). In den Kurvenbeispielen wurden jeweils Hilfslinien bei +/-50µV bzw. +/-100µV eingefügt, um die Abschätzung der Amplituden zu erleichtern. Die EEG- sowie EOG-Ableitungen erfolgten mit einem Hochpassfilter von 0,3 Hz und einem Tiefpassfilter von 35 Hz. Die PTF AASM schlägt für das EOG bei Säuglingen einen Hochpassfilter von 0,1 Hz vor. Die Mehrkanaldarstellung des EEGs wurde gewählt, da reifebedingte Veränderungen sich in verschiedenen Regionen unterschiedlich darstellen. So lassen sich nach eigenen Erfahrungen Schlafspindeln und K-Komplexe in einer frontalen Ableitung erfassen, wenn sie zentral noch nicht ausgebildet sind. Auch Delta-Wellen sind frontal oder okzipital oft prägnanter als zentral ausgebildet. Da Schlafspindeln unabhängig sowohl in frontalen als auch zentralen Regionen auftreten und vor dem Alter von 2 Jahren auch asynchron auftreten, sollten sowohl die zentrale wie die frontale Ableitung jeweils rechts und links berücksichtigt werden. In der zentralen Ableitung sind insbesondere steile Vertexwellen im späten Stadium N 1 zu sehen, die in anderen Ableitungen nicht auftreten. Die okzipitale Ableitung zeigt die Entwicklung des posterioren Grundrhythmus (DPR - dominant posterior rhythm). Für die jeweiligen Alterstufen 38 Wochen konzeptionelles Alter/ 46 Wochen konzeptionelles Alter/ 6 Monate/ 1 Jahr/ 1 Jahr, 10 Monate/ 2 Jahre, 10 Monate/ 3 Jahre, 5 Monate/ 6 Jahre/ 11 Jahre/ 16 Jahre wird einleitend jeweils das Hypnogramm (Zeitpunkt der Ableitung s. Zeitskalierung) und das Powerspektrum der Gesamtableitung dargestellt sowie die jeweiligen Powerspektren der 30 sec Einzelepochen im Wachsein (W), NREM 1-4 (N1-3) und REM (R), weiterhin auch ein Powerspektrum für eine Epoche mit einem EEG-Arousal (s. Erläuterung S. 3). In den polygraphischen Einzelepochen erscheint jeweils links oben die Epochennummer, daneben ist das jeweilige Schlafstadium W,N1,N2,N3 (NREM 3/ NREM 4, slow wave sleep) oder R benannt. Die Auswahl der Alterstufen erfolgte so, daß prägnante Entwicklungsabschnitte dargestellt werden. Beispielsweise sind deutliche Entwicklungsschritte bezüglich des Schlaf-EEGs in den ersten 6 Lebensmonaten und auch im Kleinkindesalter zu verzeichnen. Ab dem 5. Lebensjahr sind die typischen EEG- Muster ausgebildet, die R&K für die Schlafstadienbewertung beschreiben. Deshalb wurden die Altersabstände nun weiter gesetzt, d.h. es wird je ein Beispiel für das vorpubertäre Alter, das pubertäre Alter und für einen reifen Jugendlichen dargestellt. Die Untersuchungen wurden bei 38 Wochen konzeptionelles Alter im Tagesschlaf (16 bis 18 Uhr) durchgeführt, den polyphasischen Rhythmus des sehr jungen Säuglings berücksichtigend. Alle weiteren Untersuchungen erfolgten als Ganznachtuntersuchung. Alle dargestellten Polysomnographien wurden von Patienten ausgewählt, die keinerlei Medikamente zum Zeitpunkt der Untersuchung erhielten und deren neurologische Entwicklung sowie das Schlafverhalten altersentsprechend war. [1] American Thoracic Society: Standards and indications for cardiopulmonary sleep studies in children. Am J Respir Care Med 153:866-878;1996. [2] Niewert H, Wiater A. Polysomnographische Untersuchungen für Säuglinge und Kinder Anleitung für die Laborarbeit. Somnologie 4:43-52;2000. 2

Erläuterung der Darstellungsform Powerspektrum - spektrale Leistung (s. nebenseitige Abb.) Ein EEG-Signal kann durch eine Fouriertransformation, ein mathematisches Verfahren zur Umwandlung von Signalen vom Zeitbereich in den Frequenzbereich, in der Form eines Powerspektrums dargestellt werden. Das Powerspektrum gibt einen Überblick darüber, wie stark die einzelnen Frequenzen in einem Signal auftreten. In die Power geht sowohl die Häufigkeit als auch die Amplitude der jeweiligen Frequenzanteile des Signals ein. Die Intensität der einzelnen Schwingungen wird als Leistungs- bzw. Spektraldichte in µv 2 / Hz berechnet und in Abhängigkeit von der Frequenz graphisch dargestellt. Abb.: Die Darstellung der Powerspektren erfolgt einmal dem Hypnogramm zugeordnet als farbige Ganznachtübersicht, wobei die spektrale Leistung, die in den Powerspektren der Einzelepochen logarithmisch auf der Ordinate erscheint, in der Übersicht farblich kodiert ist (s. Skalierung). Während in den Powerspektren der Einzelepochen die Frequenzen in der Abzisse erscheinen, sind sie in der Ganznachtübersicht auf der Ordinate aufgetragen. Die in der Abb. gewählten Beispiele für Wachsein, N 2 und N3 zeigen in besonders deutlicher Weise das vermehrte Auftreten spezifischer Wellenmuster in den jeweiligen Schlafstadien, so im Wachsein die Häufung der Alpha-Wellen um 8 Hz, im N3 die Häufung der 12 Hz-Schlafspindeln und im N3 die Häufung der Delta-Wellen von 1-2 Hz. In der Ganznachtübersicht ist die zeitliche Veränderung der Powerspektren dargestellt. Da verschiedenen Schlafstadien charakteristische Powerspektren zuzuordnen sind, kann man in der Ganznachtübersicht schon über das Hilfsmittel Powerspektrum eine Groborientierung bezüglich der Verteilung der Schlafstadien vornehmen. Man kann aber auch Entwicklungsstufen des Schlaf-EEGs erkennen, da sich verschiedene Altersstufen durch charakteristische Powerspektren auszeichnen. Während im Säuglings-und Kleinkindesalter Theta-Delta-Aktivität vorherrscht, kommt es mit zunehmendem Alter zu einer stärkeren Differenzierung des Schlaf-EEGs. In den verschiedenen Schlafstadien lassen sich immer deutlicher typische Frequenzbereiche abgrenzen, z.b. in N 2 die 12-14 Hz Spindelfrequenz oder im Wachsein die typische okzipitale Alpha-Grundfrequenz des Schulkindes. Das in der Abbildung gezeigte Beispiel des Ganznachtverlaufes bei einem 15jährigen zeigt eine charakteristische Häufung dieser Frequenzen, wie sie so ab Säuglings- bis zum Vorschulalter nicht auftritt. Die Darstellung des Hypnogramms für die verschiedenen Altersstufen zeigt die Entwicklung der Schlafstruktur von einem mehr polyphasischen Rhythmus zu der für das Erwachsenenalter typischen Verteilung mit 5 Schlafzyklen. Dabei verlängern sich die einzelnen Schlafzyklen, d.h. die Abfolge von Leichtschlafstadien (N1, N2), Tiefschlaf (N3, beinhaltet NREM 3 und NREM 4) und REM-Schlaf mit zunehmendem Alter von 50-60 min auf 90 min zu [siehe auch 1, 2]. Während Säuglinge, die jünger als 3 Monate sind, bei Schlafeintritt zunächst REM-Schlaf durchlaufen und der REM-Schlaf zunächst 50% der Schlafzeit ausmacht, beginnt der Schlaf nach diesem Zeitraum mit NREM und der REM-Anteil nimmt allmählich ab. Wie an den Einzelbeispielen gezeigt werden kann, verringert sich im Verlauf der Nacht die Delta-Power jeweils charakteristisch. Dies ist mit der Abnahme der Amplitude der Delta-Wellen vom ersten N3- Stadium zum letzten N3-Stadium zu erklären. Die Ausprägung der Schlafspindeln nimmt im Nachtverlauf zu, dies erleichtert die Erkennung des N2-Stadiums in der 2. Nachthälfte. Ebenso sind die letzten REM-Phasen der Nacht oft leichter zu erkennen, da die EEG-Wellen charakteristischer und die Augenbewegungen deutlicher werden. Die für die einzelnen Schlafstadien gewählten Beispiele in den verschiedenen Altersstufen sind besonders prägnante Beispiele, die nicht in jedem Fall so deutlich ausgeprägt sein müssen. [1] Anders TF, Sadeh A, Appareddy V: Normal sleep in neonates and children. In: Ferber R, Kryger M: Principles and practice of sleep medicine in the child. W.B. Saunders Company Philadelphia, London, Toronto, Montreal, Sydney, Tokyo pp 7-18, 1995. [2] Kahn A, Dan B, Groswasser J, Franco P, Sottiaux M: Normal sleep architecture in infants and children. J Clin Neurophysiol 1996:13;184-197. 3

Alter 15 Jahre Powerspektrum als Ganznachtübersicht C3 - M2 Häufung der Alpha.Wellen um 8Hz Wachsein N2 (NREM 2) Häufung der 12Hz - Schlafspindeln Häufung der Delta-Wellen 1-2Hz N3 (NREM 3/4 - slow wave sleep) 4

Im Erwachsenenalter hat sich die Schlafstadienklassifizierung nach Rechtschaffen und Kales (R&K) [1] durchgesetzt, die durch die AASM überarbeitet wurde [2]. Typische EEG-Muster, auf die sich die Bewertung des Schlafes nach R&K stützt, bilden sich jedoch erst im Laufe der kindlichen Entwicklung heraus. Zusätzlich ändern sich im Entwicklungsgang sowohl die Frequenz als auch die Amplitude der für die jeweiligen Schlafstadien charakteristischen EEG-Kurven [3]. Dies erschwert die Bewertung des Schlafes insbesondere in den ersten vier Lebensjahren. Durch eine Arbeitsgruppe der AASM (PTF AASM) wurden die R&K-Regeln überarbeitet und insbesondere auch den Besonderheiten des Kindesalters angepaßt [4]. Bei reifen Neugeborenen (jünger als 2 Monate postnatal [4]) werden nach Anders et al. [5] die Stadien Aktiver Schlaf (AS), Ruhiger Schlaf (QS) und Indeterminierter oder Intermediär-Schlaf (IS) unterschieden. Diese Einteilung bezieht sich sowohl auf das EEG, als auch auf Verhaltensaktivitäten wie Nuckeln und multiple physiologische Parameter. Schlafstadien können erst nach der 32. Woche konzeptionellen Alters (CA: Gestationsalter + chronologisches Alter) unterschieden werden. Zu dieser Zeit ist das EEG zwar noch nicht ausreichend differenziert, doch eine Abgrenzung mit Hilfe des EOG und phasischer muskulärer Zuckungen, die für den AS sprechen, ist möglich. Erste für den AS oder QS typische EEG-Muster erscheinen erstmals mit der 34. Woche CA, in der 36. Woche CA sind typische EEG-, Verhaltens- und andere physiologische Parameter schlafstadientypisch ausgebildet. Im Intermediär-Schlaf sind die Merkmale von entweder AS oder QS nicht voll erfüllt. Der Anteil des IS ist insbesondere bei unreifen Neugeborenen hoch, ab der 36. Woche CA nimmt er zunehmend ab [5]. Ab dem 3. Lebensmonat postnatal sind im EEG Schlafspindeln zu erkennen, die die Bewertung des Stadiums N2 erlauben [4]. Nach dem 9. Lebensmonat werden die Spindeln wieder seltener, so dass die Abgrenzung von N1 und N2 schwieriger wird. Ab dem 5. Lebensjahr sind Muster ausgebildet, die dem Erwachsenenalter vergleichbar sind. Interindividuelle Unterschiede bezüglich der Entwicklung des Schlafes müssen bei der Bewertung berücksichtigt werden. [1] Rechtschaffen A, Kales A (eds.). A manual of standardized terminology, techniques and scoring system for sleep stages of human subjects. Public Health Service, U. S. Government Printing Office, Washington, D. C., 1968. [2] Iber C, Ancoli-Israel S, Chesson A, Quan SF. The AASM Manual for the Scoring of Sleep and Associated Events: Rules, Terminology and Technical Specifications, 1 st ed.: Westchester, Illinois: American Academy of Sleep Medicine, 2007. [3] Scholle S, Schäfer T. Atlas of states of sleep and wakefulness in infants and children. Somnologie 1999:3;163-241. [4] Grigg-Damberger M, Gozal D, Marcus CL, Quan SF, Rosen CL, Chervin RD, Wise M, Picchietti DL, Sheldon SH, Iber C. The visual scoring of sleep and arousal in infants and children: development of polygraphic features,reliability, validity, and alternative methods. J Clin Sleep Med 2007:3(2);201-240. [5] Anders T, Emde R, Parmelee A. A manual of standardized terminology, techniques and criteria for scoring states of sleep and wakefulness in newborn infants. Ucla brain information service / BRI publication office. Los Angeles California, 1971. 5