Evidenz.. Renate Schepker Ulm, 30.7.2012
1/3 der Erwachsenen in den USA erholen sich nicht von PTBS nach sexuellem Missbrauch in der Kindheit 1 Bei den Genesenen braucht der Prozess der Gesundung zwischen 2-6 1 und 30 Jahren 2 1 = Kessler RC, Sonnega A, Bromet E, Hughes M, Nelson CB: Posttraumatic stress disorder in the National Comorbidity Survey. Arch Gen Psychiat 1995, 52:1048-1060. 2 = Australian Bureau of Statistics (ABS): National Survey of Mental Health and Wellbeing: Summary of Results, 2007 Canberra: ABS
Fragestellung Können Traumafolgestörungen, insbesondere PTBS ( a more common preventable psychiatric disorder ) 1 durch Frühintervention verhindert oder gebessert werden? Prävention von psychischen Folgen Ziel von Frühintervention durch Trauma-Ambulanzen Besserung von eingetretenen Folgen, Verhindern der Verschlimmerung Ziel bei Behandlung in Trauma-Ambulanzen. - alles als indizierte Prävention oder Therapie 1= Davidson u. Foa 1992
Beantwortung der Frage braucht 1. Evidenz zum Trauma-Impact ab wann ist eine Intervention erforderlich und sinnvoll? 2. Evidenz zu (Früh)-Interventionen welcher Nutzen?
1. Trauma-Impact Gemäß Literaturlage abhängig von: Grad der erlebten Gewalt Grad der erlebten Intentionalität Nähe zum Schädiger Nähe zum Geschädigten (incl. Schockschaden ) Häufigkeit schädigender Ereignisse bei Typ II Med.: Ausmaß peritraumatischer Dissoziation Indivudelle Prädisposition? Vorschädigung? Sozialmed.: Reaktion Bezugspersonen / Veränderungen in der vertrauten Umgebung / Verlust haltender Strukturen / Veränderungen im Lebensalltag
1. Evidenz zu Traumaimpact Volle PTBS-Ausprägung bei (nur OEG-Tatbestände) Tötung Mutter durch Vater (Kinder) 1 100 % Vergewaltigung 2 47-95 % Sexueller Missbrauch in Kindheit 3 37 % - 53 % Emotionale > körperliche Partnergewalt 4 52 % - 34 % Brandkatastophe (betroffen) 5 13 % Nonsymptomatisch nach SM 20 33 % 1= Black et al. 1992, wenn beobachtet 2= Rothbaum 1992, Fischer u. Riedesser, Hansen et al 2010 3= Kendall-Tackett et al. 1993, Ackerman et al. 1998, Silverman et al. 1996, Trask et al. 2011 4= Taft et al. 2005 5= Bronner et al. 2008, Hansen et al. 2010
1. Evidenz zu Traumaimpact bei Schädigung Dritter Fernsehbilder von Kriegsverletzungen und PTBS-Symptomatik n. Krieg bei Kindern 1 PTBS durch Fernsehen nach 09/11 wenn nahe Person unter den Opfern 2 PTBS nach Erleben häuslicher Gewalt an Müttern 3-5 12-57 % 1= Nader et al. 1993 2= Duggal et al 2002 3-5 = Lehmann 1997, Kilpatrick u Williams 1997, Spilsbury 2007
Vorschlag Studiendesign 1 Ranking der angegebenen / juristisch erhobenen Traumatisierung anhand einer Wahrscheinlichkeitsskala für PTBS basierend auf Traumamerkmalen aus der Literatur für Kinder /Jugendliche für Erwachsene Unterschiede zum Kölner Risiko-Index: - ohne subjektive Faktoren wie peritraumat.dissoziation - Einbezug von Sekundärvariablen wie Umgebungsreaktion ggfs. über eine weitere Skala - für Kinder und Jugendliche geeignet Ziel: objektives Maß für Trauma-Schweregrad
2. Evidenz zu Interventionen - Kinder Benannt in Literatur Psychoedukation, Spieltherapie, Gestalttherapie, Familientherapie, Cognitiv behaviorale Therapie, EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) nur sehr wenig randomisierte kontrollierte Studien nicht hinreichende Evidenz für Spieltherapie, Maltherapie 1 Nicht hinreichende Evidenz für EMDR 2 Hinreichend gute Evidenz für TF-CBT 3 Evidenz besser für single trauma als Typ 2-Traumatisierung 1 National Collaborating Centre for Mental Health 2005, Stallard, 2006 2 Wiss. Beirat Psychotherapie 2006 3 Cohen et al.2003,2004,2005; King et al. 2000, Smith et al. 2007
2. Evidenz Interventionen - Erwachsene Cochrane-Review 1 zu Kurzinterventionen, auch bei nicht symptomatischen Patienten innerhalb der ersten 3 Monate nach Single Trauma durchschnittlich 5,9 Sitzungen Von 11 RCT-Studien erfüllen 5 OEG-Kriterien Die 5 Studien verwendeten sehr verschiedene Interventionen» Adapted debriefing, CBT, individual counselling Keine Effekte hinsichtlich der Prävention von PTBS oder dem PTBS-Schweregrad, Angst oder Depression; Teilweise Verschlechterungen nach 3-6 Monaten 1 Roberts NP, Kitchiner NJ, Kenardy J, Bisson J.(2009) Multiple session early psychological interventions for the prevention of post-traumatic stress disorder. Cochrane Database Syst Rev. 2009 (3):CD006869
2. Evidenz Interventionen - Erwachsene Cochrane-Review 2 zu Kurzinterventionen, bei symptomatischen Patienten innerhalb der ersten 3 Monate nach Single Trauma Um 5 Sitzungen, tw. bis 16 Sitzungen Von 15 RCT-Studien erfüllen 13 (tw.) OEG-Kriterien Die 13 Studien verwendeten überw. TF-CBT und andere Deutliche Effekte für TF-CBT hinsichtlich des PTBS- Schweregrades in Selbstbewertung, aber nicht bei allen Pat. Bessere Effekte für stärkere Symptomatik, schlechtere bei SM 2 Roberts NP, Kitchiner NJ, Kenardy J, Bisson JI (review, 2011) Early psychological interventions to treat acute traumatic stress symptoms. Cochrane Database Syst Rev. 2012 (1).
2. Evidenz Interventionen - Erwachsene EMDR Wiss. Beirat Psychotherapie 2006: Eingereicht: 21 Erwachsenenstudien RCT, 2 kontrollierte, 3 unkontrollierte, 4 Metaanalysen Anerkannt: 8 Studien, 1 mit Katamnese Wirksam auch in 2 Sitzungen bei akut traumatisierten 16-25 J (Scheck et al. 1998)
Vorschlag Studiendesign 2 Zulassen von Psychoedukation und 3 Interventionsstrategien: Psychoedukation (bei Kindern incl Eltern) idealiter manualisiert CBT, Exposition oder TF-CBT 1 EMDR In Deutschland aufgrund vorhandener Manuale auch DeGPTzertifizierte Therapeuten (Sicherungstechniken etc.) 1 Im Kinder-Manual (Cohen et al., dt.goldbeck et al 2009) 8-12 Sitzungen vorgesehen
Problematik: Interventionszeitpunkt Besserung nur durch die diagnostische Ersteinschätzung: 12-13% 1 bis 25 % 2 Besserung in Studie NRW auch nur nach Psychoedukation 3 und TF-CBT setzt 4 Wochen Zeit n.trauma und Erstkontakt voraus DSM-IV erwartet 4 Wochen bis zum Abklingen einer Akuten Belastungsreaktion (Definition) und bis 6 Monate Latenz für PTBS-Sympt. 1 Erwachsene: Ehlers et al. 2003, Tarrier et al. 1999 2 Kinder: Smith et al 2007 3 Schürmann 2010
Vorschlag Design 3 Erstintervention sofern Frühmelder (d.h. innerh. von 3 Mon): Einschätzung Traumaschweregrad (s.o.) Ersteinschätzung Symptomatik manualisierte Psychoedukation (für Kinder: 2 x 9 Tipps 1 ) Beginn Intervention nach 4 Wochen Latenz Einschätzung der Symptomatik 2 Intervention nur bei Symptomatik 1 Fassler 2003, Schepker 2006 2 DSM-IV und Kurzform PTSD-8, UCLA.
Danke für die Aufmerksamkeit! Literatur und Quellen bei renate.schepker@zfp-zentrum.de