Überlegungen der Dachverbände der Lohnsteuerhilfevereine zum Projekt Modernisierung des Besteuerungsverfahrens



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Transkript:

Bundesministerium der Finanzen Unterabteilungsleiter IV A MDg Dr. Hans Ulrich Misera Wilhelmstraße 97 10117 Berlin Berlin, 30. April 2014 Überlegungen der Dachverbände der Lohnsteuerhilfevereine zum Projekt Modernisierung des Besteuerungsverfahrens Sehr geehrter Herr Dr. Misera, die Dachverbände begrüßen die Initiative des Bundesministeriums der Finanzen zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens. Die Verbände haben gemeinsam mit dem Deutschen Steuerberaterverband und dem Bund der Steuerzahler bereits im September 2011 in einer Eingabe Änderungen zur Anpassung des Steuerverfahrens an die elektronischen Verfahren eingefordert. Eine darüber hinausgehende Modernisierung ist sehr zu begrüßen. Unsere nachfolgenden Überlegungen beschränken sich entsprechend der Beratungsbefugnis der Lohnsteuerhilfevereine auf die Themen, die im Zusammenhang mit der Besteuerung der Einkommen von Arbeitnehmern und Rentnern stehen. Zur besseren Übersicht sind die Hinweise strukturiert zusammengefasst, auch wenn sich viele Bereiche überschneiden. An den entsprechenden Stellen wurden deshalb Verweise aufgenommen. 1. Sachverhaltsermittlung/Auskünfte a. Ausgangslage In der Arbeitnehmerveranlagung sind große Unterschiede zwischen den Bundesländern, zwischen den Finanzämtern innerhalb eines Bundeslandes und auch innerhalb einzelner Finanzämter festzustellen, auch bei vergleichbaren steuerlichen Sachverhalten. Diese Feststellung gilt unverändert auch für den Einsatz eines automationsgestützten Risikomanagements.

2 Eine stärkere Vereinheitlichung würde sowohl die Steuerdeklaration für den Steuerpflichtigen und seinen Berater als auch die Verarbeitung der Daten und Nachweise in der Veranlagung erleichtern und darüber hinaus der Gleichmäßigkeit der Besteuerung dienen. b. Verbindliche Festlegungen Für eine stärkere Vereinheitlichung könnte in einem Leitfaden soweit wie möglich detailliert und konkret definiert werden, welche Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung im Arbeitnehmerbereich zu stellen sind. Dieser Leitfaden sollte bundeseinheitlich verbindlich gelten. Das Gleiche gilt für telefonische Auskünfte und schriftliche Mitteilungen des Finanzamtes unterhalb der Schwelle verbindliche Auskunft. Eine Konkretisierung, zu welchen Auskünften die Sachbearbeiter gegenüber einem anfragenden Berater verpflichtet sind, und eine sich daraus ergebende einheitliche Handhabung würde den Umgang zwischen Finanzbehörde und Beraterschaft bzw. Steuerpflichtigen erleichtern. 2. Belege a. Papierbelege Mangels elektronischer Möglichkeit müssen nach wie vor häufig Papierbelege an das Finanzamt übermittelt werden. In der Praxis besteht seit vielen Jahren eine erhebliche Diskrepanz zwischen den Vorgaben über die einzureichenden Papierbelege entsprechend dem amtlichen Merkblatt zu Elster, den Anleitungen zu den Steuererklärungen und den tatsächlichen Anforderungen durch die Finanzverwaltung. Ein bundeseinheitlicher Leitfaden, in welchen Fällen Nachweise neben den gesetzlich vorgeschriebenen Belegen im Regelfall, d. h. außerhalb einer Stichprobenkontrolle mit umfassender Prüfung, einzureichen sind, würde den Aufwand für alle Beteiligten verringern. b. Elektronische Belege Im Zuge der zu begrüßenden Umstellung auf elektronische Belege sind Vorgaben zu deren Anerkennung im Besteuerungsverfahren erforderlich. Dies schließt die Angabe ein, unter welchen Voraussetzungen bzw. in welchen Fällen körperliche Originale nach der Digitalisierung vernichtet werden können. Zur Vorlage elektronischer Belege - anstelle körperlicher Belege - sind technische Vorgaben wie zum Format und zur Bezeichnung für eine fehlerfreie Identifikation und Zuordnung erforderlich.

3 Für eine elektronische Belegübermittlung ist einheitlich festzulegen, ob diese optional oder nur auf Anforderung erfolgen soll. Des Weiteren sind sichere Übermittlungswege bereit zu stellen, beispielsweise über die Elster-Schnittstelle oder das Elster-Online-Portal. c. Konkretisierung zur Belegvorlage Soweit für die Einreichung der Steuererklärung ein Belegverzicht gilt, ist festzulegen, wie lange der Steuerpflichtige die Belege - außerhalb der bestehenden gesetzlichen Vorschriften - für eine Anforderung oder Nachschau vorhalten und aufbewahren muss. Beim Verzicht auf die Einreichung von Belegen wird die steuerrechtliche Bewertung der Inhalte erheblich stärker von der Finanzverwaltung auf den steuerlichen Berater verlagert. Darüber hinaus verstärken sich bereits bestehende Unterschiede zwischen beratenen und nicht beratenen Steuerpflichtigen. Es ist davon auszugehen, dass nicht beratene Steuerpflichtige, oft aus fachlicher Unkenntnis, häufiger Aufwendungen geltend machen, die bei detaillierter Prüfung der Nachweise nicht zu berücksichtigen wären. Ein Risikomanagement kann diese Probleme nicht beseitigen. Insoweit sind Vorgaben erforderlich, welche Nachweise grundsätzlich erforderlich und auf Anforderung vorzulegen sind. Die Konkretisierung betrifft auch inhaltliche Vorgaben beispielsweise für Arbeitgeberbestätigungen. Auf diesem Wege kann eine stärkere Haftung der Beraterschaft und unsachgerechte Besteuerung nicht beratener Steuerpflichtiger durch das Risikomanagement vermieden oder zumindest beschränkt werden. Bei den Vorgaben ist eine bestimmte eindeutige Kategorisierung der Nachweise bspw. in Eigenbelege, Rechnungen, Bestätigung des Arbeitgebers zweckmäßig. Im Zuge der elektronischen Steuererklärung und der Verarbeitung dieser könnten für bestimmte Aufwendungen zusätzliche Erfassungsfelder aufgenommen werden, in denen erklärt wird, dass ein Beleg vorliegt und auf Anforderung nachgereicht werden kann. Hierdurch kann sich der Aufwand bei der Nachforderung von Belegen verringern (siehe nachfolgenden Abschnitt d). Die zusätzliche Angabe muss jedoch ohne weiteren Aufwand möglich sein. d. Belegnachforderung Die Verfahrensweise bei der Anforderung von Belegen im Zuge einer risikoorientierten Prüfung ist zu vereinheitlichen. Die Abläufe müssen berücksichtigen, dass die Prüfung und Bewertung stärker auf den Steuerpflichtigen und Berater verlagert wurde. Das Vorhalten und Nachreichen der Belege darf nicht zu einem höheren Aufwand beim Berater führen. Insoweit müssen die Beratungsabläufe berücksichtigt werden. Beleganforderungen müssen zeitnah erfolgen. Zu vermeiden sind vorläufige Veranlagungen mit nachgelagerter Beleganforderung. Ebenso sind Veranlagungen zu vermeiden, in den geltend gemachte Aufwendungen nicht

4 anerkannt werden, weil Nachweise nicht eingereicht wurden, obwohl es sich hierbei weder um Pflichtbelege handelte noch diese vorab angefordert wurden. e. Nachschau Eine Veranlagung mit nachgelagerter Prüfung muss sich bei Überschusseinkünften auf die Fälle beschränken, in den der Sachverhalt über bereits vorhandene Nachweise hinausgehend noch nicht abschließend bewertet werden kann. Soweit für die in der Steuererklärung erfolgten Angaben eine weitergehende Prüfung vorhandener Belege oder anderer Nachweise erfolgen soll, muss diese zeitnah im Zuge der laufenden Veranlagung vorgenommen werden. Insoweit sind Änderungen aufgrund Neuer Tatsachen auf Sachverhalte zu beschränken, die mit der Steuererklärung gar nicht oder grob fehlerhaft mitgeteilt wurden. 3. Formulargestaltung a. Gestaltung der Vordrucke Das Ziel einer Verringerung des Personalaufwands bei der Veranlagung durch Reduzierung der Prüffälle ist unseres Erachtens mit einer Verschlankung der Vordrucke nicht vereinbar. Eine großzügigere Rechtsauslegung würde zudem die Gleichmäßigkeit der Besteuerung gefährden und insbesondere steuerlich beratene Steuerpflichtige benachteiligen, weil deren Berater berufsrechtlich einen engeren Handlungsspielraum bei der Bewertung haben als ein maschinelles Risikomanagement, das Bagatellfälle in der Regel nicht zur personellen Prüfung aussteuert. Insoweit sind für eine risikoorientierte Bewertung der Steuererklärung nach unserer Einschätzung eindeutige und detailliert aufgeschlüsselte Einzelabfragen erforderlich, beispielsweise bei Handwerkerleistungen die zusätzliche Angabe, dass die Zahlung unbar geleistet wurde und dass Belege für die Aufwendungen vorhanden sind (siehe oben Nummer 3, Buchst. c). b. Erfassungsfelder für Daten bei Datenübermittlung Dritter Ungeachtet dessen, dass bestimmte Daten der Finanzverwaltung bereits vorliegen, kann die Eintragung dieser Daten in die Steuererklärung aus folgenden Gründen nicht entfallen: - Die Daten sind für die Steuerberechnung erforderlich. - Die Kontrolle der Richtigkeit und Vollständigkeit obliegt unverändert dem Steuerpflichtigen. Das Ergebnis der Kontrolle muss erkennbar dokumentiert werden. Dieses ist nur in der Steuererklärung möglich.

5 - Ein ausschließlicher Rückgriff auf gemeldete Daten würde diesen den Charakter eines Grundlagenbescheids verschaffen. Der Steuerpflichtige kann in diesem Fall bei Abweichungen keine Klärung über das Finanzamt veranlassen. Ebenso kann keine gegenüber den gemeldeten Daten abweichende Veranlagung beantragt werden. c. Freifelder im Erklärungsvordruck Ungeachtet der Tatsache, dass Felder zur freien Texteingabe die maschinelle Verarbeitung einschränken, halten wir diese für dringend erforderlich. Eintragungen in Freifelder sollten in geeigneten Fällen möglich sein. Strukturvorgaben für Format und Inhalt sind hierbei zweckmäßig. Das Aufgreifen und die Auswertung der Angaben in Freifeldern könnte unseres Erachtens in das Risikomanagementsystem integriert werden. Freitextfelder könnten insbesondere zur eindeutigen Kenntlichmachung einer abweichenden Rechtsmeinung genutzt werden. Unter Angabe des Aktenzeichens eines entsprechenden Musterprozesses könnte der Steuerbescheid dahingehend maschinell unterstützt sogar vorläufig ergehen und somit Einspruchsverfahren entbehrlich machen. 4. Technischer Ausbau von Elster a. Elektronische Lohnsteuerermäßigungsvordrucke Die weiterhin erforderliche Antragstellung von Freibeträgen und anderen Änderungen in den ELStAM auf dem Papierweg ist ein Medienbruch, der zu beseitigen ist. Soweit zu geringe Fallzahlen als Grund für die fehlende Implementierung angegeben werden, überzeugt dies nicht. Zur Akzeptanz der elektronischen Kommunikation ist eine umfassende Umsetzung elektronischer Verfahren erforderlich. Zudem können die ELStAM durch vereinfachte Antragstellung und Bearbeitung zutreffender an die tatsächlichen Verhältnisse angepasst werden, beispielsweise durch Eintragung eines Faktors zur Steuerklasse IV. Der Lohnsteuerabzug kann hierdurch der tatsächlichen Einkommensteuer stärker entsprechen. Der derzeitige Weg einer mehrjährigen Berücksichtigung temporärer Merkmale ohne zwischenzeitliche Prüfung geht hingegen in die falsche Richtung. Zur Umsetzung der elektronischen Kommunikation zu Änderungen der ELStAM bieten sich der direkte Zugang über das Elster-Online-Portal (als Ergänzung zum Abruf der ELStAM, siehe nachfolgend Buchst. b) und die elektronische Übermittlung von Anträgen auf Freibetrag analog der Übermittlung einer elektronischen Steuererklärung an.

6 b. Abruf der ELStAM-Daten über Berechtigungsmanagement und FSC Den Beratern muss der Abruf der ELStAM-Daten über das Berechtigungsmanagement oder den FSC ermöglicht werden. Einen Abruf der Daten kann bisher nur der Steuerpflichtige selbst vornehmen, wenn er einen authentifizierenden Zugang besitzt. Anders als bei den von Dritten bereitgestellten Daten im Rahmen der vorausgefüllten Steuererklärung sind die ELStAM-Daten für Bevollmächtigte des Steuerpflichtigen bisher nicht elektronisch abrufbar. In diesen Fällen ist weiterhin eine Anforderung per Papier-Beleg auf dem Postweg erforderlich. c. Geschützte elektronische Kommunikation über Elster Die elektronische Datenübermittlung der Steuererklärung sollte ausgebaut werden, um ergänzende Kommunikation zu einem konkreten Veranlagungsfall elektronisch geschützt vornehmen zu können. Denkbar ist hierbei nicht nur die elektronische Übermittlung von Belegen (siehe Nr. 2 Buchst. b), sondern auch die Beantwortung von Nachfragen bei personeller Bearbeitung, das Stellen von Änderungsanträgen und Einsprüchen einschließlich der Übermittlung von Aufforderungen zur Abgabe der Steuererklärung u. ä. Einzelne Kommunikationsinhalte könnten zudem automationsgestützt verarbeitet werden, beispielsweise durch Integration in eine elektronische Steuerakte. 5. Risikomanagement a. Anpassung und Weiterentwicklung Sowohl Erfahrungen der Berater in Lohnsteuerhilfevereinen aus der Beratungspraxis zur Einreichung von Nachweisen und anderen Angaben als auch Hinweise von Sachbearbeitern in den Finanzämtern geben Anlass zu der Feststellung, dass das derzeitige Risikomanagement zu starre Vorgaben für die Sachbearbeiter liefert. Es entsteht der Eindruck, dass der Bearbeiter im Finanzamt zum Ausführenden der Vorgaben der Maschine degradiert wird. Dies behindert nicht nur die Veranlagung, sondern dürfte sich ebenso negativ auf das Arbeitsumfeld auswirken. Deshalb muss ein ausreichender Handlungsspielraum für die Mitarbeiter in den Finanzämtern verbleiben. Insbesondere muss deren Fachexpertise, bspw. aus den Feststellungen und Einschätzungen bei der Prüfung eines Steuerfalles, Eingang finden in die Anpassung und Weiterentwicklung des Risikomanagements. Dabei geht es um die Verknüpfung der menschlichen Ressourcen und des subjektiven Faktors mit der Automation. b. Datenübermittlung und -auswertung Sämtliche in der Steuererklärung erfolgten Angaben müssen uneingeschränkt übermittelt und der Veranlagung zugrunde gelegt werden. Dies gilt sowohl für die

7 im Rahmen der vorausgefüllten Steuererklärung nach Prüfung durch den Steuerpflichtigen übernommenen Werte als auch für alle weiteren Eintragungen. Sollte eine Beschränkung der Datenübermittlung auf ausschließlich die Werte und Angaben beabsichtigt sein, die unmittelbar zur Berechnung der Steuerfestsetzung erforderlich sind, lehnen wir dies ab. Eine solche Beschränkung würde zu stärkerer Haftung beim Berater führen und Änderungsmöglichkeiten nach 173 AO (neue Tatsachen) eröffnen, weil dem Finanzamt Informationen nicht vorlagen, obwohl diese in die Steuererklärung eingetragen wurden. Darüber hinaus würde sich die Finanzverwaltung der Auswertungsmöglichkeit dieser Informationen entziehen und damit die Möglichkeiten des Risikomanagements selbst einschränken. Letztlich wäre dies ein Schritt von der Amtsermittlung zur Selbstveranlagung und würde eine vollständige Verschiebung der bisherigen Aufgaben- und damit Lastenverteilung einschließlich der Haftungsrisiken zulasten des Steuerpflichtigen und seines Beraters nach sich ziehen. Der Steuerpflichtige und sein Berater müssen davon ausgehen können, dass ihre Angaben vollständig an das Finanzamt übermittelt und bei der Steuerfestsetzung in vollem Umfang berücksichtigt werden. c. Amtsermittlungsgrundsatz Eine automationsgestützte, für bestimmte Steuerfälle vollautomatische Veranlagung darf weder rechtlich noch faktisch den Amtsermittlungsgrundsatz einschränken. Bei einer Kombination des menschlichen Faktors mit den Möglichkeiten der EDV (vgl. Buchst. a) kann der Amtsermittlungsgrundsatz auch automationsgestützt wahrgenommen werden. Eine weitergehende Flexibilisierung ist insoweit nicht erforderlich. Auch bei bisheriger personeller Bearbeitung ist die Finanzverwaltung nach geltender Rechtslage nicht zur Prüfung aller Einzeltatbestände angehalten. Insbesondere kann sie den Angaben des Steuerpflichtigen grundsätzlich vertrauen. Insoweit lassen sich diese Grundsätze auf eine automationsgestützte Bearbeitung übertragen, insbesondere weil moderne mathematische und EDV-gestützte Verfahren eine objektiviertere Prüfung ermöglichen. 6. Steuervollzug a. Anpassung der Verfahrensvorschrift zur Pflichtveranlagung ( 56 EStDV) Die rechtlichen Vorschriften zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung, d.h. die Pflicht zum Tätigwerden des Steuerpflichtigen, ist an das tatsächliche Erfordernis einer Veranlagung zur Steuerfestsetzung anzupassen. Die derzeitige Diskrepanz wird insbesondere bei der Veranlagung von Rentnern mit Blick auf die Vorschrift 56 EStDV deutlich: Während formal bereits dann eine Einkommensteuererklärung einzureichen ist, wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte das steuerliche Existenzminimum überschreitet, erfolgt eine Aufforderung seitens der Finanzämter erst in den Fällen, in denen das Einkommen nach Abzug der Vor-

8 sorgeaufwendungen und gegebenenfalls weiterer beständiger Abzugsmerkmale (beispielsweise Behinderten-Pauschbetrag) den Grundfreibetrag überschreitet. Dieses ist durchaus sachgerecht, muss jedoch auch Eingang in die gesetzlichen Vorschriften finden. b. Konsequente Auswertung der Pflichtveranlagungsfälle In Fällen, in denen Steuerpflichtige entgegen den rechtlichen Vorschriften keine Steuererklärung einreichen, oft aus Unkenntnis, bei veränderten tatsächlichen Verhältnissen, Priorisierung anderer persönlicher Aufgaben etc., muss die Finanzverwaltung regelmäßig und zeitnah zur Abgabe der Steuererklärung auffordern. Dies gebietet die Gleichmäßigkeit der Besteuerung und fördert die Akzeptanz des Besteuerungsverfahrens in der Bevölkerung. Eine zeitnahe Aufforderung gewährleistet zumindest Verständnis für Steuernachzahlungen. Dieses Verständnis fehlt aber beispielsweise dann, wenn Steuerpflichtige Kenntnis davon erhalten, dass andere Steuerpflichtige mit vergleichbaren Verhältnissen, zunächst oder sogar dauerhaft, nicht zur Einhaltung ihrer Pflichten als Steuerbürger angehalten werden. Ebenso wird Unverständnis für Verzinsung und gegebenenfalls weitere Zuschläge vermieden, wenn die Steuererklärung zeitnah angefordert wird. Gerade im Zeitalter elektronischer Datenübermittlung und -auswertung ist ein konsequenter Steuervollzug geboten. Des Weiteren sollten die Mahnläufe bundesweit stärker vereinheitlicht werden. Auch dies gebietet der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. c. Vereinheitlichung der Meldefristen Bisher bestehen steuerrechtlich teilweise unterschiedliche Fristen zur Meldung bestimmter Sachverhalte bzw. Übermittlung von Daten. Übergreifend bestehen in Bezug auf Sozial- und Steuerrecht weitere Unterschiede. Eine Vereinheitlichung ist anzustreben. Sie schafft stärkere Übersichtlichkeit und kann Synergien beispielsweise durch Zusammenfassung von Meldungen bewirken. So ist es für arbeitslose Arbeitnehmer bisher oft unverständlich und unübersichtlich, wenn sie zunächst ein Mitteilungsschreiben der Agentur für Arbeit in Bezug auf die Meldung an die Rentenversicherung und nachfolgend nochmals in Bezug auf die Meldung an die Finanzverwaltung erhalten.

9 7. Weitere Änderungen Bezug: Gemeinsame Eingabe der Verbände BdSt, DStV, BDL und NVL vom 9.9.2011 zur Anpassung des Steuerverfahrens an die moderne Kommunikation mit der Finanzverwaltung a. Mitteilungspflichten an den Steuerpflichtigen bei Datenübertragung Dritter An dem in der Eingabe beschriebenen Erfordernis einer Rechtsgrundlage für eine einheitliche Verpflichtung zur Information des Steuerpflichtigen über den Inhalt und Zeitpunkt der an die Finanzverwaltung übermittelten Daten halten wir uneingeschränkt fest. Zu den rechtlichen und tatsächlichen Gründen verweisen wir auf die Eingabe und den nachfolgenden Schriftwechsel. Zur Verringerung des Aufwands kann die Information unter entsprechenden Voraussetzungen über elektronische Verfahren erfolgen. Die im Rahmen des Projekts der vorausgefüllten Steuererklärung bereitgestellten Daten machen diese Informationspflicht nicht entbehrlich. So sind die bereitgestellten Daten derzeit noch unvollständig (beispielsweise fehlen Lohnersatzleistungen) und enthalten nicht alle übermittelten Informationen. Darüber hinaus ist der Zeitpunkt der Datenübermittlung nicht erkennbar. Des Weiteren lässt sich bei fehlenden Daten in der vorausgefüllten Steuererklärung nicht erkennen, ob und gegebenenfalls wann sowie mit welchem Inhalt der Dritte dennoch seiner Datenübermittlung nachgekommen ist. Der Steuerpflichtige wäre deshalb bei fehlenden Daten stets auf die Kooperationsbereitschaft des Datenübermittlers angewiesen, um zu einer zutreffenden Besteuerung zu gelangen. b. Korrektur der elektronisch übertragenen Daten Dritter Die zweifellos hohe Quote zutreffend übermittelter Daten von Dritten darf nicht dazu führen, dass diese - vorrangig und gegebenenfalls auch in Widerspruch zur Erklärung des Steuerpflichtigen - der Besteuerung zu Grunde gelegt werden. Der Amtsermittlungsgrundsatz und die Pflicht zur Anhörung des Steuerpflichtigen dürfen bei Datenübermittlung Dritter nicht außer Kraft gesetzt werden. Gerade weil der Umfang der abweichenden Fälle verhältnismäßig gering ist, ist der Aufwand zur Prüfung und zur Information des Steuerpflichtigen über Abweichungen kein Grund, diese Grundsätze nicht zu beachten. Des Weiteren muss das Finanzamt bei Einwänden des Steuerpflichtigen zur inhaltlichen Richtigkeit und Vollständigkeit übermittelter oder gegebenenfalls fehlender Daten in die Verantwortung gegenüber den Dritten mit eintreten. Keinesfalls darf eine zutreffende Besteuerung davon abhängig werden, dass der Steuerpflichtige ggf. zivilrechtlich den Dritten zu einer erforderlichen Datenübermittlung anhalten muss. Anderenfalls würden selbst technische Probleme, die gegebenenfalls nicht einmal in der Verantwortung des Dritten liegen, letztlich zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen, da eine zutreffende Besteuerung nicht oder nicht innerhalb einer angemessenen Zeit erfolgen kann.

10 c. Anpassung der steuerlichen Korrekturvorschriften an die elektronische Kommunikation Mit der durch Einführung der elektronischen Steuererklärung erfolgten Verlagerung der Dateneingabe auf den Steuerpflichtigen und mit dem Verzicht auf Belege ist eine Verschiebung der Aufgabenverteilung auf den Steuerpflichtigen und seinen Berater erfolgt. Damit unterliegen die bei menschlichem Handeln unvermeidbaren Fehler in stärkerem Maße als bisher dem Verantwortungsbereich des Steuerpflichtigen. Die Korrektur einer hierdurch verursachten fehlerhaften Steuerfestsetzung muss in entsprechendem Umfang weiterhin möglich sein. Anderenfalls würde sich der Rechtsschutz für den Steuerpflichtigen aufgrund der Verschiebung der Aufgabenverteilung einschränken. Es ist unseres Erachtens nicht ausreichend, wenn in den Anwendungsvorschriften zu den Korrekturnormen nur ergänzend aufgenommen wird, dass die Regelungen bei elektronischen Verfahren entsprechend gelten. Dies berücksichtigt keinesfalls die beschriebene Verschiebung der Aufgabenverteilung. Zu weiteren Einzelheiten und Lösungsvorschlägen, insbesondere einer Anpassung des 129 AO, verweisen wir auf die gemeinsame Eingabe. Wir würden uns freuen, wenn die vorgenannten Vorschläge im Rahmen des Projekts einer Modernisierung des Besteuerungsverfahrens berücksichtigt werden können. Uns ist bewusst, dass einige Vorschläge entsprechenden Vorlauf und Investitionen in den Ausbau der EDV erfordern. Dennoch sind wir der Auffassung, dass die Vorteile für die Steuerpflichtigen, die Beraterschaft und die Finanzverwaltung letztlich überwiegen und diesen Einsatz rechtfertigen. Die Dachverbände der Lohnsteuerhilfevereine wünschen sich die Fortsetzung des bisherigen, sehr angenehmen und konstruktiven Austauschs. Für weitere Erläuterungen der vorgenannten Vorschläge stehen die Unterzeichner gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen BUNDESVERBAND DER LOHNSTEUERHILFEVEREINE E.V. NEUER VERBAND DER LOHNSTEUERHILFEVREINE E.V. Erich Nöll Geschäftsführer Uwe Rauhöft Geschäftsführer