Was bisher geschah. Semantik II. Was bisher geschah. Semantik II

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Transkript:

Was bisher geschah Semantik II Semantik I Verborgener Sinn versus wörtliche Bedeutung Wortbegriff lexikalische Semantik Ambiguitäten Sinnrelationen (vertikal und horizontal) Wortfelder / semantische Merkmale Gerrit Kentner 8. Mai 2014 1 / 44 1 / 44 Semantik II Gerrit Kentner 8. Mai 2014 Was bisher geschah Letzte Woche Der Begriff der wörtlichen Bedeutung Lexikalische Semantik (lexikalische Ambiguitäten; Ambiguitätstests) Diese Woche Lexikalische Semantik (Sinnrelationen) Strukturelle Ambiguität Extensionen Grundlage der Sitzung: Grewendorf/Hamm/Sternefeld (1998): Sprachliches Wissen. Frankfurt a.m.: Suhrkamp. Kap. 6 2 / 44 3 / 44

Zähltest Angenommen, Fritz besitzt drei Türschlösser, zwei Fahrradschlösser, ein Vorhängeschloss für die Bibliothek und zwei palastartige Gebäude. Kann man diese Situation auch folgendermaßen beschreiben? Fritz besitzt acht Schlösser. Nein! Es handelt sich ja nicht im selben Sinn des Wortes Schloss! Das spricht für eine Ambiguität. Koordinationstest Angenommen, Fritz klagt über Kopfschmerzen, während Eike gerade einen Prozess gegen ihren Vermieter führt. Die Situation lässt sich mit folgenden Worten beschreiben: Fritz klagt und Eike klagt. Aber kann man dieselbe Situation auch folgendermaßen beschreiben? Fritz und Eike klagen. Nein! Die beiden klagen ja nicht im selben Sinn des Wortes! Das spricht für eine echte Ambiguität, denn im Allgemeinen kann man von Aussagen der Form Fritz VERBt und Eike VERB t. auf die entsprechende koordinierte (= mit und gebildete) Aussage Fritz und Eike VERB en. schließen. 4 / 44 5 / 44 Intuitionen über wörtliche Bedeutungen Bedeutungsgleichheit, d.h.synonymie: Postwertzeichen bedeutet so viel wie Briefmarke. Bedeutungsunterschied: glauben heißt nicht wissen. Unter-/Oberbegriff, d.h. Hyponymie bzw. Hyperonymie: Niederschlag ist eine allgemeinere Bezeichnung als Nieselregen. Inkompatibilität: Etwas, was das Eine ist, kann nicht das Andere sein: Hund und Katze sind miteinander unverträglich. Hier werden Sinnrelationen zwischen den Worten konstatiert. Das lexikalische Begriffsnetz Sinnrelationen und andere semantische Wortbeziehungen machen das (lexikalische) Begriffsnetz der Sprache aus. 1. Wie sieht dieses Netz genau aus? 2. Wie beschreibt man es möglichst geschickt? 3. Wie unterscheidet es sich von den Begriffsnetzen anderer Sprachen? 6 / 44 7 / 44

Elegante Überleitung Sinnrelationen bestehen nicht nur zwischen einzelnen Wörtern, sondern auch zwischen komplexen Ausdrücken: Synonymie: weibliches Pferd Stute Pferd weiblichen Geschlechts Hyponymie: schwarzes Turnierpferd männlichen Geschlechts schwarzer Hengst Säugetier Für die Beschreibung von Sinnrelationen komplexer Ausdrücke benötigt man eine Beschreibung der Bedeutungskombination. Satzsemantik bzw. logische Semantik Eine andere Art der Ambiguität Wie bereits angekündigt: Ambiguität gibt es nicht nur im Lexikon. Komplexere Ausdrücke können sogar ambig sein, ohne dass sie ein ambiges Wort enthalten. (1) Die Studenten, die kein Geld haben, müssen nebenher jobben. 1. Zum Einen kann der Satz besagen, dass einige Studenten nämlich die mittellosen gezwungen sind, zu arbeiten. 2. Zum Anderen kann der Satz aber auch besagen, dass alle Studenten Nebenbeschäftigungen nachgehen müssen, wobei die Studenten als im Allgemeinen arm charakterisiert werden. Wenn wir davon ausgehen, dass diese Lesarten nicht aufgrund einzelner ambiger Ausdrücke entstehen, dann muss etwas Anderes dafür verantwortlich sein. Ist es auch: die Struktur des Ausdrucks ist mehrdeutig. 8 / 44 9 / 44 Disambiguierung (1) Die Studenten, die kein Geld haben, müssen nebenher jobben. Oft helfen Umformulierungen, die verschiedenen Lesarten eines Satzes genauer hervorzuheben: (1a) Diejenigen Studenten, die kein Geld haben, müssen nebenher jobben. (1b) Die Studenten haben kein Geld und müssen nebenher jobben. Satz (1a) hat nur noch eine Lesart (einige) Satz (1b) auch (alle). (1a) & (1b) heißen Paraphrasen der verschiedenen Lesarten von (1). Weitere Beispiele (2) Fritz weiß, was Gaby vermutet. (3) Trinken Sie Tee oder Kaffee? (4) Vor zwanzig Jahren waren die Professoren noch jünger. (5) Mein Schwager möchte eine Norwegerin heiraten. (6) Gaby sucht ein grünes Heft. (7) Wie viele Bücher hat jeder von euch gelesen? (8) Fritz kennt Gaby nicht, weil sie in Hamburg wohnt. 10 / 44 11 / 44

Eine strukturelle Ambiguität im Detail (9) alte Männer und Frauen Paraphrasen: (9a) alte Männer und alte Frauen (9b) Frauen und alte Männer Intuitiv gesprochen liegt die Mehrdeutigkeit von (9) darin, dass sich das Adjektiv nur auf das Substantiv Männer oder auf den gesamten restlichen Ausdruck Männer und Frauen beziehen kann. Diese Art der Ambiguität gibt es auch in mathematischen Formeln: 2 3 2 ist ebenfalls mehrdeutig und muss mithilfe von Klammern disambiguiert werden: (2 3 ) 2 [= 64] oder 2 (3 2) [= 512]. Wegen dieser Analogie spricht man im Zusammenhang mit (9) auch von einer Klammerungsambiguität. Klammerung Auch die Ambiguität von alte Männer und Frauen lässt sich durch Klammersetzung auflösen: (9a ) alte [Männer und Frauen] (9b ) [alte Männer] und Frauen Oder, wie wir uns inzwischen angewöhnt haben, durch eine Konstituentenstruktur in Baumform. Denn die Konstituentenstruktur unterteilt einen komplexen Ausdruck in seine Teile, die Teile dieser Teile usw. bis zur Wortebene. Und wenn die Teile (und Teilesteile) jeweils feststehen, dann hat die Konstituentenstruktur eine analoge Funktion zur mathematischen Klammerung. 12 / 44 13 / 44 Konstituentenstruktur (9a ) Adj alte Männer Konj und (9b ) Frauen Kompositionalität Die Idee dahinter ist: Die sprachlichen Ausdrücke steuern ihre Bedeutung bei, die grammatischen Regeln kombinieren diese Bedeutung zu neuen Bedeutungen. Dieses Vorgehen bezeichnet man als kompositionell: Allgemeines Kompositionalitätsprinzip Die Bedeutung eines zusammengesetzen Ausdrucks ergibt sich aus den Bedeutungen seiner unmittelbaren Teile und der Art ihrer Kombination. Konj Adj und Frauen alte Männer 14 / 44 15 / 44

Kompositionalität I Allgemeines Kompositionalitätsprinzip: Die Bedeutung eines zusammengesetzen Ausdrucks ergibt sich aus den Bedeutungen seiner unmittelbaren Teile und der Art ihrer Kombination. Adj alte Männer Konj. und Frauen Kompositionalität II Allgemeines Kompositionalitätsprinzip: Die Bedeutung eines zusammengesetzen Ausdrucks ergibt sich aus den Bedeutungen seiner unmittelbaren Teile und der Art ihrer Kombination. Nicht jede Kombination wird gleich interpretiert: (10) Hans liebt Maria. (11) Maria liebt Hans. Beide Sätze bestehen aus denselben unmittelbaren Teilen, haben aber verschiedene Bedeutungen. Ihnen müssen also verschiedene syntaktische Konstruktionen zugrunde liegen. 16 / 44 17 / 44 Erklärung sturktureller Ambiguitäten Mit dem Kompositionalitätsprinzip lässt sich im Prinzip jede strukturelle Ambiguität erklären. Verschiedene Interpretationen durch verschiedene Konstituenten (1) Die Studenten, die kein Geld haben, müssen nebenher jobben. (1a ) [ die [ Studenten [ S die kein Geld haben] ] ] (1b ) [ [ die Studenten] [ S die kein Geld haben] ] Die Lesart nach der Klammerung (1a ) heißt restriktive Lesart, da der Relativsatz syntaktisch nur das Substantiv Studenten modifiziert, und damit semantisch die dadurch ausgedrückte Eigenschaft Student zu sein weiter beschränkt (restringiert) nämlich auf mittellose Studenten. 18 / 44 19 / 44

Verschiedene Interpretationen durch verschiedene Konstituenten (1) Die Studenten, die kein Geld haben, müssen nebenher jobben. (1a ) [ die [ Studenten [ S die kein Geld haben] ] ] (1b ) [ [ die Studenten] [ S die kein Geld haben] ] Die Lesart nach der Klammerung (1b ) heißt appositive Lesart. Der Relativsatz modifiziert hier syntaktisch die N P die Studenten, deren semantische Funktion es ist, sich auf die Gruppe der Studenten zu beziehen. Über diese Gruppe wird dann mithilfe des Relativsatzes eine beifügende (appositive) Aussage gemacht die von allen Studenten erfüllt wird. Kommunikative Funktionen Lernt jemand eine vorher (für ihn) sinnlose Lautverbindung, dann lernt er, dieses Wort in der sprachlichen Kommunikation einzusetzen. Wir unterscheiden zunächst zwei sehr grundlegende Aspekte der kommunikativen Funktionen: 1. Der Aspekt des Sachbezugs: Sprache wird verwendet, um über Dinge, Personen, Ereignisse etc zu sprechen; 2. Der Aspekt der Information: Sprache wird verwendet, um Informationen auszutauschen. Was auch immer Bedeutungen sind, sie müssen so geartet sein, dass sie diese beiden Aspekte der Kommunikation erklären helfen. 20 / 44 21 / 44 Terminologie Wir halten folgende Sprechweise fest: 1. Diejenigen Bedeutungsaspekte, die mit dem Sachbezug von sprachlichen Ausdrücken zu tun haben, heißen Extension. 2. Diejenigen Bedeutungsaspekte, die mit der Informativität von sprachlichen Ausdrücken zu tun haben, heißen Intension. Wir werden so sprechen, dass die Extension eines Ausdrucks sein Sachbezug ist. D.h. wir geben als Extension eines Ausdrucks diejenige Entität (das Ding) an, worauf es sich bezieht. Dabei fangen wir bei den Ausdrücken an, deren Sachbezug intuitiv ganz einfach zu erfassen ist, und arbeiten uns schrittweise zu den schwierigeren Fällen vor. Bedeutung Das semiotische Dreieck Abbildung: aus: Busch / Stenschke: Germanistische Linguistik 22 / 44 23 / 44

Bedeutungstheorien Im Alltag gibt es mindestens 3 Strategien, Bedeutung zu erfassen Wir zeigen auf Gegenstände Referenz (1) A: Was meinst Du mit xyz? B: (zeigt auf Referenzobjekt) Wir umschreiben, formulieren Paraphrasen (2) Mit xyz meine ich abc. Wir nennen Gebrauchsbedingungen für Zeichen (3) Xyz sagt man, wenn man... Bedeutungstheorien Wir zeigen auf Gegenstände Referenz (4) A: Was meinst Du mit xyz? B: (zeigt auf Referenzobjekt) Die Bedeutung eines Ausdrucks ist erfasst, wenn man seine Referenten nennen kann: Referent ist dabei sehr allgemein zu fassen: Gegenstände, Personen, Sachverhalte... Extension eines Ausdrucks Auch die Semantik bedient sich dieser Strategien, um Bedeutung zu erfassen. 24 / 44 25 / 44 Bedeutungstheorien Bedeutungstheorien Die Bedeutung eines Satzes ist erfasst, wenn ich für ihn angeben kann, was der Fall sein muss, damit er wahr ist. Gebrauchsbedingungen Pragmatik Die Bedeutung (im weiteren Sinne) eines Ausdrucks ist erfasst, wenn klar ist, unter welchen Umständen er genutzt werden kann. Wir nennen Gebrauchsbedingungen für Zeichen (5) Xyz sagt man, wenn man... Wir werden darauf zurückkommen 26 / 44 27 / 44

Zwei Komponenten der Bedeutung Zwei Komponenten der Bedeutung (6) a. Sachbezug, Verweis auf Referenzobjekte Sprache wird verwendet, um über Dinge, Personen, Ereignisse zu sprechen. Extension Intension und Extension Gedanke Intension b. Information Sprache wird verwendet, um Informationen auszutauschen, begriffliche Inhalte zu vermitteln. Intension Zeichenträger Symbol Referenzobjekt Extension 28 / 44 29 / 44 Intensionen und Extensionen Intensionen und Extensionen Erinnerung: Die Bedeutung eines Ausdrucks ist erfasst, wenn ermittelt ist, auf welche Gegenstände, Personen, Sachverhalte sich der Ausdruck bezieht. (7) Problemfälle: a. Die aktuelle Bundeskanzlerin ist die aktuelle Parteivorsitzende der CDU. b. Der Morgenstern ist der Abendstern. Extension von Bundeskanzlerin und CDU-Parteivorsitzende (im Jahr 2014) Angela Merkel Bundeskanzlerin CDU-Parteivorsitzende Extension von Abendstern und Morgenstern Venus Morgenstern Abendstern 30 / 44 31 / 44

Intensionen und Extensionen Intensionen und Extensionen (8) Die Bundeskanzlerin ist die Bundeskanzlerin. (9) Der Morgenstern ist der Morgenstern. (8) und (9) sind völlig uniformativ es handelt sich um Tautologien. Dagegen ist (10) Die Bundeskanzlerin ist die CDU-Parteivorsitzende. ein sinnvoller Satz. Die nominalen Ausdrücke in (8) und (10) haben jeweils dieselbe Extension, die Sätze aber unterscheiden sich im Sinn. Die Extension allein macht nicht die gesamte Bedeutung eines Ausdrucks aus. (11) Extension = Menge der Dinge auf die man mit einem sprachlichen Ausdruck Bezug nehmen kann. (12) Intension = Begrifflicher Inhalt des sprachlichen Ausdrucks; deskriptive Bedeutung, die nicht direkt an die Dinge in der Welt gebunden sind. Dass Morgenstern und Abendstern zwar dieselbe Extension haben, aber nicht bedeutungsgleich sind, wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass man lange nicht wusste, dass beide Ausdrücke denselben Planeten bezeichnen. 32 / 44 33 / 44 Extensionslose Ausdrücke Extensionen = sprachliche Ausdrücke, die sich auf nichts in der Welt beziehen (und trotzdem Sinn ergeben können) (13) Die Königin von Frankreich. (14) Einhorn. Wieso haben diese Ausdrücke trotz fehlender Extension eine Bedeutung?? man kann sie umschreiben. (15) Extension von x = Menge der Dinge auf die man mit x Bezug nehmen kann. (16) a. Frankfurt am Main (Eigenname) b. Der Präsident der USA (Kennzeichnung) c. Tisch (Generischer Ausdruck) Extension des Eigennamens (16-a) Die Stadt Frankfurt a.m. Extension der Kennzeichnung (16-b) B. Obama (Stand: 2014) Extension des Ausdrucks (16-c) Menge aller Tische 34 / 44 35 / 44

Extensionen Extensionen Extensionen von Ausdrücken werden in der formalen Semantik als Mengen beschrieben. Ein paar Beispiele Loriot {Person mit dem bürgerlichen Namen Vickow von Bülow} (Name Individuum) der Prädident der USA {Barack Obama} (Kennzeichnung Individuum) souveräner Stadtstaat {Singapur, Vatikanstadt, Monaco} (generischer Ausdruck ) deutsche Millionenstadt {Hamburg, Berlin, München, Köln} oder auch {Stadtstaat an der Elbe, Berlin, Hauptstadt von Bayern, Kölle} (generischer Ausdruck) schweizerische Nordseeinsel { } (generischer Ausdruck) Problemfall: Für Massennomen lässt sich keine Extension angeben. (17) Extension von a. Milch? b. Sand? c. Reis? 36 / 44 37 / 44 Kennzeichnung Extension von nicht-nominalen Ausdrücken Ausdruck der Form der, die, das X. Definiter Ausdruck. Semantisch gilt für Kennzeichnungen folgendes: (18) Einzigkeitsbedingung: Es gibt genau ein X. Konjunktion aus: a. Existenz: Es gibt mindesten ein X. b. Eindeutigkeit: Es gibt höchstens ein X. http://de.wikipedia.org/wiki/kennzeichnung Extensionen von Kennzeichnungen haben (wie Eigennamen) genau ein Element in ihrer Menge. Der Gemeinname (generische Ausdruck) Stadt bezieht sich auf alle Städte Extension von intransitiven Verben Der Ausdruck schlafen bezieht sich auf alle Individuen, für die gilt, dass sie schlafen. Die Extension von schlafen ist identisch mit der Extension des Ausdrucks Schläfer oder Schlafender. Extension von Adjektiven Der Ausdruck lila bezieht sich auf alle Dinge, die die Eigenschaft haben, lila zu sein. 38 / 44 39 / 44

Extension von nicht-nominalen Ausdrücken Extension von transitiven Verben: Küssen bezieht sich jeweils auf 2 Personen die Extension ist entsprechend komplexer: Die Extension von küssen ist als Menge von Paaren von Individuen (x, y) definiert, für die gilt, dass x y küsst. Da sich unübersichtlich viele Paare von Individuen küssen, ist es nicht leicht, die Extension vollständig zu erfassen. Um dies Problem zu lösen konstruieren Semantiker einfache Modellwelten. Modelltheoretische Semantik Extension transitiver Verben Modell einer möglichen Welt w: In Welt w leben die Frauen Clara, Maria und Lena und die Männer Fritz, Heiner und Udo und sonst niemand. In dieser Welt ist ausserdem folgendes der Fall: Fritz und Maria küssen sich, Lena küsst Udo und Udo küsst sich selbst. Clara, Udo und Heiner lachen. Ansonsten passiert nichts. Wir können folgende Extensionen angeben: Extension von Frau in w= {Clara, Maria, Lena} Extension von Mann in w= {Udo, Heiner, Fritz} Extension von lachen in w= {Clara, Heiner, Udo} Extension von küssen in w= {(Fritz, Maria), (Maria, Fritz), (Lena, Udo), (Udo, Udo)} 40 / 44 41 / 44 Extension ditransitiver Verben Parallelismus Extensionstyp und Verbvalenz Extension von schenken ist noch komplexer: Hier lassen sich Mengen von Tripeln als Extension annehmen. d.h. Menge aller Tripel (x,y,z) für die gilt, dass x (Schenker) dem y (Beschenkter) ein z (Geschenk) schenkt. Theoretisch sind auch noch komplexere Extensiontypen vorstellbar (Menge von Quadrupeln, Quintupeln...Oberbegriff: n-tupel) Verbvalenz Extensionstyp intransitive Verben Menge von Individuen bzw. 1-Tupeln transitive Verben Menge von Paaren bzw. 2-Tupeln ditransitive Verben Menge von Tripeln bzw. 3-Tupeln 42 / 44 43 / 44

Übungen (19) a. Geben Sie die Extensionen von trinken, fröhlich, Mann, Frau für folgende Modellwelt v an: In v leben ausschliesslich die Frauen Paula, Maja und Rike. Rike und Maja sind fröhlich, Paula nicht. Rike trinkt Bier, Paula trinkt Sekt und Maja trinkt Bier. 44 / 44