Hofübergabe und Existenzgründungen im ökologischen Landbau in Hessen



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Transkript:

Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Hofübergabe und Existenzgründungen im ökologischen Landbau in Hessen

IMPRESSUM Herausgeber Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Mainzer Straße 80 65189 Wiesbaden Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) Kölnische Straße 48 50, 34117 Kassel Telefon: 0561 7299-0, Fax: 0561 7299-220 E-Mail: zentrale@llh.hessen.de Internet: www.llh-hessen.de Redaktion und Autoren Dr. Frieder Thomas; Kasseler Institut für ländliche Entwicklung e. V.; in enger Zusammenarbeit mit dem Beratungsteam ökologischer Landbau sowie dem Fachgebiet Öffentlichkeitsarbeit im LLH. Kapitel 5 entstand auf der Grundlage von Texten von Cornelia Roeckl (GLS Bank), Frieder Thomas (Kasseler Institut für ländliche Entwicklung) und Christian Vieth (Universität Kassel). Der Beitrag Hofnachfolge für öko logische Betriebe aus steuerlicher Sicht wurde von Brigitte Barkhaus (LBH Steuerberatungsgesellschaft) für diese Broschüre verfasst. Layout Vertrieb Jennifer Kolling, LLH Kassel Telefon: 0561 7299-252 (vormittags) E-Mail: zentrale@llh.hessen.de ISBN 978-3-89274-293-7 Schutzgebühr Druck 3,00 Euro plus Versandkosten Hessisches Statistisches Landesamt Wiesbaden Stand 1. Auflage, Juli 2009

Seite 1 1. Inhaltsverzeichnis 1. Inhaltsverzeichnis... 1 2. Grußwort... 2 3. Einleitung... 4 4. Hof nach folge im ökologischen Landbau... 6 4.1. Ungesicherte Hofnach folge auch im ökolo gischen Landbau.. 6 4.2. Besonderheiten im ökologischen Landbau...8 4.3. Lösungsansätze im ökologischen Landbau...8 4.4. Die Situation in Hessen...9 5. Was man wissen sollte... 12 5.1. Die Phasen der Hofüber gabe... 13 5.2. Formen der Übergabe...17 5.3. Typische Betriebsformen von Einsteigern...19 5.4. Rechtsformen...21 5.5. Gemeinnützige Träger...22 5.6. Finanzierung...25 5.7. Hofnachfolge für ökologische Betriebe aus steuerlicher Sicht...30 7. Beratungseinrichtungen in Hessen... 59 7.1. Der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen...59 7.2. Familie & Betrieb Ländliche Familienberatung...61 7.3. Zukunftsstiftung Landwirtschaft Höfe gründen und bewahren...63 7.4. Die Verbände des ökologischen Landbaus...66 7.5. Der Hessische Bauern verband 71 8. Literatur und Internet... 73 8.1. Literatur...73 8.2. Weitere Publikationen und Beiträge in Sammelwerken... 75 8.3. Informationen im Internet...76 6. Betriebsgeschichten... 33 6.1. Betriebsgemeinschaft Gut Fahrenbach...34 6.2. Öx Land & Wirtschaft...38 6.3. Hof Zorn...42 6.4. Der Pappelhof - Basis für Existenzgründer...46 6.5. Biolandhof Trube...50 6.6. Der Schanzenhof...52 6.7. Der Heegenhof...56 Inhaltsverzeichnis

Seite 2 2. Grußwort Der ökologische Landbau hat in Hessen eine hohe Bedeutung und Tradition. Neben herausragenden Erzeugerbetrieben und engagierten Handelshäusern gibt es zwei Hochschulen und mehrere private Forschungseinrichtungen, Verbände und profilierte Persönlichkeiten, die für den ökologischen Landbau über die Landesgrenzen hinaus aktiv sind. Die ökologische bewirtschaftete Fläche liegt über dem Bundesdurchschnitt und nimmt weiter zu. Das Land Hessen hat dazu beigetragen, indem es in seinem Agrarumweltprogramm einen flächenbezogenen finanziellen Ausgleich für die höheren Aufwendungen, geringeren Erträge und vor allem das Umstellungsrisiko, sowie Investitionszuschüsse gewährt. Wichtigster Antreiber der sehr positiven Entwicklung für ökologisch erzeugte Lebensmittel ist aber die Nachfrage, die dank des großen Interesses der hessischen Verbraucherinnen und Verbraucher weiter wächst. Dass es in Hessen zu dieser stetigen Entwicklung gekommen ist, verdanken wir auch der Überzeugung, Eigeninitiative und Risikobereitschaft einer Gründergeneration, die ihre Betriebe nun an Nachfolger übergeben will. Diese Phase ist für jeden landwirtschaftlichen Betrieb und die Familien emotional schwierig und mit zunehmenden Unsicherheiten verbunden. Auch in landwirtschaftlichen Familien gibt es weniger Kinder, die sich auch häufiger beruflich anders orientieren, selbst wenn der Betrieb wirtschaftlich gut da steht. Das Interesse an Neugründungen durch Hoch- und Fachschulabsolventen, die nicht aus der Landwirtschaft stammen, nimmt weiter zu. Gerade im ökologischen Landbau gab es schon immer viele außerfamiliäre Nachfolgen durch Quereinsteiger. Wenn es keine Nachfolge gibt, tritt in der ökologischen Landwirtschaft die Besonderheit auf, dass umgestellte Flächen und durchgezüchtete Herden nicht von anderen Ökobetrieben übernommen werden und der ökologischen Landwirtschaft verloren gehen. Da die Umstellung und Entwicklung des Betriebes meist mit öffentlichen Mitteln unterstützt worden ist, liegt es auch im Interesse des Landes, dass dies nicht geschieht. Hofnachfolge ist nicht nur ein landwirtschaftliches Thema, sondern berührt soziale Fragen im ländlichen Raum wie Besiedlungsdichte, Arbeitsplätze, Familienzusammenhänge, Generationen- und Geschlechtergerechtigkeit. Aus diesen Überlegungen heraus hat das Land Hessen ein Forschungsprojekt angeregt und mit Unterstützung des Europäischen Landwirtschaftsfonds zur Grußwort

Seite 3 Entwicklung des ländlichen Raums einschließlich dieser Broschüre gefördert. Sie analysiert die Situation, zeigt Unterstützungsmöglichkeiten auf und soll so zur Nutzung der Beratungsmöglichkeiten verschiedener Träger anregen. Mehrere im ländlichen Raum aktive Beratungsorganisationen haben für diese Studie eng zusammen gearbeitet, die Autoren unterstützt und werden sich auch weiter vernetzen, wofür ich ihnen meinen Dank ausspreche. Ich glaube, dass diese Broschüre eine gute Orientierung in der Hofübergabephase bietet und wünsche allen Betroffenen ein gutes Gelingen und eine gute Zukunft für ihre Betriebe. Silke Lautenschläger Hessische Ministerin für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Grußwort

Seite 4 3. Einleitung Das Thema Hofnachfolge spielte im ökologischen Landbau eine Zeitlang kaum eine Rolle, denn vielfach waren es junge Menschen, die ihren Betrieb umgestellt haben. Aber die Pioniere kommen in die Jahre und es wird zunehmend offensichtlich, dass es auch im ökologischen Landbau Probleme mit der Hofnachfolge gibt. Das Thema Einstieg und Übernahme von Höfen durch Existenzgründer meist gut ausgebildete junge Menschen ohne elterlichen Hof war im ökologischen Landbau hingegen schon immer ein Thema. Dennoch gab es hierzu bislang wenig zusammengefasste Informationen. Hofübergabe und Existenzgründung sind zwei Seiten eines Prozesses, der für alle Beteiligten kein alltägliches Ereignis ist. Daher gibt es auch nur wenig eigene Erfahrung und leider wird nur selten frühzeitig eine kompetente Beratung in Anspruch genommen. Die vorliegende Broschüre wendet sich sowohl an die Älteren und Abgebenden als auch an die Jüngeren und potenziellen Existenzgründer. Sie beinhaltet die Aufforderung, sich mit dem Thema Hofnachfolge und Existenzgründung frühzeitig zu beschäftigen und macht deutlich, was beim Prozess der Hofübergabe bzw. -übernahme zu beachten ist. Sie beschreibt die Situation der Hofnachfolge im ökologischen Landbau in Hessen und macht einige Besonderhei- Einleitung

Seite 5 ten des ökologischen Landbaus deutlich (Kapitel 4). Die Broschüre bietet Grundwissen und Checklisten für den Prozess der Hofübergabe und für Existenzgründungen (Kapitel 5). Sieben Praxisbeispiele von Existenzgründungen zeigen: Jeder Hof ist anders! Überall muss und kann! eine individuelle Lösung gefunden werden (Kapitel 6). Auf weiterführende Literatur und Informationen im Internet weist Kapitel 8 hin. Diese Broschüre kann eine Spezialberatung in Detailfragen nicht ersetzen. Aber wir hoffen, dass wir allen helfen können, die sich mit den Themen Hofübergabe und Existenzgründung beschäftigen, da mit sie auf Wesentliches achten und sich die notwendigen Informationen und Beratung verschaffen können. Hofübergaben sind entscheidende Momen te, sowohl für die Betriebe und ihre Zukunftsentwicklung als auch für alle Menschen, die daran beteiligt sind. Eine gute Beratung und Begleitung ist daher unumgänglich. Wir hoffen, dass Ihnen bei diesem wichtigen Lebensschritt auch unsere Auflistung und Angebotsbeschreibung der Beratungseinrichtungen, die in Hessen für Abgebende und Einsteigende zur Verfügung stehen, eine Hilfe sein wird (Kapitel 7). Dr. Frieder Thomas, Kasseler Institut für ländliche Entwicklung e. V. Dr. Ute Williges, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, Öko-Team Einleitung

Seite 6 4. Hof nach folge im ökologischen Landbau In Familienbetrieben stellt sich normalerweise nur einmal pro Generation die Frage der Hofnachfolge. Eine Landwirtschaftszählung kam 1999 zu dem Ergebnis, dass in der Bundesrepublik Deutschland nur ein gutes Drittel der Landwirte im Alter von 45 Jahren und älter einen Nachfolger aufweisen können. Der Wert schwankte von Bundesland zu Bundesland allerdings zwischen 18,5 Prozent in Rheinland-Pfalz und 43,5 Prozent in Bayern. Bei 22 Prozent gab es keinen Nachfolger, bei 43 Prozent war die Nachfolge ungewiss. 1) Im Vergleich zu einer vorhergehenden Umfrage aus dem Jahr 1987 hatte sich die Situation tendenziell verschlechtert. Früher ging man davon aus, dass es eigentlich nur auf solchen Betrieben keinen Hofnachfolger gibt, die wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, eine Familie zu ernähren. Doch das hat sich geändert. Die Unsicherheit der Hofnachfolge in Familienbetrieben nimmt auch bei größeren Betrieben zu. Denn immer häufiger entscheiden sich Kinder aus Landwirtschaftsfamilien für einen anderen Beruf als den des Landwirts. Das liegt zum einen daran, dass heute weniger Druck auf junge Leute aus geübt wird und sie daher leichter ihren persönlichen Neigungen folgen, die nicht immer in der Landwirtschaft liegen; bisweilen ist es auch die bewusste Entscheidung 1 Fasterding, F. (2002): Ohne Folgen? Die Hofnachfolge und einige Konsequenzen für den agrarstrukturellen Wandel in Deutschland. In: Beruf und Bildung Agrar 4/02 gegen die Landwirtschaft, beispielsweise wegen ihrer besonderen Arbeitszeiten. Und weil außerdem die Kinderzahl pro Familie sinkt und nicht wenige Landwirte kinderlos bleiben, sinkt die Zahl derjenigen jungen Leute, die sich überhaupt für die Landwirtschaft entscheiden könnten. Daher steigt die Zahl der Betriebe, die wirtschaftlich durchaus gut dastehen, aber keinen Hofnachfolger haben. Bei Ökobetrieben ist die Situation nicht anders als in der Landwirtschaft insgesamt: Etwa 28 Prozent der Betriebs leiter hessischer Ökobetriebe haben keinen Nachfolger und nennen folgende Gründe (Mehrfachnennungen waren möglich): 1. Die Kinder haben andere berufliche Interessen: 50 Prozent 2. Der Betrieb bietet keine ausreichende wirtschaftliche Perspektive: 41 Prozent 3. Ich habe bzw. wir haben keine Kinder: 25 Prozent 4. Es gibt Konflikte zwischen Eltern und potenziellen Nachfolgern: 0 Prozent 4.1. Ungesicherte Hofnachfolge auch im ökologischen Landbau Im ökologischen Landbau ist das Thema Hofnachfolge bisher kaum beachtet worden. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Von außen betrachtet, weist der ökologische Landbau kontinuierliche Steigerungsraten auf: Immer mehr Betriebe stellen um, immer mehr Flächen werden ökologisch bewirtschaftet. Dass aber Hof nach folge im öko logischen Landbau

Seite 7 auch Betriebe aufgeben, wird dabei oft übersehen. Allerdings wird das Thema Hofnachfolge im ökologischen Landbau auch erst in den nächsten Jahren wirklich brisant. Denn die Zahl der Öko-Betriebe war in der Vergangenheit nicht groß und erst eine begrenzte Zahl von Betrieben hat schon einen Generationswechsel als Öko-Betrieb erlebt. Nur 16 Prozent der heutigen Betriebsleiter in Hessen haben ihren Betrieb von den Eltern bereits als Öko-Betrieb übernommen. Aber nun kommt die Generation der Pioniere in die Jahre und immer mehr Betriebsleiter müssen sich mit der Hofnachfolge befassen. Dabei stellt sich heraus, dass sich die Situation bei den Öko-Betrieben nicht wesentlich anders darstellt, als in der Landwirtschaft insgesamt. Auch hier entscheiden sich Kinder gegen den Betrieb. Auch hier gibt es Betriebe, die nicht mehr genug Einkommen erwirtschaften, um auch in Zukunft eine Familie zu ernähren. Die Beratungsinstitutionen in Hessen berichten von einem zunehmenden Beratungsbedarf. Abb. 1: Bewertung der Beibehaltung einer ökologischen Wirtschaftsweise nach der Hofübergabe 60% Unwichtig Weniger wichtig Indifferent Wichtig Sehr wichtig 50% 40% 30% 20% 10% 0% Alle Mitglied in einem Verband EU-Bio Hof nach folge im öko logischen Landbau

Seite 8 4.2. Besonderheiten im ökologischen Landbau In grundsätzlichen Fragen unter scheidet sich eine Hofübergabe im Öko-Betrieb nicht von der konventionellen Landwirtschaft. Aber gerade da, wo es keinen Hofnachfolger gibt, gibt es im ökologischen Landbau einige Besonderheiten. Bei der Aufgabe eines Öko-Betriebes ist nicht gewährleistet, dass die Flächen und Herden an ökologisch wirtschaftende Kollegen übergeben werden können. Es gibt dazu keine Statistiken, aber bei den Bioverbänden und bei den Beratern geht man davon aus, dass nur rund die Hälfte der Flächen, die aufgrund von Betriebsaufgaben frei werden, auch weiterhin ökologisch be wirt schaftet werden. Damit gehen Bewirtschaftungsweisen und Haltungsformen verloren, die auch mit Steuergeldern unterstützt worden sind. Also hat auch die öffentliche Hand ein Interesse daran, dass hier die Kontinuität erhalten bleibt. Aber insbesondere viele Öko-Bauern möchten nicht, dass das, was sie umgestellt und aufgebaut haben, verloren geht. 82 Prozent der Betriebsleiter, die sich einem Bioverband angeschlossen haben, sagen, dass es ihnen sehr wichtig oder zumindest wichtig sei, dass der Betrieb auch nach der Übergabe ökologisch bewirtschaftet wird. Bei den EU-Bio-Betrieben sind es immerhin 60 Prozent, die so denken (siehe Abb. 1, S. 10). 4.3. Lösungsansätze im ökologischen Landbau Für das große Interesse, auch Betriebe ohne Hofnachfolge als Ganzes zu erhalten, gibt es im ökologischen Landbau bereits einige Lösungsansätze. Interesse an Hofübernahmen ist grundsätzlich vorhanden An den landwirtschaftlichen Hoch- und Fachschulen in Deutschland kommt etwa die Hälfte der Absolventen nicht aus der Landwirtschaft. Bei einer Umfrage zum Thema Existenzgründung in der Landwirtschaft gaben von diesen Personen fast zwei Drittel an, sich schon einmal über den Einstieg in die Selbständigkeit auf einem Hof Gedanken gemacht zu haben. Etwa 40 Prozent der Befragten ohne elterlichen Betrieb möchten ihre Überlegungen auch in die Realität umsetzen und eine eigene landwirtschaftliche Existenz gründen. 2) Auch wenn der Weg von der Idee zur Umsetzung weit sein kann: Menschen, die Landwirt werden wollen, sind offenbar vorhanden. Dass außerfamiliäre Hofübergaben möglich sind, zeigt eine Erhebung im unmittelbaren Umfeld der Agrarfakultäten Göttingen und Witzenhausen: Bei zwei Dritteln der 70 befragten Öko-Betriebe 3) 2 Vieth, Christian (2006): Existenz gründungen in der Landwirtschaft. Diplomarbeit. Universität Kassel. 3 Komplettbefragung im Einzugsbereich der Telefonnummern aus dem Telefonnummer- Bereich 055xx u. 036xx; nach SCHMELING, Experten interview in THOMAS, FRIEDER ET AL. (2006): Förderung von Existenzgründungen in der Landwirtschaft. Projektbericht Angewandte Wissenschaft Hof nach folge im öko logischen Landbau

Seite 9 fand die Übergabe an die gegenwärtigen Betriebsleiter entweder außerhalb der Familie statt oder diese Betriebe sind reine Neugründungen. Dieser sehr hohe Prozentsatz dürfte auf die Nähe der Universitäten zurückzuführen sein. Viele der heutigen Betriebsleiter haben bereits während des Studiums gesucht und sind tatsächlich in ihrer Region fündig geworden. Aber auch eine Be fragung von 171 Öko-Betrieben in ganz Westdeutschland ergab, dass 17 Prozent der Betriebe Neugründungen (= Über nahme von bestehenden Betrieben durch Nicht-Familienangehörige) sind. 4) Innovative Rechtsformen Im ökologischen Landbau sind außer dem innovative Betriebsformen ent wickelt worden, die es erleichtern, Betriebe unabhängig von familiären Entscheidungen auch an Familienfremde zu übergeben. So sind einige Höfe in die Hand von gemeinnützigen Trägern überführt worden, die sie dann an Land wirte verpachten. 4.4. Die Situation in Hessen Das Hessische Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbrau- Heft 513. Schriften reihe des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Ver braucherschutz. 180 Seiten. 4 Rahmann G., H. Nieberg, S. Drengemann, A. Fenneker, S. March, C. Zurek (2004): Bundesweite Erhebung und Analyse der ver breiteten Produk tionsverfahren, der reali sierten Vermarktungswege und der wirt schaftlichen sowie sozialen Lage ökolo gisch wirt schaft en der Betriebe und Aufbau eines bundes weiten Praxis-Forschungs-Netzes. Braunschweig: FAL, Landbau forschung Völkenrode SH 276; 31f cherschutz (HMUELV) hat ein Projekt des Kasseler Institut für ländliche Entwicklung e. V. gefördert, um mehr über die Situation der Hofnachfolge im ökologischen Landbau zu erfahren. Die folgenden Daten basieren auf einer Umfrage im Rahmen dieses Projekts. Familienbetriebe dominieren Auch im ökologischen Landbau dominieren in Hessen die Familienbetriebe mit über 95 Prozent. Nur ein kleiner Teil der Betriebe hat andere Rechtsformen wie z. B. Betriebsgemeinschaft unter Familienfremden, Kommanditgesellschaft, Aktien - gesellschaft oder gemein nütziger Träger (Verein, Stiftung, GmbH). Die Hofnachfolge ist damit auch für die überwiegende Mehrheit der Öko-Betriebe ein Thema einmal pro Generation. Wann wird die Hofnachfolge thematisiert? Die Betriebsübergabe steht am Ende des Berufslebens. Daher ist die Frage, ob das Thema innerhalb eines Betriebs oder innerhalb einer Familie überhaupt ansteht, ganz wesentlich abhängig vom Alter des Betriebsleiters. Junge Betriebsleiter machen sich über eine Hofübergabe nur selten Gedanken. Dass die Hofnachfolge noch kein Thema ist, nimmt daher mit zunehmendem Alter der Betriebsleiter ab (siehe Tab. 1 auf Seite 10). Hofnachfolge: noch unsicher, sicher oder Hofaufgabe? Rund die Hälfte aller Betriebsleiter kann, wenn sie gefragt werden, ob die Hofnachfolge geklärt ist, keine Aussage machen, Hof nach folge im öko logischen Landbau

Seite 10 weil dies bei ihnen noch kein Thema ist. Berücksichtigt man nur die Betriebe, bei denen die Betriebsleiter älter als 45 Jahre sind, sind es immer noch knapp 30 Prozent, die sich keine Gedanken machen. Bei den anderen sieht es folgendermaßen aus: bei 48 Prozent ist die Hofnachfolge unsicher; bei 33 Prozent wird der Hof durch einen familiären Nachfolger weitergeführt werden, bei 2 Prozent gibt es eine außerfamiliäre Übergabe; 17 Prozent der Betriebe werden aufge - geben. Diese Verteilung weicht nicht wesentlich von der Größenordnung ab, die für die Landwirtschaft insgesamt bekannt ist (die Erhebung für das gesamte Bundesgebiet wurde bereits erwähnt). Die Anzahl der Betriebsaufgaben ist etwas geringer, der Umfang der unsicheren Hofnachfolge etwas größer. Nach Altersgruppen Betrachtet man die Ergebnisse nach verschiedenen Altersgruppen, ergeben sich die folgenden Tendenzen: In den jüngeren Altersgruppen herrscht zunächst die Situation vor, dass die Hofnachfolge noch kein Thema ist. Beschäftigen sich die Betriebsleiter mit dem Thema, stellt sich in den meisten Fällen zunächst einmal Unsicherheit ein. Dennoch gibt es einige Betriebe in denen frühzeitig klar ist, dass sie innerhalb der Familie weitergeführt werden oder auch, dass sie aufgegeben werden. Erfreulich ist es, dass die Unsicherheit oder auch das Sich-nicht-beschäftigen mit dem Thema letztendlich eher positiv als mit einer Betriebsaufgabe endet. Die bei steigendem Alter der Betriebsleiter zwangsläufig steigende Klarheit, was mit dem Betrieb passieren wird, führt häufiger zu der Aussage die Hofnachfolge ist sicher als zu einer Betriebsaufgabe. Tab. 1: Beschäftigung mit dem Thema Hofnachfolge nach Alter der Betriebsleiter Altersgruppe in Jahren n = ausgewertete Antworten Anzahl noch kein Thema Anteil noch kein Thema bis 25 3 3 100 % 26-35 30 24 80 % 36-45 95 76 80 % 46-55 121 44 36 % 56-65 46 6 13 % über 65 4 0 0 % Hof nach folge im öko logischen Landbau

Seite 11 So erfreulich es ist, dass eine Beschäftigung mit dem Thema häufiger zu einer Klärung in Richtung gesicherte Hofnachfolge führt, so bedenklich ist die Tatsache, dass die Unsicherheit von 55 Prozent bei den 46- bis 55-jährigen nur auf 40 Prozent bei den 56- bis 65-jährigen sinkt. Diese hohe Unsicherheit auch noch bei älteren Betriebsleitern ist ein Hinweis darauf, dass die Klärung der Hofnachfolge häufig erst sehr spät erfolgt und wohl auch kein leichter Prozess ist. Bedenklich ist es, dass es auch in der Gruppe der 56- bis 65-jährigen noch einige (13 Prozent) Betriebe gibt, die sich nicht mit der Hofnachfolge beschäftigen. Betriebsgröße und bewirtschaftete Fläche Traditionell ging man davon aus, dass größere Betriebe überlebensfähiger sind und häufiger einen Hofnachfolger finden. Auch die Umfrage auf hessischen Öko- Betrieben hat ergeben, dass der Anteil der Betriebsaufgabe mit der Größe der Betriebe sinkt. Dennoch muss man gleichzeitig feststellen, dass auch bei größeren Betrieben die Unsicherheit in Bezug auf die Hofnachfolge so groß ist Abb. 2: Klarheit der Hofnachfolge auf hessischen Öko-Betrieben (Betriebsleiter ab 45 Jahre) Hof nach folge im öko logischen Landbau

Seite 12 wie auf kleineren Betrieben. Größe allein sichert offenbar den Fortbestand eines Familienbetriebs nicht. Es gibt zahlreiche Betriebe, die im Nebenerwerb fortbestehen werden. Basis hierfür ist allerdings, dass die nachfolgende Generation hofnah einen Arbeitsplatz findet. 5. Was man wissen sollte Die Erfahrung zeigt: Jede Übergabesituation hat ihre Besonderheiten. Darauf kann und will diese Broschüre nicht eingehen. Sie will aber sowohl Landwirten als auch jungen Menschen, die nicht aus der Landwirtschaft kommen, Anregungen geben, um möglichst frühzeitig über die Hofnachfolge oder eine Existenzgründung nachzudenken. Beides sind langwierige Prozesse, in denen sehr unterschiedliche Aspekte berücksichtigt werden müssen. Eine frühzeitige Auseinandersetzung damit ist immer nützlich. Eine Hofübergabe ist keine Alltäglichkeit; sie steht in der Regel am Ende eines Berufslebens, die Existenzgründung oft am Anfang. Für beide Seiten Abgebende und Einsteigende ist diese Entscheidung meist die Einzige dieser Art im Berufsleben. Da weder die Abgabe noch die Übernahme alltäglich sind, haben beide Seiten wenig Erfahrung. Im Gegensatz zur begrenzten eigenen Erfahrung steht die besondere Tragweite für die Beteiligten: Sowohl Hofübergabe als auch Existenzgründung sind ein schneidende Ereignisse; es sind Momente, in denen sich vieles sehr grundsätzlich verändert. Die Übergabe sollte daher in einer Form stattfinden, bei der beide Seiten das Gefühl haben, richtig entschieden zu haben. Dazu ist es notwendig, kompetent zwischen verschiedenen Alternativen entscheiden zu können. Dies setzt voraus, dass Informationen über Alternativen vorhanden sind. Und es ist notwendig, sich frühzeitig mit dem Thema Hofnachfolge Was man wissen sollte

Seite 13 Die Abgebenden In dieser Phase setzt sich die ab gebende Generation mit der Tatsache auseinander, dass das Ende des Berufslebens beauseinander zu setzen und sich gute Beratung einzuholen möglichst eine Beratung, zu der ein Vertrauensverhältnis besteht. Gleichzeitig sind die Abgabe des Betriebes und die Entscheidung für eine Existenzgründung, die konkrete Über gabe aber auch die kontinuierliche Ge staltung eines übernommenen oder gar neu gegründeten Betriebes längere Prozesse. Vielfältige Fragen aus dem persönlichen, wirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Bereich sind zu klären, so dass dieser Prozess nicht nur einer fachlichen Beratung, sondern in der Regel auch einer unterstützenden Begleitung bedarf. 5.1. Die Phasen der Hofübergabe Bevor man bei einer Hofübergabe ins Detail geht, müssen grundsätzliche Fragen geklärt sein. Vor Überlegungen zu Vertragsgestaltung, Rechtsform oder auch nach einer für alle möglichst kostengünstigen Übergabe muss vor allem die Frage Was will ich für mich, meine Familie, für den Hof? beantwortet werden. Erst wenn diese Frage beantwortet ist, sollten Überlegungen angestellt werden, wie dieser Wille formal gestaltet werden kann. Der Übergabeprozess durchläuft verschiedene Phasen (siehe Abb. 3 auf Seite 13). Es ist entscheidend, dass jede Phase klar und deutlich bearbeitet und abgeschlossen wird. Im folgenden werden diese Phasen am Beispiel einer außerfamiliären Übergabe beschrieben. Sie gelten in ähnlicher Weise auch für den Übergabeprozess innerhalb von Familien. 1. Phase: Die Entscheidung - das Wollen Abb. 3: Phasen des außerfamiliären Übergabeprozesses 1. Phase Die Entscheidung das Wollen 2. Phase 3. Phase 4. Phase Die Die Die Der Form Suche Übergang abgeschlossene Hofübergabe Was man wissen sollte

Seite 14 vorsteht. Oder auch: dass man zwar noch eine Weile weiter arbeiten will, dass aber Verantwortung und Eigentum in andere Hände gegeben werden. Leider häufig zu beobachten sind passives Verhalten, Vermeidung von Entscheidungen und Generationskonflikte. Damit die Phase des Wollens jedoch abgeschlossen werden kann, muss Abschied genommen werden von der selbstverantwortlichen Bewirtschaftung des Betriebs. Diese Veränderung muss bejaht werden. Insbesondere dann, wenn eigene Kinder da sind, diese aber den Hof nicht übernehmen wollen, ist diese erste Phase ein schwieriger Prozess. Das Wollen mündet dann in die Ent scheidung für einen Verkauf, eine Verpachtung, eine Übergabe durch Hofübergabevertrag oder eine andere Form der außerfamiliären Übergabe. Manche machen in einer solchen Situation das Wollen die Entscheidung zur Abgabe davon anhängig, ob sie einen geeigneten Nachfolger finden. Diese Vorgehensweise scheitert häufig daran, dass die Verantwortung für das Wollen und für Entscheidungen anderen zugeschoben wird. Wenn der weitere Prozess Schwierigkeiten mit sich bringt, liegt es dann daran, dass der andere nicht geeignet ist. Die Einsteiger Auch für die Einsteiger gibt es diese erste Phase. Entscheidend ist eine klare Antwort auf die Frage Will ich mich in der Landwirtschaft selbständig machen? Dabei liegt die Betonung sowohl auf selbständig machen als auch auf Landwirtschaft, weil die Landwirtschaft unter den verschiedenen selbständigen Berufen doch einige Besonderheiten auf- weist: z. B. das Arbeiten in Abhängigkeit von der Natur und den Bedürfnissen von Nutztieren. Dies hat besondere Bedeutung für die Arbeitszeiten. Aber auch der besonders hohe Kapitalbedarf für einen einzigen Arbeitsplatz. Jeder sollte sich mit den besonderen Anforderungen, einen land wirtschaftlichen Betrieb selbständig zu führen, auseinandersetzen. Dabei sollten einerseits die eigenen Fähigkeiten selbstkritisch eingeschätzt werden. Andererseits gehört hierzu auch eine realistische Einschätzung, was Selbständigkeit für Freizeit und Privatleben bedeuten. 2. Phase: Die Form Die Abgebenden Ist die Entscheidung für eine Übergabe gefallen, muss die Form gefunden werden. Dabei geht es in einem ersten Schritt um folgende Punkte: Klarheit verschaffen über den tatsächlichen und den zu realisierenden Wert des Hofes Übergabeform: Verpachten, Verkaufen, Hof übergabevertrag, Einbringen in eine Stiftung etc. Klarheit über den künftigen Lebensmittelpunkt der Abgebenden; das betrifft insbesondere das Wohnen Klarheit darüber, ob und ggf. in welcher Form die Abgebenden noch eine Zeitlang auf dem Hof mitarbeiten wollen; hierfür müssen klare Regelungen (Verantwortung, Entlohnung) gefunden werden Klarheit über Formen der Alterssicherung und ggf. Pflege In einem zweiten Schritt kann dann geklärt werden, wie die formale Gestaltung aussehen könnte, mit der man die Was man wissen sollte

Seite 15 geklärten Ziele erreichen will (Verträge, Rechtsformen etc.). Diese gesamte Phase wird leicht unvollständig abgearbeitet oder gar übersprungen. Dies darf auf keinen Fall passieren. Oft beginnt die Suche nach einem Nachfolger, ohne dass die Abgebenden und entsprechend auch die Suchenden wissen, auf welches Ziel sie eigentlich zusteuern. Die Hoffnung, dass auf der Basis gegenseitiger Wertschätzung ( Vertrauensbasis ) schon eine Lösung gefunden werden kann, trügt. Die Einsteiger Die potentiellen Existenzgründer müssen ebenfalls ihre eigenen Vorstellungen und Ideen konkretisieren. Im Vordergrund stehen dabei die eigene Motivation, Schwerpunkte der Betriebsausrichtung und eine konzeptionelle Vorplanung (soweit das ohne konkreten Betrieb möglich ist). Ein klares Konzept ist eine wichtige Grundlage sowohl für erfolgreiche Vereinbarungen mit den Übergebenden als auch mit finanzierenden Banken. Um mit letzteren in Verhandlungen treten zu können, müssen die finanziellen Rahmen bedingungen geklärt werden: Was ist mit dem vorhandenen Eigenkapital (inklusive mögliche Privatdarlehen) finanzierbar? 3. Phase: Die Suche Nach der Entscheidung über die Form der Nachfolge (bzw. die Form des gesuchten Objekts) folgt die Suche nach geeigneten Personen (bzw. Höfen). Bei außerfamiliären Hofübergaben stammen Nach folger gelegentlich aus der wei- teren Familie oder aus dem regionalen oder persönlichen Umfeld, zum Beispiel ehemalige Lehrlinge, Praktikanten oder andere Mitarbeiter. Geeignet für die Suche sind aber auch Anzeigen in Verbandszeitschriften und in der landwirtschaftlichen Fachpresse, Hofbörsen verschiedener Träger, Makler oder Aushänge an landwirtschaftlichen Fach- und Hochschulen. Auch Mundpropaganda kann zum Erfolg führen. Ob zwei Suchende Abgebende und Einsteigende die miteinander Kontakt aufgenommen haben, auch wirklich zueinander finden, hängt von vielen Parametern ab. 4. Phase: Der Übergang In dieser Phase bringen sich die Einsteiger aktiv in den Prozess ein. Die vorher von den Abgebenden anvisierte Form der Übergabe muss mit den Möglichkeiten und Vorstellungen der Übernehmenden in Einklang gebracht werden. Bestandteile eines Geschäfts plans Geschäftsidee, Unternehmensziele Marktanalyse Marketing Rechtsform Investitionen Finanzierung (Eigenkapital, Privatdarlehen, Fördermittel, Bankdarlehen etc.) Wirtschaftlichkeitsplanung auf Basis der bisherigen Wirtschaftlichkeit Chancen und Risiken Zusammenfassende Darstellung Was man wissen sollte

Seite 16 Der Erhalt von Geschaffenem, Ver antwortung und andere Werte sind wesentliche Motive, einen Hof ohne Hofnachfolger nicht aufzulösen und außer familiär zu übergeben. Daher stellen viele Abgebende hohe Ansprüche an einen potentiellen Nachfolger. Kommt dann der Wunsch der Abgebenden hinzu, weiter auf dem Hof zu arbeiten oder auch nur zu wohnen, kann dies einen Vertragsabschluss erheblich erschweren. Für die Existenzgründer gilt: die Vorplanung muss in ein tragfähiges Betriebskonzept umgewandelt werden. Ein Geschäfts plan ist insbesondere für die Kapital beschaffung hilfreich. Er gibt Auskunft über alle wesentlichen Aspekte zur Über nahme des Hofes. Wird der Hof verkauft oder verpachtet und die Altbauern ziehen weg, kann diese Phase relativ kurz sein. Die Übergabe kann aber auch schrittweise erfolgen. Das heißt: beide Generationen arbeiten noch eine Zeitlang zusammen auf dem Betrieb. Wenn Abgebende und Einsteigende gemeinsam auf dem Hof arbeiten, es aber noch keine endgültigen ver traglichen Vereinbarungen gibt, können solche Übergaben auch noch scheitern. Es gibt einige Beispiele, in denen die Altbauern diese Phase noch als Testphase für ein Suchen nach einem geeigneten Nachfolger empfunden haben und eine Übergabe letztendlich nicht stattgefunden hat. Andererseits bieten solche Übergangsphasen auch für Einsteiger noch die Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln und ggf. von einem Vertragsabschluss Abstand zu nehmen. 5. Phase: Die abgeschlossene Hofübergabe Die Hofübergabe ist erfolgreich abgeschlossen, wenn die Phasen 1 bis 4 durch laufen, mit einem klaren Ergebnis abgeschlossen und alle Entscheidungsbefugnisse an die Nach folger übergeben worden sind. Gründe für das Scheitern und Merkmale gelungener Übergaben Die wesentlichen Gründe für das Scheitern einer Übergabe sind...... bei den Abgebenden: zu viele Ansprüche und zu hohe Er wartungen nicht los lassen können; weiterhin bestimmen wollen ( reinreden ) finanzielle Nachlässe kombiniert mit Erwartungen (sehr gefährlich, weil diese Schulden nie eingelöst werden können)... auf beiden Seiten: unterschiedliche finanzielle Vor stellungen fehlende oder unklare Vereinbarungen zwischen Abgebenden und Einsteigern und die Überzeugung, dass man Unklarheiten bei gutem Willen auch später klären kann Neben typischen Fehlern bei der Hofübergabe gibt es auch Merkmale erfolgreicher Übergaben: die abgebenden Betriebsleiter setzen sich frühzeitig (ca. mit 50 Jahren) mit der Hofnachfolge auseinander und treffen klare Entscheidungen es werden klare Verträge geschlossen und deutliche Trennungen vollzogen Was man wissen sollte

Seite 17 es gibt einen festen Zeitplan, der die Übergabe und deren Ablauf regelt kompetente Berater begleiten den Über gabeprozess 5.2. Formen der Übergabe Erfahrungen aus zahlreichen Beratungsgesprächen mit Altbäuerinnen und Altbauern zeigen, dass es die Form der außerfamiliären Hofübergabe nicht gibt, sondern immer ein individueller Weg eingeschlagen werden muss. Im Prinzip gibt es verschiedene Möglichkeiten: Verpachtung des Gesamtbetriebes Verkauf des Gesamtbetriebes (Variante bei begrenzter Kapitaldecke der Käufer: Verkauf der Hofstelle mit Gebäuden und Verpachtung der Eigen tumsflächen mit Option auf späte ren Kauf) Übertragung durch Hofübergabevertrag Verkauf des Betriebes oder anderweitige Übertragung (wie z. B. Übertragung an gemeinnützige Stif t- ung) an einen gemeinnützigen Träger. Der Gemein nützige Träger verpachtet den Betrieb. Variante für Existenzgründer: Kauf von Flächen, auf denen gebaut werden darf, und Erstellung neuer Wirtschaftsgebäude (ggf. auch Kauf eines Resthofes als Basis ) und Zupacht weiterer Flächen Gemeinsame Bewirtschaftung Neben den genannten Optionen gibt es auch die Möglichkeit, den Betrieb zusammen mit dem Nachfolger eine Zeitlang gemeinsam zu bewirtschaften. Insbeson- Wichtige Fragen zur Hofübergabe für Abgebende Welche finanzielle Absicherung (Alten teil) wird nach der Übergabe des Hofes benötigt? Müssen Regelungen und Formen der Alterssicherung und gegebenenfalls Pflege getroffen werden? Was ist der tatsächliche Wert (realisier bare Verkaufspreis) des Hofes? Ist eine Abfindung der weichenden Erben zu regeln? Welche steuerlichen und finanziellen Folgen ergeben sich aus verschiedenen Varianten der Übergabe? Wann soll der Hof übergeben werden? Wo ist künftig der Lebensmittelpunkt der Abgebenden? Wo möchte ich wohnen? Muss neuer Wohnraum (für das Altenteil oder für die Nachfolger) geschaffen werden? Wie möchten die Altenteiler nach der Übergabe in den Hof eingebunden sein? Möchte ich noch eine Zeitlang auf dem Hof mitarbeiten? Welche Arbeit möchte ich verrichten? Wer übernimmt welche Verantwortung? Wie wird die Arbeit entlohnt? Welche weiteren Erwartungen be stehen an die außerfamiliären Nachf olger? Wie wird das familiäre, aber auch dörfliche Umfeld auf einen außerfamiliären Nachfolger reagieren? In welcher Form soll der Hof übergeben werden? Welche Übergabeform strebe ich an: Verpachtung, Verkauf, Einbringen in eine Stiftung etc.? Was man wissen sollte

Seite 18 dere innerhalb der Familie ist es üblich, dass die Altenteiler noch tatkräftig auf dem Hof mithelfen und hier einen nicht unerheblichen Anteil bei der Arbeitserledigung haben. Mit unter kommt es zu den typischen Generationskonflikten, sei es durch falsch ver stan denen Unterstützungswillen, oft mals aber auf grund falscher oder mangeln der Kommunikation. Bei einer Zusammenarbeit mit dem Nach folger ist neben der Regelung von Verantwortlichkeiten vor allem die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betriebes ein entscheidender Faktor. Bevor man sich für eine solche Variante entscheidet, ist zu prüfen, ob der Betrieb so zu organisieren ist, dass er eine zweite Familie trägt. Das ist oft möglich, indem bestimmte Betriebszweige intensiviert werden. Dennoch sollte berücksichtigt werden, dass dieses Konzept nur für eine Zeit des Überganges gedacht ist. Entsprechend überlegt sollten daher größere Investitionen vorgenommen werden, die einen kontinuierlich hohen Arbeitskraftbedarf benötigen. Zu klärende Fragen, wenn es eine Phase der Zusammenarbeit von alt und jung gibt Wie werden Verantwortlichkeiten ver teilt? Wie wird in Konfliktfällen mitein ander um ge gangen? Wie werden Wochenenddienste ver einbart? Welche Regelungen gibt es für gemein same Mahlzeiten? Wie sieht der mittel- und langfristige Fahrplan für weiteren Entscheidungen der Übergabe aus Stufenmodell einer Zusammenarbeit Wichtig für ein gemeinsames Bewirtschaften des Betriebes ist eine klare Verteilung von Aufgabenbereichen und Verantwortlichkeiten. Um den potentiellen Nachfolger in den Betriebsablauf einzubinden gibt es verschiedene Möglichkeiten. Den möglichen Ablauf zeigt das folgende Beispiel aus der Praxis: Einstieg durch ein zeitlich befristetes Angestelltenverhältnis (1/2 bis 1 Jahr). Bildung einer GbR bis zur Rente des Hofabgebers. Endgültige Übergabe durch Verpach tung, durch Übergabe per Hofübergabevertrag oder andere Formen. Der Hofübergabevertrag Der Hofübergabevertrag ist die ge bräuchlichste Form des Eigentumswechsels in der Landwirtschaft. Kaum bekannt und bewusst ist, dass ein Hofübergabevertrag auch mit Betriebsnachfolgern außerhalb der Familie möglich ist. Wie unterscheidet sich nun ein Hof übergabevertrag von einem Kauf vertrag? Mit Kauf wird ein Austausch von Leistung (hier: verkaufter Hof) und Gegenleistung (hier: Kaufpreis) bezeichnet. Der Übergabevertrag be urkundet hingegen eine Hof übergabe ge gen Ver sorgungs leistungen. Da diese in der Regel geringer sind als der Verkehrswert des Hofes, handelt es sich um eine so genannte gemischte Schenkung. Ein wesentliches Merkmal des Hofübergabevertrages ist also, dass nicht der Verkehrswert im Mittelpunkt der Betrachtungen steht, sondern die Leistungsfähigkeit der übernehmenden Generation einerseits und Was man wissen sollte

Seite 19 die Versorgungsansprüche der übergebenden Generation anderer seits. Da aufgrund des hohen Kapital bedarfes ein Kauf zum Verkehrswert für Existenzgründungen nur in Aus nahmefällen in Frage kommt, ist ein Hofübergabevertrag in der Regel passender. 5.3. Typische Betriebsformen von Einsteigern Die Einstiegsbiographien von landwirtschaftlichen Existenzgründern sind recht unterschiedlich. Sieben Beispiele finden Sie im Kapitel 6. Dennoch beginnen die meisten Existenzgründer unter ähnlichen Voraussetzungen: knappe Kapitaldecke, schwieriger Zu griff auf Land, meist sehr hohe Motivation und in der Regel realistische ökonomische Erwartungen in Bezug auf die Möglichkeiten des Geldverdienens in der Landwirtschaft. Folgendes ist daher für Existenzgründer in der Landwirtschaft typisch: sie produzieren eher arbeits- als flächenintensiv, sie wirtschaften sehr marktorientiert (Direktvermarktung; Quali täts produkte), Abb. 4: Die zeitliche Abfolge einer Unter nehmens - gründung Prüfen: Bin ich ein Unternehmertyp? Unternehmensidee Festlegen einer guten Unternehmensidee Unternehmensorganisation Wer arbeitet im Unternehmen mit? Erstellung eines Konzepts Planung der Unternehmensorganisation Rechtsform des Unternehmens Auswahl einer geeigneten Rechtsform für die Unternehmung sie bevorzugen Wirtschaftsformen, mit denen zusätzliche Fördermittel akquiriert werden können (ökologischer Landbau; artgerechte Tierhaltung), sie neigen zu Erwerbskombinationen; einerseits innerhalb des Betriebs durch Diversifizierung (verschiedene Betriebszweige, Verarbeitung und Vermarktung) aber auch innerhalb der Familie durch außerlandwirtschaftliche Einkommensquellen. Inhalt eines Hofübergabevertrages Zur Gestaltung von Hofübergabeverträgen liegt umf angreiche Literatur vor, eine entsprechende Liste befindet sich im Anhang dieser Broschüre. Folgende Bereiche sollten durch einen Hofübergabevertrag geregelt werden: Beteiligte (Übergebende, Über nehmen de, Erben) Gegenstand (Vermögensbestandteile) und Zeitpunkt der Übergabe Übernahme von Verbindlichkeiten so wie Belastungen im Grundbuch Versorgungsleistung (Barrente, Wohn recht, Wohnnebenkosten, Nutzung von Fahrzeugen und Betriebseinrichtungen etc.) und Absicherung im Grundbuch Abfindung der Erben, gegebenenfalls Pflicht teilsverzicht Erbfolge für sonstiges Vermögen gegebenenfalls Rück über tragungs klausel für den Todesfall gegebenenfalls Spekulationsklausel Was man wissen sollte

Seite 20 Checkliste für Existenz gründer Existenzgründer müssen für sich wichtige Fragen beantworten. Die folgenden Fragen sollen helfen, die eigenen Vorstellungen und Ideen zu konkretisieren. Im Vordergrund stehen dabei die Klärung der eigenen Motivation und Wünsche, der künftigen Unternehmensführung und Fragen der Finanzierung. Fragen zur Entscheidungsfindung Welche Ziele verfolge ich mit der Selbständigkeit? Möchte ich selbstständig arbeiten oder lieber in einem Angestelltenverhältnis beschäftigt sein? Soll die Bewirtschaftung des Betriebes allein, als Familie oder in einer Betriebs gemein schaft erfolgen? Bin ich ausreichend für den Schritt in die Selbständigkeit qualifiziert? Habe ich ein soziales Netz, das mich bei Unwägbarkeiten in der Gründungsphase unterstützen kann? Fragen zur Suche, Übernahme form und Unternehmensführung Soll der Betrieb im Haupt- oder im Nebenerwerb geführt werden? Erfolgt die Suche regional beschränkt oder überregional? Welche Betriebszweige und Schwer punkte soll der Betrieb haben? Wird der Einstieg in einen bestehenden Betrieb angestrebt oder der schritt weise Aufbau eines Resthofes? Wird eine gemeinsame Bewirtschaftung mit den Übergebenden angestrebt? Welche Übernahmeform eignet sich: Kauf, Pacht, Rentenkauf etc.? Ist ein außerlandwirtschaftliches Ein kommen während der Startphase der Betriebsgründung notwendig? Welche Rechtsform ist für den künftigen Betrieb geeignet? Fragen zur Finanzierung Welche Investitionen in den Betrieb sind notwendig? Wie viel Eigenkapital steht zur Ver fügung? Wie ist die derzeitige Wirtschaftlichkeit des Betriebes? Was muss aus dem Kaufpreis ab gedeckt werden? Wie können Kaufpreis und Investitionen finanziert werden? Welche Vermögensgegenstände blei ben in der Hand des Altbauern, welche müssen abgelöst werden? Welche Fördermittel können genutzt werden? Was man wissen sollte

Seite 21 Da Existenzgründer in der Regel über wenig Eigenkapital verfügen, übernehmen sie selten große und wirtschaftlich gut situierte Betriebe, es sei denn, diese werden als reine Pachtbetriebe angeboten. Ein erheblicher Anteil der Gründer startet schrittweise und auf der Basis von Resthöfen. 5.4. Rechtsformen Die Existenzgründer legen sich mit der Wahl über die Rechtsform des Unternehmens langfristig fest. Mit der Entscheidung für die Rechtsform werden wichtige Eckpunkte wie Finanzierung, Besteuerung, Umfang der Haftung aber auch Einfluss auf Art, Höhe und Umfang von Fördermöglichkeiten festgelegt. Wesentliche Unterscheidungsmerkmale zwischen den Rechtsformen sind die Formvorschriften zur Errichtung, die Geschäftsführung und Vertretung sowie der Haftungsumfang. Welche Rechtsform für einen Betrieb optimal ist, hängt von individuellen Bedingungen ab, so dass für jeden Betrieb die passende Unternehmensform erst gefunden werden muss. Häufig ist die Ausgestaltung in Verträgen und in der täglichen Praxis für das Gelingen entscheidender als die Alternative zwischen zwei Rechtsformen. Grundsätzlich werden Rechtsformen unterschieden in Einzelunternehmen, Personengesellschaften und juristische Personen. Zu den Personen gesellschaften gehören die in der Land wirtschaft sehr häufige Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) inklusive der Stillen Gesellschaft sowie die Kommanditgesellschaft (KG) und die hier seltene Offene Handelsgesellschaft (OHG). Zu den juristischen Personen zählen Kapitalgesellschaften (Aktien gesellschaft AG, Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH), Vereine, Stiftungen und Genossenschaften. Bei der Wahl der geeigneten Rechtsform sollten sich die Neuunternehmer unter anderem folgende Fragen stellen: Was ist die zweckmäßige Organisation und die angemessene Rechtsform für mein Unternehmen? Wie lange dauert die Phase bis zur Wirtschaftlichkeit und Rentabilität meines Unternehmens? Wer soll am Unternehmen beteiligt werden? Welche finanziellen Mittel stehen mir während der Gründungsphase zur Verfügung? Um die passende Rechtsform zu finden und diese auszugestalten, ist der Rat erfahrener Fachleute unerlässlich. Nach dem sich Übergebende und Übernehmende einen Überblick verschafft haben, sollte rechtsanwaltliche Beratung genutzt werden. Der damit verbundene Kostenaufwand kann reduziert werden, indem man sehr gut vorbereitet diese Beratung in Anspruch nimmt und im Vorfeld die eigenen Ziele und Gestaltungsideen schriftlich formuliert entweder in freier Form oder als Entwurf eines Gesellschaftsvertrages. Musterverträge sind im Internet und in der Literatur erhältlich, sollten jedoch unbedingt den individuellen Verhältnissen angepasst werden. Was man wissen sollte

Seite 22 5.5. Gemeinnützige Träger In Deutschland werden rund 80 ökologisch wirtschaftende Betriebe von einem Verein oder einer Stiftung getragen. Das ist nur rund ein halbes Prozent aller Öko-Betriebe. Da sie jedoch für außerfamiliäre Übergaben im ökologischen Landbau eine besondere Bedeutung haben, wird das Prinzip im Folgenden näher beschrieben. Eine Möglichkeit, den Hof außerhalb der Familie weiterzugeben, ist die Bildung gemeinnütziger Träger. Spenden an gemeinnützige Körperschaften sind von der Schenkungssteuer befreit. So kann beispielsweise das Vermögen eines landwirtschaftlichen Betriebes steuerfrei auf einen gemeinnützigen Verein oder eine Stiftung übertragen werden. Betriebe, die von einer gemeinnützigen Initiative getragen werden, bieten Existenzgründern die Möglichkeit, sich als Pächter auch ohne eigenen Betrieb eine Existenz aufzubauen. Die gemeinnützige Trägerschaft bietet einige Vorteile. Der Begriff gemeinnützig stammt aus dem Steuerrecht. Initiativen, die die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbst los... fördern, werden vom Finanz amt als gemeinnützig anerkannt. Land wirt schaft zu betreiben ist im Sinne des Steuerrechts allerdings nicht gemeinnützig. Das macht die Sache etwas komplizierter. Aber zahlreiche gemein nützige Zwecke können konkret und innovativ Abb. 5: Relevante Rechtsformen für in der Landwirtschaft Was man wissen sollte

Seite 23 mit und durch Landwirtschaft erreicht werden, beispielsweise: Jugendpflege und Jugendhilfe Therapie, Behindertenarbeit Umweltschutz, Pflege der Kultur landschaft Ausbildung, Volksbildung Betreuung alter Menschen Forschung Denkmalschutz Förderung der Artenvielfalt Vorteile und Grenzen der gemeinnützigen Trägerschaft Für die gemeinnützige Trägerschaft spricht vor allem die steuerliche Vorteilhaftigkeit. Die Entgegennahme des Hofes durch den gemeinnützigen Träger ist für diesen schenkungs- und erbschaftsteuerfrei. Der Übertragende kann die Spende bei der Einkommensteuer geltend machen. Die Übertragung erfolgt in Form eines Schenkungsvertrages, eines Kaufvertrages oder in einer gemischten Schenkung. In jedem Fall sind Übertragungen an einen gemeinnützigen Träger sehr komplex, so dass eine Beratung durch Steuerberater und Rechtsanwälte erforderlich ist. Vorteile und Chancen Die Existenz eines Hofes und seine nachhaltige Bewirtschaftung können, un abhängig von der Erbfolge, gesichert werden. Höfe können leichter übergeben werden. Die Bewirtschaftung eines Hofes erfolgt durch Menschen, die die er forder - lichen Fähigkeiten und Erfahrungen haben und zum Beispiel das Kapital für das Inventar aufbringen können, nicht je doch für den Kauf von Land und Gebäuden. Sie bekommen eine Art Eigentum auf Zeit. Im Vergleich zur Pacht eines Hofes von privaten Eigentümern haben die Pächter meist eine langfristige Perspektive. Zudem fließen die Pachtzahlungen in den Erhalt der Immobilie und/oder in gemeinnützige Projekte, die oft in Kooperation mit dem Pächter durchgeführt werden. Häufig sind die Pächter als Vorstandsmitglied in die Entscheidungen des gemeinnützigen Trägers eingebunden. Der Boden wird als eigentlich unverkäufl iche Existenzrundlage des Menschen behandelt, nicht als Spekulations objekt. Zinsgünstige/zinslose Mittel für den Kauf eines Hofes oder Investitionen können leichter aufgebracht sowie Spenden oder Stiftungszuwendungen für Investitionen oder gemeinnützige Projekte eingeworben werden. Die Bildung von Unterstützerkreisen für Höfe: Diese Umfeldbildung erleichtert die Finanzierung (vor allem für den Kauf von Boden), schafft einen Rahmen für gemeinnützige Aufgaben, bringt gegenseitige Wahrnehmung von Stadt und Land und wirkt der Margi - nalisierung von Landwirtschaft entgegen. Bewusste Entwicklung des Potentials, das sich aus der Kooperation von Land wirtschaft mit vielfältigen ökolo gisch en, kulturellen, sozialen oder an deren gemeinnützigen Aufgaben er gibt. Was man wissen sollte

Seite 24 Grenzen gemeinnütziger Träger Die Form der gemeinnützigen Trägerschaft sollte nur gewählt werden, wenn die Initiative nachhaltig gemein nützige Zwecke verfolgen will. Sonst gibt es Schwierigkeiten bei der Anerkennung bzw. Bestätigung der Gemeinnützigkeit. Wer nur den Hof übergebbar machen möchte, sollte dies eher durch Hofübergabe außerhalb der Familie oder durch eine Verbreiterung der Kapitalbasis tun. Dreh- und Angelpunkt der Hofentwicklung bleibt auch bei gemeinnützigen Trägern die Betriebsleiterfamilie oder Betriebsgemeinschaft. Sie muss ne ben den landwirtschaftlichen Auf gaben dafür sorgen, dass die Kommuni - kation mit dem Umfeld und mit dem gemeinnützigen Träger funktioniert und am besten im Träger aktiv mitwirken. Der Aufbau und die vitale Entwicklung gemeinnütziger Träger hängen wesent - lich von einem dem Betrieb zugewandten Umfeld ab. In aller Regel ist dies nur durch eine attraktive Direktvermarktung zu erreichen. Die Bindung der nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung an einen Hof ist abhängig von einem positiven Bezug zu den auf diesem Hof erzeugten Lebensmitteln. Für marktferne sowie auf den mehr stufigen Handel ausgerichtete Betriebe sind andere Konzepte erforderlich. Ein großes Hindernis bei der Entwicklung gemeinnütziger Betriebe ist die Tatsache, dass diese bisher keine Agrarinvestitionsförderung nach AFP erhalten können. Da die Pächter gemeinnütziger Betriebe kein Eigentum an Gebäuden sowie Grund und Boden erwerben, stehen diese auch nicht für eine Absicherung im Alter zur Verfügung. Es ist daher erforder lich, eine Altersvor sorge aufzubauen, die die land wirt schaft liche Alterssicherung ergänzt. Andernfalls droht nicht nur Alters armut für die Pächter, sondern wird auch die Übergabe des Hofes an Nachfolgepächter belastet, indem der gemeinnützige Träger sich eventuell verpflichtet sieht, für den Vorpächter Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Die gemeinnützigen Träger werden meist ehrenamtlich geführt. Es ist noch offen, wie dies über mehrere Generationen sichergestellt werden kann. Bisher stehen die meisten Initiativen noch in der Pionierphase, die Bewirtschafter sind oft sehr eng mit dem Hof verbunden und engagieren sich auch in den gemeinnützigen Trägern. Für die Zukunft müssen Arbeitsweisen entwickelt werden, die die Dauerhaftigkeit und Lebendigkeit der Vereine und Stiftungen sicherstellen. Eine Möglichkeit könnte die Kooperation mit potenten Partnern in der Region sein, zum Beispiel Umwelt-, Naturschutz- und Landschaftspflegeverbände, Schulen, pädagogische oder therapeutische Einrichtungen, die Interesse an der Zusammenarbeit mit einem konkreten Hof haben. Wer einen gering verschuldeten Betrieb in gutem Zustand und mit guten Marktchancen in eine Stiftung überträgt, kann damit rechnen, dass aus einer Pacht tatsächlich gemeinnützige Projekte am Hof oder unabhängig davon gefördert werden. In allen anderen Fällen ist für die gemeinnützigen Aktivitäten eine ergänzende Finanzierung erforderlich. Was man wissen sollte