Sprache - System und Tätigkeit 62 Phraseologismen im Wörterbuch und im deutschen und tschechischen Sprachgebrauch Am Beispiel von Phraseologismen mit dem Bild von Mann und Frau Bearbeitet von Eva Cieslarová Ph.D. 1. Auflage 2011. Buch. 232 S. Hardcover ISBN 978 3 631 61471 6 Format (B x L): 14,8 x 21 cm Gewicht: 420 g Weitere Fachgebiete > Literatur, Sprache > Angewandte Sprachwissenschaft > Historische & Vergleichende Sprachwissenschaft, Sprachtypologie schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, ebooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.
1. Forschungsvorhaben Wie aus dem Titel der vorliegenden Monographie hervorgeht, erstreckt sich das Thema gleich in mehrere linguistische (teilweise nicht nur linguistische) Bereiche. Um der Untersuchung einen Rahmen zu schaffen, werden zuerst die theoretischen Grundlagen skizziert. Aus den Bereichen der Phraseologie wird außer der grundlegenden Terminologie besonderer Wert auf die kontrastive Phraseologie und den kognitiven Ansatz in der Phraseologieforschung gelegt. Die Theorie zur Wörterbuchforschung wird erst in einem späteren Kapitel des Buches, dem praktischen Teil, eingehender erläutert. Der Beschreibung der korpuslinguistischen Grunderkenntnisse folgt die Beschreibung der Materialbasis, d. h. des Korpus. Die theoretische Einleitung eröffnet folgende Untersuchung, die aus zwei großen Teilen besteht. Als Erstes werden die im phraseologischen Korpus gegebenen Phraseologismen in Wörterbüchern gesucht und analysiert. Da die Basis der Untersuchung die Phraseologie der deutschen Sprache bildet, werden metalexikographisch die ausgewählten Phraseologismen in allgemeinen deutschen Wörterbüchern geprüft. Außer nach ihrem Vorkommen wird auch nach der Nennform gefragt. Aufgrund der Gegenüberstellung der gewonnenen Angaben und der Belege aus dem Sprachgebrauch werden die Phraseologismen in Zentrum und Peripherie des phraseologischen Systems eingeteilt. Bei den festen Wendungen werden auch ihre Klassifikation bzw. Status, Kennzeichnung, Interpretament und Kontextbelege in den Wörterbüchern ermittelt. Es wird beobachtet, inwieweit die Genderfrage angerissen wird. Nicht nur die metalexikographische Untersuchung, sondern auch der folgende, kontrastive Teil der vorliegenden Monographie ist korpusbasiert. Dadurch, dass das Tschechische zum Vergleich herangezogen wird, kann auch die Situation auf dem Gebiet der deutschen Phraseologie besser erfasst werden. Ausgewählte Phraseologismen werden zuerst im Rahmen einzelner Sprachen behandelt und folglich wird der zweite Teil der Monographie in drei umfangreiche Kapitel gegliedert. Im ersten Kapitel werden in den deutschen Phraseologismen ausgedrückte Konzepte rekonstruiert und aufgrund der Analyse von Belegen aus COSMAS II. wird festgestellt, ob die Phraseologismen bzw. die Konzepte das männliche oder weibliche Geschlecht betreffen. Die Phraseologismen werden dann auch einer stilistischen Analyse unterzogen. Es wird das Augenmerk darauf gerichtet, ob sie in publizistischen oder belletristischen Texten vorkommen. Im Falle der publizistischen Texte wird eventuell noch das jeweilige Ressort bestimmt. Es wird bewertet, ob sie eher in der direkten oder indirekten Rede erscheinen und ob die Texte, die die Phraseologismen enthalten, durch ihr Vorkommen stilistisch markiert sind. 15
Im Falle der tschechischen Phraseologismen hat die Analyse einen ähnlichen Vorgang. Sie stammen aus dem phraseologischen Wörterbuch von František ermák und für deren Kontextbelege wird im Tschechischen Nationalkorpus recherchiert. Die Belegtexte gehören nicht nur der Belletristik und Publizistik an, sondern auch der Fachliteratur. 3 Da die Texte dieses Funktionalstils 4 aber in COSMAS II nicht vorkommen, wird ihnen auch im Tschechischen nicht so große Aufmerksamkeit geschenkt, sie werden nur in Einzelfällen erwähnt. Kontrastiv wird erst im letzten Kapitel fortgeschritten, in dem die in den einzelnen Sprachen gewonnenen Erkenntnisse verglichen werden. Die Festlegung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Konzepte der tschechischen und deutschen Phraseologismen schließt die Arbeit ab. 3 S. Kap. 3.2.2. 4 Zum Funktionalstil vgl. die funktionalen Stiltypen bei Eroms, H.-W. (2008: 115 ff). Aus Eroms achtfacher Schichtung kommt in dieser Arbeit vor und wird analysiert die Wissenschaftssprache (aufgrund der Einteilung in NK als Fachliteratur bezeichnet), die Sprache der Medien (folgend als Publizistik bezeichnet und auf den Bereich der Presse begrenzt) und die literarische Sprache (weiter als Belletristik bezeichnet). 16
2. Begriffsbestimmung 2.1 Grundbegriffe der Phraseologie Über die verwirrende Vielfalt an Definitionen, Terminologien und Klassifikationen beschweren sich die Sprachwissenschaftler seit den 70er Jahren und man muss zugeben, dass diese Erscheinung steigende Tendenz hat. Und es sind wieder die Sprachwissenschaftler, die in ihren Veröffentlichungen die Fülle und Uneinigkeiten der Terminologie noch steigern. Es wird deswegen versucht, gleich am Anfang die in der vorliegenden Monographie beachtete Auffassung der Phraseologie zu skizzieren und die notwendige Terminologie abzugrenzen. 2.1.1 Definition Wie viele linguistische Begriffe ist auch der Begriff Phraseologie zweideutig. Einmal wird es als Phraseologieforschung verstanden. In diesem Sinne ist Phraseologie eine linguistische Teildisziplin (mehr dazu s. 2.1.2), die sich mit der Untersuchung der Phraseologismen befasst. Ein andermal versteht man Phraseologie als Gesamtheit von Phraseologismen (s. Kap. 2.1.3) einer Sprache. Es bezeichnet den gesamten Materialbestand (Objektbereich), der aber nur schwer und bei verschiedenen Autoren unterschiedlich eingegrenzt wird. Außer der vom griechisch-lat. Phrasis (d. h. rednerischer Ausdruck 5 ) abgeleiteten Termini wie Phraseologie oder Phraseologismus werden auch die sich auf Idioma (d. h. Eigentümlichkeit, Besonderheit 6 ) beziehenden Begriffe wie Idiomatik, Idiom verwendet. 7 Im Folgenden wird hauptsächlich die erste Reihe von Termini benutzt. 2.1.2 Phraseologie als linguistische Disziplin Als Begründer der Phraseologie wird Charles Bally bezeichnet. An seine Forschung knüpfen in den 30er Jahren die sowjetischen Linguisten an. Der wirkliche Aufstieg in der Phraseologieforschung kam mit den Arbeiten von V. V. Vinogradov. Bekannt sind auch Untersuchungen von N. N. Amosova, I. I. ernyševa, A. V. Kunin. 8 Über Klassifikationsvorschläge der sowjetischen Phraseologen haben deutsche Linguisten (R. Klappenbach, U. Fix und andere) berichtet. Sie haben sie auf das deutsche phraseologische Inventar übertragen. 9 Für die Probleme der Phraseologie haben sich natürlich nicht nur die sowjetischen Forscher interessiert, sondern es erschienen auch zahlreiche 5 Fleischer, W. (1982). 6 Ebd. 7 Mehr dazu Fleischer, W. (1982). 8 Über die Untersuchungen berichtet Pilz, K. D. (1978a: 440 467). 9 Mehr dazu s. Pilz, K. D. (1978a: 501 2); Pilz, K. D. (1981: 39). 17
phraseologische Arbeiten in anderen Ländern Europas und der USA (z. B. von H. Burger, J. Häuserman, A. Makkai, K. D. Pilz, H. Thun). 10 Trotzdem wird jetzt die Zusammenfassung, dessen, was Phraseologie ist und darstellt, von einer sowjetischen Autorin (M. Sabitova) angeboten. Die Phraseologie ist eine selbständige Teildisziplin innerhalb der Linguistik, die ihre eigene Geschichte der Entstehung und Entwicklung, ihren Gegenstand, ihre Aufgaben und Methoden der Beschreibung und Untersuchung hat. Sie bildet als eine selbständige Teildisziplin der Linguistik eine besondere Schicht in der Sprachstruktur, wobei sich ein wechselseitiges Durchdringen von Lexik und Syntax beobachten läßt. [ ] Sie weist also dieser linguistischen Subdisziplin eine gewisse Zwischenstellung zwischen Lexikologie und Grammatik zu. 11 Und obwohl M. Sabitova die Zwischenstellung zwischen Lexikologie und Grammatik erwähnt, kann man auch noch andere Disziplinen nennen, die bei der Untersuchung der Phraseologismen einbezogen werden. Sei es Etymologie, historische Linguistik, Lexikographie, Semantik, Stilistik, Phraseodidaktik, Pragmalinguistik, Soziolinguistik oder kontrastive Linguistik. Ihre Aufmerksamkeit schenken der Phraseologie aber auch die Wissenschaftler der Wissensgebiete außerhalb der Linguistik, z. B. die Volkskundler, Literaturwissenschaftler, Forscher auf dem Gebiet der Soziologie, Psychologie, Psychiatrie, Pädagogik. Man erkennt, dass die Phraseologie von großem interdisziplinärem Umfang ist und deswegen verursachen auch manchmal die Intentionen um ihre Abgrenzung und Systematisierung Probleme. 2.1.3 Phraseologismus Eine von zwei Bedeutungen des Wortes Phraseologismus (bzw. Phrase 12 ) lautet inhaltsleere Redensart 13 und diese Variante hat sich auch im Deutschen verbreitet. Heutzutage verdeckt der Phraseologismus nicht mehr diese pejorative Bedeutung, sondern heißt feste Wortverbindung, Redewendung. 14 Die Uneinheitlichkeiten unter den Definitionen ungeachtet, gibt es die Merkmale, die für fast alle Definitionen festgelegt sind: Ein Phraseologismus besteht aus mehr als einem Wort und diese Wörter bilden zusammen eine feste Verbindung, eine semantische und syntaktische Einheit. Im Lexikon haben diese Mehrwort-Einheiten ihren Platz gleichsam wie die Einzelnwörter. 15 10 Mehr dazu Pilz, K. D. (1978a: 155 405); Pilz, K. D. (1981: 37 41). 11 Zit. nach Pilz, K. D. (1981: 48). 12 Fleischer, W. (1982: 8). 13 Ebd., S. 8. 14 Ebd., S. 8. 15 S. Burger (2003: 11). 18