Forderungen nach einer stärkeren Privatisierung der Sozialversicherungen haben deshalb wenig mit den tatsächlichen Problemen gemein.

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Transkript:

Stellungnahme des Paritätischen Gesamtverbandes zu dem Antrag Solidarische und gerechte Finanzierung von Gesundheit und Pflege, der Fraktion DIE LINKE. Bundestags-Drucksache 18/11722 Der Paritätische Gesamtverband tritt für eine solidarische Finanzierung des Gesundheitswesens ein. Die Einführung einer sozialen Bürgerversicherung ist ein wesentlicher Beitrag dazu. Ziel einer sozialen Bürgerversicherung ist es, die Finanzierungslasten innerhalb des Krankenversicherungssystems gerecht zu verteilen. Der Paritätische tritt für eine qualitativ hochwertige, an den Interessen der Bürger/-innen orientierten Gesundheits- und Pflegeversorgung ein. Mit den zusätzlichen Einnahmen aus der Einführung einer sozialen Bürgerversicherung soll eine Ausweitung und Dynamisierung bedarfsgerechter Leistungen finanziert werden. Die bestehende Über-, Unter- und Fehlversorgung sowie die Fragmentierung der Finanzierungsstrukturen im deutschen Gesundheitssystem stehen in engem Zusammenhang. Beides gilt es zu überwinden. Eine Reform des Gesundheitswesens im Sinne der Bürger/-innen muss deshalb mit einer Reform der Finanzierungsstrukturen einhergehen. Sie müssen im Sinne der Versicherten solidarisch, leistungsfähig, gerecht und transparent gestaltet werden und einen fairen Wettbewerb gewährleisten. Das bestehende duale System von gesetzlicher und privater Krankenversicherung genügt diesen Kriterien nicht. Ziel der Pflegefinanzierung muss es sein, Selbstbestimmung zu sichern und zu unterstützen. 2 Abs. 1 SGB XI formuliert treffend, dass die Leistungen der Pflegeversicherung den Pflegebedürftigen Hilfen zu einem selbstständigen und selbstbestimmten Leben, das der Würde des Menschen entspricht, bieten sollen. Die Schaffung und Sicherung von Rahmenbedingungen für eine gute Pflege hat ihren Preis. Dies anzuerkennen sowie eine den Bedürfnissen der Betroffenen entsprechende und gleichzeitig kostenbewusste Pflegefinanzierung herzustellen, ist eine der wesentlichen sozialpolitischen Herausforderungen. Den neuen Herausforderungen und dem wachsenden Finanzierungsbedarf gerecht zu werden, erfordert deshalb eine Reform der Pflegefinanzierung und gleichzeitig eine Abkehr von einem Paradigma der Pflegediskussion, das diese seit den 1970er Jahren bestimmt: von der Beitragsorientierung. Die Orientierung an der Beitragssatzstabilität war von Anfang an grundlegend für die pflegepolitische Diskussion und die Gesetzgebung. Bis heute ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität in 70 SGB XI festgelegt. Der in 70 SGB XI normierte Vorrang der Beitragssatzstabilität muss zu Gunsten der bedarfsgerechten Hilfegewährung eingeschränkt und durch das Gebot der wirtschaftlichen,

teilhabeorientierten Leistungsgewährung ersetzt werden. Der Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung muss möglichst unbürokratisch realisiert werden können und geeignet sein, Teilhabe zu ermöglichen. Ein möglichst hohes Maß an menschlicher Zuwendung und Qualität in der Pflege ist das oberste Ziel der Einrichtungen und Dienste im Paritätischen. Die haupt- und ehrenamtlich engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter setzen sich dafür mit großem Engagement ein. Darüber hinaus bleibt eine deutliche Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen der Pflege unerlässlich. 8 Abs. 1 SGB XI bestimmt: Die pflegerische Versorgung der Bevölkerung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wenn die Finanzierung der Pflege und der Gesundheit - aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, dann entspricht diesem Anspruch jeder Person auf eine seinen Bedürfnissen angepasste Pflege die Verpflichtung, eine solidarische, der persönlichen Leistungsfähigkeit entsprechende Finanzierung sicherzustellen. Unter diesem Gesichtspunkt muss die derzeitige Praxis der Gesundheits- und Pflegefinanzierung merkwürdig anmuten. Die Pflegeversicherung ist, so formulierte es das Bundesverfassungsgericht, eine Pflegevolksversicherung in Gestalt zweier Versicherungszweige (BVerfG 2001). 95 Prozent der Versicherten in diesen beiden Versicherungszweigen sind per Gesetz einem Zweig zugewiesen; lediglich die freiwillig in der GKV-Versicherten verfügen über eine Wahlmöglichkeit zwischen sozialer und privater Versicherung. Wenn Versicherte jedoch keine oder nur sehr eingeschränkte Wechselmöglichkeiten haben, fehlt es an den notwendigen Anreizen für die Schaffung qualitativ hochwertiger Versorgungsangebote. Es gibt verschiedene Kriterien, die die Existenz zweier solcher Versicherungszweige innerhalb einer Kranken- und Pflegeversicherung rechtfertigen können: mehr Effizienz, größere Zielgenauigkeit, soziale Kriterien, Nachhaltigkeit in der Finanzierung und andere mehr. Das bestehende System erfüllt jedoch keines dieser Kriterien. Die Auseinanderentwicklung der Einnahmen und Ausgaben in der gesetzlichen und privaten Pflegeversicherung belegen, dass eine einheitliche Versicherungsorganisation notwendig ist. Forderungen nach einer stärkeren Privatisierung der Sozialversicherungen haben deshalb wenig mit den tatsächlichen Problemen gemein. Der Paritätische tritt dafür ein, die beiden Versicherungszweige durch eine Aufhebung der Versicherungspflichtgrenze zusammenzuführen, zu einer einheitlichen sozialen Bürgerversicherung in Trägerschaft unterschiedlicher Kassen. Wegen der verbesserten Einnahmen-/ Ausgabensituation würde dies zu einer nachhaltigen Sicherung der Finanzierungsgrundlagen führen. Ein weiteres Problem ist die Erosion der Finanzierungsgrundlagen der Sozialversicherungen. Dabei ist die Orientierung der Beiträge allein am Lohneinkommen der Versicherten als problematisch anzusehen. Der Anteil der Löhne am sogenannten Volkseinkommen ist in den vergangenen Jahren gesunken. Andere Einkommensarten wie Kapital-, Anlage- und Zinseinkünfte oder solche aus Vermietung und Verpachtung gewinnen an Bedeutung. Die Beitragsbemessungsgrundlage spiegelt diese Entwicklung nicht wieder. Das führt zu 2

geringeren Einnahmen und dazu, dass die Finanzierung ungleicher verteilt ist. Sie bildet nicht mehr die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Versicherten ab. Aus diesem Grund fordert der Paritätische die Einbeziehung aller Bürgerinnen und Bürger in ein einheitliches Versicherungssystem und eine Ausweitung der Beitragsbemessungsbasis auf das gesamte steuerliche Einkommen. Der damit verbundene Verwaltungsmehraufwand ist überschaubar. Bereits heute werden die Beiträge freiwillig versicherter Rentnerinnen und Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung auf dieser Grundlage berechnet. Ein pragmatischer und unbürokratischer Weg dazu wäre es, den Steuerbescheid als Grundlage der Beitragsbemessung zu nehmen. Dies entspräche auch dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung und wäre in der Umsetzung unproblematisch. Eine steuerliche Freistellung von Einkommen würde entsprechend auch für die Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung gelten. Die nicht freigestellten Einkommen sollten bis zur Beitragsbemessungsgrenze mit dem halben Beitragssatz berücksichtigt werden. Für die lohnbezogenen Anteile der Versicherungsbeiträge ist die paritätische Finanzierung wiederherzustellen. Sie ist Ausdruck der gemeinsamen Verantwortung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Damit diese Maßnahmen Wirkung entfalten und leistungsfähige Personen stärker zur Finanzierung von Gesundheit und Pflege beitragen, brauchen wir auch eine Veränderung der Beitragsbemessungsgrenze. Die Beitragsbemessungsgrenze ist deshalb auf das Niveau der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung anzuheben. Durch diesen Schritt wird der solidarische Charakter der sozialen Pflegeversicherung zusätzlich betont. Eine solche Umstellung hin zu einer Bürgerversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung braucht Zeit auch wegen rechtlich zwingender Übergangsvorschriften. Sie ist nicht von heute auf morgen umsetzbar, aber sie lohnt sich, weil sie strukturellen Defiziten abhilft und dazu beiträgt, die Grundlagen dafür zu schaffen, dass die Rahmenbedingungen für gute Pflege trotz wachsender Herausforderungen besser werden. In einem ersten Schritt würde die Bürgerversicherung für alle neuen Versicherungsverhältnisse obligatorisch. Zu den einzelnen Forderungen nimmt der Paritätische Gesamtverband wie folgt Stellung: Zu 1.) Private Krankenvollversicherung abschaffen Zwei-Klassen-Medizin beenden Der Paritätische tritt für eine solidarische Finanzierung des Gesundheitswesens ein. Die Einführung einer Bürgerversicherung ist ein wesentlicher Beitrag dazu. Ziel einer sozialen Bürgerversicherung ist es, die Finanzierungslasten gerecht zu verteilen und einen Wettbewerb um die bestmögliche Versorgung zu befördern. Das setzt dem Grundsatz der Parität entsprechend ein nach gleichen Kriterien gestaltetes Versicherungssystem voraus. 3

Zu 2.) Beitragsbemessungsgrenze wird abgeschafft Die bestehende Versicherungspflichtgrenze verhindert eine solidarische Finanzierung des Gesundheitswesens. In Zukunft sollen alle Bürger/-innen Mitglied einer nach gemeinsamen Kriterien von unterschiedlichen gesetzlichen oder privaten Kassen organisierten sozialen Bürgerversicherung werden. Für alle neu begründeten Versicherungsverhältnisse gilt damit ein einheitliches Versicherungssystem. Zu 3.) Alle Einkommensarten gleich behandeln Erwerbseinkommen entlasten Derzeit werden die Beiträge an der Höhe der Löhne und Gehälter bemessen. Aufgrund der gewachsenen Bedeutung anderer Einkommensarten bildet das die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Versicherten nicht mehr ab. Künftig sollen daher alle steuerlichen Einkommensarten bei der Beitragsberechnung berücksichtigt werden. Zu 4.) Paritätische Finanzierung Beschäftigte sowie Rentnerinnen und Rentner entlasten Die paritätische Finanzierung muss bezogen auf die lohnbezogenen Anteile der Versicherungsbeiträge wiederhergestellt und das Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags aufgehoben werden. Der Paritätische fordert die Wiederherstellung der paritätischen Finanzierung in den lohnbezogenen Beitragsbestandteilen. Zu 5) Alles medizinisch Notwendige zuzahlungsfrei leisten kranke Menschen entlasten Der Paritätische strebt die Herstellung der besten Qualität in der Versorgung an. Unterschiedliche Beitragssätze führen in der Regel dazu, an Stelle des angestrebten Qualitätswettbewerbs einen Preiswettbewerb zu führen, der nicht im Sinne der Betroffenen ist. Der Paritätische spricht sich deshalb für einen allgemeinen Beitragssatz aus. Zuzahlungen können trotz bestehender Härtefallregelungen zu finanziellen Härten und zu einer medizinisch kontraproduktiven Verzögerung der Inanspruchnahme bzw. zur Nicht-Inanspruchnahme medizinischer Leistungen führen. Zuzahlungen sind deshalb auf Ausnahmefälle zu beschränken. Zu 6.) Eigenständiger Versicherungsanspruch bezahlbare Beiträge für alle Der Paritätische spricht sich für eine soziale Bürgerversicherung als Pflichtversicherung und für die Beibehaltung der kostenfreien Familienversicherung aus. Zu 7.) Leistungen in der Pflege verbessern pflegebedürftige Menschen entlasten Gute Pflege bedarf einer solidarischen und soliden Finanzierung. Die Finanzierung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Dem Anspruch auf eine seinen Bedürfnissen angepasste Pflege entspricht der Verpflichtung, eine solidarische Finanzierung der Pflege sicherzustellen. Der Paritätische fordert deshalb den Ausbau der bestehenden Pflegeversicherung zu einer sozialen Bürgerversicherung. Mit den 4

daraus resultierenden zusätzlichen Einnahmen soll eine Ausweitung und Dynamisierung bedarfsgerechter Leistungen finanziert werden. Berlin, 16. Juni 2017 5