Beispiel einer Lehrgangsklausur aus dem Angestelltenlehrgang II Kommunales Verfassungsrecht

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Transkript:

Beispiel einer Lehrgangsklausur aus dem Angestelltenlehrgang II Kommunales Verfassungsrecht Zeitvorgabe: Zulässige Hilfsmittel: 120 Minuten Gesetzessammlung Pappermann Taschenrechner Sachverhalt: In der Stadt T (19.100 Einwohner; davon 11.500 Bürger) gibt es insbesondere für Jugendliche kaum Freizeitangebote. Die Jugendlichen treffen sich deshalb in T regelmäßig auf zwei großen Spielplätzen. Die Nachmittage verbringen die Jugendlichen dort mit Mofas und Motorrollern und sitzend rauchend auf den Spielgeräten. Abends wird dort z.t. auch getrunken und leere Flaschen etc. bleiben liegen. Die Eltern vieler Kinder der Stadt haben sich schon wiederholt bei der Verwaltung beschwert und diese gebeten etwas zu unternehmen. Daraufhin sind beide Spielplätze renoviert worden. Da sich dadurch das Problem der Jugendlichen, die die Kinder von den Spielplätzen vertreiben, nicht erledigt hat, sammelt eine Bürgerinitiative Unterschriften für das Projekt Haus der Jugend. Vorgeschlagen wird, eine leerstehende, alte Gaststätte im Eigentum der Stadt in ein Jugendzentrum umzuwidmen. Dort soll nach wenigen Renovierungsarbeiten ein Haus der Jugend (HdJ) entstehen, in welchem sich die Jugendlichen nachmittags treffen können. Die Stadt soll zwei Sozialpädagogen als Halbtagskräfte anstellen, die das HdJ nachmittags betreuen. Es hat sich ein privater Sponsor gefunden, der für die Einrichtung Kicker-Tische, einen Billardtisch und Tischtennisplatten für den Hof sponsern würde. Insgesamt reichen die zwei Vertreter der Bürgerinitiative 950 gültige Unterschriften ein, die das Begehren Ich bin für die Umwidmung der Gaststätte in ein Jugendzentrum mit Nachmittagsbetreuung für Jugendliche! unterzeichnet haben. Die Unterschriftenlisten enthalten die oben genannte Begründung sowie die Kostenschätzung der Verwaltung in Höhe von insgesamt rund 350.000. Der Ausschuss für Jugend, Senioren, Freizeit und Kultur erfährt von dem Bürgerbegehren und weist den Bürgermeister darauf hin, dass die Entscheidung über die Einrichtung eines Jugendzentrums Sache des Ausschusses sei. Trotzdem setzt der Bürgermeister die Entscheidung über das Bürgerbegehren auf die TO der nächsten Ratssitzung.

- 2 - Nach der Beratung über die Beschlussvorlage stimmt der Rat mit 16 Nein-Stimmen bei 9 Enthaltungen über das Bürgerbegehren ab. Mit Nein hat auch Ratsmitglied N gestimmt. Er ist Eigentümer des Nachbargrundstücks neben der leerstehenden Gaststätte, die in das HdJ umgebaut werden soll. Der Bürgermeister erklärt das Bürgerbegehren nach der Abstimmung für unzulässig und lässt die Entscheidung den Vertretern des Bürgerbegehrens mitteilen. Aufgabe: Prüfen Sie in einem umfassenden Gutachten anhand der einschlägigen Normen, ob die Vertreter des Bürgerbegehrens eine Möglichkeit haben, sich gegen den Ratsbeschluss zu wehren und ob dies überhaupt Aussicht auf Erfolg hätte!

- 3 - Beispielhafte Lösungsskizze: Gem. Art. 26 Abs. 6 S. 2 GO NRW können die Vertreter gegen die Entscheidung einen Rechtsbehelf einlegen (= Klage vor dem Verwaltungsgericht). Dieser hat Aussicht auf Erfolg, wenn der Ratsbeschluss formell oder materiell fehlerhaft ist. Mögliche formelle Fehler der Ratssitzung: Einberufung/ Tagesordnung (TO): Gem. 47 Abs. 1 S. 1 GO NRW wird der Rat von Bürgermeister einberufen. Er setzt gem. 48 Abs. 1 S. 1 GO NRW auch die Tagesordnung (TO) fest. Gem. 26 Abs. 6 S. 1 GO NRW stellt der Rat unverzüglich fest, ob ein eingereichtes Bürgerbegehren (BB) zulässig ist. Der Kulturausschuss hatte also unrecht mit der Behauptung, dass er für die Entscheidung zuständig sei und somit hat der BM rechtmäßig gehandelt, als er den TOP auf die TO der nächsten Ratssitzung gesetzt hat. Beschlussfähigkeit Rat: Damit der Rat rechtmäßige Beschlüsse fassen kann muss er zunächst beschlussfähig sein. Gem. 49 Abs. 1 GO NRW ist dies der Fall, wenn mehr als die Hälfte der gesetzlichen Mitglieder anwesend sind. Gem. 3 Abs. 2 a) KWahlG hat eine Gemeinde mit über 15.000 aber nicht über 30.000 Einwohnern 38 Vertreter im Rat (= Ratsmitglieder). Hinzu kommt gem. 40 Abs. 2 S. 2 GO der BM als Mitglied kraft Gesetz. Die Stadt T mit 19.100 Einwohnern hat also 39 gesetzliche Mitglieder im Rat. Beschlussfähig ist sie, wenn mind. 20 Mitglieder anwesend sind. Hier sind es 25, also beschlussfähig. Beschlussfassung: Gem. 50 Abs. 1 GO fasst der Rat seine Beschlüsse mit Stimmenmehrheit (= einfache Mehrheit). Diese ist erreicht, wenn mehr als die Hälfte der gültigen, abgegeben Stimmen mit Ja gestimmt haben. Enthaltungen zählen hierbei nicht mit, vgl. Abs. 5. Hier haben 9 Mitglieder sich ihrer Stimme enthalten. Diese bleiben unberücksichtigt. Alle 16 abgegebenen Stimmen lauten Nein. Die Mehrheit ist nicht erreicht. Der Beschluss wurde einstimmig abgelehnt. Befangenheit von N: Als Eigentümer des Nachbargrundstücks könnte N gem. 50 Abs. 6 i.v.m. 31 GO befangen sein. Wer befangen i.s.d. 31 GO NRW ist, darf an der Beratung und der Abstimmung nicht teilnehmen. N könnte hier bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des BB selbst betroffen sein. Als Nachbar hätte er einen Nachteil durch die Umwidmung der Gaststätte in ein HdJ, durch die zu erwartenden rauchenden, trinkenden und lärmenden Jugendlichen in seiner unmittelbaren Nachbarschaft. Allerdings müsste dieser Nachteil auch unmittelbar sein, also direkt nach der getroffenen Entscheidung eintreten. Hier ging es jedoch zunächst um die Entscheidung über die Zulässigkeit des BB. Danach müsste erst noch die Umwidmung der Gaststädte durch den Bürgerentscheid oder einen entsprechenden Ratsbeschluss erfolgen. Der Nachteil ist somit nicht unmittelbar und N nicht befangen. Darüber hinaus wäre eine nachträglich festgestellte Befangenheit (also nach der Abstimmung) nur dann relevant, wenn sie für das Abstimmungsergebnis

- 4 - entscheidend war. N hat mit Nein gestimmt. Auch ohne seine Mitwirkung wäre das BB einstimmig für unzulässig erklärt worden. N durfte an der Beratung und Entscheidung teilnehmen. Die Ratssitzung ist formell rechtmäßig verlaufen. Mögliche materielle Fehler der Ratsentscheidung: Inhaltlich könnte die Entscheidung des Rates, dass das BB unzulässig ist, fehlerhaft gewesen sein. Dies wäre der Fall, wenn das BB die Voraussetzungen des 26 Abs. 1-5 GO NRW erfüllt. Verbandskompetenz: Gem. 26 Abs. 1 S. 1 GO NRW ist ein BB nur zulässig, wenn es sich dabei um eine Angelegenheit der Gemeinde handelt. Diese ergeben sich aus Art. 28 Abs. 2 GG. Danach ist die Gemeinde für Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft allzuständig. Was in der jeweiligen Gemeinde Angelegenheit der örtliche Gemeinschaft ist, ergibt sich aus dem Einwohnerinteresse. In der Stadt T haben Jugendliche kein Freizeitangebot. Sie treiben sich auf Spielplätzen herum, vertreiben die Kinder von dort und zweckentfremden die Spielplätze. Somit besteht in der Stadt T ein Bedarf an einem Jugendtreffpunkt. Dass dieser auch im Interesse eines Großteils der Bürger liegt, haben diese durch das BB gezeigt. Gem. 8 Abs. 1 GO NRW ist jede Gemeinde im Wege der Daseinsvorsorge u.a. für die soziale und kulturelle Betreuung der Einwohner zuständig. Durch ein HdJ wir eine souiale und kulturelle Einrichtung für Jugendliche geschaffen. Dies stellt eine freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe der Stadt dar. Aus Finanzhoheit folgt für die T auch die Möglichkeit der eigenverantwortlichen Finanzierung der Renovierung/ Umwidmung. Die Kosten belaufen sich ohnehin lediglich auf 350.000 und es hat sich zudem ein privater Sponsor für die Innenausstattung gefunden. Das benötigte Personal (2 Sozialpädagogen halbtags) darf die Stadt T aufgrund ihrer Personalhoheit selbständig anstellen. Es handelt sich um eine gemeindliche Angelegenheit. Organkompetenz: Gem. 26 Abs. 1 S. 1 GO NRW ist das BB außerdem nur zulässig, wenn die Bürger an Stelle des Rates eine Entscheidung treffen wollen. Der Rat muss also für die Angelegenheit zuständig sein. Gem. 41 Abs. 1 S. 1 GO NRW ist der Rat grundsätzlich für alle Angelegenheiten zuständig. In dem Katalog des S. 2 werden Themen genannt, für die allein der Rat zuständig ist. Hier kommt eine Alleinzuständigkeit des Rates gem. 41 Abs. 1 S. 2 l) GO NRW in Betracht. Danach ist der Rat für die Errichtung einer öffentlichen Einrichtung zuständig. Wie oben dargelegt handelt es sich bei dem HdJ um eine soziale und kulturelle öffentliche Einrichtung (s.o.). Der Rat ist zuständig. Der Ausschuss behauptet zu Unrecht zuständig zu sein, denn er kann nur nach Abs. 2 etwas übertragen bekommen. Der Rat ist jedoch für den Katalog in Abs. 1 S. 2 unübertragbar zuständig. Die Personalhoheit für die Auswahl und Anstellung der Sozialpädagogen läge beim BM gem. 41 Abs. 1 S. 1 i.v.m. 73 Abs. 2, 3 GO NRW. Aber diese ist nicht Gegenstand des Bürgerbegehrens. Eine Unzulässigkeit nach Abs. 5 ist nicht ersichtlich.

- 5 - Anforderungen Abs. 2: Auch die formellen Anforderungen des Abs. 2 müssten erfüllt sein. Laut Sachverhalt ist das BB schriftlich eingereicht worden. Es ist damit begründet, dass es in T zu wenige Freizeitangebote für Jugendliche gibt. Daneben muss ein BB von bis zu drei Vertretern eingereicht werden. Hier haben zwei Vertreter das BB eingereicht. Eine Kostenschätzung in Höhe von 350.000 ist auf der Unterschriftenliste angegeben. Das BB muss eine Frage enthalten, die mit Ja oder Nein beantwortbar ist (vgl. auch Abs. 7). Hier sind Unterschriften zu dem Thema Ich bin für die Umwidmung der Gaststätte in ein Jugendzentrum mit Nachmittagsbetreuung für Jugendliche! gesammelt worden. Die ist keine Frage im klassischen Sinn (mit einem Fragezeichen als Satzzeichen), sondern vielmehr eine Aussage. Prüflinge sollen dies erkennen und dazu Stellung nehmen. H.M. lässt auch Aussage gelten, wenn sie klar mit Ja oder Nein beantwortbar ist. Hier wäre mit dem Thema ein Bürgerentschied durchführbar. A.A. aber mit Argumentation ebenfalls vertretbar. Frist Abs. 3: Da sich das BB nicht gegen einen Ratsbeschluss richtet, sondern von den Bürgern ohne vorheriges Befassen des Rates ausgeht (sog. initiierendes BB), ist keine Frist nach Abs. 3 zu beachten. Unterschriften Abs. 4: Gem. Abs. 4 müssen BB in Städten mit bis zu 20.000 Einwohnern von 9 % der Bürger unterschrieben sein. Bei 11.500 Bürgern bedarf es mind. 1.035 Unterschriften. Hier wurden nur 950 Unterschriften eingereicht. Da es sich um gültige Unterschriften handelt, entsprechen diese wohl den Voraussetzungen der 26 Abs. 4 S. 2 i.v.m. 25 Abs. 4 GO NRW, allerdings reicht die Anzahl nicht aus. Das BB ist unzulässig. Ergebnis: Die Vertreter des Bürgerbegehrens haben zwar gem. Art. 26 Abs. 6 S. 2 GO NRW die Möglichkeit einen Rechtsbehelf einzulegen. Wegen der zu geringen Zahl an Unterschriften (und ggf. fehlerhaften Fragestellung) hat dieser jedoch keine Aussicht auf Erfolg.