1. Wissenschaftstheoretische Grundlagen 1.1. Soziologische Theorie als erfahrungswissenschaftliche Theorie 1.1.1. Was sind keine erfahrungswissenschaftlichen Theorien? Aussagen der Logik und der Mathematik Moralische und ästhetische Bewertungen Gesellschaftskritische Äußerungen 1.1.2. Wie definiert man erfahrungswissenschaftliche Theorien? a) Theorien enthalten typischerweise Verallgemeinerungen b) Erfahrungswissenschaftliche Theorien müssen an der Erfahrung scheitern können sie müssen nachvollziehbar, überprüfbar und kritisierbar sein (dazu gehören präzise Definitionen) sie sollen beschreiben und vor allem erklären, wie soziale Prozesse in der Realität ablaufen
Eine Theorie ist ein System von Aussagen, dass mehrere Hypothesen und/oder Gesetze sowie Definitionen umfasst. Ihre Hauptfunktion in der Soziologie ist die Erklärung von sozialen Ereignissen oder Prozessen. Hypothesen sind allgemeine Aussagen, die einen (kausalen) Zusammenhang zwischen zwei Variablen behaupten. Variablen sind Begriffe, die für eine Menge von Merkmalsausprägungen stehen, die man Objekten zuschreiben kann. Gesetze sind Hypothesen, die sich in der empirischen Prüfung bewährt haben. Häufig werden Hypothesen oder Gesetze in Form von Wenn,dann oder von Je,desto -Aussagen formuliert.
Bedingungen für ein Kausalgesetz sind: a) Vorliegen einer empirischen Korrelation b) Die Ursache (erklärende Variable) liegt zeitlich vor der Wirkung (abhängige Variable) c) Eine Änderung der abhängigen Variablen erzeugt keine Veränderung in der erklärenden Variablen d) Kontrolle aller möglichen anderen Ursachen
1.1.3. Die allgemeine Struktur wissenschaftlicher Erklärungen (H-O-Schema) Vorab: Was ist eigentlich eine Erklärung? Ein der Bestechung bezichtigter Politiker gibt eine Erklärung ab. In der Betriebsanleitung der neuen Waschmaschine wird erklärt wie man sie bedient. Der Philosophielehrer erklärt einen Satz aus Platons Symposium. Der Soziologie erklärt warum die Scheidungsrate in den meisten westlichen Gesellschaften ansteigt. Wissenschaftliche Erklärungen geben Antwort auf die Frage: Warum ist X der Fall.
Explanandum: Herr Müller hatte im Mai 1997 eine ausländerfeindliche Einstellung Explanans: 1. Allgemeines Gesetz: Wenn einheimische Personen in einer Gesellschaft auf dem Arbeitsmarkt in Konkurrenz zu ausländischen Personen stehen, dann entwickeln sie ausländerfeindliche Einstellungen. 2. Randbedingung: Herr Müller stand im April 1997 in starker Konkurrenz zu ausländischen Arbeitskräften. Wenn-Komponente Allgemeines Gesetz Dann-Komponente Randbedingung (Ursache) Explanandum (Wirkung)
1.1.4. Probleme mit dem Hempel-Oppenheim Schema und Alternativen Wir kennen keine allgemeinen Gesetze in den Sozialwissenschaften probabilistische Gesetze Was sind gültige Gesetze (Beispiel Peter und die Pille). kausale Mechanismen Statistische Erklärungen: können nur als empirischer Test von Erklärungen gelten, aber nicht als Erklärungen kausale (generative) Mechanismen können Erklärungen nach dem H-O Schema ergänzen Definition Mechanismus: A social mechanism,,describes a constellation of entities and activities that are organized such that they regularly bring about a particular type of outcome (Hedström 2005: 25).
1.2. Die empirische Relevanz von wissenschaftlichen Theorien Verifikationskriterium (Logischer Positivismus) Falsifikationskriterium (Kritischer Rationalismus) Korrespondenzproblem: Viele Variablen sind nicht direkt beobachtbar, diese müssen durch Indikatoren operationalisiert werden. Zuordnung von Indikatoren und Variablen hängt selbst von theoretischen Annahmen ab. Basissatzproblem: Theorien werden nicht direkt mit der Realität verglichen, sondern mit sprachlichen Aussagen über Sachverhalte in der Welt. Diese sind von theoretischen Annahmen abhängig. Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme: Unterscheidung von Kerntheorie
und Hilfstheorien, Aufgabe der Kerntheorie nur bei Existenz einer besseren Alternative.