bfu-faktenblatt Nr. 06 Unfallgeschehen in den Wochenend- Nächten Autoren: Bern 2011 Gianantonio Scaramuzza, Esther Walter
Impressum Herausgeberin Autoren Redaktion bfu Beratungsstelle für Unfallverhütung Postfach 8236 CH-3001 Bern Tel. +41 31 390 22 22 Fax +41 31 390 22 30 info@bfu.ch www.bfu.ch Bezug auf www.bfu.ch/bestellen, Art. Nr. 2.078 Gianantonio Scaramuzza, dipl. Ing. ETH, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Forschung, bfu Esther Walter, lic. phil., Wissenschaftliche Mitarbeiterin Forschung, bfu Roland Allenbach, dipl. Ing. ETH, Leiter Forschung, bfu bfu/fvs 2011 Alle Rechte vorbehalten; Reproduktion (z. B. Fotokopie), Speicherung, Verarbeitung und Verbreitung sind mit Quellenangabe gestattet. Dieser Bericht wurde im Auftrag des Fonds für Verkehrssicherheit (FVS) hergestellt. Für den Inhalt ist die bfu verantwortlich. Aus Gründen der Lesbarkeit verzichten wir darauf, konsequent die männliche und weibliche Formulierung zu verwenden. Wir bitten die Lesenden um Verständnis. Zitationsvorschlag Scaramuzza G, Walter E. Unfallgeschehen in den Wochenend-Nächten. Bern: bfu Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2011. bfu-faktenblatt 06.
Inhalt I. Einleitung 5 II. Unfallanalyse 5 1. Abgrenzung Definition von Wochenend-Nachtunfällen 5 2. Grobanalyse 6 III. Ursachenanalyse 7 1. Generelles 7 2. Risikofaktoren Infrastruktur 7 3. Risikofaktoren Verkehrsteilnehmende 8 IV. Präventionsmassnahmen 10 1. Bereich Infrastruktur 10 1.1 Grundsätzliches 10 1.2 Selbsterklärende Ansätze 10 1.3 Fehlerverzeihende Ansätze 11 2. Bereich PW-Lenkende 12 2.1 Grundsätzliches 12 2.2 Fahrausbildung und Verkehrserziehung 12 2.3 Kampagnen 12 2.4 Repression 13 2.5 Nachtbusse und Beitrag der Wirte 14 3. Bereich Fahrzeug 14 3.1 Elektronische Stabilitätskontrolle: ESC (Electronic Stability Control) 15 3.2 Fahrtendatenschreiber: JDR (Journey Data Recorder) 15 3.3 Alkoholwegfahrsperre (Alcolock) 15 V. Fazit 15 Quellenverzeichnis 17 4 Inhalt bfu-faktenblatt Nr. 06
I. Einleitung Wochenend-Nachtunfälle verursachen in der Öffentlichkeit immer wieder viel Aufsehen, denn oft verunfallen mehrere junge PW-Insassen schwer. Dieses Faktenblatt analysiert diese Problematik mit dem Ziel, den Handlungsbedarf sowie Verhaltens- und Verhältnispräventionsmassnahmen aufzuzeigen. Ein erster Blick auf die Auswertung der Strassenverkehrs-Unfallstatistik nach Tageszeit und Wochentag zeigt, dass der Verlauf des Unfallgeschehens in den Nächten am Wochenende vom Verlauf in den Nächten unter der Woche in auffälliger Weise abweicht (Abbildung 1). Während unter der Woche im Verlauf des Abends die Anzahl schwerer Personenschäden pro Stunde markant abnimmt, entfällt diese Reduktion in den Wochenend-Nächten. Zudem zeigt sich gemäss [1], dass die Letalität bei Unfällen nachts am Wochenende rund doppelt so hoch ist wie bei Unfällen werktags bei Tageslicht. Anhand einer vertieften Analyse des Unfallgeschehens während der Wochenend-Nächte in der Schweiz, einer Ursachenanalyse hinsichtlich Risiken bei Infrastruktur und Verkehrsteilnehmenden werden Präventionsmassnahmen zur gezielten Reduktion von Wochenend-Nachtunfällen vorgeschlagen. Abbildung 1 Schwere Personenschäden nach Tageszeit, Wochentag und Ortslage, 1999 2009 1200 1000 800 600 400 200 0 3 Uhr 6 Uhr 9 Uhr 12 Uhr 15 Uhr 18 Uhr 21 Uhr 3 Uhr 6 Uhr 9 Uhr 12 Uhr 15 Uhr 18 Uhr 21 Uhr 3 Uhr 6 Uhr 9 Uhr 12 Uhr 15 Uhr 18 Uhr 21 Uhr 3 Uhr 6 Uhr 9 Uhr 12 Uhr 15 Uhr 18 Uhr 21 Uhr 3 Uhr 6 Uhr 9 Uhr 12 Uhr 15 Uhr 18 Uhr 21 Uhr 3 Uhr 6 Uhr 9 Uhr 12 Uhr 15 Uhr 18 Uhr 21 Uhr 3 Uhr 6 Uhr 9 Uhr 12 Uhr 15 Uhr 18 Uhr 21 Uhr Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag Sonntag Quelle: BFS, polizeilich registrierte Strassenverkehrsunfälle, Auswertung bfu Innerorts Ausserorts Autobahn II. Unfallanalyse 1. Abgrenzung Definition von Wochenend-Nachtunfällen Als Wochenend-Nachtunfälle gelten in diesem Faktenblatt diejenigen Unfälle, die sich in den Nächten von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag zwischen 22 und 5 Uhr ereignen. Diese Festlegung bfu-faktenblatt Nr. 06 Einleitung 5
beruht auf der Erkenntnis, dass die markante Reduktion der schweren Personenschäden, die unter der Woche ab 22 Uhr zu verzeichnen ist, in den zwei Wochenend-Nächten ausbleibt. Die Anzahl schwerer Personenschäden pro Stunde bleibt bis ungefähr 5 Uhr morgens mehr oder weniger konstant, bevor sie auf das unter der Woche übliche Mass absinkt (Abbildung 1). 2. Grobanalyse In den Jahren 1999 2009 waren in den Wochenend-Nächten durchschnittlich 52 Getötete und 410 Schwerverletzte pro Jahr zu verzeichnen, was 11,1 % aller Getöteten und 7,4 % aller Schwerverletzten entspricht. Die Entwicklung der schweren Personenschäden im vergangenen Jahrzehnt widerspiegelt den allgemeinen rückläufigen Trend, wobei dieser bei Wochenend-Nachtunfällen bedeutend markanter ausfiel als bei den übrigen Unfällen (Abbildung 2). Mit 285 Getöteten pro 10 000 Personenschäden ist die Letalität über alle Wochenend-Nachtunfälle gesehen auffällig hoch (übrige Unfälle: 155). Abbildung 2 Indexierte Entwicklung der schweren Personenschäden bei Wochenend-Nachtunfällen und bei übrigen Unfällen, 1999 2009 120% 100% 80% 60% 40% 20% 0% 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Übrige Unfälle Wochenend-Nacht-Unfälle Quelle: BFS, polizeilich registrierte Strassenverkehrsunfälle, Auswertung bfu Die Auswertung nach Verkehrsteilnahme zeigt, dass PW-Insassen 63 % aller schweren Personenschäden ausmachen (Tabelle 1). Die übrigen 37 % entfallen auf Motorräder, Fahrräder, Mofas, Fussgänger und andere. Tabelle 1 Schwere Personenschäden bei Wochenend-Nachtunfällen nach Verkehrsteilnahme, 1999 2009 Personenwagen Motorrad Mofa Fahrrad Fussgänger Andere Total Schwerverletzte 2 820 876 158 285 304 71 4 514 Getötete 403 59 15 19 65 11 572 Anteil 63% 18% 3% 6% 7% 2% 100% Quelle: BFS, polizeilich registrierte Strassenverkehrsunfälle, Auswertung bfu Aus der detaillierten Unfallanalyse bezüglich PW-Insassen geht hervor, dass während der Wochenend- Nächte nicht nur deren Häufigkeit eine zentrale Rolle spielt. Vergleicht man für PW-Insassen die Letalität 6 Unfallanalyse bfu-faktenblatt Nr. 06
und das fahrleistungsbezogene Unfallrisiko in Wochenend-Nächten mit der übrigen Wochenzeit, so ergeben sich frappante Unterschiede: Die Letalität ist in den Wochenend-Nächten für PW-Insassen mehr als doppelt so hoch das fahrleistungsbezogene Risiko, schwer zu verunfallen, beträgt gar das 5-Fache (Tabelle 2). Insbesondere junge PW-Insassen weisen ein massiv überhöhtes Risiko auf, in diesen Nächten schwer zu verunfallen. Tabelle 2 PW-Insassen: Letalität und fahrleistungsbezogenes Risiko, schwer zu verunfallen (Basis: 1999 2009) Letalität (Getötete pro 10 000 Personenschäden) Schwere Personenschäden/ 100 Mio. Fahrzeug-km (alle Altersklassen) Schwere Personenschäden/ 100 Mio. Fahrzeug-km (18 24 Jahre) Schwere Personenschäden/ 100 Mio. Fahrzeug-km (übrige Altersklassen) Wochenend-Nachtunfälle 272 15 38 13 Übrige Unfälle 125 3 9 3 Quelle: BFS, polizeilich registrierte Strassenverkehrsunfälle; ARE/BFS, Mobilität in der Schweiz, Auswertung bfu Die Grobanalyse zeigt deutlich: Junge PW-Insassen verunfallen in Wochenend-Nächten besonders häufig, besonders schwer und unterliegen zudem einem stark überhöhten fahrleistungsbezogenen Risiko, schwer zu verunfallen. Fast die Hälfte (47 %) aller schweren Personenschäden in Wochenend-Nächten betreffen junge PW-Insassen. III. Ursachenanalyse 1. Generelles Die Erarbeitung von möglichen Präventionsmassnahmen bedarf einer detaillierteren Analyse der Unfallursachen. Risikofaktoren bei der Infrastruktur werden im Folgenden aus der polizeilich registrierten Strassenverkehrs-Unfallstatistik hergeleitet. Dabei kann die Auswertung nach Unfalltypen mögliche bauliche und betriebliche Mängel aufdecken und dient somit als Basis für die infrastrukturelle Prävention. Risikofaktoren bei Verkehrsteilnehmenden werden einerseits aus der Literatur, andererseits aus der Unfallauswertung hergeleitet. Dabei fokussieren diese Analysen primär auf PW-Insassen der Altersklasse 18 24 Jahre. 2. Risikofaktoren Infrastruktur Die Analyse der amtlichen Strassenverkehrs-Unfallstatistik in Bezug auf schwer verletzte und getötete PW- Insassen in den Wochenend-Nächten nach Ortslage und den beiden Unfalltypen (Schleuder-/Selbstunfälle und Kollisionen) zeigt für junge PW-Insassen (18 24 Jahre) ein recht eindeutiges Bild: 80 % aller schweren Personenschäden sind die Folge von Schleuder-/Selbstunfällen, wobei etwas mehr als die Hälfte davon bfu-faktenblatt Nr. 06 Ursachenanalyse 7
auf Ausserortsstrassen zu verzeichnen sind (Tabelle 3). Die Aufschlüsselung der Schleuder-/Selbstunfälle nach deren Ausgang zeigt, dass 80 % aller schweren Personenschäden auf eine Kollision mit einem festen Objekt zurückzuführen sind und zwar sowohl innerorts als auch ausserorts (Tabelle 4). Bei den Kollisionsobjekten handelt es sich ausserorts in erster Linie um Bäume und innerorts in erster Linie um Zäune/Mauern/Geländer. Infrastrukturelle Interventionen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit in Wochenend-Nächten müssen also primär darauf abzielen, Schleuder-/Selbstunfälle zu verhindern bzw. deren Folgen zu mildern. Tabelle 3 Schwer verletzte und getötete PW-Insassen (18- bis 24-jährig) bei Wochenend-Nachtunfällen nach Unfalltyp und Ortslage, 1999 2009 Unfalltyp Innerorts Ausserorts Autobahn Total Schleuder-/ 410 622 174 1 206 Selbstunfall Kollision mit 122 130 34 286 anderem Verkehrsteilnehmer Andere 7 5 1 13 Total 539 757 209 1 505 Quelle: BFS, polizeilich registrierte Strassenverkehrsunfälle, Auswertung bfu Tabelle 4 Schwer verletzte und getötete PW-Insassen (18- bis 24-jährig) bei Schleuder-/Selbstunfällen in Wochenend-Nächten nach Kollisionsfolge, 1999 2009 Innerorts Ausserorts Ohne Kollision mit festem Hindernis, Fahrzeug 11 50 oder Fussgänger Kollision mit festem Hindernis auf der Fahrbahn 35 8 Kollision mit festem Hindernis ausserhalb der 316 488 Fahrbahn Andere Kollisionen 48 76 Total 410 622 Quelle: BFS, polizeilich registrierte Strassenverkehrsunfälle, Auswertung bfu 3. Risikofaktoren Verkehrsteilnehmende Die Analyse der amtlichen Strassenverkehrs-Unfallstatistik in Bezug auf schwer verletzte und getötete PW- Insassen in den Wochenend-Nächten zeigt, dass 42 % aller männlichen PW-Lenkenden zwischen 18 und 24 Jahre alt sind (Tabelle 5). Zuzüglich der 6 % Frauen als Lenkende in dieser Altersgruppe sitzen bei Wochenend-Nachtunfällen in knapp der Hälfte der Personenwagen Junglenkende am Steuer. Es handelt sich um eine mehr oder weniger homogene Gruppe, die mit gezielten Massnahmen beeinflusst werden kann. Die anderen 50 % der Lenkenden verteilen sich auf diverse Altersgruppen und über beide Geschlechter. Tabelle 5 Beteiligte PW-Lenkende bei Unfällen mit Schwerverletzten oder Getöteten in Wochenend-Nächten nach Alter und Geschlecht, 1999 2009 Alter Männlich Weiblich Total 0 17 39 4 43 18 24 1 062 154 1 216 25 44 810 171 981 45 64 214 56 270 65+ 33 9 42 Total 2 158 394 2 552 Quelle: BFS, polizeilich registrierte Strassenverkehrsunfälle, Auswertung bfu 8 Ursachenanalyse bfu-faktenblatt Nr. 06
Die Ursachen für das hohe Unfallrisiko bei jungen Neulenkern werden generell folgenden Risikofaktoren zugeschrieben [2 4]: ihrer biologischen und sozialen Unreife ihrer erhöhten Exposition für Risikosituationen (z. B. Nachtfahrten, Fahrten mit inadäquater Geschwindigkeit, niedrige Gurttragquote) ihrer fehlenden Fahrerfahrung ihrer oft eingeschränkten Fahrfähigkeit durch Alkohol- und/oder Drogenkonsum. Dies gilt auch für Wochenend-Nachtunfälle mit schwer oder tödlich verletzten PW-Insassen, bei denen 18- bis 24-jährige Männer lenkten, wie die Auswertungen der polizeilich registrierten Strassenverkehrsunfälle der Schweiz zeigen. Bei 48 % dieser jungen PW-Lenker attestiert die Polizei Verdacht auf Alkohol, bei 8 % Drogen und bei 66 % ein Geschwindigkeitsmangel. Bei einem Drittel treffen gemäss Polizei Verdacht auf Alkohol und Geschwindigkeitsmangel gleichzeitig zu. Wie Tabelle 6 zeigt, spielt bei jungen Lenkern eine unangepasste Geschwindigkeit eine wichtigere Rolle als übermässiger Alkoholkonsum, bei den übrigen Altersgruppen verhält es sich umgekehrt. 50 % der in schwere Wochenend-Nachtunfälle involvierten jungen PW-Lenkenden verfügen seit maximal 1,5 Jahren über den Führerausweis. Allein 20 % haben vor weniger als einem halben Jahr den Führerausweis erlangt (Abbildung 3). Tabelle 6 Beanstandete PW-Lenker (Männer) bei schweren Wochenend- Nachtunfällen nach ausgewählten Mängeln, 1999 2009 18 24 Jahre Übrige Altersklasse Häufigkeit Anteil Häufigkeit Anteil Alkohol 511 48% 631 58% Drogen 86 8% 44 4% Geschwindigkeit 701 66% 498 45% Alkohol und 345 32% 333 30% Geschwindigkeit Total 1 062 1 096 Abbildung 3 Junge PW-Lenker (Männer) bei schweren Wochenend- Nachtunfällen nach Dauer des Führerausweisbesitzes, in Monaten, 1999 2009 250 200 150 100 50 0 210 154 122 95 101 69 53 49 39 44 23 25 0 0.5 0.5 1 1 1.5 1.5 2 2 2.5 2.5 3 3 3.5 3.5 4 4 4.5 4.5 5 5 5.5 5.5 6 6 6.5 11 2 1 6.5 7 7 7.5 Quelle: BFS, polizeilich registrierte Strassenverkehrsunfälle, Auswertung bfu Quelle: BFS, polizeilich registrierte Strassenverkehrsunfälle, Auswertung bfu Nebst den bekannten Auswirkungen des Alkoholkonsums z. B. auf die Reaktionsfähigkeit ist im Zusammenhang mit Wochenend-Nachtunfällen auf zwei weitere, weniger bekannte Wirkungen des Alkohols hinzuweisen [5,6]: einerseits auf die negative Einwirkung bzgl. der Dämmerungssehschärfe bei gleichzeitiger Zunahme der Blendempfindlichkeit und andererseits auf die erhöhte Ansprechbarkeit für soziale Reize, worunter auch die Aufmerksamkeit leidet. Zudem spielt bei Wochenend-Nachtunfällen die Müdigkeit eine zentrale Rolle [7]. Als Gründe angegeben werden a) lange Wachphasen von nicht selten gegen die 20 Stunden, b) Konsum von Alkohol, was die Müdigkeit zusätzlich erhöht, c) Heimfahrten zu einer Zeit, die infolge des zirkadialen Rhythmus (innere Uhr) von einem Leistungstief geprägt sind. bfu-faktenblatt Nr. 06 Ursachenanalyse 9
In einer Untersuchung in Deutschland zeigte sich eine überproportional hohe Beteiligung der Berufsgruppen Metall, Bau und Militär an Disco-Unfällen mit ausserdem einer hohen Alkoholisierungsquote [5,6]. Weitere Risiken ergeben sich durch die oft ebenfalls jungen Mitfahrenden, nicht selten in hoher Zahl [5,6]. Dies führt aufgrund von Ablenkung und Gruppendruck zu einem riskanteren Fahrstil der Lenkenden. Zudem sind die Lenkenden die Fahrdynamik eines PW mit mehreren Mitfahrenden nicht gewohnt. Weiter sind Junge seltener angegurtet als ältere PW-Insassen [5,8]. IV. Präventionsmassnahmen 1. Bereich Infrastruktur 1.1 Grundsätzliches Kap. III.2 zeigt, dass in den Wochenend-Nächten Schleuder-/Selbstunfälle von Personenwagen mit anschliessender Kollision mit einem festen Objekt ausserhalb der Fahrbahn die allermeisten Schwerverletzten und Getöteten verursachen. Dies trifft sowohl innerorts als auch ausserorts zu. Strasseninfrastruktur- Interventionen mit Fokus Wochenend-Nachtunfälle müssen demnach darauf abzielen, diesem Unfalltyp entgegenzuwirken. Primär ist dabei die Strasseninfrastruktur derart auszuführen, dass Lenkende ihre Fahrweise intuitiv der Situation anpassen und somit nicht zu Fahrfehlern verleitet werden. Damit wird die Strategie der primären Prävention (Verhindern von Unfällen) angestrebt. Dieser Ansatz läuft auch unter dem Begriff der selbsterklärenden Strasse. Da Fehler jedoch nie ganz auszuschliessen sind, minimiert eine adäquate Infrastruktur auch die Auswirkungen von Fahrfehlern. Diese sollen möglichst keine schweren Unfälle zur Folge haben. Dieser Ansatz greift auf der Ebene der sekundären Prävention ein (Mildern von Unfallfolgen) und ist auch unter dem Begriff fehlerverzeihende Strasse bekannt. 1.2 Selbsterklärende Ansätze Ausserorts Eine räumliche Linienführung, die den Lenker dazu veranlasst, den Strassenverlauf eindeutig einzuschätzen und somit intuitiv die angemessene Geschwindigkeit zu wählen, beeinflusst das Unfallgeschehen positiv. Zentrales Element ist dabei die gegenseitige Abstimmung von Kurven und Geraden sowie von Wannen und Kuppen. Die entsprechenden Verfahren finden sich in [9] und [10]. Lassen Randbedingungen die geforderten Projektierungsvorgaben nicht zu, kann der Strassenverlauf mit zusätzlichen Massnahmen verdeutlicht werden, beispielsweise mit Randlinien, Leitpfosten, Leitpfeilen (eventuell abgestuft), 10 Präventionsmassnahmen bfu-faktenblatt Nr. 06
Gefahrensignalen oder einer Kombination davon. Darüber hinaus trägt eine lichttechnisch korrekt ausgeführte Beleuchtung zu einer markanten Reduktion schwerer Unfälle ausserorts bei [11]. Innerorts Basis ist die Umsetzung des Geschwindigkeitsregimes (50/30 innerorts). Da die meisten PW-Insassen auf verkehrsorientierten Strassen schwer verunfallen, ist bei dessen Umsetzung der Aspekt der städtebaulich aufwertenden Gestaltung dieser Strassen besonders zu berücksichtigen. Ziel ist es, dem Lenker alle Nutzungsansprüche zu vergegenwärtigen und ihn dadurch zu einer angemessenen Fahrweise zu bewegen. Durch die differenzierte farbliche Gestaltung von sogenannten breiten Bändern am Fahrbahnrand kann angestrebt werden, dass Lenkende den Abstand zum Strassenrand und folglich zu den festen Objekten vergrössern, was eine geringere Kollisionswahrscheinlichkeit vermuten lässt [12,13]. Auch innerorts reduziert eine lichttechnisch korrekt ausgeführte Beleuchtung schwere Unfälle signifikant [11]. 1.3 Fehlerverzeihende Ansätze Bei der Umsetzung des fehlerverzeihenden Ansatzes hinsichtlich Kollisionen mit festen Objekten am Fahrbahnrand ist der Umgang mit diesen Objekten von zentraler Bedeutung. Dabei ist für Behörden, Planer und Projektierer die in Tabelle 7 angegebene Strategie angebracht [8]. Tabelle 7 Strategie für den Umgang mit festen Objekten am Fahrbahnrand Kriterium Kollisionswahrscheinlichkeit Lage Erkennbarkeit Massnahme Reduktion der Menge fester Objekte am Fahrbahnrand Vermeidung an Kurvenaussenseiten Maximierung des seitlichen Abstands (ausserorts: min. 6 m [14]). Kontrastreiche Kennzeichnung Milderung von Kollisionsfolgen Tragkonstruktionen mit Gleitfussplatte, mit Sollbruchstelle, dünnwandig, feingliedrig oder energieabsorbierend Maximaler Durchmesser von Bäumen: 8 cm Minimierung der eindringenden Wirkung durch entsprechende Detailgestaltung der Kollisionsteile Schutz vor festen Objekten Im Einzelfall Abwägung der Vor- und Nachteile von Leitschrankensystemen [15] Eine weitere infrastrukturelle Intervention zur Vermeidung von Kollisionen mit festen Objekten am Strassenrand ist das Anbringen von sogenannten Rumble Strips. Es handelt sich dabei um rillenartige Vertiefungen, die entlang der seitlichen Fahrbahnabgrenzung angebracht werden können. Begeht ein Lenker einen Fahrfehler und überfährt diese Rumble Strips, so wird das Fahrzeug spürbar erschüttert. Es wurde festgestellt, dass damit Alleinunfälle signifikant gesenkt werden können [11]. Aus Gründen der Lärmimmissionen ist diese Lösung nur ausserorts angezeigt. Da Wochenend-Nachtunfälle jedoch primär dort stattfinden, ist diese infrastrukturelle Massnahme für diesen Unfalltyp besonders geeignet. bfu-faktenblatt Nr. 06 Präventionsmassnahmen 11
Infrastrukturelle Ansätze lassen sich insbesondere durch eine bessere Schulung und Sensibilisierung der Ingenieure und Planer für die Belange der Verkehrssicherheit implementieren (Erstausbildung sowie Weiterbildung). Zu fördern sind zudem Instrumente zur systematischen flächendeckenden Sicherheitsüberprüfung geplanter und bestehender Infrastruktur (Road Safety Inspections, Road Safety Audits). Dringend anzupassen sind ausgewählte VSS-Normen mit Relevanz in Bezug auf Kollisionen mit festen Objekten. 2. Bereich PW-Lenkende 2.1 Grundsätzliches In Kap. III.3. wurde dargelegt, dass Massnahmen, die sich gezielt an junge Neulenkende und insbesondere an Männer richten, einen entscheidenden Beitrag zur Reduktion von schweren Wochenend- Nachtunfällen beitragen. Da aber auch andere Altersgruppen bei Wochenend-Nachtunfällen durch überdurchschnittlich hohe Alkoholisierungsquoten und Geschwindigkeitsmängel auffallen, können je nach Ansatz der Massnahme (z. B. Polizeikontrollen, Discobusse, Kampagnen) gleichzeitig auch andere Altersgruppen erreicht werden. Die vorgeschlagenen Massnahmen finden sich im Detail in [4,8,14 17]. 2.2 Fahrausbildung und Verkehrserziehung In die Fahrausbildung (1. und insbesondere 2. Phase, Schulungs- und Prüfungsinhalte) sind vermehrt Elemente zur besseren Selbstwahrnehmung und -kontrolle der Neulenkenden einzubauen. Themen rund um Risikoverhalten, Umgang mit Emotionen, Empfänglichkeit für Gruppendruck, Bedeutung des Autos usw. sollten nicht nur auf der Ebene des Fahrens direkt, sondern auch auf der Ebene des Lebens allgemein diskutiert werden [8,18]. Zu reflektieren sind in diesem Sinn z. B. Fahrmotive (Brauche ich das Auto, um von A nach B zu kommen, oder dient Autofahren der Sinnerfüllung in meinem Leben?) oder der eigene Lebensstil (Gehe ich gern Risiken ein? Wie reagiere ich auf Frustrationen? Und wie steht es diesbezüglich beim Autofahren?). Parallel zur Fahrausbildung ist Verkehrserziehung in postobligatorischen Schulen (z. B. in Berufsschulen, insbesondere bei den Fachrichtungen Metall und Bau) und beim Militär sinnvoll. Auch hier sollte der Fokus auf der Reflexion des eigenen Lebensstils und der eigenen Lebensziele sowie auf deren Auswirkungen auf das Autofahren liegen. 2.3 Kampagnen Eine Auseinandersetzung mit den oben aufgeführten Inhalten (auf der Ebene des Lebens im Allgemeinen) durch Kampagnen zu erzielen, ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Rein massenkommunikative Elemente dürften hierfür kaum geeignet sein. Denkbar ist eine Dachkampagne, die für das Thema sensibilisiert und durch Face-to-Face-Kontakte vertieft wird. Ein sorgfältig erarbeitetes Kampagnenkonzept, bei dem 12 Präventionsmassnahmen bfu-faktenblatt Nr. 06
Neulenkende partizipativ mitwirken können, empfiehlt sich. Auch Kampagnen zu Risikoverhalten wie Geschwindigkeit oder Alkohol/Drogen sollten in Zusammenarbeit mit der Zielgruppe erarbeitet und mit Polizeikontrollen kombiniert werden. Kampagnen sind auch sinnvoll zur Information über eine neue Gesetzesvorschrift (z. B. im Falle eines Alkoholverbotes für Neulenkende). Im EU-Projekt SUPREME wurde der Ansatz, junge Passagiere in einer Kampagne zu ermuntern, ihr Unbehagen dem zu schnell oder unter Alkohol- oder Drogeneinfluss fahrenden Fahrzeuglenkenden mitzuteilen, als Best Practice eingestuft [19]. In den USA, in Australien und europäischen Ländern wurden Kampagnen mit dem Konzept «designated driver» lanciert. Ziel der Kampagnen ist es, dass eine Gruppe vor dem Ausgang eine Person bestimmt, welche nach dem Ausgang alle sicher nach Hause fahren wird. Der designated driver (DD) verzichtet an diesem Abend auf Alkoholkonsum. Oft wird er im Rahmen der Kampagnen mit einem kleinen Geschenk (z. B. Schlüsselanhänger, alkoholfreies Gratisgetränk im Nachtlokal) belohnt. Vorliegende Evaluationen zur Wirksamkeit des Konzepts zeigen keine ausreichende Evidenz, um in der Schweiz ein entsprechendes Programm zu fordern [20]. Zwar liegen punktuell positive Ergebnisse vor (z. B. eine tiefere Blutalkoholkonzentration (BAK) bei DD als bei ihren Mitfahrenden), aber ebenso auch negative (z. B. eine Zunahme der BAK bei den Mitfahrenden eines DD). Befürchtet wird zudem, dass das Konzept zur Bagatellisierung eines exzessiven Alkoholkonsums beiträgt (solange nicht gefahren wird). Dadurch würden andere gesellschaftliche Probleme gefördert. Schwierig sei das Konzept gemäss dem EU-Projekt PROMISING [21] auch deshalb, weil es die Planung des Abends erfordere was gerade nicht der Freizeitgestaltung der Jungen entspreche. Die Autoren werten aber positiv, dass das Thema unter den Neulenkenden dadurch immerhin angesprochen werden könne. Um tatsächlich eine nachhaltige Verhaltensänderung erzielen zu können, ist dies vermutlich nicht ausreichend. Notwendig ist eine aktive Auseinandersetzung, wie sie z. B. im Rahmen der obligatorischen Weiterausbildungskurse stattfinden kann. 2.4 Repression Im Umkreis von Partylokalen/Clubs ausserorts oder an Ausfallstrassen von Städten müssen in Wochenendnächten vermehrt gut sichtbare Polizeikontrollen durchgeführt werden (Schwerpunkte: Alkohol, Drogen, Geschwindigkeit, Sicherheitsgurt). Gerade bei Lenkenden in der Probezeit können vermehrte Kontrollen und insbesondere die subjektiv wahrgenommene erhöhte Entdeckungswahrscheinlichkeit von Delikten Wirkung erzielen. Bei schweren oder wiederholten Delikten sind Fahreignungsabklärungen anzuordnen. Eine Verschärfung der Repression bei Neulenkenden kann durch diverse Fahreinschränkungen erzielt werden: Beschränkungen bezüglich Alter und Anzahl der Passagiere, zeitliche Einschränkung (z. B. Nachtfahrverbot), Verhaltensbeschränkungen (z. B. Überholverbot, Alkoholverbot). bfu-faktenblatt Nr. 06 Präventionsmassnahmen 13
2.5 Nachtbusse und Beitrag der Wirte Gemäss den Autoren einer deutschen Befragung von 1995 dienen Nachtbusse in erster Linie der Mobilitätssicherung Nichtmotorisierter 1 oder von Personen, die eine Mitfahrt bei anderen als objektiv gefährlich und/oder angstbesetzt wahrnehmen [15]. Immerhin 15 % der Discobusnutzer begründen ihre Mitfahrt aber mit der eigenen Alkoholisierung, in deren Folge das eigene Fahrzeug stehen gelassen wurde. Der Sicherheitsnutzen ist daher gegeben, darf aber auch nicht überschätzt werden. Um die Nutzung solcher Angebote zu steigern, ist die Verbesserung der Angebotsstruktur, die hohe individuelle Flexibilität in der Mobilität zulässt, zentral. Dies bedarf einerseits einer Verdichtung der Fahrplanangebote sowie andererseits deren Ausdehnung bis in die frühen Morgenstunden. Zu denken ist nebst Nachtbussen oder spezifischen Discobussen (z. B. auch von Veranstaltern) daher auch an Anruf-Sammeltaxen oder organisierte Fahrdienste. Insgesamt wird betont, dass die angestrebten Wirkungen der Fahrtenangebote diverser Art eine hinreichende Akzeptanz voraussetzen. Diese unterliegen einem komplexen Gefüge verschiedener funktionaler wie sozialer Einflussfaktoren [15]. In der Schweiz existieren zum Teil bereits gut ausgebaute Angebote 2. Das Fördern von Nachtbussen oder anderer Fahrangebote in der Nacht ist grundsätzlich sinnvoll, muss aber aufgrund der hohen Kundenbedürfnisse und der in der Regel verlangten Kostendeckung von Fall zu Fall geprüft werden. Die in der Schweiz geltenden Gesetze, dass an Betrunkene kein Alkohol ausgeschenkt werden darf und dass es verboten ist, einem fahrunfähigen Lenkenden ein Fahrzeug zu überlassen, sollten seitens der Wirte strenger gehandhabt werden. Dazu bedarf es Schulungen des Service- und Verkaufspersonals und Kontrollen seitens der Behörden. Nichtalkoholische Getränke sollten günstiger sein als das billigste alkoholische Getränk und reizvoller vermarktet werden. 3. Bereich Fahrzeug Nebst Strasseninfrastruktur- und Verhaltensmassnahmen können auch fahrzeugseitige Interventionen die Sicherheit von PW-Insassen erhöhen. Das vielfältige Angebot namentlich an Fahrerassistenzsystemen ist im Sicherheitsdossier [8] zusammengefasst. Zur gezielten Prävention von Wochenend-Nachtunfällen, also von Schleuder-/Selbstunfällen, sind insbesondere folgende drei Systeme angezeigt: 1 Gut 55 % der Befragten gaben an, den Nachtbus nach dem letzten Discobesuch benutzt zu haben, weil keine andere Fahrgelegenheit zur Verfügung stand. Nicht klar ist, warum keine Fahrgelegenheit zur Verfügung stand. Auch Personen, die ihr Auto absichtlich zu Hause liessen, weil sie nicht auf Alkohol verzichten wollten, könnten diese Begründung gewählt haben. 2 Zum Beispiel begleitete S-Bahn-Angebote im Stundentakt im Kanton Zürich, dichtes Nachtbusnetz ab HB Bern mit Shuttlebussen zu den Hotspots des Nachtlebens und zurück zum HB. 14 Präventionsmassnahmen bfu-faktenblatt Nr. 06
3.1 Elektronische Stabilitätskontrolle: ESC (Electronic Stability Control) ESC wirkt dem Ausbrechen des Wagens im Grenzbereich entgegen. Durch gezieltes automatisches Bremsen einzelner Räder kann sowohl das Über- als auch das Untersteuern eines Fahrzeugs verhindert werden. Die allergrössten Auswirkungen zeigen sich dabei bei tödlichen Alleinunfällen ( 30 bis 70 %) [22]. 3.2 Fahrtendatenschreiber: JDR (Journey Data Recorder) Sie zeichnen Informationen nicht nur bei Unfällen auf, sondern kontinuierlich während einer Fahrt. Dieses fortlaufende Monitoring des Fahrverhaltens eignet sich insbesondere zur Rückfall-Prophylaxe. Der Einbau eines Fahrdatenschreibers kann sinnvollerweise bei schwereren Verkehrsdelikten als Bedingung für die Wiedererlangung des Führerausweises gefordert werden. Darüber hinaus können Fahrdaten als Grundlage für individuelle Prämienberechnungen für Versicherungsgesellschaften dienen. So können risikohafte Verhaltensweisen präventiv reduziert werden (Pay as you drive). 3.3 Alkoholwegfahrsperre (Alcolock) Eine Alkoholwegfahrsperre ist ein im Fahrzeug integriertes Alkoholmessgerät, das mit dem Anlasser verbunden ist und verhindert, dass sich das Fahrzeug starten lässt, wenn ein bestimmter Promillegrenzwert überschritten wird. Manipulationen können durch den Einsatz verschiedener Techniken weitgehend ausgeschlossen werden. Alkoholwegfahrsperren wurden bisher primär als rehabilitative Massnahme bei FiaZ-Delinquenten eingesetzt. Sie sind ein wirksames Mittel, um Rückfälle zu verhindern [17,23]. Eine vergleichende Evaluationsstudie aus Grossbritannien ermittelte beispielsweise, dass die Rückfälligkeit von FiaZ-Delinquenten dadurch um 28 bis 65 % gesenkt werden kann [24]. V. Fazit Die Analyse des Unfallgeschehens in den Wochenend-Nächten zeigt ein recht deutliches Bild. Es sind in den allermeisten Fällen junge, männliche Neulenker, die ein markant erhöhtes Risiko aufweisen, einen schweren Unfall zu verursachen. Die Unfallfolgen sind gegenüber dem übrigen Unfallgeschehen ebenfalls markant erhöht, und die Unfallopfer sind vorwiegend junge Erwachsene. Der überwiegend häufigste Unfalltyp ist dabei der Schleuder-/Selbstunfall, gefolgt von der Kollision mit einem festen Objekt am Fahrbahnrand, und zwar sowohl innerorts als auch ausserorts. Die Präventionsmassnahmen in den Bereichen Infrastruktur, Verhalten und Fahrzeugtechnik leiten sich entsprechend ab: bfu-faktenblatt Nr. 06 Fazit 15
1. Die Strasseninfrastruktur ist derart auszuführen, dass Lenker intuitiv eine angemessene Fahrweise wählen. Ausserorts kann dies durch adäquate Abstimmung von vertikaler und horizontaler Linienführung sichergestellt werden, innerorts durch aufwertende Gestaltung des Strassenraumes. Gleichzeitig sind feste Objekte am Fahrbahnrand bezüglich Menge, Lage, Erkennbarkeit und Ausführung zu optimieren. 2. Neulenkende sollten in der Fahrausbildung (1. und 2. Phase) oder im Rahmen einer postobligatorischen Verkehrserziehung vermehrt auch auf der Ebene ihrer allgemeinen Lebensziele und ihres Lebensstils ihr Risikoverhalten reflektieren und Techniken der Selbstkontrolle erarbeiten. In einem zweiten Schritt gilt es dann, solche übergeordneten Überlegungen auf das Autofahren zu transferieren. Ergänzend zu erzieherischen Bemühungen braucht es repressive Massnahmen wie Polizeikontrollen oder Fahreinschränkungen (z. B. Alkoholverbot). Kampagnen sind unter bestimmten Bedingungen sinnvoll (z. B. bei Einführung eines Alkoholverbots für Neulenkende). Nachtfahrangebote können einen Beitrag zur Verkehrssicherheit leisten, bedürfen aber aufgrund der sehr hohen Kundenbedürfnisse einer gründlichen Situationsanalyse. 3. Fahrzeugseitig eignet sich zur Prävention von Wochenend-Nachtunfällen insbesondere der Einbau von elektronischen Stabilitätskontrollen (ESC), Fahrdatenschreibern und Alkoholwegfahrsperren. 16 Fazit bfu-faktenblatt Nr. 06
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