Konfliktbereinigung und Konfliktvermeidung im internationalen Steuerrecht

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Konfliktbereinigung und Konfliktvermeidung im internationalen Steuerrecht München, 28. April 2014 Prof. Dr. Hubertus Baumhoff 1023671_2.pptx

Gliederung A. Internationale Doppelbesteuerung als Besteuerungskonflikt I. Risiko internationaler Doppelbesteuerung II. Hintergrund und Ursachen internationaler Doppelbesteuerung III. Doppelbesteuerungsabkommen als völkerrechtliche Verträge IV. Besteuerungskonflikte trotz einschlägiger Doppelbesteuerungsabkommen B. Bereinigung vs. Vermeidung von Besteuerungskonflikten Reaktive vs. präventive Instrumente C. Instrumente zur Bereinigung von Besteuerungskonflikten I. Überblick II. Grundlagen zwischenstaatlicher Verständigungsverfahren III. Grundlagen zwischenstaatlicher Schiedsverfahren IV. Vergleich reaktiver Instrumente V. Sinnvoller Einsatz der reaktiven Instrumente 1

Gliederung D. Instrumente zur Vermeidung zukünftiger Besteuerungskonflikte I. Überblick über die präventiven Instrumente zur Konfliktbereinigung II. Grundzüge des APA-Verfahrens in Deutschland III. Ablauf eines erfolgreichen APA-Verfahrens in Deutschland IV. Inhalt der zwischenstaatlichen Verständigungsvereinbarung V. Zweckmäßigkeit des APA-Verfahrens E. Beispielsfälle 2

A. Internationale Doppelbesteuerung als Besteuerungskonflikt 3

I. Risiko internationaler Doppelbesteuerung Grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit bringt die Gefahr einer Doppelbesteuerung (ggf. auch einer Mehrfachbesteuerung) mit sich. Wird derselbe Steuerpflichtige mit denselben Einkünften gleichzeitig in zwei Staaten zu einer vergleichbaren Steuer herangezogen, liegt eine Doppelbesteuerung vor. Der Steuerpflichtige wird hierdurch das Opfer eines internationalen Besteuerungskonflikts. Eine Doppelbesteuerung ist auf dem Boden der aktuellen Rechtsprechung weder europarechtlich noch verfassungsrechtlich zu beanstanden. 4

II. Hintergrund und Ursachen internationaler Doppelbesteuerung Nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts bedarf es keiner ausdrücklichen völkerrechtlichen Erlaubnisnorm, um exterritoriale Sachverhalte zu besteuern. Exterritoriale Sachverhalte dürfen besteuert werden, solange ein hinreichender Anknüpfungspunkt (sog. genuine link) zum normierenden Staat besteht. Internationale Praxis der Steuergesetzgeber: Nebeneinander von unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht, Überschneidungen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen. 5

III. Doppelbesteuerungsabkommen als völkerrechtliche Verträge Doppelbesteuerungsabkommen sind völkerrechtliche Verträge die eine Doppelbesteuerung vermeiden sollen. In den Doppelbesteuerungsabkommen verzichten die Vertragsstaaten durch abstrakt-generelle Regelungen auf das ihnen nach allgemeinem Völkerrecht zustehende Besteuerungsrecht (Prinzip des wechselseitigen Steuerverzichts). Doppelbesteuerungsabkommen wirken nicht steuerbegründend, sondern beschränken den nach nationalem Recht bestehenden Steueranspruch (Schrankenrecht). Sie setzen den nationalen Steuergesetzen (z.b. dem Einkommensteuergesetz) Grenzen. 6

IV. Besteuerungskonflikte trotz einschlägigem Doppelbesteuerungsabkommen Nachdem die Vertragsstaaten das jeweilige Abkommen gemeinsam ausgehandelt haben, wenden es die Vertragsstaaten getrennt voneinander d.h. ohne Anwendungskoordination an. Es besteht die Gefahr divergierender Anwendung des Abkommens, mit der Folge eines Besteuerungskonflikts. Gründe für eine divergierende Abkommensanwendung: unterschiedliche Auslegung des Abkommens unterschiedliches Sachverhaltsverständnis. 7

B. Bereinigung vs. Vermeidung von Besteuerungskonflikten Reaktive vs. präventive Instrumente 8

Fallgruppe 1: Ein Verrechnungspreiskonflikt ist eingetreten. Fallgruppe 2: Ein Verrechnungspreiskonflikt droht einzutreten. reaktive Instrumente 1. nationaler Rechtsweg 2. Verständigungsverfahren 3. Schiedsverfahren 1. APA präventive Instrumente 2. verbindliche Auskunft 3. verbindliche Zusage 9

C. Instrumente zur Bereinigung von Besteuerungskonflikten 10

I. Überblick Instrumente zur Bereinigung rein national übernational nationales Klageverfahren Gerichtsverfahren vor einem dem Steuerpflichtigen und der Behörde übergeordneten Gericht (endet i.d.r. durch Beschluss oder Urteil) Verständigungsverfahren zwischenstaatliches Koordinierungsverfahren, bei dem sich die Behörden beider Staaten in einem Einzelfall um eine kongruente Abkommensanwendung bemühen Schiedsverfahren einzelfallbezogenes zwischenstaatliches Koordinierungsverfahren, welches im Regelfall durch einen Schiedsspruch entschieden wird 11

II. Grundlagen zwischenstaatlicher Verständigungsverfahren 1) Rechtsnatur und Abgrenzung Zwischenstaatliches Koordinierungsverfahren, bei dem sich die Steuerbehörden beider Staaten in einem Einzelfall um eine kongruente Abkommensanwendung bemühen. Im Unterschied zum Konsultationsverfahren (gem. Art. 25 Abs. 3 OECD- MA) geht es um die Bereinigung einer abkommenswidrigen Besteuerung in einem Einzelfall. Im Unterschied zum Schiedsverfahren besteht die Gefahr, dass die abkommenswidrige Besteuerung bestehen bleibt. 2) Rechtsgrundlagen Die Verständigungsklauseln in den DBA (vgl. Art. 25 Abs. 1 und Abs. 2 OECD-MA) sowie die EU-Schiedsverfahrenskonvention. BMF-Merkblatt vom 13. Juli 2006 (BStBl. I 2006, S. 461 ff.). 12

II. Grundlagen zwischenstaatlicher Verständigungsverfahren 3) Stellung des Steuerpflichtigen Antragsrecht: Der Steuerpflichtige kann als abkommensberechtigte Person die Einleitung des Verfahrens beantragen (je nach Abkommen ist der Antrag z.t. befristet [z.b. 4 Jahre nach Eintritt der abkommenswidrigen Besteuerung]). Keine Beteiligtenstellung: Verfahrensbeteiligte sind allein die Behörden beider Staaten. Der Antragsteller nimmt am Verfahren nicht aktiv teil, sondern wird nur gelegentlich informiert. Die Behörden verhandeln nicht mit, sondern über den Steuerpflichtigen. Beachte: Der Steuerpflichtige hat einen Anspruch auf Verfahrenseinleitung (h.m.), aber keinen Anspruch auf Einigung (unstr.). 13

II. Grundlagen zwischenstaatlicher Verständigungsverfahren 4) Ablauf des Verfahrens nach Einleitung Antragsteller stimmt zu (damit ist die Verständigung völkerrechtlich verbindlich) nationale Umsetzung (in Deutschland über 175a AO) Verständigungsbemühungen Behörden schließen Verständigung unter Zustimmungsvorbehalt Verständigungsbemühungen scheitern Antragsteller stimmt nicht zu Verständigungsverfahren gescheitert Betreiben eines nationalen Klageverfahrens oder Antrag auf Billigkeitsmaßnahme ( 163 AO) 14

II. Grundlagen zwischenstaatlicher Verständigungsverfahren 5) Statistik Anzahl der anhängigen Verfahren Durchschnittliche Dauer (OECD): 25 Monate pro Verfahren Scheitern oder Rücknahme des Antrages in Deutschland: in 2010 endeten 25 der abgeschlossenen 223 Fälle ohne Einigung (also ca. 10 %) 15

III. Grundlagen zwischenstaatlicher Schiedsverfahren 1) Rechtsnatur und Abgrenzung Beim Schiedsverfahren handelt es sich um ein einzelfallbezogenes zwischenstaatliches Koordinierungsverfahren, welches durch einen Schiedsspruch einer übergeordneten Stelle (Schiedsgericht) entschieden wird. Im Unterschied zum Verständigungsverfahren im engeren Sinne wird die abkommenswidrige Besteuerung auf jeden Fall beseitigt. 2) Rechtsgrundlagen Die Schiedsklauseln in den DBA (vgl. Art. 25 Abs. 5 OECD-MA) sowie die EU-Schiedsverfahrenskonvention (Art. 293 EG-Vertrag). 3) BMF-Merkblatt vom 13.7.2006 (BStBl. I 2006, S. 461 ff.). 16

III. Grundlagen zwischenstaatlicher Schiedsverfahren 4) Einzelheiten zur EU-Schiedsverfahrenskonvention a) Normen Übereinkommen 90/436/EWG vom 23.7.1990, zuletzt geändert durch den Beitritt Bulgariens und Rumäniens (vgl. 2008/492/EG vom 23. Juni 2008) b) Persönlicher Anwendungsbereich Mitgliedstaaten der Europäischen Union (bei jungen Mitgliedern, soweit ratifiziert) c) Sachlicher Anwendungsbereich Ertragsteuerliche Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte sowie zwischen verbundenen Unternehmen 17

III. Grundlagen zwischenstaatlicher Schiedsverfahren 5) Ablauf des mehrstufigen Verfahrens nach EU-Schiedsverfahrenskonvention Phase I: Verständigungsversuch im Rahmen eines Verständigungsverfahrens (Art. 6 SVK) Wenn das Verständigungsverfahren nicht zu einem Einvernehmen führt: Phase II: Schiedsverfahren vor dem Beratenden Ausschuss (Art. 7 ff. SVK) 18

III. Grundlagen zwischenstaatlicher Schiedsverfahren Verständigungsverfahren zweiter Einigungsversuch der Staaten 19

III. Grundlagen zwischenstaatlicher Schiedsverfahren 6) Generelle Einleitungspflicht? Bei fristgerechter und ordnungsgemäßer Antragstellung ist die zuständige Behörde grds. zur Einleitung eines Verständigungs-/Schiedsverfahrens verpflichtet. Ausnahme: Art. 8 EU-Schiedskonvention: Wenn eines der beteiligten Unternehmen einen empfindlich zu bestrafenden Verstoß gegen die steuerlichen Vorschriften begangen hat. In Deutschland: - Steuerhinterziehung ( 370 AO) - leichtfertige Steuerverkürzung ( 378 AO) - Steuergefährdung ( 379 AO) Im Ausland: - Nationales Recht - Einleitung eines Steuerstrafverfahrens Verweigerung eines Verständigungs- /Schiedsverfahrens (Italien) 20

IV. Vergleich reaktiver Instrumente nationales Klageverfahren Vorteile: Kläger hat im Verfahren starke Mitwirkungsrechte Möglichkeit der AdV im Obsiegensfall: Kostenerstattungsanspruch Nachteile: Verfahren nur einseitig (andere Staaten sind nicht gebunden) Verständigungsverfahren Vorteile: Verständigung bindet beteiligte Staaten keine Gerichtskosten Nachteile: kein Einigungszwang keine oder schwache Beteiligtenstellung Ergebnis nicht prognostizierbar ggf. sehr langwierig Schiedsverfahren Vorteile: Doppelbesteuerung wird beseitigt Schiedsspruch bindet beteiligte Staaten ggf. multilateral möglich keine Gerichtskosten Nachteile: keine oder schwache Beteiligtenstellung ggf. sehr langwierig 21

V. Sinnvoller Einsatz der reaktiven Instrumente Beispiele für Abwägungsargumente: Ist eine Aussetzung der Vollziehung gewünscht, ist zumindest in Deutschland ein Einspruch bzw. eine Klage unabdingbar. Sind die Erfolgsaussichten eines nationalen Klageverfahrens besonders gut (bspw. weil der Steuerbescheid evident gegen gefestigte Rechtsprechung verstößt), sollte das nationale Klageverfahren aktiv betrieben werden (im Falle des Obsiegens steht dem Steuerpflichtigen ein Kostenerstattungsanspruch zu). Parallel ist die Einleitung eines zwischenstaatlichen Verständigungsverfahrens zu empfehlen, welches dann ruhend gestellt werden kann. Sind von der fraglichen Geschäftsbeziehung mehr als zwei Staaten betroffen, ist (soweit möglich) ein multilaterales Verfahren nach EU-Schiedsverfahrenskonvention im Regelfall das vorzugswürdige Instrument. 22

D. Instrumente zur Vermeidung zukünftiger Besteuerungskonflikte 23

I. Überblick über die präventiven Instrumente zur Konfliktbereinigung Präventive Instrumente rein national (in D) übernational verbindliche Auskunft APA-Verfahren 89 Abs. 2 AO rechtsfragenbezogen verbindliche Zusage 204 ff. AO rechtsfragenbezogen tatsächliche Verständigung tatsachenbezogen grds. vergangenheitsorientiert gewinnabgrenzungsorientiertes zwischenstaatliches Koordinierungsverfahren, verbunden mit der Herstellung einer Bindungswirkung für das spätere Besteuerungsverfahren sowohl tatsachen- als auch rechtsanwendungsbezogen 24

innerstaatliches Besteuerungsverfahren II. Grundzüge des APA-Verfahrens BMF-Merkblatt vom 05.10.2006 (BStBl. I 2006, S. 594 ff.) Beim APA-Verfahren (APA = Advance Pricing Agreement) sind aus verfahrensrechtlicher Sicht die zwischenstaatliche und die innerstaatliche Ebene strikt zu trennen. zwischenstaatliche Ebene ausländische Finanzverw. zwischenstaatliches Verständigungsverfahren deutsche Finanzverw. Steuerpflichtiger innerstaatliche Ebene 25

III. Ablauf eines erfolgreichen APA-Verfahrens in Deutschland 1) schriftl. Zustimmung + Rechtsbehelfsverzicht des Stpfl. 2) Vorabzusage der Finanzverwaltung 26

III. Ablauf eines erfolgreichen APA-Verfahrens in Deutschland Praktische Aspekte Vorgespräche ( Prefiling ) können auch anonym, d.h. ohne Nennung des Steuerpflichtigen geführt werden. Antragsbefugnis bei Personengesellschaften: Gesellschafterebene (Transparenzprinzip) Bei ertragsteuerlichen Organschaftsverhältnissen können Steuerpflichtiger und Antragsteller nicht identisch sein: Beide Gesellschaften sollten dann den Antrag gemeinsam stellen (wird vom BZSt so akzeptiert: Vgl. Flüchter, in: Schönfeld/Ditz, DBA, Art. 25 Rz. 47). 27

IV. Inhalt der zwischenstaatlichen Verständigungsvereinbarung Präambel mit einer Beschreibung der Genese der Vereinbarung Regelungen über den Anwendungsbereich persönlicher Anwendungsbereich, umfasste Transaktionen sowie Gültigkeitszeitraum Steuerliche Behandlung der Transaktionen Verrechnungspreismethode sowie einzelfallbezogene Festlegung der Kalkulationsgrundlagen Gültigkeitsbedingungen ( Critical Assumptions ) Sachverhaltliche Geschäftsgrundlage (z.b. bestimmte Marktbedingungen) Notwendige Erklärungen Verbindlichkeit der Verständigungsvereinbarung wird davon abhängig gemacht, dass der Steuerpflichtige 1) der Verständigung zustimmt 2) einen Rechtsbehelfsverzicht erklärt sowie 3) sich zu Compliance Reports verpflichtet 28

V. Zweckmäßigkeit eines APA-Verfahrens Die Durchführung eines APA-Verfahrens löst folgende Gebühren aus (vgl. 178a AO). Grundgebühr: 20.000,- Änderungsgebühr: 10.000,- Verlängerungsgebühr: 15.000,- Durch die Erstellung der Jahresberichte entstehen weitere Kosten. Folge: Ein APA-Verfahren muss sich auf Basis einer konkreten Risikoanalyse rechnen. 29

V. Zweckmäßigkeit eines APA-Verfahrens Die Durchführung eines APA-Verfahrens ist zweckmäßig in Bezug auf streitanfällige Transaktionen mit nennenswertem Volumen wenn ein möglicher Verrechnungspreiskonflikt aller Voraussicht nach nicht durch reaktive Instrumente bereinigt werden kann (z.b. weil kein obligatorisches Schiedsverfahren vorgesehen ist). Möglichkeit eines Roll Backs, d.h. Rückbeziehung des APAs auf bereits abgelaufene Besteuerungszeiträume. Möglichkeit der zeitlichen Verlängerung eines APAs. Multinationale APAs: Wenn die Verrechungspreisrisiken in mehreren Staaten ungewöhnlich hoch sind (Bsp. Airbus) Sonderthema: Simultanprüfungen 30

E. Beispielsfälle 31

Fall 1: Wirtschaftliche Doppelbesteuerung Deutschland Autohersteller AG (Kfz-Produktion) Österreich Vertriebs GmbH (Kfz-Vertrieb) Sachverhalt: Die deutsche Autohersteller AG produziert Kfz. In Österreich werden Fahrzeuge über eigene Tochtergesellschaften vertrieben. Durch die Produktion und den Vertrieb erwirtschaften die beiden Gesellschaften im Jahr 2009 insgesamt einen Gewinn von 100. Von dem insgesamt entstandenen Gewinn unterwirft die deutsche Finanzverwaltung bei der Autohersteller AG einen Gewinn von 70 der deutschen Körperschaftsteuer, während die österreichische Finanzverwaltung auf Ebene der Vertriebs GmbH einen Gewinn von 50 besteuert. Die entstandene wirtschaftliche Doppelbesteuerung basiert ausschließlich auf der unterschiedlichen Festlegung abweichender Verrechnungspreise. Gestützt auf Art. 25 Abs. 1, Abs. 2 DBA-D/AUT stellt die Autohersteller AG beim deutschen BZSt einen ordnungsgemäßen Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens. Steht die Einleitung eines zwischenstaatlichen Verständigungsverfahrens im Ermessen der deutschen Verwaltung oder besteht eine Einleitungspflicht? 32

Fall 2: Wirtschaftliche Doppelbesteuerung (Abwandlung) Deutschland Autohersteller AG (Kfz-Produktion) Österreich Vertriebs GmbH (Kfz-Vertrieb) Sachverhalt: Sachverhalt wie im Fall 1. Allerdings wurde vor Stellung des Antrags auf Einleitung des Verständigungsverfahrens in Deutschland ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, weil die deutsche Finanzverwaltung den Verdacht hegt, bei der Abgabe der Steuererklärungen sei der Versuch unternommen worden, deutsche Steuern zu verkürzen. a) Besteht trotz des laufenden Ermittlungsverfahrens die Pflicht, ein Verständigungsverfahren nach DBA einzuleiten? b) Kann alternativ ein Verfahren nach der EU-Schiedsverfahrenskonvention beantragt werden? c) Wie wäre es, wenn der Vorstand der Autohersteller AG mit Rücksicht auf die fragliche Steuererklärung rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden wäre? 33

Kontakt Bonn Johanna-Kinkel-Straße 2-4 53175 Bonn Telefon 0228/95 94-0 Telefax 0228/95 94-100 bonn@fgs.de Berlin Friedrichstraße 69 10117 Berlin Telefon 030/21 00 20-20 Telefax 030/21 00 20-99 berlin@fgs.de Prof. Dr. Hubertus Baumhoff Wirtschaftsprüfer, Steuerberater hubertus.baumhoff@fgs.de Frankfurt MesseTurm Friedrich-Ebert-Anlage 49 60308 Frankfurt a.m. Telefon 069/717 03-0 Telefax 069/717 03-100 frankfurt@fgs.de München Brienner Straße 29 80333 München Telefon 089/80 00 16-0 Telefax 089/80 00 16-99 muenchen@fgs.de Repräsentanz Wien Am Heumarkt 7 1030 Wien Telefon +43 1/713 08 14 Telefax +43 1/713 08 15 wien@fgs-wien.at Repräsentanz Zürich Bahnhofstraße 69a 8001 Zürich Telefon +41 44/225 70-10 Telefax +41 44/225 70-11 zuerich@fgs-zuerich.ch 34