Titel: Grobes Verschulden bei schriftlich gefertigten und elektronisch gefertigten Steuererklärungen

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FG München, Urteil v. 26.02.2015 10 K 1397/12 Titel: Grobes Verschulden bei schriftlich gefertigten und elektronisch gefertigten Steuererklärungen Normenketten: AO 173 Abs. 1 Nr. 2 EStG 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 Buchst. a Leitsätze: 1. 1. Auf einen die grobe Fahrlässigkeit ausschließenden, entschuldbaren Rechtsirrtum kann sich der Steuerpflichtige dann nicht berufen, wenn er eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene und für ihn verständliche Frage nicht beantwortet. 2. Der Steuerpflichtige handelt auch dann regelmäßig grob fahrlässig, wenn er die dem elektronischen Elster-Formular beigefügten Erläuterungen zur Einkommensteuererklärung unbeachtet lässt, soweit solche Erläuterungen für einen steuerlichen Laien ausreichend verständlich, klar und eindeutig sind. Entscheidungsgründe Finanzgericht München Az.: 10 K 1397/12 IM NAMEN DES VOLKES Urteil Stichwörter: 1. Auf einen die grobe Fahrlässigkeit ausschließenden, entschuldbaren Rechtsirrtum kann sich der Steuerpflichtige dann nicht berufen, wenn er eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene und für ihn verständliche Frage nicht beantwortet. 2. Der Steuerpflichtige handelt auch dann regelmäßig grob fahrlässig, wenn er die dem elektronischen Elster-Formular beigefügten Erläuterungen zur Einkommensteuererklärung unbeachtet lässt, soweit solche Erläuterungen für einen steuerlichen Laien ausreichend verständlich, klar und eindeutig sind. In der Streitsache [... Kl] Kläger gegen Finanzamt [... E-Stadt] Beklagter wegen Einkommensteuer 2005, 2006, 2007, 2008

hat der 10. Senat des Finanzgerichts München durch [...] ohne mündliche Verhandlung am 26. Februar 2015 für Recht erkannt: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Rechtsmittelbelehrung Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden. [...] Gründe: Streitig ist, ob Steuerbescheide nachträglich zugunsten der Kläger geändert werden können. I. Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit aus seiner Beteiligung an einer Rechtsanwaltssozietät, an der neben ihm noch [...] weitere Gesellschafter beteiligt sind. Für diese Rechtsanwaltssozietät, die in Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts betrieben wird, werden beim Beklagten - dem Finanzamt (FA) - die Einkünfte gesondert und einheitlich festgestellt. In den Streitjahren reichten die Kläger ihre Einkommensteuererklärungen jeweils fristgemäß beim FA ein, in den Jahren 2005 bis 2007 wurden die Erklärungen auf den amtlichen Steuererklärungsvordrucken abgegeben, im Jahr 2008 wurde die Erklärung elektronisch mit dem Programm der Finanzverwaltung Elster erstellt. Die Kläger wurden vom FA in den Streitjahren antragsgemäß zur Einkommensteuer veranlagt (für 2005 mit Bescheid vom 19. Januar 2007, für 2006 mit Bescheid vom 24. Januar 2008, für 2007 mit Bescheid vom 18. Dezember 2008 und für 2008 mit Bescheid vom 14. April 2010). Nachdem das FA gegenüber den Feststellungsbeteiligten die Gewinne aus der Rechtsanwaltssozietät gesondert und einheitlich festgestellt hatte und die entsprechenden Mitteilungen an die für den Kläger zuständigen Veranlagungsstellen übersandt hatte, änderte das FA aufgrund der in diesen Mitteilungen ausgewiesenen Einkünfte aus der Beteiligung an der Rechtsanwaltssozietät die Steuerbescheide der Streitjahre (für 2005 mit Bescheid vom 7. August 2007, für 2006 mit Bescheid vom 17. Juni 2008, für 2007 mit Bescheid vom 16. April 2009 und für 2008 mit Bescheid vom 4. Juni 2010). Gegen die Einkommensteuerbescheide wurden keine Einsprüche erhoben. Mit Schreiben vom 4. Februar 2011 beantragten die Kläger die Änderung der Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre. Sie trugen vor, dass eine Änderung zu ihren Gunsten wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen zu erfolgen habe. Die bisher in den Einkommensteuererklärungen nicht geltend gemachten Beiträge zur berufsständischen Versorgungseinrichtungen, nämlich der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung, seien als Sonderausgaben bei der Ermittlung des Einkommens abzuziehen (7.205,04 für 2005, 7.205,04 für 2006, 7.352,88 für 2007 und 9.522,45 für 2008). Mit Verwaltungsakt vom 10. Februar 2011 lehnte das FA die Änderung dieser Bescheide ab. Den dagegen gerichteten Einspruch begründeten die Kläger damit, dass sie zwar die Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen nicht in den Einkommensteuererklärungen aufgeführt hätten. Diese Beträge seien jedoch in den Gewinnermittlungen der Rechts-anwaltssozietät ausgewiesen gewesen. Sie seien davon ausgegangen, dass aufgrund des

Amtsermittlungsgrundsatzes vom FA die in den Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung angegebenen Ausgaben in die Einkommensteuererklärungen übernommen werden würden. Aus diesem Irrtum könne kein grobes Verschulden abgeleitet werden, das eine Änderung der Steuerbescheide zu ihren Gunsten ausschließe. Mit Einspruchsentscheidung vom 20. März 2012 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Dagegen richtet sich die Klage. Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger vor, dass ihnen zwar bekannt sei, dass bei einem unvollständigen Ausfüllen der Steuererklärungsvordrucke von einem groben Verschulden auszugehen sei. Die bisher von den Finanzgerichten entschiedenen Sachverhalte würden jedoch nicht unerheblich von dem hier streitigen Sachverhalt abweichend. Den Klägern sei bereits bei Abgabe der Steuererklärungen bekannt gewesen, dass Pflichtbeiträge von Selbstständigen zur gesetzlichen Rentenversicherung als Vorsorgeaufwendungen steuerlich relevant seien. Den Klägern sei aber der Irrtum unterlaufen, dass sie die organisatorischen Zuständigkeiten innerhalb des FA verkannt hätten. Sie hätten nicht gedacht, dass die Angaben, die dem FA in den Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen übermittelt werden, von einem anderen Sachbearbeiter bearbeitet werden, als von dem Sachbearbeiter, der für die Erstellung der Einkommensteuerbescheide zuständig sei. Wenn von einem Steuerpflichtigen bei der Beurteilung der Frage, ob ihm grobes Verschulden zur Last gelegt werden könne, schon keine umfassenden Kenntnisse der steuerrechtlichen Vorschriften erwartet werden dürften, so könnten von ihm noch viel weniger Kenntnisse der internen Abläufe in einem Finanzamt erwartet werden. Bereits seit Gründung der Rechtsanwaltssozietät [...] habe der Kläger seine Einkommensteuererklärungen meist viele Monate vor Fertigstellung der Geschäftsabschlüsse der Rechtsanwaltssozietät und der Fertigung der Feststellungserklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit abgegeben. In den Einkommensteuererklärungen sei von ihnen bezüglich aller über die Rechtsan-waltssozietät abgewickelter Vorgänge auf die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung verwiesen worden und darüber hinaus seien keine Angaben zu den über die Sozietät abgewickelten Vorgängen vorgenommen worden. Die Angaben zu den Beiträgen für die berufsständischen Versorgungseinrichtungen seien in jedem Jahr bei dem Gewinnverteilungsplan der Rechtsanwaltssozietät ausdrücklich aufgeführt gewesen. Da bis einschließlich des Jahres 2005 in den Einkommensteuererklärungsformularen nicht nach den Pflichtbeiträgen Selbstständiger zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtungen gefragt worden sei, sei der Kläger überzeugt gewesen, dass diese Pflichtbeiträge in den Feststellungserklärungen für die Gesellschaft anzugeben seien. Im Übrigen gelte für das FA der Grundsatz der Amtsermittlungspflicht. Dabei werde davon ausgegangen, dass von den Sachbearbeitern im FA ein allgemeines Wissen verlangt werden könne, für welche selbstständigen Berufe Versorgungswerke eingerichtet seien, die Pflichtbeiträge erheben würden. Auch sei die für ihn zuständige Sachbearbeiterin beim FA die zuständige Sachbearbeiterin für die beiden Mitgesellschafter an der Rechtsanwaltssozietät. Diese zuständige Sachbearbeiterin habe jeweils die Einkommensteuerbescheide für alle drei Gesellschafter relativ zeitnah erstellt, ohne dass ihr aufgefallen sei, dass für die beiden Mitgesellschafter Pflichtbeiträge zur berufsständischen Versorgungseinrichtungen angegeben seien, die bei ihm jedoch nicht separat aufgeführt worden seien. Ein Umstand, der einer einschlägig bewanderten Sachbearbeiterin beim FA in 15 Jahren nicht aufgefallen sei, könne bei den Klägern als steuerrechtlich nicht bewanderten Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden darstellen. Auch habe dem FA immer bewusst sein müssen, dass die von den Klägern abgegebenen Einkommensteuererklärungen unvollständige Angaben enthalten würden. Es seien auch jährlich zwei Einkommensteuerbescheide an die Kläger versendet worden und erst in dem zweiten Bescheid seien die Angaben aus den Feststellungserklärungen für die Rechtsanwaltssozietät eingearbeitet worden. Die Kläger beantragen,

den Ablehnungsbescheid vom 10. Februar 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. März 2012 aufzuheben und das Finanzamt zu verpflichten, die Einkommensteuerbescheide für 2005 vom 7. August 2007, für 2006 vom 17. Juni 2008, für 2007 vom 16. April 2009 und für 2008 vom 4. Juni 2010 dahingehend abzuändern, das Sonderausgaben in Höhe von 7.205,04 für 2005, von 7.205,04 für 2006, von 7.352,88 für 2007 und von 9.522,45 für 2008 zum Abzug zugelassen werden. Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen. Das FA verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend weist das FA daraufhin, dass die Kläger selbst in ihrer Klagebegründung weiter ausführen würden, dass ihnen sogar bekannt war, dass Pflichtbeiträge von Selbstständigen zur gesetzlichen Rentenversicherung als Aufwendungen relevant seien. Weiter sei ihnen auch bekannt gewesen, dass die Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen solche Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung seien. Im Übrigen könne dem FA nicht als Ermittlungsfehler zur Last gelegt werden, dass die Einkommensteuerveranlagungen der beiden Mitgesellschafter in der Rechtsanwaltskanzlei ebenfalls zeitnah erstellt worden seien und der zuständigen Bearbeiterin nicht aufgefallen sei, dass bei den Mitgesellschaftern diese Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in den Einkommensteuererklärungen geltend gemacht worden seien. Ein Sachbearbeiter im FA müsse aus anderen Einkommensteuerveranlagungen keine Rückschlüsse auf die Einkommensteuerveranlagung der Kläger ziehen. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze verwiesen. Mit Zustimmung der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ( 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung <FGO>). II. 1. Die Klage ist unbegründet. a) Das FA hat zu Recht eine Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre 2005 bis 2008 nach 173 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) zugunsten der Kläger abgelehnt, weil diesen grobes Verschulden vorzuwerfen ist. b) Nach 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Im Streitfall ist zwischen den Beteiligten zu Recht allein das Vorliegen eines groben Verschuldens streitig. c) Als grobes Verschulden hat der Steuerpflichtige Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Letztere ist dann anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt hat (z. B. Bundesfinanzhof-BFH-Urteile vom 20. November 2008 III R 107/06, BFH/NV 2009, 545; vom 9. November 2011 X R 53/09, BFH/NV 2012, 545; vom 18. März 2014 X R 8/11, BFH/NV 2014, 1347). Grob fahrlässiges Handeln liegt insbesondere vor, wenn ein Steuerpflichtiger seiner Erklärungspflicht nur unzureichend nachkommt, indem er unvollständige Steuererklärungen abgibt (BFH-Urteile vom 30. Oktober 1986 III R 163/82, BFHE 148, 208, BStBl II

1987, 161; vom 1. Oktober 1993 III R 58/92, BFHE 172, 397, BStBl II 1994, 346). Beruht die unvollständige Steuererklärung auf einem Rechtsirrtum wegen mangelnder Kenntnis steuerrechtlicher Vorschriften, ist dies dem Steuerpflichtigen in der Regel nicht als grobes Verschulden anzulasten (BFH-Urteile vom 23. Februar 2000 VIII R 80/98, BFH/NV 2000, 978, und in BFH/NV 2014, 1347). d) Auf einen die grobe Fahrlässigkeit ausschließenden, entschuldbaren Rechtsirrtum kann sich der Steuerpflichtige - auch wenn ihm steuerrechtliche Kenntnisse fehlen - dann nicht berufen, wenn er eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene und für ihn verständliche Frage nicht beantwortet (BFH-Urteile vom 23. Oktober 2002 III R 32/00, BFH/NV 2003, 441, und in BFH/NV 2009, 545, sowie in BFH/NV 2012, 545, speziell zur Angabe von Pflichtbeiträgen Selbstständiger zur gesetzlichen Rentenversicherung als Vorsorgeaufwendungen). Nach der Rechtsprechung (BFH-Urteile vom 20. März 2013 VI R 5/11, BFHE 240, 504, BFH/NV 2013, 1142 sowie VI R 9/12, BFHE 240, 507, BFH/NV 2013, 1143) handelt der Steuerpflichtige auch dann regelmäßig grob fahrlässig i. S. des 173 Abs. 1 Nr. 2 AO, wenn er die dem elektronischen Elster- Formular beigefügten Erläuterungen zur Einkommensteuererklärung unbeachtet lässt, soweit solche Erläuterungen für einen steuerlichen Laien ausreichend verständlich, klar und eindeutig sind (BFH-Urteil vom 16. Mai 2013 III R 12/12, BFHE 241, 226, BFH/NV 2013, 1467 und in BFH/NV 2014, 1347). e) Ob der Beteiligte im jeweiligen Einzelfall grob fahrlässig gehandelt hat, ist im Wesentlichen Tatfrage. 2. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall trifft die Kläger in den Jahren 2005 bis 2008 ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden ihrer Zahlungen an die Bayerische Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung. a) Wie die Kläger selbst zutreffend einräumen, war in den amtlichen Vordrucken der Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2006 und 2007 im Mantelbogen jeweils bei Zeile 62 die Frage gestellt, wie hoch die Beiträge zu landwirtschaftlichen Alterskassen sowie berufsständischen Versorgungseinrichtungen bei Nichtarbeitnehmern, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen, sind. Die Kläger haben im Mantelbogen aber nur in Zeile 61 bei der Frage, wie hoch die Beiträge zu gesetzlichen Rentenversicherungen und zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen laut Lohnsteuerbescheinigung sind, jeweils Angaben zu den Beiträgen gemacht, die von der Klägerin (Arbeitnehmeranteil) geleistet wurden. Ebenso haben die Kläger im Streitjahr 2008 in ihrer in Elster gefertigten Einkommensteuererklärung in Zeile 61 die Frage nur mit Angaben zu den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung, die laut Lohnsteuerbescheinigung von der Klägerin geleistet wurden, beantwortet. Im Streitjahr 2008 hat aber das Erklärungsformular des Elsterprogramms in Zeile 62 ausdrücklich die Frage nach den als Sonderausgaben abziehbaren Beiträgen zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen gestellt. Diese Frage haben die Kläger unbeantwortet gelassen. Beantwortet ein Steuerpflichtiger aber eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf bestimmte Vorgänge bezogene Fragen nicht, kann er sich nach ständiger Rechtsprechung nicht auf einen die grobe Fahrlässigkeit ausschließenden, entschuldbaren Rechtsirrtum berufen und diese Grundsätze gelten auch wenn der Kläger sich statt des amtlichen Drucks des Elsterprogramms bedient (speziell auch BFH-Urteil in BFH/NV 2014, 1347, Rz. 26). b) Im Streitfall war aber auch - entgegen den Ausführungen der Kläger - im Einkommensteuererklärungsformular 2005 getrennt für einzelne Fallgruppen nach den im Jahr 2005 geleisteten Altersvorsorgebeiträgen gefragt und dabei war auch eine Zeile (nämlich 65) mit den Beiträgen zu landwirtschaftlichen Alterskassen sowie zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen

erbringen, aufgeführt. Der Unterschied in der Fragestellung im Vordruck des Jahres 2005 zu den Vordrucken der Folgejahre besteht allein darin, dass hier der Zusatz fehlt, dass es sich um Beiträge von Nichtarbeitnehmern handelt. Der Senat hält jedoch das Fehlen dieses Zusatzes nicht für entscheidend, denn solange dieser Zusatz fehlt, ist nach Auffassung des Senats klar, dass es sich hier um Beiträge aller Steuerpflichtigen als Arbeitnehmer und Nicht-Arbeitnehmer handeln muss. Demgemäß blieb auch im Streitfall im Jahr 2005 eine ausdrücklich gestellte Frage unbeantwortet. Nicht gefragt wurde im Jahr 2005 nur - insoweit liegt höchstrichterliche Rechtsprechung (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 545, speziell Rz. 20 zum Veranlagungszeitraum 2005) vor - nach von Selbstständigen geleisteten Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung. Diese Konstellation betrifft jedoch nicht den Streitfall. c) Hat ein Steuerpflichtiger grob schuldhaft i. S. des 173 Abs.1 Nr. 2 AO nach dem Maßstab gehandelt, dass er eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte Frage nicht beantwortet hat, vermag auch eine etwaige Verletzung der Aufklärungs- oder Fürsorgepflicht durch das FA daran nichts zu ändern (BFH-Urteil vom 9. August 1991 III 24/87, BFHE 165, 454, BStBl II 1992, 65). d) Die Überlegungen des Klägers, dass er einem Irrtum über die internen Zuständigkeiten innerhalb des Finanzamts unterlegen sei und dies ein grobes Verschulden ausschließe, greifen nicht durch. Zwar ist die Überlegung des Klägers zutreffend, dass es dem Kläger nicht anzulasten ist, wenn die unvollständige Steuererklärung allein auf einem Rechtsirrtum wegen mangelnder Kenntnis steuerrechtlicher Vorschriften beruht. Denn es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass grobes Verschulden i. S. des 173 Abs. 1 Nr. 2 AO dann nicht gegeben ist, wenn die Abgabe einer unvollständigen Steuererklärung allein auf einem subjektiv entschuldbaren Rechtsirrtum beruht (BFH-Urteile vom 21. Juli 1989 III R 303/84, BFHE 157, 488, BStBl II 1989, 960; vom 9. August 1991 III R 24/87, BFHE 165, 454, BStBl II 1992, 65; vom 2. August 1994 VIII R 65/93, BFHE 175, 500, BStBl II 1995, 264; vom 23. Januar 2001 XI R 42/00, BFHE 194, 9, BStBl II 2001, 379). Jedoch schon der weitere Grundsatz der BFH-Rechtsprechung, dass sich der Steuerpflichtige auf einen die grobe Fahrlässigkeit ausschließenden, entschuldbaren Rechtsirrtum allerdings dann nicht berufen kann, wenn er eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene und für ihn verständliche Frage nicht beantwortet (vgl. z. B. BFH-Urteils vom 23. Oktober 2002 III R 32/00, BFH/NV 2003, 441; vom 20. November 2008 III R 107/06, BFH/NV 2009, 545), zeigt, dass diese Argumentation nicht zum Erfolg verhelfen kann. Dies gilt auch dann, wenn er eine derartige, im Erklärungsformular ausdrücklich gestellte Frage nur deshalb nicht oder unvollständig beantwortet, weil er infolge eines Rechtsirrtums meint, die unterlassenen Angaben wirkten sich in seinem Fall nicht aus (vgl. BFH-Urteile vom 23. Oktober 2002 III R 32/00, BFH/NV 2003, 441; vom 20. November 2008 III R 107/06, BFH/NV 2009, 545). Denn in allen diesen Fällen beruht die unvollständige Steuererklärung nämlich nicht mehr allein auf einem subjektiv entschuldbaren Rechtsirrtum. e) Die Überlegungen des Klägers, dass die nicht nur für ihn, sondern auch für seine beiden Mitgesellschafter an der Sozietät zuständige Sachbearbeiterin keine Schlussfolgerungen aus den Angaben in den Einkommensteuererklärungen der Mitgesellschafter auf ihren Einkommensteuerfall gezogen habe und ihm deshalb kein grobes Verschulden zur Last gelegt werden könne, sind nicht durchschlagend. Denn grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und nicht entschuldbarer Weise verletzt (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Urteile vom 2. August 1994 VIII R 65/93, BFHE 175, 500, BStBl II 1995, 264; in BFHE 194, 9, BStBl II 2001, 379). Subjektiv entschuldbare Rechtsirrtümer, die zu einem nachträglichen Bekanntwerden von Tatsachen i. S. des 173 Abs. 1 Nr. 2 AO geführt haben, schließen danach eine grobe Fahrlässigkeit aus. Da aber so gesehen die grobe Fahrlässigkeit grundsätzlich ein subjektiver Maßstab und kein objektiver ist, können sich die Kläger zu ihrer Exkulpation schon gar nicht auf das Verhalten der Sachbearbeiterin

im FA in den Fällen der Mitgesellschafter an der Rechtsanwaltssozietät berufen. Im Übrigen muss sich der Kläger nach diesem subjektiven Maßstab auch vorhalten lassen, dass er als Rechtsanwalt über Grundlagenkenntnisse des Steuerrechts bereits seit seinen Examen verfügen muss und so die Fragen in den amtlichen Vordrucken der Einkommensteuererklärungen der Streitjahre nach den Vorsorgeaufwendungen verstehen muss. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf 135 Abs. 1 FGO.