Substitution von stationär zu ambulant

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Transkript:

Substitution von stationär zu ambulant 6.DRG Forum Schweiz Deutschland in Bern 26. Januar 2017 Dr. Hansjörg Lehmann, Geschäftsfeldleiter Gesundheitsversorgung

2 Inhalt 1. Ausgangslage 2. Mögliche Gründe für unnötige Hospitalisationen 3. Lösungsmöglichkeiten 4. Fazit

Fliessender Übergang Kanton Zürich 3 Dank technischem Fortschritt können immer mehr Behandlungen ambulant durchgeführt werden Je nach Versorgungs- und Finanzierungssystem werden mehr oder weniger Behandlungen ambulant durchgeführt

4 Potentiell ambulante Behandlungen 15-40 Behandlungen z.b. Liste vom Obsan Ausgewählte Eingriffe Anteil ambulant 2014 Grauer Star 98% Karpaltunnelverengung 97% Knieathroskopie 93% Gebärmutterhals-Gewebeentfernung 79% Krampfadern 48% Gefässkatheter 43% Meniskusentfernung 41% Mandeloperation 34% Herzschrittmacher 27% Hämorrhoiden 22% Leistenbruch 19% Quelle: Obsan, pwc

5 Grosses ambulantes Potential in CH Anteil spitalambulanter Eingriffe an allen chirurgischen Eingriffen 2007

6 Inhalt 1. Ausgangslage 2. Mögliche Gründe für unnötige Hospitalisationen 3. Lösungsmöglichkeiten 4. Fazit

Finanzierung Kanton Zürich 7 Ambulant: Monismus (Versicherer 100%) Stationär: Dualfix (Kantone 55% und Versicherer 45%) Quelle: SRF, Assura (2014) Versicherer haben geringen Anreiz, Hospitalisationen zu verhindern Versicherer sind aber nicht in der Hauptrolle bezüglich der Hospitalisierung, sondern Arzt und Patient Finanzierung hat einen eher geringer Einfluss

Tarifstruktur Ambulant: Einzelleistungsvergütung (TARMED) Stationär: Fallpauschalen (SwissDRG) Kanton Zürich 8 Quelle: SRF, Assura (2014) Spital (Arzt) erhält für stationären Aufenthalt wesentlich höhere Vergütung und oft ist Zusatzertrag > Zusatzkosten Spital (Arzt) hat Anreiz für Hospitalisationen Tarifstruktur hat einen wesentlichen Einfluss

Zusatzversicherung Kanton Zürich 9 Ambulant: i.d.r. keine Entschädigung durch Zusatzversicherung Stationär: Arzthonorare und Entschädigung für Hotellerie Quelle: SRF, Assura (2014) Grosser Anreiz für (unnötige) Hospitalisationen

Zusatzversicherung Auswirkungen der Anreize Kanton Zürich 10 Aus medizinischer Sicht ist grundsätzlich bei allen Behandlungen der gleiche Anteil an ZV-Patienten zu erwarten Referenzwert = 23% ZV-Patienten Zusatzversicherte werden bei Wahloperationen deutlich häufiger stationär behandelt Zusatzversicherung hat einen sehr grossen Einfluss

11 Zwischenfazit In der Schweiz finden viele potentiell ambulante Behandlungen stationär statt Finanzielle Anreize spielen dabei eine Rolle mit folgender Abstufung: Einfluss auf Hospitalisationen Finanzierung + Tarifstruktur +++ Zusatzversicherung +++++ Diese spielen v.a. bei den rund 15-30 «potentiell ambulanten» Behandlungen eine Rolle

12 Inhalt 1. Ausgangslage 2. Mögliche Gründe für unnötige Hospitalisationen 3. Lösungsmöglichkeiten 4. Fazit

Lösungsgrundsätze Kanton Zürich 13 Medizinische ( finanzielle) Wahl der Behandlung Möglichst viele «potentiell ambulante Behandlungen» sollen ambulant durchgeführt werden Möglichst wenig Aufwand Einfacher Ansatz und pragmatische Umsetzung Möglichst geringer Eingriff ins System so gross wie notwendig, aber so klein wie möglich Skalpell statt Zweihänder Beste Zielerreichung mit möglichst geringen Nebeneffekten Zielgerichtete Massnahmen statt Giesskanne Dort ansetzen, wo die Probleme sind

Lösungsansätze Kanton Zürich 14 Fokus auf Problemstelle 15-40 «potentiell ambulante Behandlungen» Es ist nicht notwendig das ganze Gesundheits- und Finanzierungssystem umzukrempeln Juristischer Ansatz: Korrektur durch Regulierung Spitalplanung Ökonomischer Ansatz: Änderung der Anreize Tarifstruktur Zusatzversicherung

15 Spitalplanung Liste von «ambulanten» Leistungen GD ZH erarbeitet in Zusammenarbeit mit medizinischen Fachexperten eine Liste mit Behandlungen, die sinnvollerweise ambulant erbracht werden sollten Diskussionsgrundlage für diese Liste bildet Vorarbeit vom Obsan: Diese Behandlungen sollen nur noch in klar begründeten Fällen stationär erbracht werden

16 Spitalplanung Ausnahmefälle für stationäre Behandlung der Patient ist besonders schwer erkrankt der Patient hat schwere Begleiterkrankungen eine besonders intensive Behandlung oder Betreuung ist nötig soziale Faktoren erschweren eine ambulante Untersuchung oder Behandlung stark (wie z.b. Obdachlosigkeit des Patienten) Kein Kostengutspracheverfahren!

17 Tarifstruktur Hybrid-DRG: Grundlagen Ähnliche oder gleiche Tarife für ambulante und stationäre Durchführung der «potentiell ambulanten Behandlungen» Bestimmung der «potentiell ambulanten Behandlungen» Schrittweise Vorgehensweise möglich und sinnvoll Start mit 10-20, Ausbau auf rund 40 Behandlungen Gleiche Qualitätsanforderungen für ambulante und stationäre Behandlung (Infrastruktur, Facharzt, Mindestfallzahlen etc.)

Tarifstruktur Hybrid-DRG: Kostenkalkulation Kanton Zürich 18 Auf Basis ambulanter oder stationärer Tarife? Ambulante Taxpunkte basieren auf uralten Kostendaten neu zu kalkulierende Pauschale Cost Weights (CW) werden jährlich angepasst Kurzlieger-CW Abschlag für fehlende Übernachtung: «Zero-Night-DRG» Streichung bisheriger DRG? Falls Nein: Nur für Ausnahmefälle z.b. «fragile Patienten», die stationären Aufenthalt benötigen (vgl. GD-Ausnahmen) Falls Ja: Zuschläge für «fragile Patienten»

19 Tarifstruktur Hybrid-DRG: Kostenteiler Theoretisch sollte der Kostenanteil der Versicherer 100% betragen, da es sich um «ambulante Behandlungen» handelt In der Praxis variiert der effektive Kostenanteil der Versicherer je nach effektivem Anteil der ambulanten Behandlungen: Anteil ambulante Behandlungen 100% 50% 0% Versichereranteil 100% 72.5% 45% Der Kostenteiler könnte abhängig vom bisherigen Anteil der ambulanten Behandlungen gestaltet werden: Neuzuteilung der Behandlungen nach 1-3 Jahren

20 Zusatzversicherung Vergütung durch Zusatzversicherung muss bei den «potentiell ambulanten Behandlungen» für ambulante und stationäre Durchführung ähnlicher werden Zusatzversicherung sollte Behandlungen mit Hybrid- bzw. Zero-Night-DRG bei stationärer und ambulanter Durchführung ähnlich oder gleich vergüten sonst bringen die Hybrid- bzw. Zero-Night-DRG bei den Zusatzversicherten nichts!

21 Inhalt 1. Ausgangslage 2. Mögliche Gründe für unnötige Hospitalisationen 3. Lösungsmöglichkeiten 4. Fazit

22 Fazit In der Schweiz werden aufgrund falscher Anreize unnötig viele Behandlungen stationär durchgeführt Hauptproblem liegt in der Tarifstruktur und der Vergütung durch die Zusatzversicherung Für die Förderung der Substitution von stationär zu ambulant bieten sich v.a. zwei Möglichkeiten an: Vorgaben in der Spitalplanung Anpassung der Tarifstruktur inkl. Vergütung durch ZV Bei beiden Ansätzen muss nicht das ganze System umgestellt werden: Fokus auf 15-40 «potentiell ambulante Behandlungen» Ansätze können kombiniert werden: Vorgaben in der Spitalplanung können Basis für Tarifstrukturanpassungen bilden

Vielen Dank