Referat. von Regierungschef-Stellvertreter Dr. Thomas Zwiefelhofer, Minister für Inneres, Justiz und Wirtschaft

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Transkript:

R EG IER U N G D ES FÜ R STEN TU M S LIEC H TEN STEIN M IN IS TER IU M FÜ R IN N ER ES,JU S TIZ U N D W IR TS C H A FT Referat von Regierungschef-Stellvertreter Dr. Thomas Zwiefelhofer, Minister für Inneres, Justiz und Wirtschaft anlässlich der Botschafterinformationsveranstaltung Montag, 10. Juni 2013 Kunstraum Engländerbau, Vaduz Sperrfrist: Montag, 10. Juni 2013, 17.00 Uhr Es gilt das gesprochene Wort!

2/7 Durchlauchten Exzellenzen Botschafterinnen und Botschafter Es ist mir eine Ehre, als Mitglied der Regierung zum ersten Mal anlässlich dieser jährlichen Informationsveranstaltung zu Ihnen sprechen zu können. Auch von meiner Seite begrüsse ich Sie sehr herzlich hier in Vaduz und bedanke mich für Ihr Kommen und Ihr Interesse am Fürstentum Liechtenstein. Seit dem 27. März 2013 ist die neue Regierung im Amt, seit dem gleichen Tag gilt die neue Regierungsorganisation mit fünf Ministerien. In meine Zuständigkeit fällt das Ministerium für Inneres, Justiz und Wirtschaft. Das ist eine spannende Kombination von drei sehr unterschiedlichen Politikbereichen. Mein Ziel ist es, trotz aller Unterschiedlichkeit möglichst viele Synergien innerhalb dieser Politikbereiche zu nutzen und in allen drei Bereichen frühzeitig auf internationale Entwicklungen und Herausforderungen zu reagieren. Im Folgenden möchte ich Ihnen diese drei Politikbereiche kurz vorstellen. Von besonderem Interesse für Sie dürften die aktuelle Situation sowie die gesetzten Ziele in diesen drei Politikbereichen sein. Ich beginne mit dem Politikbereich Inneres. Sicherheit ist ein wichtiger Faktor für einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort und für eine hohe Lebensqualität. Gerade für einen Kleinstaat wie Liechtenstein ist es aber eine besondere Herausforderung, im Bevölkerungsschutz mit beschränkten Ressourcen einer zunehmend anspruchsvolleren Aufgabenstellung gerecht zu werden. Aus diesem Grund ist die Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten von zentraler Bedeutung. Zwei Projekte des Bevölkerungsschutzes sind aktuell besonders hervorzuheben: Zum einen findet im Juli zusammen mit der Schweiz eine gross angelegte militärisch-zivile Katastrophenschutzübung in Liechtenstein statt. Die Einsatzübung soll die beteiligten Partner bezüglich der Zusammenarbeit der Einsatzkräfte und der grenzüberschreitenden Hilfeleistung im Ereignisfall ausbilden. Zum anderen sind wir derzeit dabei, eine sogenannte Gefährdungsanalyse für Liechtenstein zu erarbeiten, welche die Grundlage für die Ausgestaltung der künftigen Sicherheitspolitik im Bereich des Bevölkerungsschutzes darstellt. Dabei werden die für Liechtenstein massgebenden Gefährdungen, wie zum Beispiel Erdbeben, Hochwasser oder Pandemie, evaluiert. Aufbauend auf dieser Analyse wird ein Massnahmenplan erstellt, um erkannte Defizite bei der Bewältigung von ausserordentlichen Lagen zu beheben. Stets aktuell ist das Thema Zuwanderung. Etwa zwei Drittel aller Arbeitsplätze werden von ausländischen Arbeitnehmern eingenommen, die Hälfte aller Arbeitsplätze durch Grenzgänger. Damit ist Liechtenstein tagtäglich in hohem Masse mit Migration und deren Auswirkungen konfrontiert. Die Integration der Zuwandernden hat oberste Priorität in der liechtensteinischen Migrationspolitik. Integration ist eine komplexe Querschnittsaufgabe und eine ständige Herausforderung, zumal Liechtenstein zur Förderung des Wirtschaftswachstums auch in Zukunft auf den Zuzug ausländischer Arbeitskräfte angewiesen sein wird.

3/7 Die liechtensteinische Integrationspolitik basiert auf dem Grundsatz des "Förderns und Forderns". Im Dezember 2010 hat die Regierung das Integrationskonzept mit dem Titel "Stärke durch Vielfalt" und den dazugehörenden Massnahmenplan 2011 bis 2013 verabschiedet. Wie schon in den beiden Vorjahren wird auch dieses Jahr wieder eine Integrationskonferenz stattfinden, die als Austauschplattform für Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft dient und verschiedene Facetten der Integration beleuchtet. In Kooperation mit dem TAK Theater am Kirchplatz wurde im vergangenen Jahr zudem die Veranstaltungsreihe "buntlounge" gestartet, welche Einheimische und Zugewanderte in einem lockeren Rahmen vereint und miteinander ins Gespräch bringt. Auch erschien 2012 zum ersten Mal der Integrationskalender unter dem Motto "Vielfalt schmeckt besser". Ein Schwerpunkt der verschiedenen Integrationsmassnahmen liegt dabei vor allem auf der Förderung von Deutschkursen sowie der Frühförderung für Kinder mit Migrationshintergrund. Innerhalb der Internationalen Flüchtlings- und Migrationshilfe fördert Liechtenstein zusammen mit Caritas Schweiz - vor allem in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo - verschiedene Projekte, die zur Bewältigung der globalen Migrationsproblematik, zur Völkerverständigung sowie zum Schutz und der Unterstützung von Flüchtlingen, Binnenvertriebenen und Rückkehrern beitragen. Mit Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo unterhält Liechtenstein zudem Migrationspartnerschaften mit dem Ziel, in sämtlichen Bereichen der Migration verstärkt zusammenzuarbeiten. Diese Bereiche decken ein Feld ab von den Beziehungen zwischen dem Heimatland und der Diaspora in Liechtenstein über die Rückübernahme von illegal anwesenden Personen bis hin zur Unterstützung der sozio-ökonomischen Entwicklung. Liechtenstein hat durchwegs positive Erfahrungen mit diesen Migrationspartnerschaften gemacht und wird daher auch in Zukunft auf dieses Instrument setzen. Liechtenstein ist am 19. Dezember 2011 als vollständig assoziierter Mitgliedstaat dem Schengenraum beigetreten. Seither finden an der Grenze zu Österreich zwar immer noch Waren-, aber keine systematischen Personenkontrollen mehr statt. Durch den Beitritt zum Schengenraum konnte zum einen die Sicherheit im Land erhöht werden und zum anderen wurde auch die internationale polizeiliche Zusammenarbeit weiter ausgebaut und gestärkt. Im Sicherheitswesen profitiert Liechtenstein stark von der Anbindung an das Schengener Informationssystem (SIS II), der europäischen Fahndungsdatenbank, sowie im Asylbereich vom Zugang zur Fingerabdruckdatenbank Eurodac. Dadurch lässt sich vermeiden, dass Liechtenstein als Zweitasylland genutzt wird, wenn ein Verfahren in einem anderen Mitgliedsstaat für den Gesuchsteller negativ verläuft. Die Lage im Asylwesen kann derzeit als stabil bezeichnet werden. In den ersten vier Monaten des laufenden Jahres suchten in Liechtenstein 22 Personen um Asyl an. Im vergangenen Jahr hat Liechtenstein zudem einen anerkannten Flüchtling aus Malta übernommen und damit ein Zeichen der gesamteuropäischen Solidarität mit dem von den Migrationsbewegungen aus Nordafrika besonders stark betroffenen Kleinstaat gesetzt. Dem Mann, der ursprünglich aus Eritrea stammt, wurden erste Schritte in die Liechtensteiner

4/7 Arbeitswelt und das Gesellschaftsleben ermöglicht sowie der Erwerb von ersten Deutschkenntnissen finanziert. Bei den Themen Migration und Integration werden die Querverbindungen und die möglichst optimal zu nutzenden Synergien zwischen den Politikbereichen Inneres, Justiz und Wirtschaft besonders deutlich sichtbar. Ich komme nun zum Bereich Justiz. Die Zuverlässigkeit eines Staatswesens lässt sich an seiner Gesetzgebung und an der Anwendung der Gesetze ablesen. Liechtenstein ist ein Rechtsstaat mit langer Tradition. Die staatliche Macht basiert auf der Verfassung. Sie wird auf der Grundlage von verfassungskonform erlassenen Gesetzen ausgeübt. Das Ziel jeder Rechtsstaatlichkeit muss es sein, Menschenwürde, Freiheit, Gerechtigkeit und Rechtssicherheit zu gewährleisten. Es ist ein vordringliches Ziel, internationale Entwicklungen und Herausforderungen frühzeitig zu erkennen und die rechtlichen Rahmenbedingungen an internationale Erfordernisse anzupassen. Dementsprechend hat Liechtenstein unter anderem auch das Strafrecht und das Personen- und Gesellschaftsrecht laufend neuen Entwicklungen angepasst. Das liechtensteinische Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch ABGB ist mittlerweile 200 Jahre alt. Das wurde zum Anlass genommen, um verschiedene Revisionen des ABGB in die Wege zu leiten. Beispielsweise wurde das Erbrecht modernisiert. Weitere laufende Revisionen, die innerhalb dieser Legislaturperiode zu einem Abschluss gebracht werden sollen, betreffen unter anderem das Kindschaftsrecht, hier geht es insbesondere um die gemeinsame Obsorge der Eltern, und die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass es das generelle Ziel der Regierung ist, die Situation von Frauen in einem Schwangerschaftskonflikt zu verbessern. Die Rechtsstaatlichkeit ist auch für eine Volkswirtschaft von ausschlaggebender Bedeutung. Es geht dabei um die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort, im Speziellen in den Finanzdienstleistungsplatz. Ein weiteres Ziel ist die Entwicklung von rechtlichen Rahmenbedingungen für neue Geschäftsfelder. Rasche und innovative Anpassungen der rechtlichen Rahmenbedingungen sind Voraussetzung für das Wachstum und die weitere Diversifikation des Wirtschaftsstandorts Liechtenstein. Vor einigen Jahren wurde von der Regierung eine Studie in Auftrag gegeben, die sich unter anderem mit dem Thema Philanthropie befasst. Die Ergebnisse zeigen, dass sich sowohl unsere Nachbarn als auch Standorte wie zum Beispiel Luxemburg aktiv mit dem Thema Philanthropie und den daraus resultierenden Chancen und Herausforderungen intensiv auseinandersetzen und entsprechende Strukturen aufgebaut haben. Dabei wurde erkannt, dass die Abteilung Stiftungsaufsicht des Amtes für Justiz als bereits etablierter Stiftungspartner einen wichtigen Beitrag zur Attraktivitäts- und Reputations-

5/7 steigerung des Standortes Liechtenstein sowie zur erfolgreichen Umsetzung der Vision "Führender Philanthropiestandort im Jahre 2015" leisten kann. Wie Sie sehen, können auch im Bereich Justiz starke Querverbindungen zu den Bereichen Inneres und Wirtschaft durch die Zusammenführung dieser drei Politikbereiche in einem Ministerium genutzt werden. Als letzte der drei Ministeriumsaufgaben möchte ich Ihnen nun den Politikbereich Wirtschaft vorstellen. Die momentane wirtschaftliche Situation Liechtensteins lässt sich wie folgt umschreiben: Finanz- und Wirtschaftskrisen haben in den letzten Jahren rund um den Globus die Volkswirtschaften gebeutelt. In einer globalisierten Welt kann kein Land den Auswirkungen von Krisen entkommen, auch Liechtenstein nicht. Dennoch konnte Liechtenstein in den Krisenjahren 2008/2009 die Beschäftigung ausbauen. Das ist ganz klar auf die guten Rahmenbedingungen und die Widerstandsfähigkeit eines diversifizierten Wirtschaftsstandorts zurückzuführen. Seit etwa Mitte 2011 hat sich die Konjunktur in Liechtenstein etwas abgekühlt, was zu Umsatzrückgängen führte. Ursache für diese Abkühlung sind unter anderem die weltwirtschaftliche Entwicklung, der starke Franken und die Unsicherheit durch die Euro-Krise. Ich gehe deshalb von eher verhaltenen Wachstumsimpulsen für die liechtensteinische Volkswirtschaft und dementsprechend von einer verhaltenen konjunkturellen Entwicklung aus. Positiv sind die Entwicklungen in den USA zu betrachten. Der neben der Schweiz und Deutschland drittwichtigste Handelspartner hat positive Zahlen für das Jahr 2013 gemeldet. Ein Anspringen der US-Konjunktur wird schnell auf Europa übergreifen. Es ist mein Ziel als Wirtschaftsminister, die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts sowie die Attraktivität Liechtensteins als Innovationsstandort und als Sitz von internationalen Unternehmen durch die Verbesserung von Rahmenbedingungen zu erhalten und weiter zu fördern. Damit Rahmenbedingungen optimal ausgestaltet sind, müssen sie in einem sich sehr rasch ändernden und vermehrt globaler werdenden Umfeld möglichst zeitnah diesen veränderten Bedingungen angepasst werden. Nur dann kann ein Wirtschaftsstandort im tagtäglichen Wettbewerb bestehen und gedeihen. Die liberale Wirtschaftspolitik Liechtensteins geht vom Primat der Eigenverantwortlichkeit aus und beschränkt die staatlichen Eingriffe auf das Notwendigste. Innerhalb der wirtschaftlichen Aussenbeziehungen setzt sich die Regierung aktiv für die Interessen der liechtensteinischen Wirtschaft und den diskriminierungsfreien Zugang zu den ausländischen Märkten ein. Erlauben Sie mir, dass ich Ihnen den Wirtschaftsstandort Liechtenstein mit ein paar Zahlen und Fakten näherbringe: Liechtensteins Wirtschaftsstandort basiert auf Industrie, Fi-

6/7 nanzdienstleistungen und leistungsfähigem Gewerbe. Diversifikation, Qualität und Innovationskraft sind die Garanten für Erhalt und Ausbau von Arbeitsplätzen sowie eines funktionierenden sozialen Netzes. Sie bieten besten Schutz vor struktureller Arbeitslosigkeit. Liechtenstein wurde häufig ausschliesslich als Finanzdienstleistungsplatz wahrgenommen. Wer früher an Liechtenstein dachte, dachte oft an Geldkoffer, Briefkästen, verschwiegene Banken. Dieses Bild sollte allmählich verblassen, denn unser Finanzdienstleistungsplatz wurde mit umfangreichen Reformen vorbildlich modernisiert. Ausgeblendet wird - vielleicht, weil keine rauchenden Schlote das Landschaftsbild beeinträchtigen -, dass Liechtenstein in erster Linie ein hoch industrialisiertes Land ist, mit Industriebetrieben, die zum Teil Weltmarktführer sind. Das belegen folgende Zahlen: 37 Prozent der Wertschöpfung entfallen auf die Industrie und das Waren produzierende Gewerbe, "nur" 27 Prozent entfallen auf die Finanzdienstleistungen. Auf unserer kleinen Landesfläche von 160 Quadratkilometer sind insgesamt rund 4'000 Betriebe in Industrie, Dienstleistung, Handel und Handwerk tätig. Bei 36'500 Einwohnern heisst das: In Liechtenstein kommt 1 Unternehmen auf 9 Einwohner. Zum Vergleich: In den USA kommt 1 Unternehmen auf 15, in Deutschland auf 23, in der Schweiz auf 24 Einwohner. In Liechtenstein arbeiten 35'700 Menschen, also beinahe so viele, wie das Land Einwohner hat. Dieses Verhältnis von Arbeitsplätzen zu Einwohnerzahl ist wohl ein internationaler Spitzenwert. Liechtenstein weist aktuell eine Arbeitslosenquote von 2,4 Prozent auf, das heisst, 460 Personen sind arbeitslos. Auch diese tiefe Arbeitslosenquote dürfte international zu den besten Werten gehören. Massnahmen gegen die Arbeitslosigkeit sind dennoch äusserst wichtige politische Zielsetzungen. Mein Augenmerk liegt dabei im Speziellen auf der Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit einerseits und dem Verbleib der älteren Berufstätigen im Arbeitsprozess andererseits. Liechtenstein ist nicht nur regional ein wichtiger Werkplatz, sondern sorgt auch international für viele Arbeitsplätze. Rund 18'000 Menschen, also gut die Hälfte aller Arbeitnehmer, pendeln täglich aus der Schweiz, Österreich und Deutschland nach Liechtenstein und wieder zurück. Die in der Liechtensteinischen Industrie- und Handelskammer zusammengeschlossen rund 40 Betriebe beschäftigen im Inland 11'000 Mitarbeitende und weitere ca. 33'000 Mitarbeitende in ihren Auslandsniederlassungen in rund 65 Ländern der Welt. Jede Medaille hat auch eine Kehrseite. Im Falle Liechtensteins heisst das: Wir haben zu wenige eigene Arbeitskräfte, um alle Arbeitsplätze im Inland besetzen zu können, wir sind also auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen. Ausserdem ist Liechtenstein aufgrund einer fast zu 100 Prozent exportierenden Industrie vom Ausland abhängig.

7/7 Ein wichtiger Faktor für eine Volkswirtschaft, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, um Krisen nicht nur zu überstehen, sondern sie als Chance zu nutzen, ist die Innovationskraft. Diese gilt es zu stärken und zu stützen. Die OECD empfiehlt für eine nachhaltige Entwicklung einer Volkswirtschaft, dass 3 Prozent des Bruttoinlandprodukts in Forschung und Entwicklung investiert werden, dies als Summe der privaten wie auch öffentlichen Investitionen. In Liechtenstein liegt diese Summe bei rund 7 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Mit dem Kanton St. Gallen wurde eine Vereinbarung über den Aufbau und Betrieb eines Innovationszentrums abgeschlossen. Anfangs April dieses Jahres konnte das Innovationszentrum Rheintal "RhySearch" die operative Tätigkeit aufnehmen. Der Aufbau dieses Innovationszentrums wurde von den grossen liechtensteinischen Industriebetrieben tatkräftig unterstützt. Es ist ein Meilenstein. Zusammen mit namhaften Kooperationspartnern wie beispielsweise der Eidgenössisch Technischen Hochschule ETH Zürich kann die Innovationsleistung des Werkplatzes Liechtenstein zielstrebig vorangetrieben werden. Voraussichtlich noch dieses Jahr wird der Landtag das Gesetz zur Förderung von Forschung und Innovation behandeln können. Das Inkrafttreten dieses Gesetzes, das parallel zur Einrichtung des Innovationszentrums Rheintal "RhySearch" erarbeitet wurde, bildet den nächsten Meilenstein zur Stärkung und Stützung der wirtschaftlichen Innovationskraft Liechtensteins. Als ehemaliger Architekt weiss ich, welch grosse gestalterische Kraft der Architektur innewohnt. So ist es auch mit der Politik. Als der für Inneres, Justiz und Wirtschaft zuständige Minister ist es mir ein Anliegen, diese gestalterische Kraft zum Wohle der Gesellschaft einzusetzen und die Synergien innerhalb meiner drei Politikbereiche optimal zu nutzen. Damit bin ich am Ende meiner Ausführungen angelangt. Ich bedanke mich für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen weiterhin eine interessante Veranstaltung und einen angenehmen Aufenthalt in Liechtenstein.