Psychologin und Job-Coach über deutsches Sicherheitsdenken und tote Pferde

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Transkript:

ANGST? BEQUEMLICHKEIT? LOYALITÄT? Ich hasse meinen Job wieso kündige ich nicht? Psychologin und Job-Coach über deutsches Sicherheitsdenken und tote Pferde Laut Umfragen ist jeder zweite Deutsche unzufrieden im Job aber nur die wenigsten tun etwas dagegen. Stattdessen verharren sie in der gleichen Position, während der innere Frust wächst Foto: Blend Images/Getty Images Artikel von: NICOLE GAST Wie jeder vernünftige und empfindsame Mensch verabscheue ich Arbeit. (Aldous Huxley ( 1963), britischer Schriftsteller)

Ein Zitat, das vielen Arbeitnehmern aus der Seele spricht vor allem der Teil mit dem verabscheuen. Laut der aktuellsten Jobzufriedenheits-Studie (https://www.manpowergroup.de/neuigkeiten/studien-und-research/studie-jobzufriedenheit/evalanche/index/) * der ManpowerGroup Deutschland aus dem Jahr 2016 ist nur jeder zweite Angestellte mit seinem Job zufrieden, 44 Prozent haben schon innerlich gekündigt und überlegen, in naher Zukunft den Job zu wechseln. Hauptgründe: keine Karrierechancen, keine Personalgespräche oder Weiterbildungen und unflexible Arbeitszeiten. Problem: Meistens bleibt es bei dem bloßen Wunsch, den Job zu kündigen die meisten verharren in ihrem Bürostuhl und baden weiter in Frust. Aber warum? Wovor haben die Deutschen Angst? Und wie kann ich das beste aus einem Job machen, der mich eigentlich nervt soll ich mich versetzen lassen? Wie bitte ich den Chef darum? Und woran merke ich, dass ich WIRKLICH kündigen muss? BILD fragte bei Diplom-Psychologin Marion Lemper-Pychlau (http://lemper-pychlau.com/) Job-Coach Carolin Lüdemann (http://www.carolin-luedemann.de/) nach. und Hass auf den Job warum kündigen Menschen nicht?

Diplom-Psychologin Marion Lemper-Pychlau Foto: Privat Psychologin Lemper-Pychlau: Angst vor dem Unbekannten, eine Abscheu vor dem Risiko, Bequemlichkeit es gibt viele Gründe, warum Menschen einen ungeliebten Job behalten. Es spielt auch immer die Hoffnung mit hinein, dass die Ursachen der Unzufriedenheit schon irgendwann von allein verschwinden, wenn man nur lange genug wartet ( Der Chef geht doch bestimmt bald in Rente ). Vermutlich spielt auch eine ganz menschliche Eigenheit eine nicht unerhebliche Rolle: Die Verlustaversion eine Art Denkfehler, der darauf hinausläuft, dass ein Verlust emotional doppelt so schwer wiegt wie ein Gewinn der gleichen Höhe. Heißt: Selbst wenn wir die Aussicht auf einen neueren, besseren Job haben, neigen wir dazu, den ungeliebten Job zu behalten. Denn: Wir geben das, was wir haben, grundsätzlich nicht gerne auf. Job-Coach Lüdemann weiß zudem: Viele Arbeitnehmer finden es auch einfach normal, nicht gern zu arbeiten.

Wie viel Einfluss hat das typisch deutsche Sicherheitsdenken auf unsere Entscheidungen? Business-Coach Carolin Lüdemann Einen sehr großen, meint Lüdemann: Deshalb hat die Konjunktur auch Einfluss auf die Fluktuation in den Unternehmen. Ist die Lage am Arbeitsmarkt gut, wechseln mehr Mitarbeiter ihre Jobs. Die ManpowerGroup-Studie aus dem Jahr 2014 kam zu dem Ergebnis, dass 67 Prozent der Menschen nur aus rein finanziellen Gründen ihrem derzeitigen Job nachgehen.

Nicht verwunderlich: Hat man sich einmal an sein (gutes) Gehalt gewöhnt, will man es nicht mehr missen. Zudem muss die Familie ernährt und die Wohnung oder das Auto abbezahlt werden. Und so ein Urlaub (mindestens) einmal im Jahr ist ja auch was Schönes... Und es ist auch keinesfalls verwerflich, aus rein finanziellen Gründen im Job zu bleiben wenn man sich dadurch nicht selbst krank macht. Wann ist ein Jobwechsel überfällig? Lüdemann: Wenn sie nur aufs Wochenende hinarbeiten oder es Ihnen am Sonntag schon vor dem Montag graut. Oder wenn Sie sich morgens aus dem Bett QUÄLEN müssen, weil Sie so gar keine Lust haben, zur Arbeit zu gehen. Auch wer nur noch Dienst nach Vorschrift macht oder sich im Arbeitsplatz gar nicht mehr motivieren kann, sollte sich klar werden: Bei mir überwiegt der Frust, ist es das wert? und Wäre ich woanders nicht glücklicher? Lemper-Pychlau: Stellen Sie sich die folgenden Fragen: Wie groß sind die Chancen, dass dieser Job das ermöglicht, was ich haben will? Kann ich woanders meine Ziele leichter erreichen? Bedenken Sie: Wenn ein Pferd tot ist, muss man auf jeden Fall absteigen!

Jeder hat mal einen schlechten Tag im Job... Wenn daraus aber ein oder mehrere Jahre werden, sollten Sie aktiv werden und sich nach einem neuen Arbeitsplatz umsehen! Foto: DigitalVision/Getty Images Ich traue mich nicht zu kündigen. Soll ich mich versetzen lassen? Lemper-Pychlau: Das hilft nicht unbedingt, es kommt auf die Ursache Ihrer Unzufriedenheit an. Wenn Sie nur flüchten wollen, ist das nicht ratsam. In den meisten Fällen wiederholen sich die Probleme am neuen Arbeitsplatz, weil man letzten Endes selbst die Ursache für das eigene Unglück ist. Prüfen Sie also erst einmal, WARUM der Job so unbefriedigend geworden ist. Dabei muss man ehrlich mit sich selbst sein!

Aber: Manchmal gibt der Job einfach nicht mehr her, egal wie sehr man sich bemüht. Dann sind Sie in einer Sackgasse und eine Versetzung macht auf jeden Fall Sinn! Wie kann ich meinen verhassten Job aufpimpen? Lüdemann: Versuchen Sie, die demotivierenden Faktoren zurückzuschrauben, also z. B. monotone Arbeitsabläufe, Über- oder Unterforderung, Stress oder ein schlechtes Betriebsklima. Auch privater Stress hat Einfluss auf die Arbeitsmotivation und -ergebnisse! Psychologin Lemper-Pychlau ist sich sicher: In beinahe jedem Job lässt sich das Glück finden, wenn man ein bisschen clever ist und sich geschickt anstellt. Soll ich fragen, ob ich Home-Office machen darf? Lemper-Pychlau: Wenn Sie an Ihrem Arbeitsplatz unglücklich sind, wäre Home-Office einen Versuch wert. Denn wenn beispielsweise der Chef seine Mannschaft schikaniert oder Kollegen Sie mobben, nutzen kleinere Veränderungen (Sich an einen anderen Tisch setzen, den Schreibtisch umdekorieren, etc.) nichts. Es ist also wirklich sehr wichtig, genau zu analysieren, wodurch das Unglück verursacht wird. Und auch vor sich selbst zugeben zu können, welchen Anteil man möglicherweise selbst an der Misere hat (z. B. mangelnde Sozialkompetenz, mit der man sich überall unbeliebt macht). Wie sage ich das meinem Chef, er soll nicht denken, ich sei nicht loyal... Lemper-Pychlau: Erläutern Sie Ihre Motive, die zu dem Veränderungswunsch geführt haben, damit er sich in Sie hineinversetzen kann. Sie könnten auch Ihre Befürchtung aussprechen, dass er Sie nicht für loyal halten könnte treten Sie dabei aber nicht zu schuldbewusst auf, sonst bringen Sie ihn womöglich erst auf die Idee, dass Ihr Wunsch nach Veränderungen nicht in Ordnung sein

könnte. Seien Sie selbstsicher und begegnen Sie ihm im Gespräch auf Augenhöhe. Was immer gut ankommt: Zeigen Sie ihm auf, was es für Vorteile hätte, wenn Sie sich verändern, also z. B. Home Office machen würden, neue Projekte übernehmen oder sich versetzen lassen würden. Und Lüdemann ergänzt: Wer Pläne hat und ehrgeizig ist, gilt nicht automatisch als nicht loyal. Man kann sich auch innerhalb eines Unternehmens verändern und verbessern. Chefs wissen, dass gute Mitarbeiter nicht aufzuhalten sind! Neben dem Hass auf den eigenen Job gibt es aber ein anderes (Luxus-)Problem, dass viele Arbeitnehmer ereilt und das erst einmal lange Zeit ignoriert wird: Bequemlichkeit. Sie hocken in ihren wohltemperierten Büros, mögen ihre Kollegen und kommen gut mit dem Chef klar. Wenn da nicht diese kleine Stimme wäre, die sich ab und zu melden würde und die immer wieder fragt: Willst du dich nicht mal verändern?, Willst du dein ganzes Leben in diesem Büro hocken?, Willst du nicht mal raus aus deiner Komfortzone? Lemper-Pychlau: In so einem Fall müssen Sie die eigenen Bedürfnisse gewichten: Was wiegt mehr die Sehnsucht nach dem Neuen oder die Liebe zum Vertrauten? Das ist individuell sehr unterschiedlich. Dieser innere Konflikt muss aber bewusst geklärt werden. Ist die Entscheidung schließlich gefallen, sollten Sie die Sache dann aber auch ruhen lassen und nicht jammern! Jede Entscheidung hat ihren Preis, das müssen wir akzeptieren.